Überhöhte Wohnkosten

Inhaltsverzeichnis

Kapitelnr.
7.2.04.
Publikationsdatum
16. August 2012
Kapitel
7 Materielle Grundsicherung (WSH)
Unterkapitel
7.2. Wohnkosten

Rechtsgrundlagen

SKOS-Richtlinien, Kapitel B.3 § 21 SHG § 23 SHV

Erläuterungen

1.Was sind überhöhte Wohnkosten?

Für die Mietzinshöhe existieren (im Gegensatz zum Grundbedarf für den Lebensunterhalt GBL) weder nationale noch kantonale Richtwerte. Der Mietzins soll für die ortsüblichen Ver-hältnisse günstig sein. Dies kann sich von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden, daher haben die meisten Gemeinden kommunale Richtwerte festgelegt (vgl. Kapitel 7.2.03). Entsprechen die Wohnkosten einer Person oder Familie nicht diesen Richtwerten, so muss zuerst überprüft werden, ob Gründe vorliegen, die die Übernahme der höheren Wohnkosten rechtfertigen. Dies können medizinische, oder soziale Gründe sein wie die Grösse und Zu-sammensetzung der Familie, eine allfällige Verwurzelung an einem bestimmten Ort, das Al-ter und die Gesundheit der betroffenen Personen sowie der Grad ihrer sozialen Integration. Existieren solche Gründe, so kann die Übernahme von überhöhten Wohnkosten trotz Abwei-chung von allfälligen Richtwerten angemessen sein. In diesen Fällen ist auf das unten be-schriebene Vorgehen zu verzichten. Ansonsten sind überhöhte Wohnkosten so lange zu übernehmen, bis eine zumutbare güns-tigere Wohnung zur Verfügung steht.

2.Vorgehen bei überhöhten Wohnkosten

Ist eine Wohngelegenheit zu teuer und sprechen keine anderen Gründe für den Erhalt der Wohngelegenheit, so muss die unterstützte Person aufgefordert werden, sich eine günstige-re Wohnung zu suchen. Dafür ist eine Auflage nach § 21 SHG notwendig, die folgende Punkte beinhaltet:

  • Mitteilung, dass die Wohnkosten zu hoch sind.
  • Aufforderung, eine günstigere Wohnung zu suchen (inkl. Quantifizierung der Aufforde-rung im Sinne von Nachweisen der Wohnungssuchbemühungen).
  • Information, bis wann die aktuellen Wohnkosten übernommen werden und ab wann die Wohnkosten allenfalls gekürzt werden. Bei der Festlegung dieser Frist sollen übliche bzw. vertragliche Kündigungsfristen soweit möglich mitberücksichtigt werden.
  • Rechtsmittelbelehrung.

Die Auflagen haben verhältnismässig zu sein. Ist z.B.

  • der Gesamtmietzins für einen Mehrpersonenhaushalt überhöht,
  • liegt eine Wohn- oder Lebensgemeinschaft vor und
  • müssen nicht alle Haushaltsmitglieder unterstützt werden, ist die Auflage, eine Wohnung mit einem entsprechend der Haushaltsgrösse angemessenen Mietzins pro Zimmer zu suchen nicht zulässig, wenn sich die Situation der betroffenen Per-son durch die Auflage deshalb nicht bessert, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die nicht unterstützten Wohngemeinschaftsmitglieder gemeinsam mit der unterstützten Person eine entsprechende Wohnung suchen würden. Die unterstützte Person wäre in sol-chen Fällen wohl gezwungen, sich eine eigene Wohnung zu suchen, was regelmässig zu höheren Mietkosten führen dürfte (vgl. VB.2011.00331). Weitere Informationen zu Auflagen siehe Kapitel 14.1.01 und Kapitel 14.1.02. Damit ist die betroffene Person darüber informiert, was sie tun muss, weiss, wie sie ihre Wohnungssuche belegen muss und was allenfalls geschieht, wenn sie sich nicht daran hält. Während der gesetzten Frist sind die Wohnkosten in bisheriger Höhe zu übernehmen. Die Sozialhilfeorgane müssen die Personen soweit notwendig bei der Wohnungssuche un-terstützen, beispielsweise durch Ausstellen einer Bestätigung für die Übernahme des Miet-zinses durch die Sozialhilfe, durch Unterstützung bei der Bewerbung für Wohnungen, durch Abgabe von Referenzen oder von Listen mit freien Wohnungen etc. Findet eine Person während der gesetzten Frist keine günstigere Wohngelegenheit, kann aber mittels Belegen nachweisen, dass sie sich erfolglos bemüht hat, so ist die Reduktion der Wohnkosten nicht zulässig. Es ist in diesem Fall eine neue Frist anzusetzen und die Per-son muss weiterhin bei den Suchbemühungen unterstützt werden. Kann die Person keine entsprechenden Suchbemühungen vorweisen, so können die über-nommenen Wohnkosten nach Ablauf der Frist angemessen gekürzt werden. Weiteres zur Kürzung von Wohnkosten siehe Kapitel 14.3.04.

