Rückerstattung aus dem Nachlass

Kapitelnr.
15.3.01.
Publikationsdatum
2. Januar 2013

Rechtsgrundlagen

§ 28 SHG Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10 Dezember 1907 (ZGB), SR 210, Art. 457 ff. Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 2. April 1911 (EG ZGB), LS 230 Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisationim Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (GOG), LS 211.1

Erläuterungen

1.Allgemeines

Stirbt eine Person, so geht unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen das Vermögen als Ganzes auf die Erben über und die Schulden des Erblassers werden zu persönlichen Schul-den der Erben (Art. 560 ZGB). Dies jedenfalls dann, wenn die Erbschaft von einem Erben (z.B. wegen Überschuldung) nicht ausgeschlagen wurde (Art. 566 ZGB). Grundsätzlich ist es Aufgabe der nächsten Angehörigen bzw. der Erben, die mit einem To-desfall verbundenen Formalitäten zu regeln und die übrigen erforderlichen Massnahmen zu treffen. Die Erbschaft darf in der Regel von den Erben selber verwaltet und geteilt werden. Ist ungewiss, ob Erben existieren, so hat sich die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde um die Verwaltung des Nachlasses zu kümmern (Art. 393 ZGB). Sind nach Begleichung der Schulden (inkl. sozialhilferechtliche Rückerstattungsansprüche) noch Vermögenswerte vor-handen und melden sich aufgrund einer öffentlichen Aufforderung binnen Jahresfrist keine Erben, so fällt die Erbschaft an das Gemeinwesen (Art. 466 ZGB und Art. 555 ZGB sowie § 124 EG ZGB). Zudem obliegt es der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde, von sich aus den Nachlass zu siegeln und zu inventarisieren, wenn ein Erbe bzw. eine Erbin handlungs-unfähig ist, dauernd und ohne Vertretung abwesend ist oder wahrscheinlich ist, dass der Erblasser keine erbberechtigten Personen hinterlässt (§ 125 EG ZGB). Grundsätzlich darf die Sozialbehörde weder die Erbmasse verwalten noch darüber verfügen, sondern sie muss ihre Ansprüche als normale Gläubigerin den Erben gegenüber geltend machen. Befinden sich aber noch Nachzahlungen von Sozialversicherungen auf dem Klien-tenkonto der Sozialbehörde, so dürfen sie mit ausbezahlten Sozialhilfeleistungen verrechnet werden. Hingegen müssen Sozialversicherungsrenten, welche der Sozialbehörde für den dem Todesfall folgenden Monat bereits ausbezahlt worden sind, an die ausrichtende Stelle zurückerstattet werden.

2.Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Nachlass

Mit dem Tod der Klientin bzw. des Klienten entsteht ein Anspruch der Sozialbehörde auf

Rückerstattung der wirtschaftlichen Hilfe gegenüber dem Nachlass (§ 28 Abs. 1 SHG). Da-von betroffen sind Leistungen, welche im Zeitpunkt des Rückerstattungsentscheids nicht mehr als 15 Jahre zurückliegen und solche, für die eine Rückerstattungsverpflichtung auf-grund von nichtrealisierbaren Vermögenswerten eingegangen worden ist (vgl. dazu Kapitel 9.2.02). Der Rückerstattungsanspruch richtet sich gegen diejenigen Erben, welche die Erbschaft nicht ausgeschlagen haben. Sind mehrere Erben vorhanden, so haften sie dafür solidarisch (Art. 603 Abs. 1 und Art. 639 ZGB). Wenn allerdings die Erben eines zahlungsunfähigen Erb-lassers die Erbschaft ausschlagen, so haften sie gleichwohl insoweit, als sie vom Erblasser innerhalb der letzten fünf Jahre ausgleichungspflichtige Vermögenswerte (vgl. Art. 626 ff. ZGB) empfangen haben (Art. 579 ZGB). Zur Prüfung einer Rückerstattung aus dem Nachlass der Klientin bzw. des Klienten ist abzu-klären, wie viel ihr bzw. ihm in den letzten 15 Jahren an Sozialhilfeleistungen ausgerichtet worden ist. Davon sind allfällige, den gleichen Zeitraum betreffende Eingänge (z.B. Zahlun-gen von Sozialversicherungen oder aus Verwandtenunterstützung) abzuziehen. Für den ver-bleibenden Nettobetrag kann gegenüber dem Nachlass bzw. den Erben ein Anspruch auf Rückerstattung geltend gemacht werden. Dabei sind die Verhältnisse der Erben angemessen zu berücksichtigen (§ 28 Abs. 2 SHG). So sollte z.B. der Beziehung des Erben zum Erblasser, der Grösse und Art des Erbteils so-wie der finanziellen Lage des Erben Rechnung getragen werden. Jedenfalls wäre es unver-hältnismässig, von einem in schlechten finanziellen Verhältnissen lebenden und dem Erblas-ser nahe verbunden gewesenen Erben einen relativ geringfügigen Erbteil bzw. ein Objekt mit hohem Erinnerungswert zurückzuverlangen.

3.Verfahren zur Geltendmachung der Ansprüche

Wenn Erben vorhanden und bekannt sind, so hat die Rückforderung in der Form eines re-kursfähigen Beschlusses der Sozialbehörde zu erfolgen. Wird dagegen nicht rekurriert bzw. ist ein erhobener Rekurs letztinstanzlich abgewiesen worden, so gilt ein solcher Entscheid als definitiver Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 SchKG und Art. 81 SchKG. Bei Nicht-bezahlung der Rechnung kann daher ohne weiteres ein Betreibungsverfahren durchgeführt werden. Der Rückforderungsbeschluss ist normalerweise bzw. dann, wenn die Erbschaft ohne Mit-wirkung von Amtsstellen oder Drittpersonen verwaltet und geteilt wird, dem oder den Erben (soweit sie keinen gemeinsamen Vertreter haben) der verstorbenen Klientschaft zuzustellen (Art. 579 ZGB). Falls die Klientin bzw. der Klient durch letztwillige Verfügung einen Willens-vollstrecker eingesetzt hat (Art. 517 ZGB und Art. 518 ZGB), ist der Entscheid an diesen zu richten. Gleich verhält es sich, sofern ausnahmsweise eine Erbschaftsverwaltung angeordnet worden ist (Art. 554 ZGB). Auch wenn der Erblasser unter Beistandschaft stand sind (sofern Erben vorhanden sind) die Erwachsenenschutzorgane zur Begleichung einer solchen Rück-forderung nicht mehr zuständig, da solche Befugnisse mit dem Tod des Erblassers erloschen sind (Art. 451 ZGB). Falls die Sozialbehörde begründete Besorgnis hat, dass ihre Forderung nicht bezahlt wird

und auf ihr Begehren hin auch keine Vergütung oder Sicherstellung erfolgt, so kann sie in-nert drei Monaten, vom Tod des Erblassers oder der Eröffnung der letztwilligen Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen (Art. 594 ZGB). Innerhalb des Kantons Zürich hat sie dies beim zuständigen Einzelgericht zu beantragen (§ 137 lit. g GOG). Die übrigen Sicherungsmassnahmen (Inventarisation, Siegelung, Erbschaftsverwal-tung) müssen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind, von der Erwachse-nenschutzbehörde durchgeführt oder beim Einzelgericht beantragt werden (Art. 551 bis 555 ZGB, § 125 EG ZGB, § 137 GOG). Zudem kann die Sozialbehörde unter bestimmten Vo-raussetzungen Vermögensstücke eines zur Rückerstattung verpflichteten Erben auch mit Ar-rest belegen lassen (Art. 271 bis 281 SchKG).

Rechtsprechung

Urteil des Bundesgerichts 8C_254/2011 vom 7. Juli 2011: Ein (teilweiser) Verzicht auf eine Rückerstattung aus dem Nachlass liesse sich dann rechtfertigen, wenn die Beziehung zwi-schen Erblasserin und Erben gut gewesen wäre und sich die Erben in ausserordentlicher Weise und ohne Entgelt um die Erblasserin gekümmert und so die öffentliche Hand vor zu-sätzlicher Gewährung von Sozialhilfe bewahrt hätten. Davon kann hier nicht die Rede sein. RRB 55/1996 (nicht publiziert): Bei der Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs aus dem Nachlass von Klientinnen und Klienten sind die Verhältnisse der Erbinnen und Erben angemessen zu berücksichtigen. Darunter fallen insbesondere die Beziehung zum Erblasser bzw. zur Erblasserin, die Grösse und Art des Erbteils sowie die finanzielle Lage der Erben und Erbinnen. Aus in den Nachlass übergegangenen Rentennachzahlungen kann aber ohne weiteres eine Rückerstattung der den gleichen Zeitraum betreffenden wirtschaftlichen Hilfe verlangt werden.

Praxishilfen

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