0457

Entscheidinstanz
Regierungsrat
Geschäftsnummer
2022-1056
Entscheiddatum
24. August 2022
Rechtsgebiet
Staatsbeiträge
Schlagworte
Covid-19-Härtefallprogramm Zusammenhang Wertschöpfungskette Behördlich angeordnete Massnahmen
Verwendete Erlasse
§ 7 Abs. 2 VRG § 26b Abs. 2 VRG Art. 12 Abs. 1 Covid-19-Gesetz Art. 5 Abs. 1 Covid-19-Härtefallverordnung
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Der Rekurrent ist Inhaber eines Einzelunternehmens, das gemäss Handelsregistereintrag Marketing, Consulting, Filmproduktionen und Fotografie bezweckt. Zwar waren Video- und Fotoproduktionen an sich zu keiner Zeit gänzlich untersagt. Das Härtefallprogramm dient nicht dazu, die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung und insbesondere in der Wirtschaft abzufedern. Der Rekurrent macht aber plausibel geltend, dass er wichtige Kundinnen und Kunden aus der Gastronomiebranche hatte und auch durch das Veranstaltungsverbot erheblich eingeschränkt wurde. Inwiefern angesichts dieser Umstände das Unternehmen des Rekurrenten der Wertschöpfungskette der Gastro- und/oder der Eventbranche zuzurechnen ist sowie die Realisierung von Foto-, Film- und Marketingprojekten noch möglich war, lässt sich anhand der Akten nicht abschliessend beurteilen. Der Rekurs wird deshalb zur weiteren Sachverhaltsabklärung zurück an die Rekursgegnerin überwiesen.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

A. Mit Verfügung vom 1. Juli 2021 wies die Rekursgegnerin ein Gesuch des Rekurrenten um einen nicht rückzahlbaren Beitrag von Fr. 28 253 im Rahmen des Covid-19-Härtefall-programms des Kantons Zürich, 3. Zuteilungsrunde, ab. Dies begründete sie damit, dass der Umsatzrückgang 2020 nicht in Zusammenhang mit behördlich angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie stehe.

B. Gegen diese Verfügung erhob der Rekurrent mit Eingabe vom 15. Juli 2021 Rekurs an den Regierungsrat und beantragte sinngemäss, es sei die Verfügung vom 1. Juli 2021 aufzuheben und sein Gesuch sei vollumfänglich gutzuheissen.

C. Die Rekursgegnerin hielt in ihrer Vernehmlassung vom 24. August 2021 an der Begründung ihrer Verfügung fest und beantragte die Abweisung des Rekurses.

D. Mit Eingabe vom 5. Januar 2022 reichte der Rekurrent eine aktualisierte Erfolgsrechnung für das Jahr 2020 ein.

E. In ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2022 hielt die Rekursgegnerin erneut an der Abweisung des Rekurses fest. Die Stellungnahme vom 25. Januar 2022 wurde dem Rekurrenent mit Schreiben vom 27. Januar 2022 zur Kenntnisnahme zugestellt.

Erwägungen:

1. a) – b) [Prozessvoraussetzungen]

c) Die Vernehmlassungsfrist beträgt gemäss § 26b Abs. 2 VRG 30 Tage. Mit Verfügung vom 16. Juli 2021 setzte die Staatskanzlei der Rekursgegnerin eine nicht erstreckbare Frist von 30 Tagen an, vom Empfang der Verfügung an gerechnet, um eine Vernehmlassung zur Rekursschrift des Rekurrenten einzureichen. Die Verfügung wurde der Rekursgegnerin am selben Tag zugestellt. Die Vernehmlassung vom 24. August 2021 ist somit erst nach Ablauf der Frist eingereicht worden und folglich aus dem Recht zu weisen.

