0489

Entscheidinstanz
Regierungsrat
Geschäftsnummer
2023-0392
Entscheiddatum
5. April 2023
Rechtsgebiet
Staatsbeiträge
Schlagworte
Covid-19-Härtefallprogramm Überentschädigung Behördliche Schliessung Anspruchsgruppe C
Verwendete Erlasse
Art. 5b Abs. 1 Bst. a Covid-19-Härtefallverordnung Art. 8a Abs. 1 Covid-19-Härtefallverordnung Art. 8d Abs. 1 Covid-19-Härtefallverordnung Art. 12 Covid-19-Gesetz § 1 Abs. 1 Staatsbeitragsgesetz § 11 Staatsbeitragsgesetz
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Unternehmen, die aufgrund behördlich angeordneter Massnahmen geschlossen waren, gehören zur Anspruchsgruppe C und müssen keinen Umsatzrückgang geltend machen, um im Covid-19-Härtefallprogramm anspruchsberechtigt zu sein. Gemäss den von der Rekurrentin eingereichten Erfolgsrechnungen wird im entsprechenden Zeitraum (Januar 2020 bis Mai 2021) ein Verlust ausgewiesen. Die Rekurrentin hat Anspruch auf einen nicht rückzahlbaren Beitrag in der Höhe dieses Verlusts. Der Rekurs wird teilweise gutgeheissen.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

A. Mit Verfügung vom 26. August 2021 wies die Rekursgegnerin ein Gesuch der Rekurrentin um einen Beitrag von Fr. 75 000 im Rahmen des Covid-19-Härtefallprogramms des Kantons Zürich, 3. Zuteilungsrunde, ab. Die Rekursgegnerin begründete die Abweisung damit, dass das Unternehmen nicht behördlich geschlossen gewesen sei, weshalb die Anspruchsberechtigung bezüglich Umsatzrückgang geprüft worden sei. Der Umsatzrückgang 2020 habe aber unter 40% gelegen.

B. Gegen diese Verfügung erhob die Rekurrentin mit Eingabe vom 24. September 2021 Rekurs an den Regierungsrat und beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 26. August 2021 sowie die Gewährung eines nicht rückzahlbaren Beitrags von gesamthaft Fr. 75 000.

C. In ihrer Vernehmlassung vom 22. Oktober 2021 beantragte die Rekursgegnerin die Abweisung des Rekurses, soweit darauf einzutreten sei.

D. Mit Eingabe vom 26. November 2021 beantragte die Rekurrentin erneut die vollumfängliche Aufhebung der Verfügung vom 26. August 2021 sowie die Gewährung eines nicht rückzahlbaren Beitrags von gesamthaft Fr. 75 000.

E. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 ist der Rekursgegnerin die Eingabe der Rekurrentin vom 26. November 2021 zur freiwilligen Stellungnahme zugestellt worden. Die Rekursgegnerin hat auf eine weitere Stellungnahme verzichtet.

F. – H. [Akteneinforderung und Beantwortung weiterer Fragen]

Erwägungen:

1. [Prozessvoraussetzungen]

2. [Ausstand Direktionsvorsteher]

3. a) Die Rekurrentin bezweckt gemäss Handelsregistereintrag den Grosshandel mit Textilien sowie Import und Export von Textilien und Accessoires. In der 3. Zuteilungsrunde beantragte sie in ihrem Gesuch vom 27. Mai 2021 einen nicht rückzahlbaren Beitrag von gesamthaft Fr. 75 000. Mit Verfügung vom 26. August 2021 lehnte die Rekursgegnerin das Gesuch der Rekurrentin vollumfänglich ab und begründete dies damit, dass das Unternehmen nicht behördlich geschlossen gewesen sei, weshalb die Anspruchsberechtigung bezüglich Umsatzrückgang geprüft worden sei, welcher unter 40% gelegen habe.

