Zusammenfassung (verfasst von der Direktion der Justiz und des Innern):
Der Rekurrent wurde wegen Misswirtschaft etc. zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Der Rekursgegner wies das Gesuch um Strafvollzug in Form des EM ab.
Der Strafregisterauszug des Rekurrenten wies zehn Einträge auf. Es handelte sich dabei um Delikte, die unterschiedliche Rechtsgüter tangieren. Bemerkenswert war dabei einerseits die teilweise kurzen Zeitspannen zwischen den Delikten und andererseits die Tatsache, dass die Schwere der Delikte mit den Jahren zugenommen hatte. Überdies vermochten ihn eine Probezeit, Freiheitsstrafen und die bereits mehrmalige Vorverurteilung zum gleichen Straftatbestand nicht von der erneuten Delinquenz abhalten. Die Tatsache, dass der Rekurrent mittlerweile ein neues Transportunternehmen gegründet hatte, war vor dem Hintergrund seiner mehrmaligen Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz und der wiederholt von ihm begangenen Urkundenfälschung als besonders kritisch zu betrachten. Hinzu kam überdies, dass der Rekurrent mit einem neuen Urteil im Nachgang der angefochtenen Verfügung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 16 Monaten und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden war. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils wäre somit auch die zeitliche Voraussetzung für einen Vollzug in Form des EM gemäss Art. 79b Abs. 1 StGB nicht mehr erfüllt gewesen. Schliesslich war zu ergänzen, dass der Rekurrent bei verschiedenen Gelegenheiten gezeigt hatte, dass er weder zuverlässig noch absprachefähig war.
Insgesamt war die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden.
Der Rekurs wurde abgewiesen und der Rekurrent auf einen neuen Termin für den Normalvollzug vorgeladen. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs erwies sich der Eventualantrag des Rekurrenten, mit dem er um eine Verschiebung des Strafantritts ersuchte, als gegenstandslos.
Anonymisierter Entscheidtext (Auszug)
Sachverhalt:
A. Mit Urteil vom 12. Juli 2023 sprach das Bezirksgericht Bülach A. (Rekurrent) wegen Misswirtschaft etc. schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten (abzüglich 1 Tag bereits erstandenen Freiheitsentzug). Aufgrund Nichtbezahlens einer Geldstrafe und einer Busse sind überdies gesamthaft weitere 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.
B. Justizvollzug und Wiedereingliederung […] (Rekursgegner) wies den Rekurrenten mit Schreiben vom 21. August 2023 darauf hin, dass er die Strafe allenfalls in der besonderen Vollzugsform des Electronic Monitoring (EM) verbüssen könne, sofern er innert Frist ein Gesuch einreiche. Nachdem der Rekurrent es versäumte, das Gesuch innert Frist einzureichen, wurde er mit Vollzugsbefehl vom 24. Oktober 2023 zum Strafantritt im Normalvollzug per 9. Januar 2024 aufgeboten. Mit Verfügung vom 11. November 2023 wurde sodann der gemeinsame Vollzug der Freiheitsstrafe mit den vorerwähnten Ersatzfreiheitsstrafen angeordnet.
C. Mit Schreiben vom 23. November 2023 ersuchte der Rekurrent beim Rekursgegner um die alternative Strafverbüssung der eingangs genannten Strafen in Form des EM. In der Folge wurde der Rekurrent darauf hingewiesen, dass die Verbüssung der Freiheitsstrafe in Form des EM nur bei einem Strafmass von höchstens 12 Monaten in Betracht komme, weshalb er die den Ersatzfreiheitsstrafen zugrundeliegende Geldstrafe bzw. Busse in einem Umfang zu bezahlen habe, welcher die Anwendung von EM grundsätzlich ermöglichen würde. Nachdem der Rekurrent die erforderliche Zahlung vorgenommen hatte, hob der Rekursgegner den Vollzugsbefehl mit Verfügung vom 5. März 2024 auf.
D. Der Rekursgegner prüfte daraufhin das Gesuch um Strafvollzug in Form des EM und wies dieses mit Verfügung vom 10. Mai 2024 ab. Mit dem Entscheid wurde der Rekurrent sogleich zum Normalvollzug per 6. August 2024 vorgeladen.