2. [Ausstand Direktionsvorsteher]

3. a) Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102) kann der Bund auf Antrag eines oder mehrerer Kantone Massnahmen dieser Kantone für Unternehmen unterstützen, «die aufgrund der Natur ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit» von den Folgen von Covid-19 «besonders betroffen» sind und einen Härtefall darstellen. Ein Härtefall liegt gemäss Art. 12 Abs. 1bis des Covid-19-Gesetzes vor, wenn der Jahresumsatz unter 60% des mehrjährigen Durchschnitts liegt. Diese Bestimmungen werden durch Art. 5 Abs. 1 der Verordnung vom 25. November 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Härtefallverordnung; SR 951.262; Stand am 19. Juni 2021) konkretisiert. Danach muss das gesuchstellende Unternehmen gegenüber dem Kanton belegen, dass sein Jahresumsatz 2020 «im Zusammenhang mit behördlich angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie» unter 60% des durchschnittlichen Jahresumsatzes der Jahre 2018 und 2019 liegt. Das Covid-19-Gesetz führt als Beispiele für aufgrund der Natur ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit besonders betroffene Unternehmen solche in der «Wertschöpfungskette der Eventbranche, Schausteller, Dienstleister der Reisebranche, Gastronomie- und Hotelleriebetriebe sowie touristische Betriebe» an. Die Härtefallhilfen sollen somit nicht jedem Unternehmen zukommen, das aufgrund des durch die Covid-19-Epidemie verursachten Wirtschaftseinbruchs einen relevanten Umsatzrückgang erlitt, sondern nur solchen, die darüber hinaus von behördlich angeordneten Massnahmen aufgrund der Natur ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit besonders betroffen sind.

b) Der Rekurrent ist Inhaber eines Einzelunternehmens, das gemäss Handelsregistereintrag Marketing, Consulting, Filmproduktionen und Fotografie bezweckt. In seiner Rekursschrift vom 15. Juli 2021 macht der Rekurrent geltend, dass das Veranstaltungsverbot die Planung und Durchführung von Promotionen sowie Video- und Fotoproduktionen an Messen und Events verhindert habe. Auch seine Kundinnen und Kunden in der Gastronomie, wie beispielsweise […], hätten ihr Engagement aufgrund von Schliessungen ihrer Lokale und dem damit verbundenen Umsatzrückgang storniert. Das Management der Social-Media-Kanäle sowie generell Werbe- und Marketingausgaben seien für seine Kundinnen und Kunden aufgrund der fehlenden Relevanz für den Fortbestand ihrer Unternehmen nicht mehr zentral gewesen. Zudem sei die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen durch Reisebeschränkungen stark eingeschränkt gewesen. Dadurch seien sowohl ein Grossprojekt in Brasilien als auch eine russische Produktion in Zermatt abgesagt worden.

c) Die Rekursgegnerin wies das Gesuch des Rekurrenten mit der Begründung ab, der Umsatzrückgang 2020 stehe nicht in Zusammenhang mit behördlich angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid- 19-Epidemie. In ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2022 hielt die Rekursgegnerin zudem fest, dass der Rekurrent in der Erfolgsrechnung 2020 einen Gewinn vom Fr. 40 551 ausweise und deshalb keine Plausibilität für ungedeckte Fixkosten bestehe.

