Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):
Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 21. Februar 2024 wies die Sekundarschulpflege X das Gesuch der Eltern A um Kostenübernahme für den Besuch der Berufswahlschule Y durch ihren Sohn B im 2. Semester ab 26. Februar 2024 ab. Sie führte aus, die Sekundarschule X sei nur dann zur Zahlung verpflichtet, wenn der Besuch der Berufswahlschule unmittelbar und nahtlos an die Sekundarschule erfolge. B habe die Sekundarschule im Juli 2023 abgeschlossen. Anschliessend habe er eine Lehre begonnen, diese aber abgebrochen. Die Familie habe sich daher entschlossen, B für das zweite Semester bei der Berufswahlschule anzumelden. Da die Sekundarschule eine Kreisgemeinde sei, sei sie nicht mehr zuständig, sobald die Sekundarschule abgeschlossen sei. Zuständig seien die Eltern oder die Wohngemeinde. Die Sekundarschule habe zudem weder einen Antrag auf Beschulung an der Berufswahlschule unterschrieben noch im Vorfeld genehmigt. Gegen diesen Beschluss liessen die Eltern A mit Eingabe vom 22. März 2024 Rekurs erheben. Sie beantragten Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Kostenübernahme für die Berufswahlschule Y.
Erwägungen:
1.
[Prozessgeschichte]
2.
Vorliegend ist nicht über eine Streitigkeit zwischen einer Schulgemeinde und einer politischen Gemeinde zu entscheiden, sondern es wurde eine Verfügung erlassen. Das verwaltungsrechtliche Klageverfahren kommt somit nicht zur Anwendung (§ 81 lit. a Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]; Jaag, in Griffel [Hrsg.], VRG-Kommentar, 3. A. 2014, § 81 N. 5).
Die Zuständigkeit des Bezirksrates zur Beurteilung des vorliegenden Rekurses ergibt sich aus § 75 Abs. 1 des Volksschulgesetzes vom 7. Februar 2005 (VSG; LS 412.100]. Die Rekurrenten sind durch den angefochtenen Entscheid berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an seiner Änderung oder Aufhebung, weshalb sie zum Rekurs legitimiert sind (§ 21 Abs. 1 VRG). Auf den fristgerecht eingegangenen Rekurs ist demnach einzutreten.
3.1
[Ausführungen der Sekundarschulpflege und der Rekurrenten]
3.2.1
Die Gemeinden stellen sicher, dass den dort wohnenden Schulabgängerinnen und Schulabgängern ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufsvorbereitungsjahren zur Verfügung steht. Sie können diese selbst anbieten oder durch Dritte anbieten lassen (§ 6 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 14. Januar 2008 [EG BBG; LS 413.31]). Für Berufsvorbereitungsjahre erheben die Gemeinden, der Kanton oder die von ihm beauftragten Dritten von den Lernenden ein Schulgeld von höchstens Fr. 1'500.00 pro Semester. In Härtefällen können sie auf Gesuch hin das Schulgeld ganz oder teilweise erlassen (§ 44 Abs. 1 EG BBG). Der Kanton leistet Kostenanteile an die Berufsvorbereitungsjahre (§ 36 Abs. 2 EG BBG). Die Gemeinden übernehmen für die Lernenden, die in ihrer Gemeinde stipendienrechtlichen Wohnsitz haben, die Kosten, die nach Abzug der Kostenanteile des Kantons und der Eltern verbleiben (§ 13a Verordnung über die Finanzierung von Leistungen der Berufsbildung vom 24. November 2010 [VFin BBG; LS 413.312]).
Gemäss § 1 der Verordnung über die Zulassungsvoraussetzungen und die Abschlussbeurteilung der Berufsvorbereitungsjahre vom 9. Dezember 2013 (Verordnung über die Zulassungsvoraussetzungen; LS 413.311.1) werden Jugendliche in ein Berufsvorbereitungsjahr zugelassen, welche die obligatorische Schulzeit abgeschlossen haben (lit. a), nicht älter sind als 17 Jahre oder nahtlos an die Volksschule in das Berufsvorbereitungsjahr übertreten (lit. b.2), und aufgrund individueller Bildungsdefizite noch nicht fähig sind, eine Lehrstelle anzutreten (lit. c).
Bewerberinnen und Bewerber für das Berufsvorbereitungsjahr reichen ihr Aufnahmegesuch frühestens ab dem 1. April des Jahres, in dem das betreffende Berufsvorbereitungsjahr beginnt, bei der von der Wohnsitzgemeinde bezeichneten Stelle ein (§ 3 Verordnung über die Zulassungsvoraussetzungen). Die Gemeinden vereinbaren mit den von ihnen beauftragten anbietenden Organisationen die Einzelheiten des Aufnahmeverfahrens (§ 9a Verordnung zum EG BBG vom 8. Juli 2009 [VEG BBG; LS 413.311]).
Die anbietende Organisation prüft, ob Bewerberinnen und Bewerber die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Sie berücksichtigt dabei die Ergebnisse der in der Volksschule durchgeführten Standortbestimmungen. Sie entscheidet über die Aufnahme in ein Berufsvorbereitungsjahr und die Zuteilung zu einem Angebotstyp (§ 9 VEG BBG). Die anbietende Organisation teilt der Bewerberin oder dem Bewerber den Entscheid über die Aufnahme mit (§ 9b Abs. 1 VEG BBG).
