Rechtliche Qualifikation der Versorgertaxen

Kapitelnr.
12.2.01.
Publikationsdatum
20. September 2012
Kapitel
12 Stationäre Massnahmen
Unterkapitel
12.2. Massnahmen für Kinder/Jugendliche

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge vom 1. April 1962, LS 852.2 Verordnung über die Jugendheime vom 4. Oktober 1962, LS 852.21 Volksschulgesetz vom 7. Februar 2005, LS 412.100 Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung vom 5. Dezember 2007, LS 412.106

Erläuterungen

1.Rechtslage vor dem 1. Januar 2008

Bereits vor dem 1. Januar 2008 basierte die Finanzierung von Jugendheimen auf Staatsbei-trägen seitens des Kantons sowie auf von den Versorgern zu leistenden Taxen. Daneben hatten die Eltern unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit Elternbeiträge zu leisten und für die Nebenkosten aufzukommen. Dies galt auch für die Finanzierung der damaligen IV-Sonderschulheime. Auch diese wurden mittels Übernahme der Restdefizite durch den Kanton, durch Beiträge der Versorger sowie mit Beiträgen der Eltern finanziert, wobei zu-sätzlich noch die Invalidenversicherung Betriebsbeiträge leistete. Dabei wurde klar zwischen den Beiträgen der Versorger und den Beiträgen der Eltern unterschieden, wie sich z.B. aus dem Schreiben der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich vom 18. Juli 1980 an die IV-Sonderschulheime und Schulen in Krankenanstalten ergibt. Mit Blick auf den zunehmenden Kostendruck wurden dann per 1. Januar 1985 Mindestversorgertaxen für Jugendheime und Sonderschulen eingeführt. Als Grund für die Einführung nannte die damalige Erziehungsdi-rektion des Kantons Zürich in ihrer Verfügung vom 2. Oktober 1984 unter anderem die zu-nehmend stärkere Belastung der Staatskasse, welche eine vermehrte Beteiligung der Ver-sorger an der Finanzierung bedinge. Die Ansätze wurden nach Institutionsgruppen gestaffelt und in Form von Pauschalen, bezogen auf einen Kalendertag und unabhängig von der effek-tiven Anwesenheit, erhoben. Dem Anhang dieser Verfügung ist weiter zu entnehmen, dass sich die Mindestversorgertaxen inklusive eines allenfalls von den Eltern zu leistenden Beitra-ges verstehen. Daraus erhellt, dass die Mindestversorgertaxe nicht nach den im Einzelfall massgebenden Verhältnissen berechnet wird und schon damit als Leistung der wirtschaftli-chen Hilfe ausser Betracht fällt. Zudem folgt aus dem dargestellten System der Mindestver-sorgertaxen, dass sich die Eltern gegebenenfalls an Kosten zu beteiligen haben, wodurch sich die Mindestversorgertaxe reduziert. Das heisst nichts anderes, als dass die Mindestver-sorgertaxe grundsätzlich durch die platzierende Gemeinde und nicht durch die Eltern und damit subsidiär durch die öffentliche Sozialhilfe zu tragen ist. Die Eltern haben daran ledig-lich einen Anteil zu übernehmen. Dieser Anteil bemisst sich grundsätzlich nach ihrer Leis-tungsfähigkeit (vgl. Art. 276 ZGB in Verbindung mit Art. 285 ZGB). Bei ihrer Einführung im Jahre 1984 beliefen sich die Mindestversorgertaxen auf Beträge zwi-schen Fr. 25.-- und Fr. 70.-- pro Tag. Diese Kosten konnten in der Regel von den unterhalts-pflichtigen Eltern selbst beglichen werden. Diese Situation änderte sich dann aber im Laufe