b) In der Rekursschrift vom 24. September 2021 machte die Rekurrentin geltend, dass sie seit Jahren im X einen Verkaufsladen mit diverser Mode betreibe. Sie verkaufe in diesem Verkaufsladen direkt an ihre Kundinnen und Kunden. Aufgrund der behördlich angeordneten Massnahmen habe sie vom 18. Januar 2021 bis am 28. Februar 2021 (mithin über 40 Tage) schliessen müssen, zumal sie nicht unter die Ausnahmebestimmung von Art. 5e Abs. 2 der Verordnung vom 19. Juni 2020 über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Härtefallverordnung besondere Lage, SR 818.101.26) gefallen sei. Während dieser Zeit habe die Rekurrentin auch fast keine Umsätze generieren können. Damit seien bei ihr die erleichterten Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 5b Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 25. November 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung, SR 951.262, Stand 19. Juni 2021) anwendbar, gemäss welchen der Umsatzrückgang sowie die ungedeckten Fixkosten nicht nachzuweisen seien. Im Übrigen seien die Voraussetzungen erfüllt.

c) In der Vernehmlassung vom 22. Oktober 2022 führte die Rekursgegnerin aus, dass die Rekurrentin mit den der Rekursschrift beigelegten Unterlagen hinreichend nachgewiesen habe, dass der Verkaufsladen im X behördlich geschlossen gewesen sei. Die Rekurrentin sei folglich anspruchsberechtigt. Die Erfolgsrechnung 2020 weise einen Verlust von Fr. 4175 aus. Die Erfolgsrechnung für die Periode Januar bis Mai 2021 weise einen Gewinn von Fr. 71 452 aus. Damit sei derzeit keine Plausibilität für nicht gedeckte Kosten vorhanden.

d) In der Stellungnahme vom 26. November 2021 machte die Rekurrentin geltend, dass weder ein Umsatzrückgang noch nicht gedeckte Fixkosten nachgewiesen werden müssen. Der Gesetzgeber unterstelle, dass bei behördlichen Schliessungen während mindestens 40 Tagen der Umsatzrückgang hoch genug sei, um einen Härtefall zu begründen. Der Nachweis des Umsatzrückgangs entfalle daher. Die Rekurrentin habe ohne weiteres Anspruch auf eine Härtefallentschädigung. Die im Zeitpunkt des Gesuchs eingereichten Kosten seien offensichtlich nicht vollständig für eine Kosten- bzw. Resultatbetrachtung, da wesentliche Kosten nicht aufgeführt worden seien. Würden alle Kosten berücksichtigt werden, was bei der Prüfung von ungedeckten Fixkosten der Fall wäre, resultiere ein Verlust von Fr. 275.79. Hinzu komme, dass in der Zeit der behördlich angeordneten Betriebsschliessung die Modekollektion für den Frühling und Sommer hätte verkauft werden müssen, welche jedoch nur marginal verkauft werden konnte. Die Frühling- und Sommerkollektion habe nach der Wiedereröffnung zum halben Einstandspreis von Fr. 30 000 regelrecht verschleudert werden müssen, damit den Kundinnen und Kunden die aktuelle Ware wieder angeboten werden konnte. Aufgrund des Verkaufs unter dem Einstandspreis habe keine Marge erzielt werden können. Aus diesem Grund fehle nun dieser für die Deckung der Jahresfixkosten wesentliche Umsatz zum Jahresende 2021.

4. a) Aus Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102; Stand am 2. September 2021) ergibt sich, dass ein Unternehmen dann Härtefallhilfe beanspruchen kann, wenn es aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit besonders betroffen ist und einen Härtefall darstellt. Der Gesetzgeber delegierte die Regelung der Einzelheiten der Covid-19-Härtefallhilfe für Unternehmen an den Bundesrat (Art. 12 Abs. 4 Covid-19-Gesetz). Dieser konkretisierte in der Folge in der Covid-19-Härtefallverordnung (Stand am 19. Juni 2021), dass ein Unternehmen «besonders betroffen» im Sinn von Art. 12 Abs. 1 des Covid-19-Gesetzes ist, wenn sein Umsatz im Zusammenhang mit den behördlich angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie unter 60% des durchschnittlichen Umsatzes der Vorjahre sank (Art. 5 Abs. 1 Covid-19-Härtefallverordnung). Für Anspruchsberechtigte der Gruppe «C» (behördlich geschlossene Unternehmen) entfallen gemäss Art. 5b der Covid-19-Verordnung bestimmte Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Härtefallhilfen. So müssen diese insbesondere – anders als Anspruchsberechtigte der Gruppen «A» und «B» – keinen Umsatzrückgang von mehr als 40% nachweisen.

