0454

Entscheidinstanz
Regierungsrat
Geschäftsnummer
2022-0409
Entscheiddatum
16. März 2022
Rechtsgebiet
Staatsbeiträge
Schlagworte
Covid-19-Härtefallprogramm Mindestumsatz Hypothetische Umsätze
Verwendete Erlasse
§ 22 Abs. 1 VRG Art. 12 Covid-19-Gesetz Art. 3 ff. Covid- 19-Härtefallverordnung Art. 3 Abs. 1 Bst. b Covid-19-Härtefallverordnung Art. 8 Abs. 2 und 3 Covid-19-Härtefallverodnung Art. 957 ff. OR
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Um im Covid-19-Härtefallprogramm anspruchsberechtigt zu sein, muss ein Unternehmen im Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 einen Umsatz von mindestens Fr. 50 000 erzielt haben und dies belegen können. Die Rekurrentin reichte unter anderem Unterlagen mit hypothetischen Umsätzen ein, die sie ohne die Covid-19-Epidemie hätte erzielen können. Es können jedoch nur tatsächlich erzielte Umsätze berücksichtigt werden. Die Rekurrentin erreicht damit den erforderlichen Mindestumsatz nicht. Der Rekurs wird abgewiesen.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

A. Mit Verfügung vom 16. März 2021 wies die Rekursgegnerin ein Gesuch der Rekurrentin um einen Beitrag im Rahmen des Covid-19-Härtefallprogramms des Kantons Zürich, 2. Zuteilungsrunde, ab. Die Rekursgegnerin begründete die Abweisung damit, dass die unterschriebenen Belege (Gesuchzusammenfassung/Selbstdeklaration) trotz angesetzter Nachfrist nicht eingereicht worden seien.

B. Gegen diese Verfügung erhob die Rekurrentin mit Eingabe vom 23. März 2021 (Datum Poststempel) Rekurs an den Regierungsrat. Sie beantragte sinngemäss, dass die Verfügung vom 16. März 2021 aufzuheben und ihr die beantragte Härtefallhilfe zu gewähren sei.

C. Mit Verfügung vom 9. April 2021 wies die verfahrensleitende Staatskanzlei die Rekurrentin daraufhin, dass die Rekursschrift aufgrund der fehlenden Unterschrift nicht den Anforderungen an die Schriftform gemäss § 22 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) genüge. Sie wurde dazu aufgefordert, innert einer Frist von zehn Tagen ein eigenhändig unterzeichnetes Exemplar im Original auf dem Postweg nachzureichen, ansonsten auf den Rekurs nicht eingetreten werden könne.

D. Mit Eingabe vom 14. April 2021 (Datum Poststempel) reichte die Rekurrentin ein eigenhändig unterzeichnetes Exemplar der Rekursschrift auf dem Postweg nach. Mit Eingabe vom 15. Mai 2021 (Datum Poststempel) wandte sich die Rekurrentin erneut an die verfahrensleitende Staatskanzlei.

E. In ihrer Vernehmlassung vom 12. Mai 2021 beantragte die Rekursgegnerin die Abweisung des Rekurses, soweit darauf einzutreten sei. Sie wies zudem daraufhin, dass für die Prüfung einer Wiedererwägung eine Gesuchzusammenfassung und eine Selbstdeklaration nachgereicht werden müssen.

F. Mit Schreiben vom 25. Mai 2021 wurde die Vernehmlassung der Rekurrentin zur freiwilligen Stellungnahme innert zehn Tagen zugestellt. Die Rekurrentin wurde zudem darauf aufmerksam gemacht, dass sie die in der Vernehmlassung aufgelisteten noch ausstehenden Unterlagen in der erwähnten Form der Staatskanzlei oder direkt der Rekursgegnerin einreichen könne.

G. Mit Schreiben vom 31. Mai 2021 stellte die Rekurrentin der Rekursgegnerin eine Gesuchzusammenfassung sowie eine Selbstdeklaration zu.

