0465

Entscheidinstanz
Bezirksräte
Geschäftsnummer
GE.2024.26
Entscheiddatum
14. November 2024
Rechtsgebiet
Gemeinderecht
Schlagworte
Postulat Aufsichtsrecht Palästina Gaza Humanitäre Hilfe Unterstützungsbeiträge Spenden
Verwendete Erlasse
§ 35 Abs. 2 GG § 164 Abs. 1 GG § 167 GG § 168 GG
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Ein überwiesenes Postulat verpflichtet den Gemeindevorstand zu prüfen, ob eine Vorlage auszuarbeiten oder eine Massnahme zu treffen ist. Das fragliche Postulat ist unbestrittenermassen ordnungsgemäss überwiesen worden. Insofern besteht kein Anlass, aufsichtsrechtlich einzuschreiten. Der Stadtrat wird unter anderem die Zulässigkeit des Postulatinhalts und -zwecks zu überprüfen haben. Der Bezirksrat hat dieser Prüfung nicht aufsichtsrechtlich vorzugreifen. Der Aufsichtsbeschwerde ist deshalb keine Folge zu leisten.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

1.
1.1
Der Gemeinderat der Stadt Zürich überwies mit Beschluss Nr. 3484 vom 10. Juli 2024 dem Stadtrat das dringlich erklärte Postulat GR Nr. 2024/266. Das Postulat fordert den Stadtrat auf zu prüfen, «wie schnellstmöglich ein substanzieller Beitrag oder eine substanzielle Spende zugunsten der »United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East« (UNRWA) oder anderer internationaler Organisationen und NGOs mit den notwendigen Kapazitäten ausbezahlt bzw. getätigt werden kann».

1.2
Dagegen ist die FDP Die Liberalen Stadt Zürich (fortan: Anzeigeerstatterin) mit Aufsichtsbeschwerde vom 11. Juli 2024 an den Bezirksrat Zürich gelangt. Sie beantragt, es sei «von Amts wegen das Notwendige zu veranlassen, um sicherzustellen, dass keine städtischen Mittel in verfassungswidriger Weise der UNRWA zufliessen werden».

1.3
Innert erstreckter Frist hat der Stadtrat von Zürich (fortan: Anzeigegegner) am 4. September 2024 zur Aufsichtsbeschwerde Stellung genommen. Er beantragt, der Aufsichtsbeschwerde sei keine Folge zu geben.

Erwägungen:

2.
2.1
Gemäss § 164 Abs. 1 Gemeindegesetz (GG) üben die Bezirksräte und der Regierungsrat die allgemeine Aufsicht aus. Die kantonale Aufsichtsbehörde greift nach § 167 GG ein, wenn Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen (lit. a) oder die ordnungsgemässe Führungs- oder Verwaltungstätigkeit auf andere Weise gefährdet ist (lit. b).

2.2
Die Anzeigeerstatterin bringt vor, das Postulat Nr. 2024/266 bezwecke, aussenpolitische Kompetenzen anzumassen bzw. die Aussenpolitik des Bundes zu übersteuern. Auswärtige Angelegenheiten seien aber Sache des Bundes. Es würde klarerweise gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung verstossen, wenn die Stadt Zürich zu Gunsten der UNRWA Mittel verwendete. Mit Blick auf § 167 lit. a und § 168 des Gemeindegesetzes (GG) sei sicherzustellen, dass keine städtischen Mittel in verfassungswidriger Weise der UNRWA zuflössen.

Der Anzeigegegner führt in der Stellungnahme aus, die Aufsichtsbeschwerde richte sich gegen die Überweisung eines Postulats durch den Gemeinderat. Teil der Prüfung einer vom Parlament geforderten Massnahme durch den Stadtrat sei immer auch deren rechtliche Zulässigkeit. Entsprechend könne der Beschluss zur Überweisung eines Postulats, bei dem die rechtliche Zulässigkeit umstritten sei, per se keine Verletzung klaren Rechts beinhalten, sei es doch gerade Kern eines Postulats, die Umsetzung und rechtliche Zulässigkeit einer Massnahme zu prüfen. Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern die Prüfung des Postulats die ordnungsgemässe Führungs- oder Verwaltungstätigkeit verletzen sollte. Abgesehen davon stelle die humanitäre Hilfe eine öffentliche Aufgabe der Stadt Zürich dar.

2.3
Ein überwiesenes Postulat verpflichtet den Gemeindevorstand, zu prüfen, ob eine Vorlage auszuarbeiten oder eine Massnahme zu treffen ist (§ 35 Abs. 2 GG; Art. 132 und 137 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 16. Juni 2021; vgl. auch Emanuel Brügger, in: Tobias Jaag/Markus Rüssli/Vittorio Jenni [Hrsg.], Kom¬mentar zum Zürcher Gemeindegesetz, Zürich/Basel/Genf 2017, § 35 N. 7 f.).

Das fragliche Postulat ist unbestrittenermassen ordnungsgemäss überwiesen worden. Insofern besteht kein Anlass, aufsichtsrechtlich einzuschreiten. Nach Auffassung der Anzeigeerstatterin verstossen aber Inhalt und Zweck des fraglichen Postulats gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung. Wie der Anzeigegegner zutreffend dagegen angeführt hat, wird der Stadtrat unter anderem die Zulässigkeit des Postulatinhalts und -zwecks zu überprüfen haben. Der Bezirksrat hat dieser Prüfung nicht aufsichtsrechtlich vorzugreifen. Weitere Prüfungen zum heutigen Zeitpunkt – insbesondere zur verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung – erübrigen sich damit zum Vornherein.

3.
Mithin sind keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen angezeigt. Der Aufsichtsbeschwerde ist keine Folge zu leisten.

4.
Es rechtfertigt sich, für das Verfahren keine Kosten zu erheben und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (vgl. dazu Kaspar Plüss, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar VRG, 3. A., Zürich/Basel/Genf 2014, § 13 N. 23 und § 17 N. 10). Der Anzeigeerstatterin kommt zwar keine Parteistellung zu. Sie ist dennoch über diesen Entscheid zu orientieren.

© 2025 Staatskanzlei des Kantons Zürich

Für dieses Thema zuständig: