ISOS-Direktanwendung
Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) ist ein behördenverbindliches Grundlageninstrument. Dessen Direktanwendung erfolgt, wenn eine Planung oder ein Bauvorhaben im ISOS liegt und gleichzeitig die Erfüllung mindestens einer Bundesaufgabe betroffen ist.
Ortsbilder von nationaler Bedeutung
Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) ist ein behördenverbindliches Grundlageninstrument, welches hilft, baukulturelle Werte zu erkennen und langfristig zu sichern.
Weitere Informationen zu den Inventaren des Ortsbildschutzes finden Sie auf unserer Themenseite:
ISOS-Direktanwendung
Die Direktanwendung des ISOS erfolgt, wenn eine Planung oder ein Bauvorhaben im ISOS liegt und gleichzeitig die Erfüllung mindestens einer Bundesaufgabe betroffen ist.
Welche delegierten Bundesaufgaben eine Direktanwendung des ISOS auslösen, ist in der Übersicht über die Bundesaufgaben auf dieser Seite dokumentiert. Diese Übersicht stützt sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung und hat informativen Charakter. Aufgrund der sich stetig entwickelnden Rechtslage wird die Übersicht laufend überprüft und erweitert. Sie beansprucht keine Vollständigkeit und ist nicht abschliessend. Ob bei einer Planung oder bei einem Bauvorhaben eine Bundesaufgabe erfüllt wird, ist im Einzelfall zu prüfen.
Kommt die Direktanwendung des ISOS zum Zug, beurteilen wir als zuständige kantonale Fachstelle, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des ISOS ausgeschlossen werden kann. Ausser im Ortsbild der Stadt Zürich, dort ist die Beurteilung der erheblichen Beeinträchtigung seit 1. September 2025 an die Stadt delegiert. Kann die erhebliche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden, wird ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) erforderlich (Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 NHG). Die Bearbeitungsdauer bei der ENHK beträgt mehrere Monate.
Je nachdem, ob es sich um eine geringfügige oder schwerwiegende Beeinträchtigung handelt, ist zur Umsetzung des Vorhabens entweder eine ein- oder zweistufige Interessenabwägung erforderlich. Bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung muss auf einer ersten Stufe geprüft werden, ob diese durch ein gleich- oder höherwertiges Interesse von nationaler Bedeutung gerechtfertigt ist (Art. 6 Abs. 2 NHG). Auf der zweiten Stufe erfolgt dann die eigentliche Interessenabwägung nach Art. 3 RPV.
Diese erfolgt im Baubewilligungsverfahren durch die örtliche Baubehörde. Eine Ausnahme bildet die Bundesaufgabe «Bauen ausserhalb der Bauzone»; in diesem Fall führen wir die Interessenabwägung durch.
Dort, wo sich das ISOS mit dem Inventar der schutzwürdigen Ortsbilder von überkommunaler Bedeutung (kantonales Ortsbildinventar) überlagert, berücksichtigen wir von uns aus die Direktanwendung des ISOS. Liegt das Vorhaben jedoch ausserhalb des kantonalen Ortsbildinventars, ist durch die örtliche Baubehörde über die kantonale Leitstelle mit Angaben der betroffenen Bundesaufgaben eine ISOS-Stellungnahme einzufordern.
Wir bitten Bauherrschaften und Planende, sich bei Fragen an die örtliche Baubehörde zu wenden. Diese ist für die Koordination zuständig.
Verfahren bei Vorhaben innerhalb des ISOS
Der folgende Ablauf erklärt das koordinierte Baubewilligungsverfahren für Bauvorhaben, welche innerhalb des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) liegen und eine Bundesaufgabe erfüllen.
Anleitung
-
Baulage
Liegt das Bauvorhaben im ISOS-Perimeter?
- Nein: keine weiteren ISOS-Abklärungen notwendig
- Ja: Weiter mit Schritt 2
Zuständigkeit:
Örtliche Baubehörde
-
Bundesaufgabe
Betrifft die Bewilligung die Ausübung einer Bundesaufgabe?
- Nein: keine weiteren ISOS-Abklärungen notwendig
- Ja: Die örtliche Baubehörde reicht das Vorhaben beim Kanton ein und macht einen Hinweis im Überweisungsformular, dass eine ISOS-Stellungnahme erforderlich ist, und gibt im Formular die betroffenen Bundesaufgaben an.
Beispiele Bundesaufgaben:
- Photovoltaikanlage im ISOS A
- Gewässerschutzrechtliche Bewilligung
- Weitere: Übersicht Bundesaufgaben
-
Beurteilung der Beeinträchtigung
Ist eine erhebliche Beeinträchtigung möglich?