H. Mit Eingabe vom 2. August 2021 nahm die Rekursgegnerin erneut Stellung. Sie beantragte wiederum die Abweisung des Rekurses, soweit darauf einzutreten sei. Diesmal mit der Begründung, dass die nachträglich eingereichten Gesuchzusammenfassungen und Selbstdeklarationen nicht übereinstimmen würden und die Erfolgsrechnung keine Umsatzeinbusse von mindestens 40% aufweise.

I. Die Stellungnahme der Rekursgegnerin wurde der Rekurrentin mit Schreiben vom 12. August 2021 zur Kenntnisnahme zugestellt.

Erwägungen:

1. [Prozessvoraussetzungen]

2. [Ausstand Direktionsvorsteher]

3. Die Rekursgegnerin stützt sich in ihrer Verfügung vom 16. März 2021 auf Art. 12 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102), die Verordnung vom 25. November 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie (Covid- 19-Härtefallverordnung; SR 951.262), den Beschluss des Kantonsrates über einen Verpflichtungskredit für das Covid-19-Härtefallprogramm des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2020 sowie den Beschluss des Kantonsrates über einen Zusatzkredit und die Nachtragskredite für eine zweite Zuteilungsrunde im Covid-19-Härtefallprogramm des Kantons Zürich vom 25. Januar 2021. Sie beantragt die Abweisung des Rekurses, weil der in der Gesuchzusammenfassung deklarierte durchschnittliche Jahresumsatz 2018/2019, der Jahresumsatz 2020 sowie die beantragte Härtefallhilfe von Fr. 32 625.50 nicht mit den eingangs gemachten Angaben übereinstimmen würden. Die Rekurrentin sei im Rekursverfahren erneut darum gebeten worden, eine korrekte Deklaration einzureichen, was sie unterlassen habe. Des Weiteren würden die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Jahre 2018/2019 und 2020 darauf schliessen lassen, dass der Umsatzrückgang kleiner als die erforderlichen 40% sei.

4. Die Rekurrentin bringt vor, dass ihr Betrieb seit Dezember 2020 geschlossen sei, weil dies vom Bundesrat so verordnet worden sei. Sie sei deshalb auf die finanzielle Unterstützung angewiesen. Sie habe Mietschulden und sonstige offene Rechnungen, welche sie wegen der Pandemie nicht bezahlen könne. Viele Mitglieder würden zudem kündigen, weil sie ihre Dienstleistungen nicht mehr anbieten könne. Zu den unterschiedlichen Angaben betreffend die deklarierten Umsätze macht sie geltend, dass der deklarierte Umsatz für das Jahr 2020 von Fr. 130 502 dem Idealfall ohne Coronapandemie entsprechen würde.

5. Strittig ist somit, auf welche der von der Rekurrentin deklarierten Umsatzzahlen abgestellt werden kann. Anschliessend gilt es zu überprüfen, ob die Rekurrentin die Voraussetzungen nach Art. 3 ff. der Covid- 19-Härtefallverordnung (Stand 14. Januar 2021) für die Gewährung eines Beitrags erfüllt.

6. Damit einem Unternehmen Härtefallhilfe gewährt werden kann, muss es unter anderem belegen, dass es im Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 einen Umsatz von mindestens Fr. 50 000 erzielt hat und sein Jahresumsatz 2020 im Zusammenhang mit behördlich angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie unter 60% des durchschnittlichen Jahresumsatzes der Jahre 2018 und 2019 liegt (vgl. Art. 3 ff. Covid-19-Härtefallverordnung). Sinn und Zweck der Covid- 19-Härtefallgesetzgebung ist es aber, dass nur tatsächlich erzielte Umsätze berücksichtigt werden. Sofern ein Unternehmen zur Buchführung und zur Rechnungslegung nach Art. 957 ff. des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220) verpflichtet ist, ist zudem auf die aus der Jahresrechnung hervorgehenden Umsätze abzustellen. Dies, weil diese vollständig und wahrheitsgetreu sein müssen. Auch gelten die Regeln zur Buchführung und zur Rechnungslegung für alle Unternehmen gleichermassen, was zu einer gewissen Einheitlichkeit führt. Für die Berücksichtigung von hypothetischen Umsätzen bleibt hingegen kein Spielraum.