Rechtsprechung

VB.2012.00158: Der Beschwerdeführer wohnt seit 55 Jahren in seiner Vierzimmerwohnung mit einem Mietpreis von Fr. 1'534.-. Die Sozialbehörde forderte ihn auf, eine Wohnung zu suchen, die den maximalen Richtlinienmietzins von Fr. 1'100.- nicht übersteigt, verbunden mit der Auflage, bis dahin monatlich acht Wohnungssuchbemühungen nachzuweisen. Bevor der Umzug in eine günstigere Wohnung verlangt wird, ist die Situation im Einzelfall genau zu prüfen (E. 2.1). Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer schon sehr lange in seiner Wohnung lebt und dementsprechend eingerichtet ist, führt nicht zur Unzumutbarkeit eines Wohnungswechsels (E. 3.3). VB.2011.00333: Es ist fraglich, ob die seit Jahren nicht mehr angepassten Mietzinsrichtlinien noch den aktuellen Gegebenheiten entsprechen. Der Mietzins von Fr. 1'400.-- erscheint aber

ohnehin als überhöht (E. 4.1). Weder die Beschwerdeführerin noch ihre frühere Wohnge-meinde waren verpflichtet, vor dem Umzug Kontakt mit der Sozialbehörde der neuen Ge-meinde aufzunehmen (E. 4.2). Die Sozialbehörden müssen Hilfesuchende bei der Suche nach günstigem Wohnraum zwar aktiv unterstützen, sie sind aber nicht dazu gehalten, eine konkrete Wohnung zur Verfügung zu stellen. Erst bei Verlust der Wohngelegenheit ohne An-schlusslösung ist eine Notunterkunft bereitzustellen (E. 4.3). Erfolgt ein Umzug unfreiwillig, hat die Gemeinde den vollen Mietzins (nur) dann nicht zu übernehmen, wenn dem Hilfesu-chenden ein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Vorliegend verhielt sich die Beschwer-deführerin durch die Unterzeichnung des Mietvertrags nicht treuwidrig, obwohl sie wusste, dass der neue Mietzins über den Richtlinien der Beschwerdegegnerin liegt (E. 4.4). Der Be-schwerdegegnerin steht es frei, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, eine den Mietzins-richtlinien entsprechende Wohnung zu suchen (E. 4.5). VB.2011.00331: Sozialhilfe: Weisung, eine günstigere Wohnung zu suchen (…) bei zwei zu-sammenlebenden Schwestern, von welchen nur eine mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt wird. Auflagen und Weisungen im Sinn von § 21 SHG, die auf eine Verbesserung der Lage des Hilfeempfängers abzielen, sind nach gefestigter Praxis des Verwaltungsgerichts an-fechtbare Anordnungen (E. 2.4). Weisungen und Auflagen sind dann zulässig, wenn sie sich auf die richtige Verwendung der Beiträge beziehen oder geeignet sind, die Lage des Hilfe-empfängers zu verbessern, worunter auch die Minderung der Unterstützungsbedürftigkeit fällt. Würde die Beschwerdeführerin gezwungen, eine günstigere Wohnung zu suchen, hätte dies wohl zur Folge, dass ihre Schwester nicht mit ihr umziehen würde. Ein Umzug in eine den Mietzinsrichtlinien für einen 1-Personen-Haushalt entsprechende Wohnung würde aber nicht zur Minderung der Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin führen. Hingegen dürfte sich das gemeinsame Wohnen hinsichtlich der angestrebten Integration der Beschwerdeführerin als positiv erweisen (E. 2.5.2). VB.2008.00462: Die selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers trug kaum zu einer Un-abhängigkeit von der wirtschaftlichen Hilfe bzw. zu deren Reduktion bei; daher rechtfertigt sich die Anrechnung höherer Wohnkosten für eine grössere Wohnung mit einem Büro nicht. Dem allein wohnenden Beschwerdeführer ist ein Umzug in eine Zwei- oder Einzimmerwoh-nung zumutbar; bei fehlendem Angebot ist ihm auch die Wohnungssuche in einer anderen Gemeinde der Region zumutbar. VB.2007.00274: Die Weisung, eine günstigere Wohnung zu suchen, ist aufgrund des Gebots der Wirtschaftlichkeit von Unterstützungsleistungen nicht zu beanstanden. Auch sind konkret keine in der Person der Sozialhilfeempfängerin begründeten Umstände ersichtlich, die gegen einen Umzug sprechen. Diesbezüglich hat die Vorinstanz den Rekurs zu Recht abgewiesen. Aus dem angefochtenen Beschluss der Fürsorgebehörde gehen zwar die Konsequenzen für den Fall, dass die Sozialhilfeempfängerin die Weisung nicht befolgt, nicht deutlich hervor. Mit der Vorinstanz ist aber davon auszugehen, dass vorerst lediglich eine Androhung einer Kür-zung der Wohnkosten und nicht bereits eine Kürzung verfügt worden ist. Eine solche Andro-hung ist als verfahrensmässige Anordnung nicht anfechtbar. Die Vorinstanz ist deshalb zu Recht auf den Rekurs nicht eingetreten. VB.2007.00219: Kommunale Mietzinsrichtlinien sind lediglich als Dienstanleitungen zu quali-fizieren, welche gegenüber den Hilfesuchenden keine direkten Wirkungen zu entfalten ver-mögen. Nach der kommunalen Übergangsregelung besteht kein Zwang zur Anpassung an

