Selbstbehalte und Franchisen bei medizinischen Leistungen

Kapitelnr.
7.3.01.
Publikationsdatum
6. April 2020
Kapitel
7 Materielle Grundsicherung (WSH)
Unterkapitel
7.3. Medizinische Grundversorgung

Rechtsgrundlagen

Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 24. Juni 1977 (ZUG), SR 851.1 Sozialhilfegesetz vom 14. Juni 1981 (SHG), LS 851.1 Verordnung zum Sozialhilfegesetz vom 21. Oktober 1981 (SHV), LS 851.11 SKOS-Richtlinien, Kapitel B.5

Erläuterungen

1.Übernahme von Franchise und Selbstbehalten

Die den Versicherten in Rechnung gestellten Kosten für Franchise und Selbstbehalte, die so genannten Kostenbeteiligungen, sind bei Sozialhilfe beziehenden Personen von der Sozial-behörde zu übernehmen. Sie gelten als Sozialhilfeleistungen und können (anders als KVG-Prämien) unter den Voraussetzungen von § 44 SHG weiterverrechnet werden. Gleiches gilt für Selbstbehalte, die über die üblichen 10 bzw. 20% der in Rechnung gestellten Kosten hinausgehen. So übernimmt die obligatorische Krankenversicherung beispielsweise nur einen Teil der Kosten für Brillengläser. Der verbleibende Teil, welcher normalerweise zu Lasten des Patienten bzw. der Patientin geht, wird von der Sozialhilfe übernommen. Hingegen sind selbstgekaufte, nicht ärztlich verordnete Medikamente normalerweise im Grundbedarf enthalten (Kapitel 7.1.01). Ausführungen zu Weiterverrechnungsfragen in Bezug auf die Übernahme von medizinischen Leistungen finden sich in Kapitel 18.1.03.

Rechtsprechung

VB.2016.00664: Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich die Lage der Be-schwerdeführerin im Fall der Herabsetzung der Franchise tatsächlich verbessern würde, zu-mal unklar ist, ob die hohe Franchise bis anhin tatsächlich zu Kosteneinsparungen geführt hat, die bei einer niedrigeren Franchise ausgeblieben wären, und mangels Unterlagen auch keine Prognosen zu künftigen Gesundheitskosten der Beschwerdeführerin abgegeben wer-den können, sofern dies überhaupt möglich wäre. Allerdings erscheint die Auflage im Lichte des Gleichbehandlungsgebots als gerechtfertigt, besteht doch in der Wohngemeinde der Be-schwerdeführerin für sämtliche mit Sozialhilfe unterstützten Personen die Pflicht, die Fran-chise auf den Minimalbetrag herabzusetzen. Eine solche Regelung läuft wiederum zwar grundsätzlich dem in der Sozialhilfe zu beachtenden Prinzip der Individualisierung entgegen. In Anbetracht des Umstands, dass sich in der Regel nur schwerlich verlässliche Prognosen in Bezug auf den Gesundheitszustand bzw. die künftig anfallenden Gesundheitskosten stel-len lassen und möglicherweise jedes Jahr von Neuem eine Herauf- oder Herabsetzung der

Franchise angezeigt sein könnte, ist eine solche Schematisierung jedoch auch aus Praktika-bilitätsgründen und zur Vereinfachung der Kostenrechnung der Gemeinden sowie im Hin-blick auf die Rechtssicherheit durchaus nachvollziehbar und statthaft. Dies gilt wenigstens für die Fälle wie den vorliegenden, in denen eine tiefe Franchise nicht offensichtlich unzweck-mässig ist, zumal die Beschwerdeführerin in psychiatrischer Behandlung ist. Vor diesem Hin-tergrund kann das idealistische Ziel der Beschwerdeführerin – die Eindämmung der Ge-sundheitskosten – keine Rolle spielen. Von untergeordneter Bedeutung ist die von der Vo-rinstanz angeführte Begründung, dass der Nutzen an einer niedrigen Franchise für die Be-schwerdeführerin und im Allgemeinen darin liegen kann, dass damit die Schwelle für die In-anspruchnahme ärztlicher Dienstleistungen gesenkt wird. Gleichwohl spricht auch dies für die Rechtmässigkeit der angefochtenen Auflage (E. 4.1). VB.2007.00390: Bei Kosten für Franchise und Selbstbehalte der Krankenkasse handelt es sich nicht um situationsbedingte Leistungen. Sie gehören vielmehr zur medizinischen Grund-versorgung und damit zur materiellen Grundsicherung. Deshalb sind bereits angefallene Kosten ins Unterstützungsbudget einzubeziehen und bei der Berechnung der Eintrittsschwel-le zum Bezug von Sozialhilfeleistungen zu berücksichtigen (E. 6.2).

Praxishilfen

Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung: Lis-tet die Leistungen auf, welche durch den Krankenversicherer übernommen werden müssen.

Anhänge

- Auszug aus dem Protokoll über die 49. Sitzung der Kommission Rechtsfragen vom 18. Ja-nuar 2007

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