7. Vorliegend reichte die Rekurrentin verschiedene Gesuchzusammenfassungen mit unterschiedlichen Umsatzzahlen ein. In der Gesuchzusammenfassung vom 31. Mai 2021 deklarierte sie für die Jahre 2018/2019 einen durchschnittlichen Jahresumsatz von Fr. 54 882 bzw. Fr. 94 740. Für das Jahr 2020 machte sie einen Umsatz von Fr. 130 502 geltend. Gleiches hat sie in der Gesuchzusammenfassung vom 1. Juli 2021 vorgebracht. In der Gesuchzusammenfassung vom 19. Juli 2021 wurde für die Jahre 2018/2019 wieder ein Umsatz von Fr. 54 882 bzw. Fr. 94 740 deklariert, für das Jahr 2020 hingegen ein solcher von Fr. 40 515.50. Der von der Rekurrentin eingereichten Erfolgsrechnung für die Jahre 2018/2019 ist ebenfalls ein Umsatz von Fr. 54 882 zu entnehmen. Gemäss der Erfolgsrechnung 2020 wurde im Jahr 2020 ein Umsatz von Fr. 40 515.50 erzielt. Beim genannten Umsatz von Fr. 130 502 handelt es sich gemäss Angaben der Rekurrentin um einen hypothetischen Umsatz, welcher ohne die Pandemie hätte erzielt werden können. Der deklarierte Umsatz von Fr. 94 740 entspricht gemäss der Zusammenstellung der Rekurrentin dem Umsatz für die Zeit zwischen April 2019 und Dezember 2019. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen hypothetischen Umsatz, welcher hätte erzielt werden können, wenn alle verkauften Abonnemente auch in dieser Periode bezahlt worden wären. Auf diese hypothetischen Umsätze kann nicht abgestellt werden. Der aus der Erfolgsrechnung hervorgehende Umsatz kann hingegen berücksichtigt werden. Für die Berechnung der Umsätze der Rekurrentin sind daher für die Jahre 2018/2019 Fr. 54 882 und für das Jahr 2020 Fr. 40 515 zu berücksichtigen.

8. Gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. b der Covid-19-Härtefallverordnung muss ein Unternehmen im Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 einen Umsatz von mindestens Fr. 50 000 erzielt haben, um überhaupt als anspruchsberechtigt zu gelten. Gestützt auf den durchschnittlichen Umsatz der Jahre 2018 und 2019 sind dann auch die Beiträge, die dem gesuchstellenden Unternehmen zustehen, zu berechnen (Art. 8 Abs. 2 und 3 Covid-19-Härtefallverodnung). Für die Berechnung des massgebenden Umsatzes von Unternehmen, die nach dem 31. Dezember 2017 gegründet wurden, verweist Art. 8 Abs. 4 der Covid-19-Härtefallverordnung (Stand 14. Januar 2021) auf Art. 3 Abs. 2 der Covid-19-Härtefallverordnung. Dieser Artikel besagt, dass bei Unternehmen, welche die Geschäftstätigkeit auf den 1. Januar 2020 oder später aufnahmen oder welche 2018 oder 2019 gegründet wurden und darum die Geschäftsjahre überlang sind, als durchschnittlicher Umsatz nach Abs. 1 Bst. b der Umsatz, der zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 29. Februar 2020 erzielt wurde, berechnet auf zwölf Monate, als Berechnungsgrundlage herangezogen wird.