die neu festgelegten Miethöchstzinsen. Wird aber auf eine solche hingearbeitet, hat die Er-messensausübung jedenfalls das Alter und die Gesundheit der betroffenen Person sowie den Grad ihrer sozialen Integration zu berücksichtigen. Es liegt eine rechtsverletzende Er-messensunterschreitung vor, wenn die Vorinstanz die vorliegenden besonderen Umstände, insbesondere die massiv angeschlagene psychische und physische Gesundheit der Be-schwerdeführerin, zwar erkennt, aber unzureichend gewichtet. Gutheissung der Beschwer-de. VB.2006.00188: Auflage, sich um eine günstigere Wohnung zu bemühen (Sachverhalt: Der 83-jährige Beschwerdeführer muss Sozialhilfeleistungen beziehen, weil seine Mittel nicht mehr ausreichen, nachdem seine vollinvalide Ehefrau in einem Krankenheim untergebracht werden musste und dadurch sehr hohe Pflegekosten entstanden sind.): Die Auflage, sich um eine günstigere Wohnung zu bemühen, bedarf in der vorliegenden besonderen Konstellation einer sehr sorgfältigen vorherigen Abklärung unter Berücksichtigung der gesamten Umstän-de. Insbesondere sind die tatsächlich für die Gemeinde anfallenden Kosten, weitere Finan-zierungsmöglichkeiten und das Angebot an günstigen Wohnungen zu prüfen. Die bislang ge-tätigten Abklärungen erweisen sich als ungenügend. Teilweise Gutheissung und Rückwei-sung. VB.2006.00076: Finden die reduzierten Ansätze der Wohnkosten bei sog. "jungen Erwach-senen" (18 bis 25 Jahre) auch Anwendung bei über 25-jährigen Personen, die sich noch in Ausbildung befinden? Die gut 25-jährige Sozialhilfeempfängerin, welche in Kürze eine Lehre abschliesst, lebt seit neun Jahren selbstständig und seit drei Jahren als Alleinmieterin einer Wohnung, deren günstiger Mietzins noch im Rahmen der kommunalen Richtlinien liegt. Auf-grund dieser Umstände erscheint die Auflage der Gemeinde, die Empfängerin habe sich um eine Untervermietung ihrer Wohnung zu bemühen, um die Wohnkosten von Fr. 1'000 auf Fr. 500 zu senken, als unverhältnismässig. Abweisung der Beschwerde der Gemeinde. VB.2007.00274, VB.2007.00147, VB.2006.00188, VB.2004.00456, VB.2003.00191: Bevor der Umzug in eine günstigere Wohnung verlangt wird, ist die Situation im Einzelfall genau zu prüfen. Insbesondere sind folgende Punkte bei einem Entscheid zu berücksichtigen: die Grösse und Zusammensetzung der Familie, eine allfällige Verwurzelung an einem bestimm-ten Ort, das Alter und die Gesundheit der betroffenen Personen sowie der Grad ihrer sozia-len Integration (Kap. B.3 der SKOS-Richtlinien). VB.2005.00053: Überhöhte Wohnungskosten sind so lange zu übernehmen, bis eine zumut-bare günstigere Lösung zur Verfügung steht. Der Beschwerdeführer anerkennt, dass seine Wohnungskosten überhöht sind. Die vorinstanzlichen Erwägungen sind überzeugend. Es durfte dem Beschwerdeführer zugemutet werden, seinen Mietvertrag ohne Einhaltung des Kündigungstermins zu kündigen. VB.2004.00456: Die wirtschaftliche Hilfe kann mit der Weisung verbunden werden, eine günstigere Wohnung zu suchen. VB.2002.00127: Eine Reduktion der anrechenbaren Wohnkosten ist erst nach einer Weisung (Umzug in günstigere Wohnung) und einer anschliessenden Verwarnung zulässig (E. 2). Bei einer kurzfristigen Unterbrechung der Sozialhilfeabhängigkeit infolge von IV-Leistungen kann bei einem anschliessenden erneuten Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht ohne weiteres an einer früheren Weisung (Umzug in günstigere Wohnung) angeknüpft und die Leistungen we-