der Zeit. Aufgrund des zunehmenden Spardruckes erhöhte der Kanton kontinuierlich die Mindestversorgertaxen, um die kantonale Belastung durch Staatsbeiträge zu verringern (vgl. z.B. Verfügung der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich vom 15. September 1995; RRB Nr. 1982/1997; Verfügung der Bildungsdirektion des Kantons Zürich vom 26. Oktober 2001; RRB Nr. 1244/2003). Stets wurde dabei festgehalten, dass die Mindestversorgertaxe als Pauschale pro Kalendertag für die gesamte Dauer der Massnahmen zu erheben sei, unab-hängig von der effektiven Anwesenheit (1 Jahr = 360 Tage). Sie verstehe sich einschliesslich des den Eltern zu belastenden Verpflegungs- oder Elternbeitrages. Mit den Taxen seien sämtliche sozialpädagogischen und therapeutischen Leistungen abgegolten, die durch das von der Institution besoldete Personal erbracht würden. Am System, wonach die Mindestver-sorgertaxe hoheitlich festgelegt und grundsätzlich durch die platzierenden Gemeinden zu tragen sind, wobei sich die Eltern mittels Leistung eines Verpflegungs- oder Elternbeitrages angemessen an den Kosten zu beteiligen haben, wurde damit nichts geändert. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Begriffe "Versorger", "Versorgerbeitrag" und "Kostgeld" nicht einheitlich und auch nicht stets gleich verwendet werden, was immer wieder zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen führte und führt. So wurde z.B. in den Richt-linien des Amtes für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich über die Platzierungs- und Nebenkosten in Kinder-, Schul- und Jugendheimen vom Februar 2006, welche derzeit überarbeitet werden, zur Erläuterung der verwendeten Terminologie aufgeführt, beim Ver-sorger handle es sich um die Instanz, welche die Heimunterbringung beschliesse, finanziere und/oder durchführe Der Begriff könne sich also auf die Eltern, eine Behörde oder eine Ju-gendhilfestelle beziehen. Aus den Erläuterungen in Ziff. VI der Richtlinien geht dann aber hervor, dass die Eltern gegebenenfalls zur Leistung eines Elternbeitrages sowie zur Über-nahme der Nebenkosten herangezogen werden können, während die Mindestversorgertaxe dem Versorger, d.h. der platzierenden Behörde in Rechnung gestellt wird. Möglicherweise auch aufgrund dieser unterschiedlichen Verwendung von Begriffen kam es in der Vergan-genheit auch zu Missverständnissen bezüglich der Qualifizierung von Kosten, die im Zu-sammenhang mit Fremdplatzierung von Kindern anfallen. Daraus kann jedoch kein Anspruch auf sozialhilferechtlichen Ersatz von Kosten, die bei korrekter Auslegung nicht der wirtschaft-lichen Hilfe zuzurechnen sind, abgeleitet werden. Bei der Finanzierung der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen wurde und wird zwi-schen schulischer, sozialer und gemischter Indikation unterschieden. Je nach Indikation hat sich die Schulgemeinde unterschiedlich stark an den Kosten zu beteiligen. Die vor 2008 gel-tende gesetzliche Regelung äusserte sich hierzu nicht besonders deutlich. Dies führte dazu, dass bei einer Platzierung aus sozialen Gründen jeweils die zuständige Fürsorgebehörde um Erteilung einer Kostengutsprache für die Mindestversorgertaxen angegangen wurde. Als Folge davon wurden die entsprechenden Kosten nicht selten unzutreffenderweise als solche der wirtschaftlichen Hilfe gehandhabt. Dabei wurde indes nie ausdrücklich festgehalten, ge-stützt auf welche gesetzliche Norm die Mindestversorgertaxen dem platzierten Kind bzw. dessen Eltern und subsidiär der öffentlichen Sozialhilfe belastet werden. Die öffentliche So-zialhilfe kommt aber nur zum Tragen, wenn die bedürftige Person Schuldnerin einer be-stimmten (zum sozialen Existenzminimum gehörenden) Leistung ist, sie also zur Bezahlung gehalten ist, sofern sie die Leistung in Anspruch nehmen will. Mit Bezug auf die Begleichung der Mindestversorgertaxe sehen aber weder das Gesetz über Jugendheime und Pflegekin-derfürsorge noch die Verordnung über die Jugendheime eine Leistungspflicht des platzierten

