Zusammenfassung (verfasst von der Direktion der Justiz und des Innern):
Der Rekurrent befand sich im Vollzug einer ambulanten Behandlung nach Art. 63 StGB. Der Rekursgegner hob diese Massnahme mit Verfügung vom 18. Dezember 2023 auf und stellte dem Sachgericht den Antrag, nach Eintritt der Rechtskraft sei zu prüfen, ob die Reststrafe zu vollziehen sei, oder ob diese aufzuschieben sei.
Der Rekurrent erhob dagegen erst mit Eingabe vom 8. März 2024 Rekurs. Der Rekurs erwies sich damit als verspätet. Insbesondere konnte der Rekurrent die laufende Rekursfrist nicht eigenmächtig abändern, indem er am 4. und 5. Januar 2024 auf der Post die Abholfrist für die per Einschreiben/Rückschein versandte Verfügung vom 18. Dezember 2023 verlängerte, zumal er mit der Zustellung einer Verfügung rechnen musste.
In analoger Anwendung der Praxis des Verwaltungsgerichts wäre auch insoweit auf den Rekurs nicht einzutreten gewesen, als sich aufgrund des Antrags des Rekursgegners ohnehin das zuständige Bezirksgericht mit der Sache wird befassen müssen (vgl. Urteile VGr vom 16. Dezember 2021, VB.2021.00598, und vom 14. Juli 2022, VB.2022.00200). Das Sachgericht könnte gegebenenfalls (erneut) auch eine ambulante Massnahme anordnen.
Auf den Rekurs ist nicht einzutreten.
Die Bestellung des Rechtsvertreters als unentgeltlicher Rechtsbeistand war infolge der Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren nicht zu gewähren.
Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):
Sachverhalt:
A.
A. wurde mit Urteil des Bezirksgerichts C. vom 11. April 2019 wegen Raubes, etc. zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, abzüglich zwei Tage Untersuchungshaft, verurteilt. Es wurde (erneut) eine ambulante Massnahme nach Art. 63 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0) angeordnet und der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde aufgeschoben.
B.
Mit Verfügung vom 18. Dezember 2023 hob Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich den Vollzug der Massnahme auf und stellte beim Gericht den Antrag, nach Eintritt der Rechtkraft sei zu prüfen, ob die mit oben erwähntem Urteil ausgesprochene Freiheitsstrafe zu vollziehen sei. Namentlich sei zu prüfen, ob für die Reststrafe die Voraussetzungen der bedingten Freiheitsstrafe vorliegen, sodass der Vollzug der Reststrafe aufgeschoben werden kann.
C.
Mit Eingabe vom 8. März 2024 erhob A. durch seinen Rechtsvertreter Rekurs gegen diese Verfügung vom 18. Dezember 2023. Er beantragt, die Verfügung sei aufzuheben und von der Aufhebung der ambulanten Massnahme nach Art. 63 StGB sei abzusehen.
Erwägungen:
1.
1.1 Die formellen Voraussetzungen des Rekurses sind offensichtlich nicht gegeben. Daher konnte auf einen Beizug weiterer Akten sowie einen Schriftenwechsel verzichtet werden (§§ 26a und § 28a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]).
1.2 Gemäss § 22 Abs. 1 VRG ist ein Rekurs innert 30 Tagen bei der Rekursinstanz schriftlich einzureichen. Der Fristenlauf beginnt am Tag nach der Mitteilung des angefochtenen Aktes, ohne solche am Tag nach seiner amtlichen Veröffentlichung und ohne solche am Tag nach seiner Kenntnisnahme (§ 22 Abs. 2 VRG). Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tage der Frist bei einer Behörde eintreffen oder zu deren Handen der schweizerischen Post übergeben sein (§ 11 Abs. 2 VRG). Die Rekursfrist ist eine gesetzliche Verwirkungsfrist. Wird sie nicht eingehalten, ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten.