gen Missachtung dieser Weisung gekürzt werden. Eine Verwarnung ist nämlich nicht erfolgt und war unter den konkreten Umständen nicht verzichtbar (E. 3a/b). VB.2002.00309: Ein monatlicher Mietzins von Fr. 2'341.-- für einen Zweipersonen-Haushalt ist unter sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten überhöht; die Auflage, eine günstigere Woh-nung zu suchen, ist ebenso rechtmässig wie die anschliessende Kürzung der Wohnungskos-ten (E. 3e). Die vorinstanzliche Annahme, eine 2 1/2-Zimmerwohnung mit einer Monatsmiete von Fr. 1100.-- sei unter den konkreten örtlichen Bedingungen den persönlichen Verhältnis-sen angemessen und am bisherigen Wohnort (inkl. Umgebung) auch zu finden, ist nicht zu beanstanden. Der Miteinbezug des Wohnungsmarktes umliegender Gemeinden stellt keine unzulässige "Abschiebung" dar (E. 3 f). VB.2004.00318, VB.2003.00119, VB.2002.00309: Wenn es sich als unmöglich erweist, in der gleichen Gemeinde innert nützlicher Frist und zu einem angemessenen Mietzins eine geeignete Wohnung zu finden, jedoch ein entsprechendes Angebot in anderen Gemeinden des Bezirks vorhanden ist, so kann von den unterstützungsbedürftigen Personen unter Um-ständen erwartet werden, dass sie den Wegzug in eine andere Gemeinde der gleichen Re-gion in Kauf nehmen. Ein auf dieser Erwartung beruhendes Vorgehen der bisherigen Wohn-gemeinde verstösst nicht gegen das Abschiebeverbot von § 40 Abs. 1 SHG. VB.2001.00113: Wenn den Hilfebeziehenden genügend Zeit zur Suche eines Ersatzmieters bzw. einer Ersatzmieterin eingeräumt wird, darf auch ein vorzeitiger bzw. ausserterminlicher Wechsel in eine günstigere Wohnung verlangt werden. RRB 1849/96: Die Weisung, eine Wohnung nicht zur Verminderung von Sozialhilfeauslagen, sondern wegen familiärer Probleme und mangelnder Eignung zu verlassen, stellt einen er-heblichen Eingriff in die persönliche Freiheit dar und hätte sich deshalb auf schwerwiegende Gründe und auf ein bedeutsames öffentliches Interesse zu stützen. RRB 928/98, RRB 1046/97, RRB 578/96, RRB 3666/95, RRB 3664/95, RRB 3177/95, RRB 2808/95, RRB 2625/95, RRB 97/94: Die Kosten für die Wohnungsmiete sind anhand des Mietvertrags zu ermitteln und voll anzurechnen, sofern und solange keine günstigere Woh-nung vermittelt werden kann, die der Situation der Betroffenen gerecht zu werden vermag. Die Wohnungskosten dürfen nur dann nicht zu Lasten der Sozialhilfe übernommen werden, wenn der Umzug in eine günstigere Wohnung, die verfügbar und zumutbar ist, verweigert wird. Ebenso sind die Nebenkosten, d.h. die Kosten für Heizung, Wasser, Treppenhausbe-leuchtung, Hauswartung oder Ähnliches, in voller Höhe anzurechnen. RRB 822/98: Dass bei überhöhten Wohnkosten nicht nur die Hilfesuchenden verpflichtet werden können, eine günstigere, ihnen ebenfalls zumutbare Wohnung zu suchen, sondern sie dabei auch von der Sozialbehörde unterstützt werden sollen, ergibt sich bereits aus dem Anspruch auf persönliche Hilfe.

Praxishilfen

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

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