Innerkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen

Kapitelnr.
12.2.02.
Publikationsdatum
2. November 2012
Kapitel
12 Stationäre Massnahmen
Unterkapitel
12.2. Massnahmen für Kinder/Jugendliche

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge vom 1. April 1962, LS 852.2 Verordnung über die Jugendheime vom 4. Oktober 1962, LS 852.21 Art. 276 ZGB, Art. 285 ZGB Verfügung der Bildungsdirektion vom 15. August 2008 über die Versorgertaxen in beitrags-berechtigten Sonderschulen und Schulheimen sowie Jugendheimen Richtlinien der Bildungsdirektion vom 31. August 1998 über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen Richtlinien der Bildungsdirektion vom 25. März 2011 zur Finanzierung der beitragsberechtig-ten Kinder-, Jugend- und Sonderschulheime im Kanton Zürich

Erläuterungen

1.Allgemeines

Als Jugendheime gelten Heime, die dazu bestimmt sind, mehr als fünf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum vollendeten 22. Altersjahr zur Erziehung und Betreuung auf-zunehmen (§ 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge). Für Einrichtungen, die der staatlichen Aufsicht nach der Gesetzgebung über das Gesund-heitswesen und die Sozialhilfe unterstehen, gelten andere Rechtsgrundlagen. Auf solche Heime und Anstalten kommt das Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge nicht zur Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfür-sorge). Schulen und Kindergärten von Jugendheimen unterstehen der Schulgesetzgebung, insbe-sondere den Bestimmungen über die Bewilligung, die Aufsicht und die Leistung von Staats-beiträgen. Einrichtungen für die Erlernung gewerblicher und kaufmännischer Berufe unter-stehen den Vorschriften über die berufliche Ausbildung (§ 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge).

2.Aufsicht

Die Jugendheime stehen unter der Aufsicht des Amtes für Jugend und Berufsberatung. Die-ses kann mit Zustimmung der Bildungsdirektion die unmittelbare Aufsicht Jugendkommissio-nen, Jugendsekretariaten oder Behörden und Amtsstellen von Gemeinden übertragen und

sich Bericht erstatten lassen (§ 6 Verordnung über die Jugendheime). Der Betrieb eines Kinder- oder Jugendheims ist bewilligungspflichtig. Die von der Bildungsdi-rektion erlassenen Richtlinien über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen legen fest, an welche Voraussetzungen eine Bewilligung gebunden ist.

3.Finanzierung

Die Finanzierung von Jugendheimen erfolgt einerseits mittels Staatsbeiträgen des Kantons, andererseits erheben die Jugendheime Versorgertaxen, welche von der platzierenden Stelle im Kanton Zürich bzw. der Gemeinde, in welcher das Kind seinen zivilrechtlichen Wohnsitz hat, zu übernehmen sind. Von den Versorgertaxen werden Elternbeiträge in Abzug gebracht. Zudem leistet der Bund an die vom Bundesamt für Justiz anerkannten Heime Betriebsbeiträ-ge. 3.1. Staatsbeiträge Der Kanton leistet den Gemeinden nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für die aner-kannten, von ihnen geführten Jugendheime Kostenanteile bis zur Hälfte der beitragsberech-tigten Ausgaben (§ 7 Abs. 1 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). Privaten Trägern leistet der Kanton für von ihnen geführte Jugendheime Kostenanteile bis zur vollen Höhe der beitragsberechtigten Ausgaben (§ 7 Abs. 2 Gesetz über die Jugendhei-me und Pflegekinderfürsorge). Die Kostenanteile des Kantons werden für Kinder und Jugendliche mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Zürich ausgerichtet. Beiträge werden gewährt an die Ausgaben für

  • die Einrichtung, Erweiterung oder Erneuerung von Gebäuden und die Anschaffung be-weglicher Einrichtungen,
  • die Besoldung der Leitenden der Jugendheime und ihrer Mitarbeitenden in Erziehung und Berufsbildung sowie die Arbeitgeberleistungen an Einrichtungen der Alters-, Invalidi-täts- und Hinterlassenenfürsorge,
  • die Ausbildung und Weiterbildung von Leitenden und Erziehenden (§ 8 Abs. 1 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). Die Gewährung von Beiträgen an Schulen und Kindergärten von Jugendheimen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Leistungen des Kantons für das Volksschul-wesen (§ 8 Abs. 3 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). 3.2. Versorgertaxen Für jedes Angebot eines Jugendheims legt die Bildungsdirektion eine Versorgertaxe in Form

einer Pauschale fest. Die Jugendheime stellen die Versorgertaxe der zuweisenden Behörde aus dem Kanton Zü-rich in Rechnung. Schuldner der Versorgertaxe ist die zuweisende Behörde bzw. die Ge-meinde, in welcher das Kind oder der Jugendliche seinen zivilrechtlichen Wohnsitz hat (vgl. § 18e Abs. 2 Verordnung über die Jugendheime). Bei der Versorgertaxe handelt es sich um einen Gemeindeanteil (vgl. Kapitel 12.2.01). Dieser kann nicht aus Mitteln der öffentlichen Sozialhilfe übernommen werden. Da die Übernahme der Versorgertaxen keine wirtschaftliche Hilfe darstellt, unterliegen diese Auslagen auch nicht der Weiterverrechnung nach ZUG (Kapitel 18.2) oder SHG (Kapitel 18.3). Ebenso wenig sind sie gestützt auf § 45 SHG staatsbeitragsberechtigt (Kapitel 19.1). 3.3. Elternbeitrag Gemäss Art. 276 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegrif-fen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Der Unterhalt wird durch Pflege und Erziehung, oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlungen geleistet. Die Eltern sind von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit, als dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder ande-ren Mitteln (z.B. Renten) zu bestreiten. Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kin-des sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen. Der von den Eltern zu leistende Beitrag zur Platzierung ihres Kindes in ein Kinder- oder Ju-gendheim umfasst einerseits eine angemessene Beteiligung an der Versorgertaxe, anderer-seits haben die Eltern für die Nebenkosten (z.B. Taschengeld, Kleider und Schuhe, Telefon-karten, Toilettenartikel) der Platzierung aufzukommen. Verfügt das Kind über Eigenmittel, können diese soweit zumutbar zur Deckung dieser Kosten herangezogen werden. Der Elternbeitrag kann nicht hoheitlich verfügt werden. Weigern sich die Eltern, einen Eltern-beitrag zu leisten, obwohl sie aus finanzieller Sicht dazu in der Lage wären, bedarf es einer Unterhaltsklage nach Art. 279 ZGB, welche vor dem zuständigen Zivilgericht zu erheben ist. a. Anteil an der Versorgertaxe: Die zivilrechtliche Wohngemeinde des Kindes übernimmt die von der Institution in Rechnung gestellte Versorgertaxe. Soweit die Eltern leistungsfähig sind oder das Kind über eigene Mit-tel verfügt, haben sie an die Versorgertaxe einen angemessen Anteil zu entrichten. Indem die zivilrechtliche Wohngemeinde die Versorgertaxe zunächst vollständig begleicht, kommt sie im Umfang der angemessenen Beteiligung der Eltern für den Unterhalt des Kin-des auf. Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht in diesem Umfang gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB mit allen Rechten auf die zivilrechtliche Wohngemeinde über. Kommt mit den El-tern keine Einigung über die angemessene Beteiligung zustande, kann die zivilrechtliche Wohngemeinde beim zuständigen Zivilgericht eine Unterhaltsklage gegen die Eltern erhe-ben. Sind die Eltern aber nicht leistungsfähig, können sie grundsätzlich nicht zur Leistung eines

Elternbeitrages angehalten bzw. gerichtlich verpflichtet werden (vgl. Kapitel 12.2.01, Ziff. 4). Verfügt auch das Kind über keine Eigenmittel, hat die zivilrechtliche Wohngemeinde in die-sem Fall die Versorgertaxe vollumfänglich selbst zu tragen. b. Nebenkosten Anfallende Nebenkosten (z.B. Taschengeld, Kleider und Schuhe, Telefonkarten, Toilettenar-tikel) haben die Eltern zu übernehmen. Kommen die Eltern nicht für die Nebenkosten auf, hat die für das Kind sozialhilferechtlich zu-ständige Gemeinde (d.h. der Unterstützungswohnsitz des Kindes) hierfür Kostengutsprache zu leisten. Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht im Umfang der geleisteten Kostengut-sprache gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB auf sie über. Sie kann die Eltern zur Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages anhalten und, falls keine Einigung zustande kommt, die Eltern auf Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages einklagen (Art. 279 ZGB). Sind die Eltern nicht leistungsfähig, verbleibt die Kostentragung beim Unterstützungswohn-sitz des Kindes. Diese Auslagen können nach ZUG(Kapitel 18.2) oder SHG (Kapitel 18.3) weiterverrechnet werden und sie sind gestützt auf § 45 SHG staatsbeitragsberechtigt (Kapi-tel 19.1). Besonderheit: Verfügt das Kind nicht über einen eigenen Unterstützungswohnsitz, bildet es zusammen mit der Familie eine Unterstützungseinheit. Reichen die Mittel der Familie nicht aus, um für die Nebenkosten aufzukommen, würden in solchen Fällen alle Familienmitglieder sozialhilfeab-hängig. Um dies zu vermeiden, rechtfertigt es sich, in Abweichung von den SKOS-Richtlinien (vgl. § 17 Abs. 1 letzter Satz SHV) die Unterstützungsauslagen für das im Heim platzierte Kind so zu berechnen, wie wenn es über einen eigenen Unterstützungswohnsitz verfügen würde und es somit als eigenen Unterstützungsfall zu führen.

Rechtsprechung

Praxishilfen

Vgl. zur rechtlichen Qualifikation der Versorgertaxen auch

  • Prof. Dr. Isabel Häner/Dr. Christine Ackermann, Rechtsgutachten über die Finanzierung der Kinder-, Jugend- und Schulheimplatzierungen vom 25. August 2011.
  • Prof. Dr. Isabel Häner/Dr. Christine Ackermann, Ergänzungsgutachten vom 3. November 2011. Zur schematischen Übersicht über die Finanzierung vgl. Kapitel 12.2.06.

Kontakt

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