d) Es erscheint plausibel, dass es für Unternehmen, die in der Foto-, Film- und Marketingbranche tätig sind, schwieriger als vor Beginn der Covid-19-Epidemie war, ihre Tätigkeit durchzuführen. Zwar waren Video und Fotoproduktionen an sich zu keiner Zeit gänzlich untersagt. Das Härtefallprogramm dient nicht dazu, die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung und insbesondere in der Wirtschaft abzufedern. Umsatzeinbussen, die sich aus der Zurückhaltung der Kundinnen und Kunden und der Kürzung von Werbe- und Marketingbudgets infolge der allgemeinen Verunsicherung ergeben, sind daher nicht durch die Härtefallhilfen abzudecken. Der Rekurrent macht aber plausibel geltend, dass er wichtige Kundinnen und Kunden aus der Gastronomiebranche hatte und auch durch das Veranstaltungsverbot erheblich eingeschränkt wurde. Inwiefern angesichts dieser Umstände das Unternehmen des Rekurrenten der Wertschöpfungskette der Gastro- und/oder der Eventbranche zuzurechnen ist sowie die Realisierung von Foto-, Film- und Marketingprojekten noch möglich war, lässt sich anhand der Akten nicht abschliessend beurteilen. Dasselbe gilt für die Frage, inwiefern der Kontakt zu Kundinnen und Kunden im Ausland aufgrund der behördlichen Covid-19-Massnahmen eingeschränkt war. Um abschliessend beurteilen zu können, in welchem Ausmass der Umsatzrückgang des Rekurrenten auf die vorgenannten behördlichen Massnahmen zurückzuführen ist, werden weitere Unterlagen zur Konkretisierung des Tätigkeitsgebiets und zur genaueren Bestimmung des Kundenstamms des Rekurrenten benötigt. Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Rekursgegnerin nähere Abklärungen zur konkreten Tätigkeit des Rekurrenten getroffen hat. So hätte sie den Rekurrenten auffordern müssen, anhand von einzelnen Aufträgen der letzten Jahre und insbesondere vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie aufzuzeigen, auf welche Weise der Umsatzrückgang auf die behördlichen Massnahmen zurückzuführen ist. Einzig aufgrund des allgemeinen Beschriebs der Tätigkeit gemäss Handelsregisterereintrag konnte somit ein genügend enger Zusammenhang des Umsatzrückgangs mit den behördlichen Massnahmen weder angenommen noch verneint werden. Die Rekursgegnerin hat den Sachverhalt in Bezug auf den Zusammenhang zwischen den behördlich angeordneten Massnahmen und dem Umsatzrückgang damit nicht genügend festgestellt. In diesem Zusammenhang ist der Rekurrent auch auf seine Mitwirkungspflicht gemäss § 7 Abs. 2 VRG hinzuweisen.

4. Es ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass es sich beim Rekurrenten um den Inhaber eines Einzelunternehmens handelt. Es kann daher bei der Abklärung, ob durch die Gewährung der beantragten Härtefallhilfen eine Überentschädigung entstehen würde, nicht unbesehen auf den in der Erfolgsrechnung ausgewiesenen Gewinn abgestellt werden. Vielmehr ist bei Einzelunternehmen zu berücksichtigen, dass der Gewinn gleichzeitig dem aus der selbstständigen Tätigkeit resultierenden Unternehmerlohn entspricht. Als Vergleichsgrösse für die Angemessenheit des so erzielten Einkommens ist dabei praxisgemäss auf den Durchschnitt der Vorjahre 2018/2019 abzustellen. Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Rekursgegnerin entsprechende Abklärungen getroffen hat bzw. diese in ihre Berechnungen hat einfliessen lassen. Damit ist dem Umstand, in welcher Höhe dem Rekurrenten ein Unternehmerlohn zusteht, von der Rekursgegnerin bei der Berechnung der ihm tatsächlich entstandenen Fixkosten nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Auch in diesem Punkt hat die Rekursgegnerin somit den Sachverhalt nicht genügend festgestellt.

5. Im Rekursverfahren besteht ebenso wie im Beschwerdeverfahren die Möglichkeit, die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Alain Griffel, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [zit. Kommentar VRG], 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, § 28 N. 38). Eine Rückweisung kommt dabei insbesondere in Betracht, wenn wesentliche Sachverhaltsabklärungen nicht vorgenommen wurden (Griffel, a. a. O., § 28 N. 38). Wie soeben aufgezeigt (Ziff. 3 und 4), hat die Rekursgegnerin wesentliche Sachverhaltsabklärungen nicht vorgenommen.

6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Rekursgegnerin die für die Gesuchsprüfung erforderlichen Sachverhaltsabklärungen im Sinne der Erwägungen vorzunehmen hat. Demgemäss ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Die angefochtene Verfügung ist damit aufzuheben und die Sache ist zur Sachverhaltsabklärung und zur Neubeurteilung an die Rekursgegnerin zurückzuweisen.

7. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen.

8. Das Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht (§ 41 VRG). Dabei stellen Rückweisungsentscheide nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich Zwischenentscheide dar, die nur dann selbstständig anfechtbar sind, wenn ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht oder die Gutheissung einer dagegen erhobenen Beschwerde sofort einen Entscheid herbeiführen würde (Griffel, a. a. O., § 28 N. 45; § 41 Abs. 3 VRG in Verbindung mit § 19a Abs. 2 VRG in Verbindung mit Art. 93 Abs. 1 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [SR 173.110]).

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