Kindes bzw. dessen Eltern vor. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist von Verfassungs wegen eine öffentliche Auf-gabe (Art. 112 lit. b KV), welche von Kanton und Gemeinden zu erfüllen ist (Art. 83 KV und Art. 95 KV). Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gehört unter anderem die Bereitstel-lung von genügend Plätzen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe (vgl. schon den An-trag des Regierungsrates vom 1. Juni 1961 betreffend Erlass eines Gesetzes über die Ju-gendheime, ABl 1961 607). Die Ausführungsgesetzgebung verpflichtet zwar weder den Kan-ton noch die Gemeinden zum Betrieb eigener Jugendheime, sie haben aber dafür zu sorgen, dass eine ausreichende Anzahl von Jugendheimen vorhanden ist. Dies kann nur gewährleis-tet werden, wenn die Finanzierung der betreffenden Einrichtungen gesichert ist. Demzufolge legt das Gesetz über Jugendheime und Pflegekinderfürsorge unter anderem fest, dass der Kanton Staatsbeiträge an Jugendheime leistet (§§ 7 ff.). In § 7 Abs. 1 Gesetz über Jugend-heime und Pflegekinderfürsorge wird statuiert, dass der Kanton den Gemeinden an die aner-kannten, von ihnen geführten Jugendheime nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit Kos-tenanteile bis zur Hälfte der beitragsberechtigen Ausgaben ausrichtet. Bei von Privaten ge-führten Jugendheimen können die Kostenanteile bis zur vollen Höhe der beitragsberechtig-ten Ausgaben gehen (§ 7 Abs. 2 Gesetz über Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). Die unterschiedliche Regelung der Finanzierung der Jugendheime durch den Kanton, je nach dem, ob es kommunale oder private Heime sind, zeigt, dass auch die Gemeinden in der Pflicht sind, die öffentliche Aufgabe des Schutzes von Kindern und Jugendlichen zu erfüllen, indem auch sie dafür besorgt zu sein haben, dass die Finanzierung der entsprechenden Ein-richtungen sichergestellt ist. E contrario ergibt sich damit aus § 7 Abs. 1 Gesetz über Ju-gendheime und Pflegekinderfürsorge, dass nicht nur der Kanton, sondern eben auch die Gemeinden mittels Leistung eines Kostenanteils zur Finanzierung von Kinder- und Jugend-heimen verpflichtet sind. Die Mitfinanzierungspflicht der Gemeinden beschränkt sich aller-dings nicht auf die kommunalen Heime. Wäre dies die Absicht des Gesetzgebers gewesen, hätte er hier eine klare Differenzierung zwischen kommunalen und privaten Heimen statuiert, wie er dies auch mit Bezug auf die Kostenbeteiligung des Kantons gemacht hat. Aufgrund der möglichen höheren Kostenbeteiligung des Kantons bei privaten Heimen verringert sich zwar unter Umständen die Finanzierungslast der Gemeinden, sie fällt aber nicht einfach gänzlich dahin. In seinem Antrag für den Erlass eines Gesetzes über die Jugendheime vom 1. Juni 1961 hat der Regierungsrat Folgendes ausgeführt (ABl 1961 612 f.): "Die von den Eltern, Armenbehörden oder privaten Fürsorgestellen zu bezahlenden Kostgel-der können in der Regel nicht so angesetzt werden, dass die Betriebskosten der Jugendhei-me gedeckt werden. Auch wenn nunmehr die Invalidenversicherung bei einem Teil der Ver-sorgung mitwirkt, so wären die Eltern vielfach nicht in der Lage, kostendeckende Kostgelder zu entrichten. Sie sollen wegen der Gebrechlichkeit ihres Kindes nicht auf die öffentliche Fürsorge angewiesen sein." Damit hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass Eltern nicht einzig wegen be-sonderer Bedürfnisse ihrer Kinder, die eine Heimeinweisung notwendig machen, auf das Existenzminimum gesetzt werden sollen oder gar wirtschaftlich Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Damit wird klar, dass weder das platzierte Kind noch dessen Eltern als Schuldner der Mindestversorgertaxen herangezogen werden sollten. Demzufolge fällt auch eine Über-

nahme derselben durch die Sozialhilfe ausser Betracht, denn die Sozialhilfe dient aus-schliesslich der Existenzsicherung und kommt nur zum Tragen, wenn eine Person Auslagen, die zu ihrem notwendigen Lebensunterhalt gehören, nicht aus eigenen Mitteln zu decken vermag. Allein der Umstand, dass eine Fürsorgebehörde subsidiäre Kostengutsprache für Heimkosten leistet, vermag die entsprechenden Auslagen noch nicht zu solchen der wirt-schaftlichen Hilfe zu machen. Bereits unter der vor dem 1. Januar 2008 geltenden Ordnung stellten die Mindestversor-gertaxen somit einen Gemeindebeitrag dar, an dem sich die Eltern lediglich angemessen zu beteiligen hatten und der damit grundsätzlich keine Sozialhilfeleistung war.