3.2.2
Bei der Berufswahlschule Y läuft das Anmeldeverfahren wie folgt ab: Zunächst muss die Schülerin oder der Schüler bei der Berufswahlschule Y das Online-Anmeldeformular ausfüllen, das Aufnahmegesuch ausfüllen, die Anmeldegebühr von Fr. 200.00 bezahlen, und alle Anmeldeunterlagen inklusive sämtlicher Beilagen zusammenstellen. Sodann müssen die Anmeldeunterlagen an die Klassenlehrperson abgegeben werden, welche die Anmeldung vorprüft und die Erfüllung der Zulassungskriterien im Sinne einer Empfehlung bestätigt. Falls durch die Klassenlehrperson (Schulleitung) der Sekundarschule kein berufswahlspezifisches Bildungsdefizit bestätigt werden kann, kann ersatzweise eine schriftliche Empfehlung des biz als Beleg für ein berufswahlspezifisches individuelles Bildungsdefizit beigebracht werden. Anschliessend werden die Anmeldeunterlagen an die (Schul-)Gemeinde weitergeleitet. Die Instanz der Wohngemeinde bestätigt die Anmeldung, die Empfehlung der Aufnahme sowie die Übernahme der Gemeindekosten. Schliesslich müssen die vollständigen Anmeldeunterlagen an die Berufswahlschule Y eingesandt werden.
3.3.1
Wie sich aus §§ 9 und 9b VEG BBG ergibt, ist es Sache der anbietenden Organisation, d.h. der Berufswahlschule Y, darüber zu entscheiden, ob ein Bewerber die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt oder nicht, und ob er an die Berufswahlschule aufgenommen werden kann oder nicht (vgl. oben 3.2.1). Die zuweisende Gemeinde ist dagegen nicht befugt, einen Zulassungsentscheid zu fällen. Bei der Prüfung durch die Klassenlehrperson (bzw. durch das biz) handelt es sich lediglich um eine Vorprüfung bzw. eine Empfehlung. Bei einer solchen Einschätzung handelt es sich nicht um einen Entscheid, sondern um eine Art Amtsbericht oder Gutachten, mithin um ein Beweismittel, welches die Berufswahlschule bei der Sekundarschule der Gemeinde (bzw. dem biz) einholt und bei ihrem Entscheid betreffend Zulassung frei zu würdigen hat (§ 7 VRG).
Die Ausführungen der Sekundarschulpflege dazu, wie es zur Empfehlung des biz gekommen ist, und zur bisherigen Schullaufbahn von B sind damit nicht beachtlich. B konnte das zweite Semester der Berufswahlschule Y am 26. Februar 2024 antreten, woraus sich ergibt, dass die Berufswahlschule Y einen positiven Aufnahmeentscheid gefällt hat. Dieser kann von der Sekundarschulpflege nicht hinterfragt werden.
3.3.2
Zur Frage, welche Gemeinde – die politische Gemeinde oder die Schulgemeinde – die Kosten zu tragen hat, äussern sich die kantonalen Rechtsgrundlagen nicht ausdrücklich. Es ist lediglich von «die Gemeinde» die Rede. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass gemäss dem früheren § 68 VSG die Schulgemeinde zuständig war zur Einführung eines Berufswahljahres (vgl. VGr, 28. August 2002, VK.2001.5, E. 5a). Aus der Homepage der Berufswahlschule Y ist zudem ersichtlich, dass die Sekundarschule X (wie auch andere Sekundarschulgemeinden) Partnergemeinde der Berufswahlschule Y ist. Sie bezahlt denn auch nach eigenen Angaben jeweils die Schulkosten für die Berufswahlschule, wenn Schülerinnen und Schüler direkt nach der Sekundarschule an die Berufswahlschule übertreten.
Das Argument, die Sekundarschule X sei nur für die obligatorische Volksschulpflicht zuständig, verfängt ebenfalls nicht. Vielmehr sieht § 6 Abs. 1 EG BBG ausdrücklich vor, dass die Gemeinden ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufsvorbereitungsjahren zur Verfügung stellen. Sodann sind die Schülerinnen und Schüler, die direkt nach der Sekundarschule an die Berufswahlschule übertreten, ebenfalls nicht mehr volksschulpflichtig, und bei diesen Schülerinnen und Schülern übernimmt die Sekundarschule X die Schulkosten für die Berufswahlschule.
Nachdem § 1 der Verordnung über die Zulassungsvoraussetzungen ausdrücklich auch einen nicht nahtlosen Übergang von der Sekundarschule in die Berufswahlschule zulässt, sofern der betreffende Schüler nicht älter als 17 Jahre ist, ist es auch nicht von Belang, dass B erst nach einem Unterbruch von einem Semester das 2. Semester der Berufswahlschule Y angetreten hat. Dies könnte höchstens allenfalls dann von Bedeutung sein, wenn ein Schüler nach Beendigung der Sekundarschule den Wohnsitz wechselt und dann von der neuen Gemeinde die Übernahme der Kosten verlangt. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, hat doch B nach Angabe der Schulpflege die Sekundarschule X besucht.
Schliesslich kann die Sekundarschulpflege auch nichts daraus ableiten, dass es sich bei der Sekundarschulgemeinde X um eine Kreisgemeinde handelt. Schulgemeinden können nach § 3 Abs. 1 des Gemeindegesetzes vom 20. April 2015 (GG; LS 131.1) das Gebiet mehrerer politischer Gemeinden umfassen. […] Für die Mitgliedschaft in einer Schulgemeinde ist der Wohnsitz einziges Kriterium (Reich, in Jaag/Rüssli/Jenni [Hrsg.], Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, 2017, § 3 N. 4). Es ist unbestritten, dass B Wohnsitz in Z, d.h. auf dem Gebiet der Schulgemeinde X, hat.
Damit ist die Sekundarschulgemeinde X zuständig zur Übernahme der Kosten, die nach Abzug der Kostenanteile des Kantons und der Eltern verbleiben (§ 13a VFin BBG). In diesem Sinne ist der Rekurs gutzuheissen.
4.
[Kostenfolgen]
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