Der Konkubinatsbeitrag

Kapitelnr.
17.5.01.
Publikationsdatum
16. Januar 2016

Rechtsgrundlagen

SKOS-Richtlinien, Kapitel F.5.1 SKOS-Richtlinien, Kapitel H.10

Erläuterungen

1.Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Prüfung der Anrechnung eines Konkubinatsbeitrags sind

  • das Vorliegen eines stabilen Konkubinats (vgl. dazu Kapitel 6.2.03, Ziffer 2.3) und
  • dass nur einer der beiden Partner seinen Lebensbedarf nicht aus eigenen Mitteln be-streiten kann. Vom nicht unterstützten Konkubinatspartner wird erwartet, dass er zunächst für seine eige-nen Kosten und bei gegebener Leistungsfähigkeit für die vollen Kosten der gemeinsamen, im gleichen Haushalt lebenden Kinder aufkommt. Bei weiterer Leistungsfähigkeit wird ein Kon-kubinatsbeitrag mittels erweitertem SKOS-Budget berechnet (siehe unten Ziffer 2).

2.Berechnung des Konkubinatsbeitrags

Bei einem stabilen Konkubinat wird der Bedarf wie bei einem Ehepaar berechnet. Die Ein-künfte der wirtschaftlich selbständigen Person werden grundsätzlich angerechnet, indem sie zur Leistung eines Konkubinatsbeitrags verpflichtet wird. Für die Berechnung des Konkubinatsbeitrags wird zunächst der Lebensbedarf der leistungs-pflichtigen Person ermittelt. Da die betroffene Person nicht unter dem sozialen Existenzmi-nimum lebt, müssen Verpflichtungen, denen sie nachkommt, anders als bei Sozialhilfebezie-henden vollumfänglich berücksichtigt werden. Es wird also ein erweiterter Lebensbedarf be-rechnet. Die SKOS-Richtlinien sprechen hier von einem erweiterten SKOS-Budget (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel H.10, S. 3). Bei der Ermittlung des Lebensbedarfs werden bei-spielsweise Unterhaltsverpflichtungen, laufende Steuerverpflichtungen oder Schuldentilgun-gen mitberücksichtigt. Dem erweiterten Lebensbedarf werden sämtliche Einnahmen des leistungspflichtigen Part-ners (aus Erwerbstätigkeit, Erträge aus Vermögen etc.) nach Abzug allfälliger Pfändungen oder Lohnsperren gegenüber gestellt. Übersteigen die Einnahmen den erweiterten Lebens-bedarf des leistungspflichtigen Partners, gilt der Überschuss als Konkubinatsbeitrag. Er wird in der Erstberechnung respektive im Budget des bedürftigen Partners vollumfänglich als Ein-nahme angerechnet. Ist der so errechnete Konkubinatsbeitrag höher als der Lebensbedarf

der bedürftigen Person, hat sie keinen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe (vgl. Kapitel 6.2.05).

3.Berücksichtigung des Vermögens der nicht unterstützten Person

Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des nicht unterstützten Lebenspartners ist auch dessen Vermögen zu berücksichtigen, soweit es dem Vermögensfreibetrag für Leistungen aus Genugtuung und Integritätsentschädigung (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1) über-steigt. Ist dies der Fall besteht eine vollumfängliche Leistungspflicht des nicht bedürftigen Lebenspartners und das Vermögen ist für den Lebensunterhalt des gesamten Haushalts zu verwenden (vgl. SKOS-Richtlinien Kapitel H.10). Der bedürftige Partner hat somit keinen An-spruch auf Unterstützungsleistungen.