b) Die Rekurrentin betreibt einen Verkaufsladen für Mode, welcher infolge der behördlichen Covid-19-Massnahmen während einer bestimmten Zeit (18. Januar 2021 bis 28. Februar 2021) geschlossen war. Aus diesem Grund ist die Rekurrentin im Härtefallprogramm grundsätzlich anspruchsberechtigt und muss u.a. keinen Umsatzrückgang nachweisen. Dies ergibt sich auch aus den Akten und aus den Umständen und wird überdies von der Rekursgegnerin nicht mehr weiter bestritten. Strittig ist jedoch die Höhe des der Rekurrentin zustehenden nicht rückzahlbaren Beitrags.

5. a) Gemäss Art. 8a Abs. 1 der Covid-19-Härtefallverordnung belaufen sich die nicht rückzahlbaren Beiträge auf höchstens 20% des durchschnittlichen Jahresumsatzes der Jahre 2018 und 2019 und höchstens Fr. 1 000 000 pro Unternehmen. Ein Unternehmen darf Härtefallhilfen nur bis zum einmaligen Erreichen dieser Höchstgrenze beziehen (Art. 8d Abs. 1 Covid-19-Härtefallverordnung). Diese Bestimmungen sind gemäss Wortlaut als Obergrenze ausgestaltet. Sie begründen keinen Anspruch auf die Gewährung von nicht rückzahlbaren Beiträgen in genau dieser Höhe, sondern legen den nicht zu überschreitenden Maximalbetrag fest. Den Kantonen blieb es vorbehalten, eine konkrete Berechnungsweise der Beitragshöhe zu bestimmen (vgl. Eidgenössische Finanzverwaltung, Erläuterungen zur Verordnung über Härtefallmassnahmen für Unternehmen in Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie [COVID-19-Härtefallverordnung], Bern, 18. Juni 2021, [zit. EFV, Erläuterungen Covid-19-Härtefallverordnung] S. 2).

b) Weder das Covid-19-Gesetz noch die Covid-19-Härtefallverordnung geben Auskunft darüber, wie die konkrete Höhe der nicht rückzahlbaren Beiträge zu berechnen ist. Auch im kantonalen Recht findet sich keine Bestimmung zur Berechnung der Beitragshöhe in Bezug auf das Härtefallprogramm. Allerdings ist für die Berechnung das Staatsbeitragsgesetz vom 1. April 1990 (LS 132.2) beizuziehen, da es sich bei den nicht rückzahlbaren Beiträgen im Rahmen des Covid-19-Härtefallprogramms um zweckgebundene geldwerte Leistungen für die Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse im Sinne von § 1 Abs. 1 des Staatsbeitragsgesetzes handelt.

c) Staatsbeiträge werden ausbezahlt, wenn die Bedingungen und Auflagen erfüllt sind und die Berechnungsgrundlagen vorliegen (§ 11 Abs. 1 Staatsbeitragsgesetz). Sie werden unter anderem dann gekürzt oder verweigert, wenn sie die Aufwendungen übersteigen (§ 11 Abs. 2 lit. c Staatsbeitragsgesetz). Demnach darf die Ausrichtung von Staatsbeiträgen nicht dazu führen, dass die Leistung für das Unternehmen gewinnbringend ist. Die Leistungen sind insoweit zu kürzen, als sie den ohne ihre Gewährung resultierenden Aufwandüberschuss übersteigen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2017.00757 vom 28. März 2018, E. 3.4).