Der Rekurrent macht geltend, er habe die Frist für die Abholung der (mit Rückschein versandten) Verfügung vom 18. Dezember 2023 auf der Poststelle verlängert. Dann sei er in Untersuchungshaft genommen worden und habe daher die Verfügung erst am 9. Februar 2024 entgegennehmen können; dies gehe aus dem von ihm unterzeichneten Empfangsschein hervor. Die Rekursfrist habe daher erst dann zu laufen begonnen und die Rekurseingabe vom 8. März 2024 sei rechtzeitig erfolgt.
Dem Rekurrenten kann nicht zugestimmt werden: Bei Nichtabholung einer (eingeschrieben/per Rückschein versandten) Sendung auf der Poststelle gilt die Sendung spätestens am siebten Tag der Abholfrist als zugestellt. Diese Zustellfiktion kann nicht eigenmächtig – durch Verlängerung der Abholfrist – verändert werden. Dies gilt auch für den Rekurrenten, zumal er mit dem Eingang der Verfügung rechnen musste: Am 6. Juli 2023 war er zur Frage der Aufhebung der Massnahme angehört worden und am 2. November 2023 war ihm anlässlich eines Standortgesprächs mit dem Rekursgegner der Entscheid dazu in Aussicht gestellt worden. Die fragliche Verfügung wurde am 19. Dezember 2023 verschickt und bereits am 20. Dezember 2023 auf der Poststelle zur Abholung gemeldet. Der Rekurrent hat eine zweite Zustellung ausgelöst sowie überdies zwei Mal die Frist zur Abholung verlängert (4. und 5. Januar 2024). Erst am 19. Januar 2024 wurde er verhaftet. Gemäss Zustellfiktion wurde die Sendung damit aber zweifellos bereits vorher rechtsgültig zugestellt. Daran ändert auch die tatsächliche Entgegennahme der Verfügung am 9. Februar 2024 nichts. Die erst am 8. März 2024 erfolgte Rekurseingabe erweist sich daher als verspätet und auf den Rekurs ist nicht einzutreten.
1.3 Abgesehen davon wäre auf den Rekurs auch aus folgendem Grund nicht einzutreten: Hebt die Vollzugsbehörde den Vollzug einer gerichtlich angeordneten Massnahme auf und stellt dem Sachgericht gleichzeitig Antrag, über die weiteren Massnahmen/Vollzug von Freiheitsstrafen zu entscheiden, so kommt dem Entscheid der Vollzugsbehörde lediglich der Charakter eines «Vorabentscheides» zu: Das Strafgericht ist nicht an den Aufhebungsentscheid der Vollzugsbehörde gebunden und es kann gleichartige Massnahmen anordnen. Das Verwaltungsgericht verneint daher das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung solcher Aufhebungsentscheide mit Antrag an das Sachgericht (vgl. Urteile VGr vom 16. Dezember 2021, VB.2021.00598, und vom 14. Juli 2022, VB.2022.00200). Der Rekurrent kann seine Einwendungen in der Sache auch vor dem Sachgericht erheben. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung könnte das Sachgericht auch erneut eine ambulante Massnahme anordnen (vgl. auch Marianne Heer, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Aufl., Basel, 2019, Art. 63b Rz. 25).
2.
Auf den Rekurs ist daher nicht einzutreten.
3.
Ausgangsgemäss sind die Kosten dieses Verfahrens dem Rekurrenten aufzuerlegen und eine Parteientschädigung ist ihm nicht zuzusprechen (§ 13 Abs. 1 und 2 VRG und § 17 VRG).
4.
Der Rekurrent liess ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verfahrensführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters stellen: Privaten, welchen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheint, ist auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrenskosten und Kostenvorschüssen zu erlassen (§ 16 Abs. 1 VRG). Nach § 16 Abs. 2 VRG haben sie überdies Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Rechte im Verfahren selbst zu wahren (vgl. auch Art. 29 Abs. 3 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV; SR 101]).
Gestützt auf die obigen Ausführungen erweisen sich die hier gestellten Begehren als offensichtlich aussichtslos. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher abzuweisen.
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