Haftformen ohne Urteil

Unter Umständen kommen Personen ohne Urteil in Haft. Geschieht dies zur Sicherung des Strafverfahrens, spricht man von Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Bevor Untersuchungshaft angeordnet wurde handelt es sich um eine vorläufige Festnahme. Dazu gehört auch die sogenannte Polizeihaft.

Vorläufige Festnahme

Die Polizei darf eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn

  • diese sich oder andere ernsthaft und unmittelbar gefährdet und die Gefährdung nicht auf andere Weise abgewendet werden kann (Präventivgewahrsam),
  • sie voraussichtlich fürsorgerische Hilfe braucht (Fürsorgerischer Gewahrsam),
  • sie geflüchtet ist, um sich einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Massnahme zu entziehen (Sicherungsgewahrsam),
  • oder dies notwendig ist, um die Vor-, Zu- oder Rückführung sicherzustellen (Vor-, Zu- oder Rückführungsgewahrsam).

In polizeilichem Gewahrsam befindet sich eine Person für maximal 24 Stunden. Wenn eine Entlassung innerhalb dieser Zeit nicht möglich ist, wird die festgenommene Person der Staatsanwaltschaft zugeführt.

Wenn sich der Tatverdacht innerhalb der ersten insgesamt 48 Stunden weiter konkretisiert und weiterhin von einer Flucht-, Kollusion oder Wiederholungsgefahr ausgegangen werden muss, beantragt die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht die Anordnung von Untersuchungshaft. Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet innerhalb von weiteren 48 Stunden nach Eingang des Antrages über die Untersuchungshaft.

Verzichtet die Staatsanwaltschaft auf einen Haftantrag oder wird durch das Zwangsmassnahmengericht keine Untersuchungshaft angeordnet, wird die festgenommene Person aus der Haft entlassen.

Die vorläufige Festnahme ist in der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Für den Vollzug der vorläufigen Festnahme sind im Kanton Zürich das Gefängnis Zürich West mit 124 Plätzen und das Gefängnis Winterthur mit 9 Plätzen zuständig.

Untersuchungs- und Sicherheitshaft

Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft hat zum Zweck, das Strafverfahren zu sichern. Das Zwangsmassnahmengericht kann Untersuchungs- und Sicherheitshaft anordnen, wenn ein dringender Tatverdacht auf ein Verbrechen oder Vergehen vorliegt und wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass die verdächtigte Person (Art. 221 StPO, dabei können die unten aufgeführten Haftgründe einzeln oder auch kumulativ erfüllt sein),

  • flieht, um sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion zu entziehen,
  • Personen beeinflusst oder Beweismittel manipuliert, um so die Wahrheitsfindung zu erschweren, 
  • erneut straffällig wird, 
  • oder eine Person kann auch in Haft genommen werden, wenn ernsthaft zu befürchten ist, sie werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.

Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft ist für Betroffene sehr einschneidend. Sie kann für die inhaftierten Personen schädliche Nebenfolgen wie Arbeits-, Wohnungs- und Beziehungsverlust bedeuten. Daher muss das Zwangsmassnahmengericht nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zuerst prüfen, ob das Strafverfahren auch mit milderen Massnahmen gesichert werden kann. Dazu gehört die Anordnung von Ersatzmassnahmen. Einige Ersatzmassnahmen wie zum Beispiel Rayonverbote können mit Electronic Monitoring kontrolliert werden.

Wenn ein Zwangsmassnahmengericht Untersuchungshaft anordnet, vollzieht diese eines der insgesamt sieben Untersuchungsgefängnisse im Kanton Zürich. Jedes Untersuchungsgefängnis hat seine Spezialisierung. So nimmt ein Standort nur Frauen (Gefängnis Dielsdorf) auf, ein Untersuchungsgefängnis bietet eine Sicherheitsabteilung (Gefängnis Pfäffikon), ein anderes Untersuchungsgefängnis betreibt eine Kriseninterventionsabteilung für Insassen (Gefängnis Limmattal) und das Gefängnis Zürich West wird als medizinisches Kompetenzzentrum fungieren.

Wiedereingliederung beginnt schon in der Untersuchungshaft

Die Wiedereingliederung bzw. Verhinderung der Entsozialisierung beginnt bereits beim Eintritt in die Untersuchungshaft. Deshalb werden während der Zeit in Untersuchungs- und Sicherheitshaft möglichst viele positive Eigenschaften und Rahmenbedingungen der inhaftierten Personen aufrechterhalten oder aufgebaut (z.B. Schulbildung, Beratungsangebote durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Angehörigenarbeit etc.).

Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und der Rechtskraft des Urteils - also dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion oder der Entlassung. Die Sicherheitshaft tritt an Stelle der Untersuchungshaft, solange die Haftgründe weiter bestehen.  

Vorzeitiger Straf- und Massnahmenvollzug

Eine beschuldigte Person kann während der Untersuchungshaft einen Antrag bei der Verfahrensleitung stellen, um eine Freiheitsstrafe oder einer Massnahme vorzeitig anzutreten. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Zum einen muss davon ausgegangen werden, dass die beschuldigte Person mit einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe oder einer Massnahme zu rechnen hat.
  • Zum anderen muss der Stand des Untersuchungsverfahrens dies erlauben.

Falls die Verfahrensleitung das Gesuch gutheisst, wechselt die beschuldigte Person aus der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft in eine geeignete Vollzugsinstitution innert nützlicher Frist, da eine geeignete Anschlussinstitution gefunden werden muss.

Weiterführende Informationen

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Kontakt

Untersuchungsgefängnisse Zürich

Adresse

Hohlstrasse 552
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