2.Rechtslage nach dem 1. Januar 2008

Mit dem Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwi-schen Bund und Kantonen (NFA) hat sich die Invalidenversicherung aus dem Bereich der Sonderpädagogik zurückgezogen. Die fachliche, organisatorische und finanzielle Verantwor-tung für die sonderpädagogischen Massnahmen wurde damit auf diesen Zeitpunkt vollstän-dig den Kantonen übertragen. Im Zuge der Umsetzung der NFA hat der Regierungsrat am 5. Dezember 2007 die Verord-nung über die Finanzierung der Sonderschulung (LS 412.106) beschlossen. Diese regelt nicht nur die Finanzierung der Sonderschulen (Tagessonderschulen), sondern auch diejeni-ge der Schulheime (Heime mit interner Sonderschule). Letztere wurden im Bereich der stati-onären Unterbringung der Kinder bisher weitgehend nach dem gleichen System finanziert wie die Kinder- und Jugendheime. Damit diese einheitliche Finanzierungsregelung im Be-reich der stationären Massnahmen beibehalten werden kann, wurde gleichzeitig mit dem Er-lass der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung auch eine Teiländerung der Verordnung über die Jugendheime vom 4. Oktober 1962 (LS 852.21) vorgenommen (vgl. §§ 18 ff. Verordnung über die Jugendheime). Gemäss § 18e Abs. 2 Verordnung über die Jugendheime stellen die Jugendheime den zu-weisenden Behörden aus dem Kanton Zürich pro anrechenbaren Aufenthaltstag die im Da-tenblatt festgelegte Versorgertaxe in Rechnung. Den erläuternden Ausführungen des Regie-rungsrates ist zu dieser Bestimmung zu entnehmen, dass die Nettotageskosten durch den Kanton und die zuweisenden Gemeinden abgegolten werden. Bei Platzierungen aus schuli-schen Gründen seien dies die Schulgemeinden, bei Platzierungen aus sozialen und familiä-ren Gründen die politischen Gemeinden (vgl. ABl 2007 2278). Damit wird nun noch klarer festgehalten, dass die Platzierungskosten grundsätzlich durch Kanton und Gemeinden zu tragen sind. Nach wie vor sind die Eltern zwar gehalten, einen Elternbeitrag an die Fremdplatzierung zu leisten, weder sie noch das platzierte Kind sind aber Schuldner der Versorgertaxe. Demzufolge ist diese denn auch nicht im Falle der Bedürftigkeit von Kind und Eltern aus Mitteln der öffentlichen Sozialhilfe zu begleichen. Diese Ordnung stimmt weitgehend mit den Regelungen der Finanzierung der Sonderschul-platzierungen überein: Gemäss § 64 Abs. 1 VSG trägt die Wohngemeinde der Eltern die Kosten der Sonderschu-

lung. Darunter fallen die Kosten für Unterricht, Therapien, Erziehung und Betreuung, Schul-weg und Unterkunft in Sonderschulen und Schulheimen sowie die Kosten des Einzelunter-richts und für den Unterricht in Spitalschulen. Von den Eltern werden in der Regel Beiträge an die Verpflegungskosten erhoben (§ 64 Abs. 2 VSG). In Ausführung dieser Bestimmung regelt § 4 der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung die Aufteilung der Kos-ten von stationären Massnahmen zwischen der Schulgemeinde und der politischen Gemein-de. Erfolgt eine Platzierung aus schulischen und aus sozialen Gründen oder sind die Gründe für die Einweisung nicht eindeutig feststellbar, trägt die Schulgemeinde die Hälfte der ge-samthaft anfallenden Kosten. Die andere Hälfte geht zulasten der politischen Gemeinde. Bereits aus diesen Bestimmungen ergibt sich klar, dass nicht das platzierte Kind bzw. des-sen Eltern, sondern die Wohngemeinde der Eltern Schuldnerin der betreffenden Leistung ist. Sind aber nicht das Kind bzw. dessen Eltern zur Übernahme der Kosten verpflichtet, ergibt sich auch kein Anspruch auf Übernahme derselben durch die öffentliche Sozialhilfe im Falle der Bedürftigkeit. Einzig der Verpflegungsbeitrag nach § 64 Abs. 2 VSG ist gegebenenfalls von den Eltern zu tragen, wobei bei der Erhebung desselben die wirtschaftliche Situation der Eltern berücksichtigt wird. Hinzu kommt, dass die von der Wohngemeinde der Eltern zu tra-genden Kosten in Form von hoheitlich festgelegten Pauschalen erhoben werden (vgl. § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung), somit nicht nach den im Einzelfall massgebenden Verhältnissen berechnet werden. Auch daraus erhellt, dass es sich bei diesen Taxen nicht um Sozialhilfeleistungen handeln kann.

3.Ausserkantonale Platzierungen

Eine andere Qualifikation der Versorgertaxen ergibt sich im Weiteren auch nicht bei ausser-kantonalen Platzierungen von Kindern. Dies zeigen bereits die Ausführungen im Beschluss des Regierungsrates vom 17. Oktober 1984 betreffend Beitritt des Kantons Zürich zur Inter-kantonalen Heimvereinbarung (IHV) per 1. Januar 1985 (RRB Nr. 3861/1984). So wird darin unter anderem festgehalten, dass mit einer Erhöhung der Mindestansätze der zürcherischen Versorgertaxen für inner- und ausserkantonale Heimplatzierungen, welche vor allem die Gemeinden zusätzlich belasten würde, insgesamt eine Mehrbelastung der Staatskasse ver-mieden werden könne. Die Erhöhung der Versorgertaxen sei zudem gerechtfertigt, weil die Gemeinden durch den Wegfall von Defizitübernahmen (welche mit dem Beitritt zur IHV durch den Kanton übernommen wurden) entlastet würden. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die Finanzierung einerseits über Kantonsbeiträge, andererseits über von den Gemein-den zu tragende Versorgertaxen erfolgt. Dies wiederum zeigt, dass die Versorgertaxen nicht aus Mitteln der öffentlichen Sozialhilfe zu finanzieren sind, hätten diesfalls doch die Eltern im Zusammenhang mit der Tragung der Versorgertaxen als Pflichtige angeführt werden müs-sen. Auch bei ausserkantonalen Platzierungen erfolgte und erfolgt die Finanzierung somit durch Beiträge des Kantons und der Gemeinden, wobei die Eltern wiederum einen angemessenen Beitrag zu leisten haben. Anstelle von kantonalen Staatsbeiträgen gemäss § 7 Gesetz über Jugendheime und Pflegekinderfürsorge treten hier Heimdefizitbeiträge des Kantons. Bereits unter der Herrschaft der IHV war unbestritten, dass die Heimdefizitbeiträge aufgrund ihres Subventionscharakters nicht der Weiterverrechnung nach dem ZUG unterliegen. In Art. 3