Die Fachstelle Ortsbildschutz des kantonalen Amts für Raumentwicklung (im Folgenden: kantonale Fachstelle) erstellt eine ISOS-Stellungnahme und stellt diese der örtlichen Baubehörde zu (Ausnahme: Die Stadt Zürich erstellt die ISOS-Stellungnahmen selber).
Weiteres Vorgehen aufgrund der Stellungnahme der kantonalen Fachstelle:
- Keine erhebliche Beeinträchtigung: Weiterführung des Baubewilligungsverfahren
- Erhebliche Beeinträchtigung: Die örtliche Baubehörde teilt der Bauherrschaft mit, dass ein Gutachten von der Eidgenössischen Kommission des Natur- und Heimatschutzes (ENHK) erforderlich ist. Die Bauherrschaft hat die Wahl, das Projekt zurückzuziehen, anzupassen oder ein Gutachten einholen zu lassen. Bei letzterem geht es weiter mit Schritt 4.
-
Einholung ENHK-Gutachten
Wie wird das Gutachten erstellt und wie lange ist die Bearbeitungszeit?
Die örtliche Baubehörde beantragt bei der kantonalen Fachstelle ein ENHK-Gutachten. Der Begutachtungsauftrag, die Begutachtungsfragen sowie die Unterlagen werden zwischen der örtlichen Baubehörde und der kantonalen Fachstelle koordiniert.
Im Rahmen des Gutachtens führt die ENHK einen Augenschein vor Ort durch. Die örtliche Baubehörde und die kantonale Fachstelle nehmen am Augenschein teil. Die ENHK erstellt nach dem Augenschein das Gutachten und schickt es an die kantonale Fachstelle. Derzeit ist mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Monaten zu rechnen.
Ausnahme: Stadt Zürich
Im Ortsbild der Stadt Zürich holt die Stadt selbst aufgrund der Delegation das Gutachten ein, führt den Augenschein mit der ENHK durch und erhält direkt das Gutachten.
-
Befund und Auswirkungen ENHK-Gutachten
Handelt es sich um eine leichte oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung ins Ortsbild?
Die zuständige örtliche Baubehörde erhält von der kantonalen Fachstelle das ENHK-Gutachten. Im Gutachten gibt die ENHK an, wie sie die Beeinträchtigung ins Ortsbild beurteilt.
- Schwerwiegende Beeinträchtigung ins Ortsbild: Weiter zu Schritt 6
- Keine oder nur geringfügige Beeinträchtigung ins Ortsbild: Weiter zu Schritt 7
-
Interessenabwägung 1. Stufe
Liegt ein anderes Eingriffsinteresse von nationaler Bedeutung vor, welches die schwerwiegende Beeinträchtigung ins Ortsbild rechtfertigen könnte?
- Nein: Die örtliche Baubehörde lehnt das Vorhaben ab.
- Ja: Weiter zu Schritt 7
-
Interessenabwägung 2. Stufe
Kann das Bauvorhaben bewilligt werden?
Die örtliche Baubehörde führt eine Interessenabwägung nach Art. 3 RPV durch. Sie geht dabei auf das Gebot der grösstmöglichen Schonung ein und bestimmt eine überzeugende ausgleichende Planung, die möglichst viele Interessen berücksichtigt.
Sie dokumentiert und begründet ihr Ergebnis der Interessenabwägung im Bauentscheid.
Übersicht Bundesaufgaben mit ISOS-Direktanwendung
Die vorliegende Übersicht zu den Bundesaufgaben stützt sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (Art. 2 NHG). Aufgrund der sich stetig entwickelnden Rechtslage wird die Übersicht laufend überprüft und erweitert. Sie beansprucht keine Vollständigkeit und ist nicht abschliessend.
