Entscheid über die Unterstützung

Details

Kapitelnr.
6.2.07.
Publikationsdatum
1. Juli 2012
Kapitel
6 Grundlagen der wirtschaftlichen Hilfe
Unterkapitel
6.2. Anspruchsprüfung wirtschaftliche Hilfe

Rechtsgrundlagen

§ 4a VRG § 6 VRG § 10 VRG § 19 SHG § 20 SHG § 26 SHG § 25 Abs. 1 SHV § 30 SHV § 31 SHV § 31 Abs. 2 SHV § 67 GG

Erläuterungen

1.Formeller Unterstützungsentscheid

1.1. Voraussetzungen Im Anschluss an die Sachverhaltsabklärung, in welcher die persönlichen, familiären und fi-nanziellen Verhältnisse der betroffenen Person ausreichend abgeklärt worden sind (Kapitel 6.2.02), ist zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Unterstützung besteht oder nicht. Grundlage hierfür bilden die Sachverhaltsabklärungen und die Bedarfsrechnung (vgl. Kapitel 6.2.05). Bevor der Entscheid erlassen werden kann, ist der betroffenen Person das rechtliche Gehör zu gewähren. (vgl. dazu Kapitel 1.2.02, Ziffer 4). In der Regel ist es sinnvoll, schon vor dem Entscheid über die Unterstützung einen Hilfeplan im Sinne von zu erstellen (vgl. Kapitel 6.3.02). 1.2. Abtretung vermögensrechtlicher Ansprüche gegenüber Dritten Auch wenn grundsätzlich ein Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe besteht, kann die Ausrichtung derselben davon abhängig gemacht werden, dass die betroffene Person vermögensrechtli-che Ansprüche gegenüber Dritten (z.B. Taggelder der Arbeitslosenversicherung und IV-Renten) der Sozialbehörde abtritt bzw. einer Drittauszahlung zustimmt.

1.3. Form des Grundentscheides Wer ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe im Sinne von § 25 Abs. 1 SHV stellt, hat Anrecht auf einen formellen, begründeten Entscheid. Dieser kann in der Form eines Beschlusses, einer Verfügung oder als entsprechender mit Rechtsmittelbelehrung versehener Protokollauszug ergehen. Im Entscheid sollen die Grundregeln für den Sozialhilfebezug, insbesondere die In-formations- und Mitwirkungspflichten, die grundsätzliche Pflicht zur Minderung der Bedürftig-keit und die Zweckgebundenheit der ausgerichteten wirtschaftlichen Hilfe angeführt werden. Weiter soll auf die Möglichkeit, die wirtschaftliche Hilfe mit Auflagen und Weisungen zu ver-binden, hingewiesen werden. Der Entscheid muss soweit begründet sein, dass er ohne Wei-teres nachvollziehbar ist. Lebt jemand mit anderen Erwachsenen zusammen, muss bei-spielsweise begründet werden, weshalb von welcher Haushaltsgrösse ausgegangen wird. Macht die Behörde im Grundentscheid Auflagen, muss klar sein, weshalb die Auflage verfügt wird, welches Ziel damit verfolgt wird und was unternommen werden muss, um die Auflage zu erfüllen. Ausserdem müssen die Folgen der Pflichtverletzung festgehalten werden (vgl. dazu Kapitel 14.1.01). Im Grundentscheid sollte ein Hinweis auf die Voraussetzungen von Rückerstattungsverpflichtungen nicht fehlen und dass die Behörde eine allfällige Verwand-tenunterstützungspflicht prüfen kann. Weiter soll festgehalten werden, wann der Anspruch das nächste Mal vollständig geprüft wird. Das Budgetblatt und der Hilfeplan sollen als integ-rierender Bestandteil der Begründung erklärt werden, wenn darauf verwiesen wird. Der Entscheid beinhaltet also

  • die Festlegung, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Unterstützung erfolgt und in welcher Form diese ergeht (vgl. Kapitel 6.3.03)
  • die Grundsätze über die Berechnung der Unterstützung
  • Grundregeln und -pflichten beim Bezug wirtschaftlicher Hilfe
  • Hinweis auf die Möglichkeit, die wirtschaftliche Hilfe mit Auflagen und Weisungen zu verbinden
  • Konkrete Auflagen und Folgen der Pflichtverletzung
  • Ausführungen über Rückerstattungspflichten und Prüfung von Ansprüchen gegenüber Dritten
  • Angabe über den Zeitpunkt der nächsten Anspruchsprüfung durch die Behörde. Verfügt die unterstützte Person über Grundeigentum von erheblichem Wert, das zurzeit aber nicht realisiert werden kann oder dessen Realisierung momentan nicht zumutbar ist oder wurde wegen erheblichen nicht realisierbaren Vermögenswerten ein Pfandvertrag abge-schlossen oder eine Rückerstattungsverpflichtung unterzeichnet, ist dies ebenfalls im Ent-scheid festzuhalten. Das Grundeigentum ist dabei mit Hilfe des Grundbuchauszuges genau zu bezeichnen. Weiter ist festzuhalten, dass die Sozialhilfeleistungen gestützt auf § 20 SHG gegen die Unterzeichnung einer Rückerstattungsverpflichtung und pfandrechtliche Sicher-stellung ausgerichtet werden (vgl. dazu Kapitel 9.2.02, Ziffer 3 mit Vorschlägen zur Formulie-

rung des Dispositivs). Nähere Ausführungen zur Form einer Verfügung bzw. eines Entscheides im Verwaltungsver-fahren finden sich in Kapitel 1.2.01.

