Mit historischen Karten in die Vergangenheit reisen

16 000 historische Landkarten aus dem Staatsarchiv und der Zentralbibliothek können neu im GIS-Browser des Kantons Zürich betrachtet werden. Dutzende Freiwillige haben geholfen, die alten Karten genau zu verorten.

Crowdsourcing und Citizen Science sind in aller Munde. Dank solcher Mitmachprojekte können viele aufwändige Aufgaben innert kurzer Frist erledigt werden. Wichtig ist, dass sich genügend Freiwillige finden, die gemeinsam grosse Mengen an Daten verarbeiten. Auf dieses Konzept setzen auch das Staatsarchiv des Kantons Zürich und die Zentralbibliothek Zürich. In den vergangenen drei Jahren haben beide Institutionen Teile ihrer umfangreichen Sammlungen der Öffentlichkeit vorgelegt, damit interessierte Helferinnen und Helfer die alten Landkarten georeferenzieren. Das bedeutet, markante Punkte auf den historischen Karten zu identifizieren und sie mit aktuell gültigen Koordinaten zu versehen, sodass man sie virtuell auf die heutige Weltkarte legen und mit dieser vergleichen kann.

Mehrere Dutzend Freiwillige haben sich an den Aktionen von Staatsarchiv und Zentralbibliothek beteiligt. Mit digitalen Hilfsmitteln konnten sie die Karten bequem von zuhause aus betrachten und bearbeiten. Beide Institutionen stellten fest, dass der grösste Teil der Arbeit von einer Handvoll besonders engagierter Personen geleistet wurde. Bisweilen spornten sich die Teilnehmenden gegenseitig an, um in der «Topscore»-Liste möglichst zuoberst zu stehen. Sowohl das Staatsarchiv als auch die Zentralbibliothek haben verschiedene Events oder «Mapathons» organisiert, bei denen freiwillige Helferinnen und Helfer zusammenkommen und sich austauschen konnten. Grösstenteils erledigten sie die spannende, aber zeitaufwändige Arbeit indessen allein vor dem Bildschirm.

Landschaftsveränderungen nachvollziehen

Dank der Hilfe konnten rund 16 000 historische Karten zum Zürcher Gebiet aus dem 16. bis 20. Jahrhundert verortet werden. Über 15 000 davon stammen aus dem Staatsarchiv, weitere 900 aus der Zentralbibliothek. Darunter befinden sich international viel beachtete Schätze der Kartographie wie die Werke von Jos Murer aus dem 16., von Hans Conrad Gyger aus dem 17. und von Johannes Wild aus dem 19. Jahrhundert, aber auch diverse Detailpläne von historischen Bauwerken, Kirchen, Spitälern, Schul- und Pfarrhäusern, Brücken, Strassen und Wasserwegen. Im Vergleich mit der heutigen Karte wird ersichtlich, wie sich nicht nur die Siedlungsgebiete, sondern auch Naturräume über die vergangenen Jahrhunderte gewandelt haben. Besonders deutlich zeigt sich dies etwa bei den vielen detailliert dokumentierten Flusskorrektionen von Limmat, Thur oder Töss.

Nun hat das Amt für Raumentwicklung die georeferenzierten Karten aus dem Staatsarchiv und der Zentralbibliothek in den kantonalen GIS-Browser integriert, wo sie seit kurzem der interessierten Öffentlichkeit digital zur Verfügung stehen. Die kartographischen Ressourcen werden als farbige Boxen auf der Landkarte des Kantons Zürich dargestellt. Wählt man einen beliebigen Punkt aus, erscheinen in der rechten Spalte sämtliche Karten, auf denen diese Stelle eingezeichnet ist. Bei jeder Karte gibt es drei Links. Der Link in den Katalog enthält detaillierte Angaben zur betreffenden Karte, wie Massstab, Hersteller, Datierung oder verwendete Technik. Ein weiterer Link führt zum Digitalisat, das fast beliebig vergrössert werden kann, wodurch auch kleinste Details erkennbar werden. Und der dritte Link führt zu «Old Maps Online», wo die historische Karte auf die heutige Weltkarte gelegt wird. Mittels Schieberegler kann man die Transparenz verändern und so eine historische Situation mit der heutigen vergleichen.

Weitere Projekte geplant

Sowohl das Staatsarchiv wie auch die Zentralbibliothek sehen die Erfahrungen mit Citizen Science und Crowdsourcing als Erfolgsgeschichte. Die Zentralbibliothek macht es sich in ihrer aktuellen Strategie zur Aufgabe, weitere Projekte mit Citizen Science durchzuführen. Und auch das Staatsarchiv überlegt, wie einzelne Bestände mithilfe der Öffentlichkeit noch besser erschlossen und zugänglich gemacht werden können. Für beide Institutionen ist klar, dass ihre Projekte vom Einsatz und Wissen der Beteiligten profitieren, die umgekehrt ihre Kenntnisse in Geschichte und Geographie erweitern und zugleich den Einsatz von digitalen Werkzeugen erproben können. Indem die Ressourcen im Internet frei zur Verfügung gestellt werden, sind dem Kreis der Nutzenden praktisch keine Grenzen mehr gesetzt. Auf diese Weise machen Staatsarchiv und Zentralbibliothek ihre Wissensbestände weltweit verfügbar.
 

Staatsarchiv, Zentralbibliothek und Amt für Raumentwicklung

Das Staatsarchiv ist mit seinen Archivbeständen aus 1150 Jahren das zentrale Archiv des Kantons Zürich und seiner Rechtsvorgänger. Es überliefert deren Originalunterlagen und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Damit werden staatliches Handeln nachvollziehbar und die Rechtssicherheit gewährleistet.

Die Zentralbibliothek Zürich ist als öffentliche Stiftung seit über 100 Jahren die Kantons-, Stadt- und Universitätsbibliothek von Zürich. Mit 6,6 Millionen Objekten (Büchern, Zeitschriften, Handschriften, Bildern, Fotografien, Karten, Mikroformen, Musikalien, Tonträgern, DVDs usw.) und über 200 Mitarbeitenden gehört sie zu den grössten Bibliotheken der Schweiz. Dazu kommt ein breites Angebot an Datenbanken und über 200 000 elektronische Volltexte. Eine halbe Million Menschen pro Jahr besucht die Zentralbibliothek und nutzt ihre vielfältigen Angebote.

Das Amt für Raumentwicklung ist die kantonale Fachstelle für Raumplanung, Geoinformation und Kulturgütererhaltung. Es trägt zur Förderung der Standortqualität des Lebens- und Wirtschaftsraums Zürich bei. Sein GIS-Browser ist das zentrale Instrument zur Visualisierung von Geodaten des Kantons Zürich.
 

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