9. und 10. [Erläuterungen überlanges Geschäftsjahr]

11. a) Der Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 der Covid-19-Härtefallverordnung (Stand 14. Januar 2021) ist in Bezug auf die Frage, von welcher Zeitperiode für die Berechnung des massgeblichen durchschnittlichen Jahresumsatzes ausgegangen werden muss – Gründungsdatum oder Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit –, nicht eindeutig. Vielmehr sieht die Verordnung vor, dass der Umsatz, der zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 29. Februar 2020 erzielt wurde, «berechnet auf zwölf Monate», massgebend sei. Auch die Erläuterungen äussern sich nicht zu dieser Frage. Es wird lediglich festgehalten, dass in Abs. 2 geregelt werde, wie der Umsatz von Unternehmen zu berechnen sei, die in den Jahren 2018 und 2019 noch keinen Umsatz erzielt haben oder deren Geschäftsjahr wegen der Gründung in den Jahren 2018 und 2019 im einen oder anderen Jahr überlang sei (EFV, Erläuterungen COVID-19-Härtefallverordnung, Stand 20. Januar 2021, S. 5).

b) Am 1. April 2021 ist eine neue Formulierung von Art. 3 Abs. 2 der Covid-19-Härtefallverordnung in Kraft getreten. Darin wird für die Berechnung des massgeblichen Umsatzes ausdrücklich auf das Gründungsdatum und nicht auf das Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit abgestellt (vgl. Art. 3 Abs. 2 Covid-19-Härtefallverordnung, Stand 1. April 2021). Auch die Erläuterungen zur revidierten Fassung der Covid-19-Härtefallverordnung sprechen im Zusammenhang mit der Berechnung des massgeblichen Umsatzes klar vom Gründungsdatum (EFV, Erläuterungen COVID-19-Härtefallverordnung, Stand 31. März 2021, S. 6). Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hat demnach mit dieser Revision präzisiert, dass auf das Gründungsdatum abzustellen ist. Da sämtliche gesuchstellenden Unternehmen gleich zu behandeln sind und spätestens ab dem 1. April 2021 für die Berechnung des massgeblichen durchschnittlichen Umsatzes auf das Gründungsdatum abzustellen ist, ist die vor dem 1. April 2021 geltende Fassung der Covid-19-Härtefallverordnung im gleichen Sinn auszulegen und anzuwenden.

12. Gemäss Handelsregisterauszug wurde die Rekurrentin am 31. Mai 2018 gegründet. Es ist daher der Umsatz von der Gründung bis am 29. Februar 2020 für die Berechnung heranzuziehen und dann auf zwölf Monate zu berechnen. Der Erfolgsrechnung für die Jahre 2018 und 2019 ist zu entnehmen, dass der Umsatz der Rekurrentin Fr. 54 880 beträgt. Wie hoch der Umsatz für die Monate Januar und Februar 2020 ist, geht aus dieser Rechnung nicht hervor. Aus der Umsatzzusammenstellung der Rekurrentin ergibt sich aber, dass der Umsatz für den Monat Januar 2020 Fr. 7800 beträgt, für den Monat Februar 2020 Fr. 7420. Der Zeitraum ab dem Gründungsdatum vom 31. Mai 2018 bis zum 29. Februar 2020 umfasst 640 Tage. Selbst unter der Berücksichtigung der höheren Umsatzzahlen für die Monate Januar und Februar 2020 ergibt sich, dass die Rekurrentin für die Zeitspanne vom 31. Mai 2018 bis am 29. Februar 2020 einen Umsatz von Fr. 70 100 (Fr. 54 880 + Fr. 7800 + Fr. 7420) erzielte. Auf zwölf Monate (365 Tage) umgerechnet ergibt dies einen Umsatz von Fr. 39 978.90. Daraus ergibt sich, dass der nach Art. 3 Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 der Covid-19-Härtefallverordnung geforderte Mindestumsatz von Fr. 50 000 nicht erreicht wurde.

13. Offen gelassen werden kann die Frage, ob die Rekurrentin die restlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Beitrags erfüllt, insbesondere der strittige Punkt des genügenden Umsatzrückgangs.

14. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Rekurrentin aufgrund der vorliegenden Unterlagen keinen durchschnittlichen Umsatz von mindestens Fr. 50 000 in der Zeit zwischen der Gründung am 31. Mai 2018 und dem 29. Februar 2020, berechnet auf zwölf Monate, erzielte. Ein Beitrag kann daher unabhängig davon, welcher Anspruchsgruppe die Rekurrentin angehört, nicht gewährt werden. Der Rekurs ist daher abzuweisen.

15. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rekursverfahrens der Rekurrentin aufzuerlegen.

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