Zürcher Kindes- und Erwachsenenschutz soll einfacher, schneller und klarer werden
Medienmitteilung 04.07.2025
Das Einführungsgesetz zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht des Kantons Zürich (EG KESR) hat sich seit seiner Inkraftsetzung im Jahr 2013 im Grundsatz bewährt. Eine Überprüfung hat aber auch Schwachstellen aufgezeigt. So dauern beispielsweise die Verfahren zu lang und sie sind zu kompliziert geregelt. Mit einer Teilrevision des Gesetzes will dies der Regierungsrat verbessern. Hauptziel ist es, betroffene Menschen noch besser zu schützen. Die Vorlage geht jetzt an den Kantonsrat.


Fünf Jahre nach seiner Einführung hat die Direktion der Justiz und des Innern (JI) das EG KESR überprüfen lassen. Die Überprüfung kam 2020 zum Schluss, dass das Gesetz im Grundsatz gut funktioniert, zeigte aber auch Verbesserungsbedarf auf: Dies betrifft insbesondere die Dauer und die Komplexität der Verfahren. Mit einer Teilrevision des EG KESR will der Regierungsrat die Verfahren beschleunigen. Die zuständige Regierungsrätin Jacqueline Fehr sagt dazu an einer Medienkonferenz: «Wichtig ist ein besserer Schutz der Betroffenen, namentlich der Kinder. Sie brauchen rasch Klarheit, wie es weitergeht.».
Gestützt auf Vorarbeiten der Direktion JI beantragt der Regierungsrat dem Kantonsrat Anpassungen des EG KESR in folgenden fünf Bereichen:
Einstufiger Instanzenzug:
Wenn Betroffene Beschwerde einreichen wollen gegen einen Entscheid einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), dann müssen sie aktuell unter Umständen allein im Kanton Zürich zwei Instanzen anrufen (zuerst den Bezirksrat und dann das Obergericht), plus nachfolgend allenfalls auch noch das Bundesgericht. Dieser sogenannte zweistufige Zürcher Instanzenzug hat in der Praxis oft lange Verfahren zur Folge. Die Erfahrung zeigt aber, dass es für Betroffene, namentlich Kinder, zentral ist, möglichst rasch Klarheit zu haben, was gilt. Der Regierungsrat schlägt dem Kantonsrat darum vor, diesen zweistufigen Instanzenzug abzuschaffen. Künftig soll ein einstufiger Instanzenzug (KESB direkt an das Obergericht) schneller zu Rechtssicherheit führen. Das angestrebte Ziel lässt sich wirksam nur mit einem einstufigen Rechtsmittelzug erreichen. Jonas Schweighauser, Professor für Familienrecht an der Universität Basel, sagte dazu vor den Medien: «Der Faktor Zeit ist bei familienrechtlichen Verfahren die entscheidende Grösse. Verzögerungen führen zu Verhärtungen und Unsicherheiten und fördern die Eskalation.» Zudem machten 24 von 26 Schweizer Kantonen mit dem einstufigen Rechtsmittelzug seit 2013 beste Erfahrungen.
Diese Änderung wurde in der Vernehmlassung, welche die Direktion JI durchführte, zwar kontrovers diskutiert. Die Rückmeldungen zeigen aber, dass diejenigen Behörden und Organisationen (KESB-Präsidienvereinigung, die Sozialkonferenz sowie die Kindesschutzkommission), die nah bei den Betroffenen sind, sich für den einstufigen Rechtsmittelzug aussprechen. Diese Rückmeldungen und das Ziel der schnelleren Verfahrensabwicklung sind für den Regierungsrat ausschlaggebend.
Zuständigkeitsgebiet der Berufsbeistandschaften im Erwachsenenschutz:
KESB und Berufsbeistandschaften arbeiten eng zusammen. Die KESB ordnet Erwachsenenschutzmassnahmen an. Die Berufsbeistandschaften führen diese Massnahmen durch. Die Organisationslandschaft der Berufsbeistandschaften ist aktuell sehr heterogen: Die Trägerschaften sind zum Teil kommunal organisiert, andere interkommunal (Zweckverbände, Anschlussverträge, Anstalt). Hier schlägt der Regierungsrat dem Kantonsrat vor, dass das Gebiet einer Berufsbeistandschaft mindestens einen KESB-Kreis umfassen soll. So lassen sich die Zuständigkeitsgebiete angleichen, Schnittstellen verringern und beispielsweise Stellvertretungs-Lösungen in der Massnahmenführung einfacher sicherstellen. Daniel Frei, Geschäftsleiter der Sozialdienste Bezirk Dielsdorf, erklärte dazu vor den Medien, gleiche Zuständigkeitsgebiete für KESB und Berufsbeistandschaften seien sinnvoll und richtig. Einfachere Strukturen führen laut Frei zu besseren Abläufen und einer einfacheren Kommunikation. Auch die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) hält in ihren Empfehlungen fest: «Das Einzugsgebiet der Berufsbeistandschaft ist idealerweise identisch mit dem Einzugsgebiet der KESB.»
Zusammensetzung der KESB:
Die Fachbereiche, die in der KESB vertreten sein müssen, sollen künftig flexibler gestaltet werden können. Die Behördenmitglieder sollen zudem ihr Fachwissen teilweise auch mit bisher nicht anerkannten qualifizierten Weiterbildungsabschlüssen (MAS) erlangen können. Die Rekrutierung mit geeigneten Fachpersonen soll so langfristig gesichert werden.
Einfachere Verfahren und Einzelzuständigkeit:
Mit der Ergänzung und Anpassung der Verfahrensregelungen im EG KESR (z.B. klarere Regelung der Verfahrensleitung und Einführung der Vorabklärungen sowie Erweiterung der Einzelzuständigkeit) soll die Effizienz der KESB verbessert werden. Auch sollen verfahrensrechtliche Unsicherheiten beseitigt werden, was zu mehr Klarheit und Rechtssicherheit führt. Neben den betroffenen Personen profitieren davon auch die rechtsanwendenden Organe, insbesondere die interdisziplinär zusammengesetzten KESB.
Aktenführung und -aufbewahrung:
Die Möglichkeit der elektronischen Aktenführung und -aufbewahrung durch die Berufsbeistandschaften im Kindes- und Erwachsenenschutz soll der Effizienz der Behörde dienen. Neue Aufbewahrungsfristen für die Beistandschaftsakten und Vorgaben für die Aktenaufbewahrung von privaten Beistandspersonen sorgen für mehr Rechtssicherheit.
Die zuständige Regierungsrätin Jacqueline Fehr fasste den Vorschlag des Regierungsrates vor den Medien wie folgt zusammen: Das 2013 eingeführten EG KESR sei gut, aber die Verfahren seien zu langsam und zu kompliziert. «Nach 12 Jahren ist die Zeit jetzt reif für eine Teilrevision. Diese hat ein klares Ziel: einfacher, schneller, klarer.» Es stelle sich die Grundfrage, wem diese Revision nützen solle: den Beschwerdeinstanzen oder den Betroffenen? Der Regierungsrat habe diese ganz klar zugunsten der Betroffenen beantwortet.