Einbürgerungen im Kanton Zürich: Neues Recht in Kraft – Studie zu Praxis unter früherem Recht

Seit 1. Juli 2023 gilt im Kanton Zürich das neue Bürgerrechtsgesetz. Es trägt zu einer Vereinheitlichung der Einbürgerungspraxis in den Zürcher Gemeinden bei. Wie die Gemeinden vor Einführung des neuen Rechts eingebürgert haben, zeigt eine neue Studie.

Das neue Kantonale Bürgerrechtsgesetz und die dazugehörige Verordnung sorgen für eine einheitlichere Einbürgerungspraxis im Kanton Zürich. Dafür mussten Kanton und Gemeinden gewisse Prozesse anpassen: Das neue Recht schreibt beispielsweise einheit-lichere Regeln bezüglich der Prüfung der Grundkenntnisse vor. Zudem verankert es das digitale Einbürgerungsverfahren und regelt das Vorgehen beim Einbürgerungsgespräch näher.

Vor diesem Hintergrund gab das Gemeindeamt beim Statistischen Amt eine Studie in Auf-trag, um einen Überblick über die bestehenden Einbürgerungsprozesse in den Gemein-den zu gewinnen. Dafür lud das das Statistische Amt alle Gemeinden des Kantons Zürich zu einer Befragung ein, die im Sommer 2022 stattfand. Rund 80 Prozent der Gemeinden beteiligten sich daran.

Unterschiede bezüglich Gesprächen, Gebühren und Anzahl Einbürgerungen

Wie erwartet zeigte sich die Gemeindelandschaft in Bezug auf die Einbürgerungsprozesse sehr heterogen. Beispielsweise gaben viele Gemeinden an, in jedem Fall ein Einbürge-rungsgespräch zu führen. Andere machten dies nur in gewissen Fällen, wiederum andere führten gar keine Gespräche. Auch die Gebühren fielen sehr unterschiedlich aus: Bei Einzelpersonen über 25 Jahre reichten sie von 200 bis 2400 Franken.

Grosse Unterschiede zeigten sich auch bei der Anzahl behandelter Einbürgerungsgesu-che. Die Gemeinden, die an der Befragung teilgenommen haben, bearbeiteten im Jahr 2020 5600 und im Jahr 2021 5658 Gesuche. Am meisten Gesuche bearbeiteten im Jahr 2021 die Städte Zürich und Winterthur. Die relative Anzahl Gesuche hängt jedoch stark vom Ausländeranteil in einer Gemeinde ab: Je höher dieser ist, umso höher ist das Poten-tial der möglichen Einbürgerungen. Die meisten Einbürgerungsgesuche pro 1000 Ein-wohnende bearbeiteten im Jahr 2021 die Stadt Zürich und die angrenzenden Gemeinden sowie die Gemeinden am linken und rechten Zürichseeufer. Spitzenreiter sind die Ge-meinden Rüschlikon und Kilchberg mit 7 respektive 6,2 Gesuchen pro 1000 Personen im Jahr 2021.

Deutsch- und Grundkenntnisse unterschiedlich geprüft

Unterschiede zeigten sich auch bei der Prüfung der Deutsch- und Grundkenntnisse. So schickten Einbürgerungswillige in 48 Gemeinden den Nachweis der notwendigen Deutschkenntnisse bereits mit der Einreichung des Gesuchs mit. 84 Gemeinden prüften die Deutschkenntnisse erst während des Verfahrens.

Beim Nachweis der Grundkenntnisse zeigt sich ein ähnliches Bild: 25 Gemeinden verlang-ten den Test vor Einreichen des Gesuchs, 107 Gemeinden erst während des Einbürge-rungsverfahrens.

Die Form der Grundkenntnisprüfung konnten die Gemeinden bis zur Einführung des neuen Rechts selber bestimmen. Somit war auch die Praxis in den Gemeinden unter-schiedlich: Zehn Gemeinden wendeten den kantonalen Grundkenntnistest an, den das Gemeindeamt kurz vor dem Zeitpunkt der Befragung zur Verfügung gestellt hatte. In 62 Gemeinden führten Institute diesen kantonalen Grundkenntnistest im Auftrag der Ge-meinde durch. 33 Gemeinden hatten einen gemeindeeigenen, standardisierten Fragebo-gen, den sie im Einbürgerungsgespräch verwendeten. Weitere 26 Gemeinden liessen einen gemeindeeigenen, standardisierten Test in einer Institution durchführen.

Grundlage für Vorher-Nachher-Vergleich

Mit dem neuen Bürgerrecht dürfen die Gemeinden die Grundkenntnisse nicht mehr in einem Gespräch erfragen, sondern müssen dafür einen Test verwenden. Dieser muss bestimmten gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Auch andere Prozesse mussten die Gemeinden anpassen. Die vorliegende Studie über die Situation vor der Einführung des neuen Rechts bietet demnach eine Grundlage für einen Vorher-Nachher-Vergleich. Das Gemeindeamt und das Statistische Amt werden die Gemeinden zu einem späteren Zeit-punkt erneut befragen. Dann wird sich zeigen, welche Auswirkungen das neue Recht auf die Prozesse und die Handhabung der Einbürgerungspraxis in den Zürcher Gemeinden hat.
 

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Dreistufiges Einbürgerungserfahren

Wer sich im Kanton Zürich ordentlich einbürgern lassen will, reicht das Gesuch beim Gemeindeamt des Kantons ein. Dieses ist die verfahrensleitende Stelle und übernimmt einen Teil der Gesuchsprüfung. Dabei geht es vor allem um Registerabfragen. Aber auch die Wohngemeinde und der Bund sind in die Prüfung involviert. Die Gemeinde prüft dabei die Integration. Darunter fallen u.a. die Themen Sprache, Grundkenntnisse und Kontakte mit Schweizerinnen und Schweizern. Ein anderes Verfahren kommt bei den erleichterten Einbürgerungen zum Zug. Dieses leitet der Bund. In der vorliegenden Studie wurden nur die Prozesse für eine ordentliche Einbürgerung untersucht.

Grundkenntnistest

Für eine Einbürgerung müssen Bewerbende nachweisen, dass sie Grundkenntnisse über die hiesigen Verhältnisse haben. Das Bundesgesetz gibt dafür die Themenbereiche vor: Politik, Geschichte, Geogra-fie und Kultur. Den Nachweis prüft die Gemeinde. Wie sie das macht, war ihr bisher weitgehend freige-stellt. Mit dem neuen kantonalen Bürgerrechtsgesetz muss sie nun einen Test dafür anwenden, der anerkannten Kriterien für Testverfahren genügt. Zudem sind keine gemeindespezifischen Fragen mehr erlaubt. Das Gemeindeamt hat einen Grundkenntnistest entwickelt, der diese Kriterien erfüllt. Er steht den Gemeinden seit Mai 2022 zur Verfügung. Mittlerweile wenden ihn bereits knapp 150 Gemeinden an.

Online-Verfahren

Seit Juli 2022 können Bewerbende ihr Einbürgerungsgesuch online stellen. Mittlerweile treffen bereits rund drei Viertel aller Gesuche um eine ordentliche Einbürgerung auf dem digitalen Weg ein. Auf einer gemeinsamen digitalen Plattform bearbeiten Mitarbeitende des Kantons und der Gemeinden die Gesu-che dann gemeinsam. Damit entfällt eine Menge Post, die bisher zwischen Bewerbenden, Kanton und Gemeinden hin- und hergeschickt wurde.

Datengrundlage

Alle 162 Zürcher Gemeinden wurden zur Teilnahme an der Onlinebefragung eingeladen. Der Fragebo-gen umfasste Fragen zu sämtlichen Verfahrensschritten einer ordentlichen Einbürgerung «ohne An-spruch». In 132 von 162 angeschriebenen Gemeinden haben die Verantwortlichen den Fragebogen ausgefüllt (Rücklauf: 81 Prozent). Die Befragung dauerte von Mitte Juni bis Mitte Juli 2022.

Neben den Daten, die in der Befragung erhoben wurden, stehen auch weitere Daten von allen Gemein-den zur Verfügung. Sie stammen aus früheren Erhebungen oder aus dem Geschäftssystem der Abtei-lung Einbürgerungen. So stehen die Angaben zur Gebührenhöhe, zum Einbürgerungsorgan und dem Zeitpunkt für den Deutschnachweis und den Grundkenntnistest von allen Gemeinden zur Verfügung, nicht nur von jenen, die an der Befragung teilgenommen haben.
 

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