2.Dringende Fälle

In dringenden Fällen muss die wirtschaftliche Hilfe sofort (d.h. vor einem Entscheid der Sozi-albehörde und allenfalls sogar aufgrund einer bloss summarischen Prüfung vor der vollstän-digen Klärung der Verhältnisse) geleistet werden (§ 31 Abs. 2 SHV). Um erforderliche So-forthilfen gewähren zu können, hat die Sozialbehörde entsprechende Vorkehrungen zu tref-fen. Möglich sind z.B.:

  • Verfügungen des Präsidenten oder der Präsidentin der Sozialbehörde (vorsorgliche Massnahmen im Sinne von § 6 VRG);
  • auf dem Zirkularweg gemäss § 67 GG;
  • Ausarbeitung einer Kompetenzordnung, wonach der Präsident oder die Präsidentin (bzw. ein Referent oder eine Referentin) oder das Sozialamt bzw. der Sozialdienst sol-che Soforthilfen (allenfalls nur bis zu einem bestimmten Betrag) bewilligen und ausrich-ten dürfen. Ob eine Kompetenzdelegation möglich ist, bestimmt die Gemeindeordnung der betreffenden Gemeinde. Unabhängig davon, wie das Sozialhilfewesen in der Gemeinde organisiert ist, darf es jeden-falls nicht vorkommen, dass dringend notwendige Unterstützungen aus formalen bzw. ter-minlichen Gründen nicht rechtzeitig geleistet werden. Dies würde auch dem Grundsatz der Rechtzeitigkeit der Hilfe gemäss § 4 Abs. 1 SHG (vgl. Kapitel 5.1.07) bzw. dem in § 4a VRG enthaltenen Beschleunigungsgebot (vgl. Kapitel 1.2.02) widersprechen.

3.Unterstützungsbeginn

Der Beginn der Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe fällt mit der Gesucheinreichung bzw. dem Anhängigmachen des Verfahrens zusammen (vgl. Kapitel 6.1.01). Die wirtschaftliche Hilfe ist auch dann ab diesem Zeitpunkt geschuldet, wenn sich die Sachverhaltsabklärung in die Länge zieht. Sollte dies an der mangelnden Mitwirkung der betroffenen Person liegen, muss sie in Form einer Auflage und unter der Androhung der Folgen aufgefordert werden, die notwendigen Unterlagen beizubringen (vgl. Kapitel 6.2.02 und Kapitel 14.1.03).

4.Laufende Unterstützung

Ergeben sich während der laufenden Unterstützung Veränderungen gelten die gleichen Ver-fahrensvorschriften. Ist die ausrichtende Stelle mit den entsprechenden Kompetenzen aus-gestattet, kann bei einfachen Anpassungen des Budgets dasselbe mit einer Rechtsmittelbe-lehrung ausgestattet der betroffenen Person zugestellt oder überreicht werden.

Rechtsprechung

VB.2007.00390: Die Beschwerdegegnerin durfte nicht allein aufgrund einer telefonischen Mitteilung der Tante der Beschwerdeführerin davon ausgehen, dass Letztere ihr Gesuch um wirtschaftliche Hilfe zurückziehe. Allerdings widerspricht das Vorgehen der Beschwerdefüh-rerin Treu und Glauben, wenn sie erst nach knapp zweieinhalb Jahren erstmals im Rekurs-verfahren beanstandet, dass über ihr erstes Gesuch um wirtschaftliche Hilfe nicht entschie-den worden sei. Dies insbesondere auch unter der Berücksichtigung, dass die Beschwerde-führerin die angeforderten Unterlagen bei der Beschwerdegegnerin nicht eingereicht hatte (E. 3.3). Wird ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe vorerst im Hinblick auf allfällige Stipendien als "Be-vorschussungsfall" behandelt, darf der gesuchstellenden Person daraus kein Nachteil er-wachsen. Nachdem das Stipendiengesuch der Beschwerdeführerin abgewiesen worden war, war sie so zu stellen, wie wenn zum Zeitpunkt ihres Gesuch über ihren Sozialhilfeanspruch entschieden worden wäre (E. 4.4). Der Lohn, welcher ein Arbeitnehmer erhält, ist zur Bestreitung des Lebensunterhaltes für den kommenden Monat gedacht. Der erstmals am 22. August 2006 ausgerichtete höhere Lohn durfte demnach erstmals im ab September 2006 gültigen Budget berücksichtigt werden (E. 6.1). Schulkosten sind im Grundbedarf enthalten. Sie sind im Budget lediglich dann zu-sätzlich zu berücksichtigen, wenn sie den üblichen Rahmen sprengen. Bei Kosten für Fran-chise und Selbstbehalte der Krankenkasse handelt es sich nicht um situationsbedingte Leis-tungen. Sie gehören vielmehr zur medizinischen Grundversorgung und damit zur materiellen Grundsicherung. Deshalb sind bereits angefallene Kosten ins Unterstützungsbudget einzu-beziehen und bei der Berechnung der Eintrittsschwelle zum Bezug von Sozialhilfeleistungen zu berücksichtigen (E. 6.2).

Praxishilfen

Kontakt

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