d) Für die Beurteilung, ob allfällige Beiträge die Aufwendungen eines Unternehmens übersteigen und es so zu einer Überentschädigung kommen würde, muss zunächst festgelegt werden, welcher Zeitraum berücksichtigt wird. In der 3. Zuteilungsrunde – in deren Rahmen die vorliegend angefochtene Verfügung erging – konnten die Härtefallgesuche bis am 20. Juni 2021 eingereicht werden. Nach der Praxis der Rekursgegnerin werden deshalb für die 3. Zuteilungsrunde auf der Basis der von den gesuchstellenden Unternehmen eingereichten und plausibilisierten Zahlen der Erfolgsrechnung des Jahres 2020 sowie der Erfolgsrechnung für die Monate Januar bis Mai 2021 die ungedeckten Kosten für das Kalenderjahr 2020 und für die Zeit vom 1. Januar 2021 bis Gesuchseinreichung ermittelt. Aufgrund der Sach- und Interessenlage, die vielen Gesuche möglichst rasch zu bearbeiten, scheint es geboten und ist auch nachvollziehbar, dass nicht in jedem Einzelfall die konkreten ungedeckten Kosten ermittelt werden können, sondern ein gewisser Schematismus greifen muss. Die Annahme, dass ein Unternehmen, welches im genannten Zeitraum einen Verlust ausweist, ungedeckte Kosten in dieser Höhe hatte, erweist sich dabei im Grundsatz als sachgerecht. Gemäss der von der Rekurrentin eingereichten Erfolgsrechnung erzielte sie im Jahr 2020 einen Verlust von Fr. 4175.04. In den Monaten Januar 2021 bis Mai 2021 erzielte die Rekurrentin gemäss der nachgereichten Erfolgsrechnung einen Verlust von Fr. 23 450.85. Die Rekurrentin weist damit einen Verlust von insgesamt Fr. 27 625.89 auf. Die Rekursgegnerin hat ihr jedoch keinen nicht rückzahlbaren Beitrag gewährt. Der Verlust der Rekurrentin wurde daher nicht durch Härtefallbeiträge gedeckt. Die Rekursgegnerin kürzte damit die in der 3. Zuteilungsrunde beantragten Beiträge zu Unrecht und der Rekurrentin ist ein nicht rückzahlbarer Beitrag von Fr. 27 626 zu gewähren.

e) Die Rekurrentin brachte in ihrer Stellungnahme vom 26. November 2021 weiter vor, dass sie die Modekollektion für den Frühling und Sommer für die danach folgende neuen Kollektionen Herbst und Winter zum halben Einstandspreis verkaufen musste und zudem keine Marge erzielt habe, was zu einem zusätzlichen Verlust von Fr. 15 000 geführt habe. Dieser sei ebenfalls zu berücksichtigen. Der geringe Erlös aus der Frühlings- und Sommerkollektion schlägt sich jedoch bereits im tieferen Umsatz in den Monaten Januar 2021 bis Mai 2021 nieder, was auch den Erfolgsrechnungen zu entnehmen ist. Er ist daher nicht noch einmal separat zu berücksichtigen. Wäre der Umsatz aufgrund des höheren Verkaufspreises höher ausgefallen, wäre auch der Gewinn grösser und der Rekurrentin würden somit tiefere oder gar keine Härtefallbeiträge zustehen. Zudem konnte die Rekurrentin ab dem 1. März 2021 ihre Kollektionen wieder vor Ort verkaufen. Der Zweck der Härtefallbeiträge als Subventionen im Sinne von § 3 des Staatsbeitragsgesetzes ist es zudem nicht, den Zustand eines Unternehmens vor der Covid-19-Pandemie wiederherzustellen, sondern die Überlebensfähigkeit der Unternehmen für die Dauer der behördlich angeordneten Massnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie zu sichern (vgl. EFV, Erläuterungen Covid-19-Härtefallverordnung, S. 9). Aus diesem Grund besteht kein Anspruch darauf, dass eine mögliche Marge bei der Berechnung der nicht rückzahlbaren Beiträge berücksichtigt wird.

6. Zusammenfassend ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Der Rekurrentin ist für die Periode vom 1. Januar 2020 bis 31. Mai 2021 (bis und mit 3. Zuteilungsrunde) ein nicht rückzahlbarer Beitrag von insgesamt Fr. 27 626 zu gewähren.

7. [Kosten- und Entschädigungsfolgen]

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