Rechtsprechung

BGE 118 II 235 ff.: E. 3b: Als Konkubinat im engeren Sinne gilt eine auf längere Zeit, wenn nicht auf Dauer angelegte umfassende Lebensgemeinschaft von zwei Personen unterschied-lichen Geschlechts mit grundsätzlich Ausschliesslichkeitscharakter, die sowohl eine geistig-seelische, als auch eine körperliche und eine wirtschaftliche Komponente aufweist und auch etwa als Wohn-, Tisch- und Bettgemeinschaft bezeichnet wird (BGE 109 II 16 E. 1b mit Hin-weisen und BGE 108 II 205 E. 2; HAUSHEER, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1978, ZBJV 116/1980, S. 99 mit Hinweisen). Indessen kommt nicht allen drei Komponenten dieselbe Bedeutung zu. Fehlt die Geschlechtsgemeinschaft oder die wirtschaftliche Komponente, leben die beiden Partner aber trotzdem in einer festen und aus-schliesslichen Zweierbeziehung, halten sich gegenseitig die Treue und leisten sich umfas-senden Beistand, so ist eine eheähnliche Gemeinschaft zu bejahen (MESSMER, Die Rechtslage in der Schweiz, in "Die eheähnliche Gemeinschaft", Beihefte zur Zeitschrift für Schweizerisches Recht, Heft 5, Basel 1986, S. 51 f., FRANK, Die eheähnliche Gemeinschaft (Konkubinat) im schweizerischen Recht, Zürich 1984, S. 29 f.). Der Richter hat in jedem Fall eine Würdigung sämtlicher massgeblicher Faktoren vorzunehmen. Die gesamten Umstände des Zusammenlebens sind von Bedeutung, um die Qualität einer Lebensgemeinschaft beur-teilen zu können. VB.2014.00490: Der Fall gibt dem Gericht Gelegenheit, sich wieder einmal mit grundsätzli-chen Fragen zum Unterstützungsbeitrag eines Konkubinatspartners im Unterstützungs-budget eines Sozialhilfeempfängers und der zugehörigen Rechtsprechung auseinanderzu-setzen, weshalb darüber unabhängig vom Streitwert in Kammerbesetzung zu befinden ist (E. 1.2). Die Geltendmachung des Anspruchs auf eine öffentliche Verhandlung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK setzt einen klaren und vorbehaltlosen Parteiantrag voraus; blosse Beweisabnahme-anträge etwa zur Durchführung einer persönlichen Befragung oder einer Zeugeneinvernah-me reichen nicht aus. Da die Beschwerdeführerin die öffentliche Gerichtsverhandlung aus-drücklich nur im Zusammenhang mit der beantragten Zeugeneinvernahme verlangt und sich diese nicht als notwendig erweist, kann auf eine öffentliche Verhandlung ohne Zeugenein-vernahme verzichtet werden (E. 2). Es gelingt der Beschwerdeführerin nicht, die Vermutung

eines stabilen Konkubinats zu widerlegen. Von ihrem Lebenspartner kann erwartet werden, dass er sie auch weiterhin in eheähnlicher Art und Weise soweit nötig unterstützt. Dass der Beschwerdeführerin dabei keine rechtliche Möglichkeit offensteht, den Beitrag in der zu be-stimmenden angemessenen Höhe einzufordern, ist hinzunehmen. Besteht ein stabiles Kon-kubinat, so kommt es nicht darauf an, ob der Partner der Beschwerdeführerin sich ausdrück-lich bereit erklärt oder nicht, den festgelegten Unterstützungsbeitrag auch tatsächlich zu leis-ten (E. 5.2). VB.2013.00696: Bei der Prüfung des Sozialhilfeanspruchs einer hilfesuchenden Person müssen (auch) die finanziellen Verhältnisse ihres Konkubinatspartners berücksichtigt wer-den, der mit ihr und den gemeinsamen Kindern im gleichen Haushalt lebt (E. 3). Umfang der Untersuchungspflicht der Sozialbehörde: Wenn sich die (fehlende) Mittellosigkeit nicht bereits aus den von der hilfesuchenden Person eingereichten Akten ergibt, muss die Sozialbehörde den Konkubinatspartner um Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse er-suchen, falls dieser sich weigert, der hilfesuchenden Person entsprechende Informationen zu geben. Verweigert der Konkubinatspartner die nötigen Auskünfte auch gegenüber der Sozi-albehörde, muss diese die erforderlichen Informationen beim Arbeitgeber des Konkubinats-partners oder bei der Steuerbehörde einholen (E. 4.5). VB.2009.00291, E.2.2: Bei einem stabilen – länger als zwei Jahre dauernden –Konkubinat ist es zulässig, den Bedarf wie bei einem Ehepaar zu berechnen und die Einkünfte des Konku-binatspartners anzurechnen. Dies kann bei entsprechender wirtschaftlicher Leistungsfähig-keit des nicht unterstützten Partners dazu führen, dass kein Sozialhilfeanspruch besteht. Für den nicht unterstützten Partner wird ein erweitertes SKOS-Budget erstellt. Die den Bedarf übersteigenden Einnahmen werden im Budget des antragstellenden Konkubinatspartners voll als Einnahmen angerechnet (Kap. H.10-2 f. der SKOS-Richtlinien; vgl. dazu auch BGer, 12. Januar 2004, 2P.242/2003 E. 2.3; BGE 129 I 1 E. 3.2.4).

Praxishilfen

Kontakt

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