Abs. 3 IHV vereinbarten die beigetretenen Kantone zwar, auf die Vergütung der Betriebsde-fizitanteile nach den Vorschriften des ZUG zu verzichten. Damit wurde aber zum einen das ZUG nicht eingeschränkt, und zum anderen stellt diese Bestimmung keinen eigentlichen Verzicht dar, da es sich bei der Übernahme von Betriebsdefizitanteilen klarerweise um Bei-träge mit Subventionscharakter handelte und solche von Vornherein von der Weiterverrech-nung nach ZUG ausgeschlossen sind (Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG). Ebenfalls unbestritten war, dass das so genannte Kostgeld, d.h. die von den Eltern zu leistenenden Zahlungen, und an-dere individuell bestimmte Leistungen Sozialhilfeleistungen darstellen und damit auch wei-terverrechnet werden konnten. Da zu Beginn die von den Gemeinden zu tragenden Mindest-versorgertaxen betragsmässig so festgelegt waren, dass sie durch die Unterhaltsbeiträge der Eltern oftmals gedeckt waren, kam es mit der Weiterverrechnung nach ZUG zu keinen Prob-lemen. Im Laufe der Jahre gingen einzelne Kantone allerdings dazu über, die Taxen stetig zu erhöhen, um so das Restdefizit zu verkleinern. Zusätzlich verschärft wurde die Situation durch die per 1. Juli 1992 in Kraft getretene Revision von Art. 7 ZUG. Demnach sollte neu der für die Ausrichtung der Sozialhilfe zuständige Unterstützungswohnsitz (am Ort, wo das dauernd fremdplatzierte Kind zuletzt mit den Eltern bzw. dem sorgeberechtigten Elternteil zusammengelebt hat) während der ganzen Dauer der Fremdplatzierung bestehen bleiben. Zogen die Eltern in der Folge weg, kam es daher zu einem Auseinanderfallen von zivilrecht-lichem Wohnsitz, welcher für die Übernahme der Betriebsdefizitanteile zuständig war, und Unterstützungswohnsitz, welcher subsidiär für das Kostgeld aufzukommen hatte. Dadurch kam es vermehrt zu Streitfällen betreffend die Höhe der weiterverrechneten Kostgeldbeiträ-ge. Dies, weil auch im interkantonalen Bereich nicht konsequent zwischen den von den Ge-meinden zu tragenden Mindestversorgertaxen und dem von den Eltern daran zu entrichten-den Kostgeld unterschieden und der Begriff "Kostgeld" teilweise für beide Beiträge verwen-det wurde. Bereits im Jahre 1988 hatte die Konferenz der Regierungsvertreter der Interkan-tonalen Heimvereinbarung die Empfehlung erlassen, dass als Richtgrösse von einem Kost-geld von Fr. 25.-- pro Tag auszugehen sei, welcher als Sozialhilfeleistung dem nach den Bestimmungen des ZUG kostenersatzpflichtigen Kanton weiterverrechnet werden könne. An dieser Empfehlung wurde auch später festgehalten, wobei unter Berücksichtigung der Teue-rung im Jahre 1994 ein Kostgeld in der Höhe von maximal Fr. 30.-- pro Tag empfohlen wur-de. Damit wurde lediglich eine Richtgrösse für den Elternbeitrag festgelegt. Die innerkanto-nale Aufteilung der Kosten auf die verschiedenen Kostenträger wurde damit nicht tangiert. Wie vorstehend dargelegt, basierte diese auf Beiträgen des Kantons und Beiträgen der Ge-meinde, von welchen die Elternbeiträge in Abzug gebracht wurden. Die stetige Erhöhung der Mindestversorgertaxen und damit des Gemeindeanteils hatte zur Folge, dass die Gemeinden mehr und mehr zur Kostentragung herangezogen wurden, da die Elternbeiträge nicht mehr den Grossteil, sondern nur noch einen Bruchteil der Versorgertaxe deckten. Die Erhöhung der Mindestversorgertaxen und die Folgen für die Gemeinden waren indes eine rein inner-kantonale Angelegenheit und hatten mit der IHV insoweit nichts zu tun. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass das Amt für Jugend und Berufsberatung und das Kantonale Sozialamt unter der Herrschaft der IHV die Ansicht vertreten haben, bei den Min-destversorgertaxen handle es sich um Sozialhilfekosten, welche im Rahmen des ZUG wei-terverrechnet werden könnten. Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten, diese Auffas-sung gegenüber den gemäss ZUG kostenersatzpflichtigen Heimatkantonen durchzusetzen, hatte sich das damalige Jugendamt gegenüber der Konferenz der Schweizerischen Verbin-

dungsstellenleiter und -leiterinnen aber bereits in einem Schreiben vom 8. November 1994 "im Sinne eines Entgegenkommens" und unter Vorbehalt des Gegenrechts bereit erklärt, in interkantonalen Fällen, in denen die IHV zur Anwendung gelangte, von einem "Versorgerbei-trag von Fr. 30.-- auszugehen". Dies mit der Folge, dass die darüber hinausgehenden Min-destversorgertaxen in den genannten Fällen zulasten der betroffenen Gemeinden gingen. Damit lag nicht nur eine rechtsungleiche Behandlung der fremdplatzierten Kinder vor (dieje-nigen, die nicht ausserkantonal platziert waren, wurden aufgrund der unterschiedlichen In-terpretation der Mindestversorgertaxen sozialhilfeabhängig, während die ausserkantonal in IHV anerkannten Institutionen untergebrachten Kinder in der Regel den Betrag von Fr. 30.-- pro Tag mit den ihnen zustehenden Unterhaltsbeiträgen der Eltern decken konnten), sondern ebenfalls eine Ungleichbehandlung mit Bezug auf die Gemeinden, welche in den einen Fäl-len die Taxen als Sozialhilfeleistungen verbuchen und damit gegebenenfalls weiterverrech-nen konnten, in den anderen Fällen aber die Taxen anderweitig, wohl als Jugendhilfemass-nahmen, verbuchen mussten und von einer Weiterverrechnung nach ZUG ausgeschlossen waren. Hinzu kommt, dass Sozialhilfekosten im inner- und im interkantonalen Bereich iden-tisch definiert werden. Für eine unterschiedliche Qualifikation der Mindestversorgertaxen, je nach dem, ob ein Sachverhalt der IHV unterstand oder nicht, bestand auch unter diesem As-pekt kein vernünftiger, nachvollziehbarer Grund. Dasselbe gilt auch mit Bezug auf die Regelung nach dem 1. Januar 2008, auf welchen Zeit-punkt der Kanton Zürich der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE) beigetreten ist. Die Finanzierung von Kinder- und Jugendheimen erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie vor dem 1. Januar 2008. Der einzige Unterschied besteht darin, dass nun-mehr die Terminologie in der IVSE klarer gehandhabt wird. So wird an Stelle des Begriffes "Kostgeld", der immer wieder zu Verwirrungen und Missinterpretationen geführt hat, in der IVSE von einem Beitrag des Unterhaltspflichtigen gesprochen (Art. 22 IVSE). Dieser wird nach wie vor auf maximal Fr. 30.-- pro Tag festgelegt und kann im Falle der Bedürftigkeit von der öffentlichen Sozialhilfe übernommen und entsprechend nach den Regeln des ZUG wei-terverrechnet werden. Die Versorgertaxen sind demgegenüber nach wie vor von den Ge-meinden zu tragen und als Subventionsleistungen und nicht als Sozialhilfeleistungen zu qua-lifizieren, weshalb sie der Weiterverrechnung nicht unterliegen. Insoweit hat sich an der Situ-ation im Vergleich zu der vor dem 1. Januar 2008 geltenden Ordnung nichts geändert.

4.Fazit

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist festzuhalten, dass die zürcherischen Versor-gertaxen Gemeindeanteile darstellen und damit von Vornherein nicht als Sozialhilfeleistun-gen zu qualifizieren sind (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG). Im Bereich der Kinder- und Jugend-heime sind sie (gegebenenfalls abzüglich eines angemessenen Elternbeitrages) vom zivil-rechtlichen Wohnsitz des Kindes zu begleichen, im Bereich der Sonderschulheime werden sie nach Massgabe von § 4 Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung von der zuständigen Schulgemeinde und allenfalls dem zivilrechtlichen Wohnsitz der Eltern getragen, wobei die Eltern gegebenenfalls einen Verpflegungsbeitrag zu leisten haben. Im Gegensatz zur Finanzierung von stationären Sonderschulmassnahmen wird im Bereich der Kinder- und Jugendheime abweichend von der hier vertretenen Auffassung vereinzelt

auch die Meinung vertreten, die zivilrechtliche Wohngemeinde des Kindes habe zwar die Versorgertaxen, welche ihr von der Einrichtung in Rechnung gestellt werde, zu begleichen, könne die betreffenden Auslagen jedoch gesamthaft auf die Eltern überwälzen, da diese nach Art. 276 Abs. 1 ZGB für die Kosten von Kinderschutzmassnahmen aufzukommen hät-ten. Im Falle der Bedürftigkeit der Eltern müssten die betreffenden Auslagen von der öffentli-chen Sozialhilfe übernommen werden. Dieser Auffassung ist Folgendes entgegenzuhalten: Kommt ein Gemeinwesen für den Unterhalt eines Kindes auf, so geht dessen Unterhaltsan-spruch auf das Gemeinwesen über (Art. 289 Abs. 2 ZGB). Geht man davon aus, dass die Versorgertaxen gesamthaft Kosten einer von den Eltern zu bezahlenden Kindesschutzmass-nahme darstellen und damit Teil des Unterhalts des Kindes sind, würde der Unterhaltsan-spruch des Kindes insoweit auf die Gemeinde übergehen, welche die Versorgertaxen zu be-gleichen hat, d.h. auf die zuweisende Gemeinde bzw. die Gemeinde am zivilrechtlichen Wohnort des Kindes. Diese wiederum könnte gestützt auf Art. 285 ZGB in Verbindung mit Art. 289 Abs. 2 ZGB von den Eltern einen Unterhaltsbeitrag verlangen und diesen gestützt auf Art. 279 ZGB einklagen. Gemäss Art. 285 ZGB sind bei der Bemessung des dem Kind zustehenden Unterhaltsbeitra-ges einerseits die Bedürfnisse des Kindes, wozu gegebenenfalls auch Kosten einer Kindes-schutzmassnahme gehören können, andererseits aber die Leistungsfähigkeit der Eltern zu berücksichtigen. Sind die Eltern nicht leistungsfähig, können sie nicht zur Bezahlung eines Unterhaltsbeitrages (und demzufolge auch nicht zur Begleichung von Kosten einer Kindes-schutzmassnahme) verpflichtet werden. Abgesehen davon, dass die öffentliche Sozialhilfe selbst geschuldete Unterhaltsbeiträge bei der Berechnung des sozialen Existenzminimums unberücksichtigt lässt, besteht daher mangels Verpflichtung der Eltern, Unterhaltszahlungen zu leisten, von Vornherein kein Grund, weshalb die öffentliche Sozialhilfe anstelle der Eltern die Versorgertaxen übernehmen sollte. Die wirtschaftliche Hilfe deckt ausschliesslich bei der bedürftigen Person anfallende notwendige Auslagen. Kosten, die nur anfallen würden, wenn die bedürftige Person leistungsfähig wäre, werden selbstredend nicht aus Mitteln der öffentli-chen Sozialhilfe gedeckt. Ebenso wenig besteht im Weiteren ein Grund, weshalb die öffentli-che Sozialhilfe anstelle des Kindes die Versorgertaxen übernehmen sollte. Wenn die zivil-rechtliche Wohngemeinde des Kindes verpflichtet ist, dem Heim die Versorgertaxen zu be-zahlen, ist der Unterhalt des Kindes insoweit bereits gedeckt. Folgerichtig besteht hier auch kein Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Anders zu entscheiden hiesse, dass die öffentliche Sozialhilfe als eine Art Versicherung für andere Behörden fungieren würde, indem letztere bei ihr anfallende Kosten, welche nicht auf die pflichtige Person überwälzt werden können, bei der für die Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe zuständigen Sozialbehörde einfordern könnten. Dies lässt sich aber mit dem Zweck der Sozialhilfe nicht vereinbaren und würde damit im Widerspruch zu den Prinzipien des Sozialhilfegesetzes stehen. Selbst wenn man also davon ausgehen will, dass die Versorgertaxen keine Gemeindebeiträ-ge darstellen, sondern vollumfänglich auf die Eltern überwälzt werden können, fällt eine Übernahme dieser Auslagen durch die öffentliche Sozialhilfe ausser Betracht. Ergänzungshalber ist noch zu erwähnen, dass eine weitere These die zivilrechtliche Wohn-gemeinde als blosse Rechnungsstellungsadresse verstanden haben will. Dies lässt sich aber weder aus dem Wortlaut von § 18e Verordnung über die Jugendheime noch aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung herleiten. Wäre die Gemeinde blosse Rechnungsstellungs-

