Regierungsrat fordert mehr Engagement der anderen Kantone bei den Schutzunterkünften für Gewaltopfer
Medienmitteilung 09.01.2025
Der Regierungsrat unterstützt die vom Bundesrat geplante Revision des Opferhilfegesetzes. Er bedauert aber, dass der Vorentwurf das Thema Schutzunterkünfte nicht aufgreift. Nach Ansicht des Kantons Zürich sollte das Opferhilfegesetz die Kantone dazu verpflichten, ein ausreichendes Angebot an Schutzunterkünften bereitzustellen. Aktuell ist die Situation unbefriedigend, was dazu führt, dass die vom Kanton Zürich mit einem Sockelbeitrag finanzierten Zürcher Schutzunterkünfte zu einem erheblichen Teil von Frauen mit ausserkantonalem Wohnsitz belegt werden.
Die geplante Revision des Opferhilfegesetzes verfolgt das Ziel, die Leistungen der Opferhilfe im Bereich der medizinischen und rechtsmedizinischen Hilfe zu stärken. Der Regierungsrat hat im Vernehmlassungsverfahren dem Bund mitgeteilt, dass er dieses Ansinnen begrüsse. Es sei sinnvoll, das Opferhilfegesetz so anzupassen, dass Opfer von Gewalt Zugang zu spezialisierten und qualitativ hochwertigen medizinischen und rechtsmedizinischen Leistungen erhalten.
Gleichzeitig gibt es mit den Schutzunterkünften aber einen Bereich, in dem die Bereitstellung eines ausreichenden Angebots ebenfalls zentral wäre, den der vorliegende Entwurf aber nicht aufgreift. Das Opferhilfegesetz sieht bis heute keine Bereitstellungspflicht der Kantone für eine ausreichende Anzahl Plätze in Schutz- und Notunterkünften vor. Das hat zur Folge, dass das Angebot regional und kantonal sehr unterschiedlich ausfällt.
Zwar hat das Angebot an Schutz- und Notunterkünften in den letzten Jahren einen gewissen Ausbau erfahren. Ebenso haben einzelne Kantone ohne eigenes Angebot inzwischen Leistungsvereinbarungen mit Frauenhäusern abgeschlossen. Der jüngst publizierte Forschungsbericht, den die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren bei der Fachhochschule Nordwestschweiz in Auftrag gegeben hat («Studie über Schutz- und Notunterkünfte für gewaltbetroffene Menschen in der Schweiz»), kommt aber zum Schluss: Die Auslastung des Versorgungsangebots sei aktuell so hoch, dass die vorhandenen Kapazitäten dem Bedarf nur bedingt entsprechen könnten. Zudem variiere das Angebot an Schutz- und Notunterkünften erheblich.
Der Kanton Zürich finanziert sämtliche Zimmer in den Schutzunterkünften des Kantons mit einem Sockelbeitrag und trägt damit entscheidend zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Frauenhäuser und der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration bei.
Allerdings werden die Plätze in den Zürcher Schutzunterkünften zu 40 Prozent von Frauen mit Wohnsitz in anderen Kantonen belegt, sodass Frauen aus dem Kanton Zürich auf Schutzunterkünfte in anderen Kantonen ausweichen müssen.
Das ist einerseits für die Frauen und ihre Kinder belastend, da dadurch die Suche nach geeigneten Anschlusslösungen erschwert wird. Andererseits führt diese Situation für den Kanton Zürich zu Mehrkosten, weil für ausserkantonale Platzierungen die Vollkosten übernommen werden müssen. Zudem erschwert sie eine (regionale) Angebotsplanung und Steuerung.
Kantone ohne eigenes Angebot sollten nach Ansicht des Regierungsrates dazu verpflichtet werden, mit den Standortkantonen Vereinbarungen abzuschliessen und sich an den Bereitstellungskosten zu beteiligen. Die Istanbul-Konvention fordert in Artikel 23 von den Vertragsstaaten die Einrichtung von geeigneten, leicht zugänglichen Schutzunterkünften in ausreichender Zahl. Im Opferhilfegesetz sollte deshalb eine Bestimmung aufgenommen werden, die eine Bereitstellungspflicht der Kantone vorsieht.
Das Opferhilfegesetz wurde letztmals per 1. Januar 2009 (total)revidiert. Die jetzige Teilrevision bietet deshalb nach 15 Jahren Gelegenheit, weitere Punkte des Opferhilfegesetzes anzupassen, die sich in der Praxis nicht bewährt haben.