0468

Entscheidinstanz
Direktion der Justiz und des Innern
Geschäftsnummer
JI 2024-0025
Entscheiddatum
23. April 2024
Rechtsgebiet
Straf- und Massnahmenvollzug
Schlagworte
Wiedererwägung Nichteintretensentscheid Gemeinnützige Arbeit Arbeitsvereinbarung

Zusammenfassung (verfasst von der Direktion der Justiz und des Innern):

Der Rekurrent hatte vor der Vorinstanz weder geltend gemacht noch war anderweitig ersichtlich, dass sich die Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert hatten. Ebenso wenig nannte der Rekurrent erhebliche Tatsachen und Beweismittel, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung dazu bestand. Folglich fehlt es an einem Anspruch auf Wiedererwägung, weshalb der Rekursgegner auf das Wiedererwägungsgesuch zu Recht nicht eintrat. Der Rekurs erweist sich damit als unzulässig. Darauf ist entsprechend nicht einzutreten.

Selbst, wenn auf den Rekurs einzutreten wäre, wäre dieser abzuweisen. Der Strafvollzug in der Form von gemeinnütziger Arbeit fällt vorliegend wegen mangelnder Vertragsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Rekurrenten ausser Betracht.
 

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

A.
Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 20. Juni 2023 wurde A. wegen Verübung einer Tat in selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 30.–, entsprechend Fr. 600.–, verurteilt.

B.
Am 24. Juli 2023 beantragte A. bei Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich, Bewährungs- und Vollzugsdienste, Alternativer Strafvollzug (nachfolgend: JuWe), die Verbüssung der oben aufgeführten Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit. Am 31. August 2023 schloss das JuWe mit A. eine Vollzugsvereinbarung für die Verbüssung der Strafe in der Form von gemeinnütziger Arbeit ab.

C.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2023 brach das JuWe die Strafverbüssung in gemeinnütziger Arbeit ab.

D.
Am 21. November 2023 ersuchte A. sinngemäss um Wiedererwägung der genannten Verfügung. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2023 trat das JuWe auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein.

E.
Am 15. Januar 2024 stellte A. beim JuWe ein «Gesuch um Arbeitseinsatz». Das JuWe überwies dieses Schreiben der Direktion der Justiz und des Innern. Mit Schreiben vom 26. Januar 2024 erhob A. ausdrücklich Rekurs gegen die Verfügung vom 14. Dezember 2023. Er verlangte sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung bzw. die Weiterführung der Strafverbüssung in gemeinnütziger Arbeit.

F.
Mit Vernehmlassung vom 28. Februar 2024 beantragte das JuWe die vollumfängliche Abweisung des Rekurses und reichte die Vollzugsakten ein.

G.
Mit Stellungnahme (Replik) vom 13. März 2024 hielt A. an seinem Rekurs fest und reichte weitere Unterlagen ein.

H.
Dazu äusserte sich das JuWe nicht mehr, womit die Sachverhaltsermittlung abgeschlossen und das Verfahren spruchreif ist.

Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist ein Entscheid über die Wiedererwägung einer am 27. Oktober 2023 erlassenen Verfügung, mit welcher die Strafverbüssung in der Form von gemeinnütziger Arbeit (GA) abgebrochen wurde. Der Abbruch erfolgte deshalb, weil der Rekurrent innert der angesetzten 30-tägigen Frist keine Arbeitsvereinbarung mit dem Einsatzbetrieb abgeschlossen und sich auch sonst als unzuverlässig erwiesen hatte.

Tritt eine Behörde auf ein Wiedererwägungsgesuch ein und nimmt eine Neubeurteilung vor, ist der Wiedererwägungsentscheid voll anfechtbar. Tritt die Behörde – wie vorliegend – auf ein Wiedererwägungsgesuch nicht ein, ist der Wiedererwägungsentscheid nur anfechtbar, soweit ein Anspruch auf Wiedererwägung besteht. Ein Anspruch auf Wiedererwägung besteht laut Bundesgericht nur dann, wenn sich die Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 136 II 177 E. 2.1).

1.2 Der Rekurrent begründete sein Wiedererwägungsgesuch vom 21. November 2023 lediglich damit, dass er wie telefonisch vereinbart seine Strafe in der Zürcher Stiftung für Gefangenen- und Entlassungsfürsorge (zsge) abarbeiten werde. Nach einem Telefongespräch vom 4. Dezember 2023 lud der Rekursgegner den Rekurrenten auf den 11. Dezember 2023 zu einem Termin ein, um das Wiedererwägungsgesuch bzw. seine Strafverbüssung mündlich zu besprechen und zu planen. Zu diesem Termin erschien der Rekurrent mit einer Verspätung von 55 Minuten. Der Termin wurde auf den Folgetag verschoben. Diesen zweiten Termin nahm der Rekurrent unentschuldigt nicht wahr.