adresse, d.h. würde ihre Funktion nur darin bestehen, die Rechnungen der Institutionen an die Eltern weiterzuleiten, hätte das betreffende Heim in den meisten Fällen keinerlei Mög-lichkeit, die Versorgertaxe erhältlich zu machen. Es darf wohl ohne Weiteres davon ausge-gangen werden, dass die wenigsten Eltern in der Lage sind, Versorgertaxen in der Höhe von mehreren Hundert Franken pro Tag zu bezahlen. Damit aber würde der Betrieb eines Hei-mes auf Dauer verunmöglicht. Dies wiederum hätte zur Folge, dass Kanton und Gemeinden ihrer Aufgabe, eine genügende Anzahl von Heimplätzen zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommen könnten. Bereits daraus ergibt sich klar, dass § 18e Verordnung über die Ju-gendheime keineswegs bloss die Festlegung einer Rechnungsstellungsadresse bezwecken kann. Im Übrigen ist auch nicht einzusehen, weshalb der Gesetzgeber eine Gemeinde als eine Rechnungsstellungadresse bezeichnen und überdies keine Bestimmungen über den ef-fektiven Schuldner erlassen sollte.

Rechtsprechung

VK.2008.00001: Die in der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung vorgese-hene Regelung der Aufteilung der Fremdplatzierungskosten zwischen Schulgemeinde und politischer Gemeinde ist mit dem neuen Volksschulgesetz vereinbar und kann sich darauf abstützen. VK.2009.00003: Frage offen gelassen, ob hinsichtlich des hälftigen Anteils nach § 4 Abs. 1 lit. b Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung Regeln des Sozialhilferechts zur Anwendung gelangen. VK.2009.00005 :Die Praxis des Verwaltungsgerichts, wonach es sich empfiehlt, bei der Be-urteilung der Fremdplatzierungsgründe auf die Einschätzung der als erste aktiv gewordenen Behörde abzustellen, gilt weiterhin.

Praxishilfen

Vgl. zur rechtlichen Qualifikation der Versorgertaxen auch

  • Prof. Dr. Isabel Häner/Dr. Christine Ackermann, Rechtsgutachten über die Finanzierung der Kinder-, Jugend- und Schulheimplatzierungen vom 25. August 2011.
  • Prof. Dr. Isabel Häner/Dr. Christine Ackermann, Ergänzungsgutachten vom 3. November 2011.

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: