ÖV-Ersatzfahrdienst für Menschen mit eingeschränkter Mobilität: Finanzierung eines Pilotbetriebs

Ab 1. Januar 2024 müssen Menschen mit Behinderungen laut dem Behindertengleichstellungsgesetz den öffentlichen Verkehr (öV) selbstständig nutzen können. Im Kanton Zürich sind die Züge, Trams und Busse bereits heute praktisch vollständig niederflurig, allerdings gibt es noch zahlreiche Haltestellen, die kein hindernisfreies Ein- und Aussteigen zulassen. In diesen Fällen muss eine Ersatzlösung angeboten werden. Der Regierungsrat stimmt daher einem vierjährigen Pilotbetrieb eines Ersatzfahrdienstes zu.

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) schreibt vor, dass Einrichtungen und Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. Dafür wurde eine Übergangsfrist von 20 Jahren vorgesehen, die am 31. Dezember 2023 endet.

Im Gebiet des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) haben die Verkehrsunternehmen seit den 1990er-Jahren laufend Fahrzeuge mit Treppeneinstiegen durch solche ersetzt, die einen ebenerdigen Einstieg ermöglichen. Inzwischen ist fast die gesamte Flotte niederflurig, mit Ausnahme von wenigen Kleinbussen sowie bestimmten Verstärkungszügen während der Hauptverkehrszeiten. Auch bei den Trams ersetzen niederflurige Fahrzeuge nach und nach jene der älteren Generationen. «Im Verantwortungsbereich des ZVV ist die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes auf Kurs», sagt Volkswirtschaftsdirektorin und Verkehrsratspräsidentin Carmen Walker Späh.

Handlungsbedarf vor allem bei Bushaltestellen

Für einen hindernisfreien öffentlichen Verkehr braucht es aber auch Anpassungen an der Infrastruktur der Bahnhöfe und Haltestellen. Im Bereich der Bahn und der Trams sind die erforderlichen Massnahmen im Kanton Zürich bereits mehrheitlich umgesetzt, wobei es punktuell Verzögerungen gibt. Bei den Bushaltestellen besteht hingegen grösserer Handlungsbedarf: Von insgesamt 2200 Bushaltestellen im Gebiet des ZVV werden bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist rund 750 noch nicht hindernisfrei nutzbar sein – weil der Umbau verzögert ist oder ein Umbau nicht verhältnismässig wäre. Zuständig für Ausbauten sind die jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümer der Strassen, an denen die Haltestellen liegen, mithin die Gemeinden und der Kanton. Diese haben in der Vergangenheit vor allem Umbauten an stark frequentierten Haltestellen priorisiert, so dass der Anteil der Fahrgäste, die hindernisfrei reisen können, höher liegt als der Anteil der umgebauten Haltestellen. Von den derzeit nicht hindernisfreien Bushaltestellen liegen rund 40% an Kantonsstrassen und rund 60% im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden.

Ersatzfahrdienst als Rückfallebene

An allen Haltestellen, die ab 1. Januar 2024 nicht hindernisfrei nutzbar sein werden, müssen angemessene Ersatzmassnahmen angeboten werden. Als Ersatzmassnahmen wurden zahlreiche Ansätze, wie z.B. längere oder mobile Rampen oder ein provisorischer Haltestellenausbau mit Fertigelementen, geprüft. Diese Lösungen haben sich aber als ineffizient oder aufgrund der geografischen Gegebenheiten teilweise als unmöglich erwiesen. Der einzige durchgehend praktikable Ansatz sind Ersatzfahrdienste, die im Sinne eines Shuttles zwischen offiziellen Haltestellen verkehren.

Da der Ersatzfahrdienst auf dem konzessionierten Liniennetz des öffentlichen Verkehrs erfolgt, soll er im Kanton Zürich unter der Koordination des ZVV und in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen umgesetzt werden, auch wenn diese nicht für den Ausbau der Haltestellen zuständig sind. Weil noch viele Faktoren zur künftigen Nutzung unbekannt sind, ist ein Pilotbetrieb für den Ersatzfahrdienst für längstens vier Jahre vorgesehen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen und Grundlagen soll anschliessend eine langfristige Lösung etabliert werden. Verkehrsratspräsidentin Carmen Walker Späh ist überzeugt: «Dieses Vorgehen stellt sowohl für die Gemeinden als auch für den Kanton eine pragmatische Lösung dar und wir können so im Kanton Zürich ab 1. Januar 2024 einen rechtskonformen Zustand gewährleisten.»

Kostendach von 16 Mio. Franken

Bei den Kosten bestehen noch Unsicherheiten. Gestützt auf erste Erfahrungswerte der Branche ist mit Kosten pro Fahrt von durchschnittlich rund 120 Franken zu rechnen. Pro Jahr dürften die Kosten bei höchstens 4 Mio. Franken zu liegen kommen. Für die gesamte Pilotphase rechnet der Regierungsrat daher mit einer Summe von 16 Mio. Franken. Diese Mittel sollen zusätzlich in die entsprechenden Rahmenkredite des ZVV eingestellt werden, die jeweils vom Kantonsrat bewilligt werden. Zudem werden nun rasch die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine verursachergerechte Finanzierung der Ersatzfahrdienste erarbeitet, sodass diese spätestens nach Abschluss der Pilotphase am 1. Januar 2028 in Kraft treten können.
 

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