1.3 Daraus folgt, dass der Rekurrent weder geltend gemacht hatte noch anderweitig ersichtlich war, dass sich die Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert hatten. Ebenso wenig nannte der Rekurrent erhebliche Tatsachen und Beweismittel, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung dazu bestand. Folglich fehlt es an einem Anspruch auf Wiedererwägung, weshalb der Rekursgegner auf das Wiedererwägungsgesuch zu Recht nicht eintrat. Der Rekurs erweist sich damit als unzulässig. Darauf ist entsprechend nicht einzutreten.

2.1 Selbst, wenn auf den Rekurs einzutreten wäre, wäre dieser abzuweisen. So verkennt der Rekurrent, dass sein Wille, gemeinnützige Arbeit zu leisten, nicht genügt. Die Strafverbüssung in einer besonderen Strafvollzugsform setzt Vertragsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Selbstdisziplin der verurteilten Person voraus. Diese persönlichen Voraussetzungen liess der Rekurrent – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – vermissen.

2.2 Nachdem der Rekurrent am 24. Juli 2023 ein Gesuch um Strafverbüssung in gemeinnütziger Arbeit gestellte hatte, wurde er auf den 17. August 2023 zu einem Besprechungstermin eingeladen. Soweit ersichtlich, nahm er diesen Termin nicht wahr. Der neue Besprechungstermin wurde nach telefonischer Vereinbarung auf den 24. August 2023 festgelegt. Auch dieser Termin musste verschoben werden, und zwar auf den 31. August 2023. Mit Abschluss der Vollzugsvereinbarung nahm der Rekurrent zur Kenntnis, dass die gemeinnützige Arbeit unter anderem abgebrochen werden kann, wenn die Arbeitsvereinbarung nicht innert 30 Tagen ab Bekanntgabe des Einsatzbetriebs abgeschlossen wird.

Am 1. September 2023 wurde dem Rekurrenten sein Einsatzbetrieb schriftlich mitgeteilt und er wurde aufgefordert, innert 30 Tagen eine Arbeitsvereinbarung abzuschliessen, andernfalls die gemeinnützige Arbeit ohne Mahnung abgebrochen werde. Am 9. Oktober 2023 teilte der Einsatzbetrieb dem Rekursgegner mit, bisher noch keinen Anruf des Rekurrenten erhalten zu haben, weshalb auch noch keine Arbeitsvereinbarung zustande gekommen sei. Gleichentags hinterliess der Rekursgegner dem Rekurrenten eine Sprachnachricht auf dessen Combox, wonach er bis Ende Woche Zeit habe, sich beim Einsatzbetrieb zu melden, andernfalls die gemeinnützige Arbeit abgebrochen werde. In der Folge schloss der Rekurrent keine Arbeitsvereinbarung ab, weshalb der Rekursgegner am 27. Oktober 2023 den Strafvollzug in gemeinnütziger Arbeit zurecht abbrach und die Vollstreckung der Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe anordnete.

2.3 Das Schreiben des Rekurrenten vom 21. November 2023 nahm der Rekursgegner als Wiedererwägungsgesuch entgegen, nachdem er den Rekurrenten auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte. Das Angebot des Rekursgegners, das Wiedererwägungsgesuch mündlich zu besprechen, nutzte der Rekurrent nicht. Vielmehr erschien er am ersten Termin massiv zu spät und beim zweiten Termin gar nicht (vgl. oben E. 1.2).

2.4 Nach diesen Erwägungen erhellt, dass der Rekursgegner dem Rekurrenten mehr als eine Gelegenheit gab, um seine Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit zu leisten. Diese scheiterte letztlich aber an der mangelnden Vertragsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Rekurrenten. Der Rekurrent konnte keine überzeugenden Gründe für seine Versäumnisse darlegen und belegen. Die Begründung, er habe zuerst wegen seiner täglichen Arbeit und dann wegen zu beziehender Ferien keine Termine wahrnehmen können, geht an der Sache vorbei. Mit dem Abschluss der Vollzugsvereinbarung kannte der Rekurrent seine Verpflichtungen. Im Hinderungsfall wäre es ihm zumutbar gewesen, sich zumindest telefonisch mit den zuständigen Stellen in Verbindung zu setzen. Daran kann auch das Vorbringen des Rekurrenten nichts ändern, wonach er über kein Vermögen verfüge, um die Geldstrafe zu bezahlen. Begleicht der Rekurrent die Geldstrafe nicht, wird an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe greifen.

3.
Im Ergebnis ist auf den Rekurs nicht einzutreten.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Rekurrent kostenpflichtig (§ 13 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRG]).

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