E. Gegen diesen Entscheid erhob der Rekurrent mit undatiertem Schreiben (eingegangen am 27. Juni 2024) Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern und beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 10. Mai 2024 und die Strafverbüssung in Form des EM. Eventualiter ersuchte er um die Verschiebung des Strafantritts bis im Januar 2025.
F. Mit Vernehmlassung vom 29. Juli 2024 bzw. Untervernehmlassung vom 26. Juli 2024 beantragte der Rekursgegner die Abweisung des Rekurses und reichte die massgeblichen Akten ein.
G. Die Vernehmlassung konnte dem Rekurrenten nicht zugestellt werden. Folglich liess sich der Rekurrent nicht mehr vernehmen.
H. Im Nachgang ging schliesslich das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 7. August 2024 ein, mit welchem der Rekurrent wegen Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. zu 16 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 32 Tage durch Haft erstanden sind, sowie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à je Fr. 50.– verurteilt wurde. Die Sachverhaltsermittlungen sind abgeschlossen. Das Verfahren ist spruchreif.
Erwägungen:
1.
Die Legitimation des Rekurrenten und die Zuständigkeit der Direktion der Justiz und des Innern sind gegeben, weshalb auf den rechtzeitig erhobenen Rekurs einzutreten ist.
2.
2.1 Nach Art. 79b des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0) ist der Vollzug von Freiheitsstrafen in der Form der Elektronischen Überwachung möglich für den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen bis zu 12 Monaten (Electronic Monitoring Frontdoor, Art. 79b Abs. 1 Bst. a StGB). Die elektronische Überwachung kann nur angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen des Art. 79b Abs. 2 StGB erfüllt sind. Dabei wird insbesondere erwartet, dass der Verurteilte keine weiteren Strafen begeht (lit. a).
2.2 Hier massgeblich sind zudem die einschlägigen Richtlinien der Strafvollzugskonkordate der Nordwest-, Inner- und Ostschweizer Kantone betreffend die besonderen Vollzugsformen vom 25. Oktober 2024 (nachfolgend: Richtlinien; vgl. auch § 38 Abs. 2 Justizvollzugsverordnung vom 6. Dezember 2006 [JVV; LS 331.1]). Gemäss Ziff. 1.3. B der Richtlinien wird für die Zulassung zur Strafverbüssung in Form von EM in persönlicher Hinsicht unter anderem Folgendes vorausgesetzt: (c) die Erwartung, dass keine weiteren Straftaten begangen werden und (g) die Gewähr, dass die Vollzugsbedingungen eingehalten werden. Zu letzterem wird in Fussnote 6 weiter präzisiert, dass der Verurteilte erreichbar sein und sich als zuverlässig erweisen muss.
2.3 Hierzu ist zu ergänzen, dass die Vollzugsform des EM einen hohen Grad an Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit voraussetzt. Sie stellt noch höhere Anforderungen als die Halbgefangenschaft an die Vertragsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Selbstdisziplin des Verurteilten, denn anders als bei dieser ist die verurteilte Person rund um die Uhr den Alltagsversuchungen ausgesetzt (CORNELIA KOLLER, in: Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, Art. 79b N 23).
2.4 Die Vollzugsbehörde bietet die verurteilte Person, welche die Voraussetzungen für den Vollzug in einer alternativen Vollzugsform nicht erfüllt oder von dieser Vollzugsform keinen Gebrauch macht, zum offenen oder geschlossenen Vollzug der Freiheitsstrafe auf (§ 48 Abs. 1 JVV).
3.
3.1 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss die Rückfallgefahr, welche eine besondere Vollzugsform ausschliessen würde, von einer gewissen Bedeutung sein und die zu erwartenden neuen Straftaten müssen eine gewisse Erheblichkeit aufweisen. Für die Prognose im Hinblick auf das künftige Verhalten hat die Vollzugsbehörde namentlich seine Vorstrafen, seine Persönlichkeit, sein Verhalten im Allgemeinen und bei der Arbeit sowie die Umstände, unter denen er leben wird, zu berücksichtigen (BGE 145 IV 10, E. 2.2.1).
3.2 Der Strafregisterauszug des Rekurrenten vom 15. Mai 2024 weist zehn Einträge auf. Es handelt sich dabei um Delikte, die unterschiedliche Rechtsgüter tangieren, wobei diejenigen wegen Urkundenfälschungen (Urteile/Strafbefehle vom 2. Dezember 2016, 13. September 2017, 6. November 2017, 12. Dezember 2017 und 13. August 2019) und Verstössen gegen das Strassenverkehrsgesetz (Urteile/Strafbefehle vom 5. Februar 2013, 13. September 2017, 12. Dezember 2017, 29. April 2019, 9. März 2021 und 12. Juli 2023) mehrfach begangen wurden. Bemerkenswert sind dabei einerseits die teilweise kurzen Zeitspannen zwischen den Delikten und andererseits die Tatsache, dass die Schwere der Delikte mit den Jahren zugenommen hat. Überdies vermochten ihn eine Probezeit, Freiheitsstrafen und die bereits mehrmalige Vorverurteilung zum gleichen Straftatbestand nicht von der erneuten Delinquenz abzuhalten. Unter diesen Umständen ist dem Rekursgegner zuzustimmen, dass eine nicht unerhebliche Rückfallgefahr für verschiedene Delikte zu bejahen ist, zumal nicht ersichtlich ist, inwiefern sich die Lebensumstände des Rekurrenten zum Besseren verändert hätten. Die Tatsache, dass der Rekurrent mittlerweile ein neues Transportunternehmen gegründet hat, ist vor dem Hintergrund seiner mehrmaligen Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz und der wiederholt von ihm begangenen Urkundenfälschung als besonders kritisch zu betrachten.
3.3 Nach dem Gesagten steht vorliegend die Rückfallgefahr der Anwendung einer alternativen Strafvollzugsform entgegen. Hinzu kommt sodann, dass der Rekurrent mit Urteil vom 7. August 2024 zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 16 Monaten und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 50.– verurteilt worden ist. Bei Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils wäre somit auch die zeitliche Voraussetzung für einen Vollzug in Form des EM gemäss Art. 79b Abs. 1 StGB nicht mehr erfüllt.
3.4 Schliesslich ist zu ergänzen, dass der Rekurrent bei verschiedenen Gelegenheiten gezeigt hat, dass er weder zuverlässig noch absprachefähig ist. Zunächst reichte er sein Gesuch um Verbüssung der Haftstrafe im alternativen Strafvollzug trotz mehrmaliger Erstreckung der Frist nicht rechtzeitig ein. Dann kam er auch der Aufforderung zur Zahlung der den Ersatzfreiheitstrafen zugrundeliegenden Geldstrafen bzw. Bussen nicht nach. Auch hierzu gibt es mehrere Korrespondenzen. Letztendlich holte der Rekurrent das Schreiben der Direktion der Justiz und des Innern vom 30. Juli 2024 nicht ab, weshalb es an den Absender retourniert wurde. Diese Beispiele legen dar, dass die verlangte Zuverlässigkeit und Absprachefähigkeit für die Verbüssung der Freiheitsstrafe in Form der EM vom Rekurrenten nicht erfüllt werden können.
4.
Die angefochtene Verfügung ist demnach nicht zu beanstanden und der Rekurs ist abzuweisen.
5.
Der Rekurrent wurde auf den 6. August 2024 in den Strafvollzug vorgeladen. Dieser Termin ist mittlerweile verstrichen, weswegen ein neuer Strafantrittstermin festzulegen ist. Als angemessen erweist es sich, ihn neu auf den […], bei der Vollzugseinrichtung X, vorzuladen. Die übrigen Anordnungen gemäss der Verfügung des Rekursgegners vom 10. Mai 2024 bleiben bestehen. Aufgrund dieses zeitlichen Ablaufs erweist sich der Eventualantrag des Rekurrenten damit als gegenstandslos.
6.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Rekurrent kostenpflichtig (§ 13 Abs. 1 und 2 Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 [VRG, LS 175.2]) und er ist nicht zu entschädigen (§ 17 Abs. 2 VRG).
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