Bundesaufgaben, für deren Bewilligung der Kanton oder die Gemeinde zuständig sind, insbesondere:
|
Bundesaufgabe
|
Bewilligungsbehörde*
|
Gesetzliche Grundlage
|
|---|---|---|
| Nichtbahnbezogene Bauten und Anlagen der Schweizerischen Bundesbahnen (Bauherrschaft SBB) | Gemeinde | Art. 2 Abs. 1 lit. a NHG |
| Rodungsbewilligung | ALN | Art. 2 Abs. 1 lit. b NHG; Art. 5 WaG |
| Vorhaben, die voraussichtlich nur mit Beiträgen des Bundes nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c verwirklicht werden | Gemeinde / Kanton | Art. 2 Abs. 1 lit. c NHG in Verbindung mit Art 2 Abs. 2 NHG |
Natur- und Landschaftsschutzrecht, insbesondere:
|
Bundesaufgabe
|
Bewilligungsbehörde*
|
Gesetzliche Grundlage
|
|---|---|---|
| Bauten und Anlagen in Mooren und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung | ALN | Art. 78 Abs. 5 BV; Art. 23a ff. NHG |
| Bauten und Anlagen in Naturschutzgebieten, vor allem Ufervegetationen sowie weitere Standorte (Riedgebiete etc.) | ALN | Art. 18 ff. NHG |
| Bauten und Anlagen im Bereich von Lebensräumen von geschützten Tieren und Pflanzen (Biotopen) von kantonaler und nationaler Bedeutung | ALN | Art. 18b NHG |
| Fischereirechtliche Bewilligung für technische Eingriffe in Gewässer | ALN | Art. 8 BGF |
| Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel: Insbesondere Nester oder Brutstätten von Vögeln (Beispiel: Gebäudebrüter) | ALN | Art. 78 Abs. 4 BV; Art. 7 JSG; Art.18 ff. NHG; Art. 20 Abs. 2 lit. a NHV in Verbindung mit Anhang 3 der NHV |
| Waldfeststellungsverfahren | ALN | Art. 10 WaG |
Einzonung; Bauen ausserhalb der Bauzone; Solaranlagen (Art. 18a Abs. 3 RPG)
|
Bundesaufgabe
|
Bewilligungsbehörde*
|
Gesetzliche Grundlage
|
|---|---|---|
| Einzonung | ARE | Art. 15 RPG |
| Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone | ARE | Art. 75 BV; Art. 24ff. RPG |
| Solaranlagen auf Kulturdenkmälern von kantonaler oder nationaler Bedeutung (Gebiete, Baugruppen, Einzelelemente gemäss Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung mit Erhaltungsziel A) | ARE | Art. 18a Abs. 3 RPG in Verbindung mit Art. 32b lit. b RPV |
Gewässerschutzrecht, insbesondere:
|
Bundesaufgabe
|
Bewilligungsbehörde*
|
Gesetzliche Grundlage
|
|---|---|---|
| Ausnahmebewilligung im Gewässerschutzbereich | AWEL | Art. 19 Abs. 2 GschG |
| Bauen in Grundwasserschutzzonen und -arealen | AWEL | Art. 20 GschG und Art. 21 GschG |
| Sicherung angemessener Restwassermengen | AWEL | Art. 29 ff. GschG |
| Bauen im Gewässerraum | AWEL | Art. 41c Abs. 1 GSchV |
| Festlegung Gewässerraum | AWEL | Art 36a GschG |
| Überdecken oder Eindolen von Fliessgewässern | AWEL | Art. 38 GschG |
| Revitalisierung von Gewässern | AWEL | Art. 38a GschG |
| Schüttungen (Einbringen fester Stoffe in Seen) | AWEL | Art. 39 Abs. 2 GschG |
| Spülungen und Entleerungen von Stauanlagen | AWEL | Art. 40 GschG |
| Beeinträchtigungen von Grundwasser und Vegetationen bei Stauanlagen mit geringer Stauhöhe | AWEL | Art. 43 Abs. 5 GschG |
| Ausbeutung von Kies, Sand und anderem Material | AWEL | Art. 44 GschG |
| Restwassersanierungen | AWEL | Art. 80 GschG |
| Konzessionen für Wassernutzung | AWEL | Art. 2 Abs. 1 lit. b NHG; Diverse Bestimmungen, insb. Art. 38 WRG sowie §§ 36 in Verbindung mit 65 WWG (Wasserkraftnutzung) oder 75 WWG (Inanspruchnahme von Oberflächengewässer) |
Weitere Bewilligungen für:
|
Bundesaufgabe
|
Bewilligungsbehörde*
|
Gesetzliche Grundlage
|
|---|---|---|
| Schutzanlagen | Gemeinde | Art. 61 Abs. 1 BV, Art. 67ff. BZG |
| Schutzräume | Gemeinde | Art. 61 Abs. 1 BV, Art. 60ff. BZG |
| Zweitwohnungsbau | Gemeinde | Art. 75b BV, Art. 6f. ZWG |
| Mobilfunkanlagen innerhalb der Bauzone | Gemeinde | Art. 14 FMG |
* Von der für die Erfüllung der Bundesaufgabe zuständigen Bewilligungsbehörde ist die Frage zu unterscheiden, welche Behörde für die Interessenabwägung zuständig ist. Ausser bei der Bundesaufgabe «Bauen ausserhalb der Bauzone» ist dies die örtliche Baubehörde.