0436

Entscheidinstanz
Bezirksräte
Geschäftsnummer
SO.2020.35
Entscheiddatum
14. Juli 2022
Rechtsgebiet
Sozialhilfe
Stichworte
Sozialhilfe Wirtschaftliche Hilfe Existenzminimum Rückerstattungspflicht Klientenkontoabrechnung Anspruch auf rechtliches Gehör
Verwendete Erlasse
§ 14 SHG § 15 Abs. 1 SHG § 27 Abs. 1 lit. a SHG § 27 Abs. 1 lit. b SHG § 16 SHV § 17 SHV Art. 29 Abs. 2 BV
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Nach § 27 Abs. 1 SHG kann rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe nebst anderem dann zurückgefordert werden, wenn der Hilfeempfänger rückwirkend Leistungen von Sozial- oder Privatversicherungen erhält oder aus Erbschaft, Lotteriegewinn oder anderen nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführenden Gründen in finanziell günstige Verhältnisse gelangt. Die Rekurrentin erhielt Taggelder der Arbeitslosenversicherung, welche die Ausgaben der Sozialen Dienste überstiegen, sowie eine Erbschaft, wodurch sie nach Abzug des Freibetrages von Fr. 40'000 in finanziell günstige Verhältnisse geriet. Damit erweist sich sowohl der Schlusssaldo der Klientenkontoabrechnung als korrekt als auch die Rückerstattungsverpflichtung als rechtmässig. Die dagegen gerichteten Rekurse werden abgewiesen.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:
A wurde von September bis Dezember 2018 durch die Sozialen Dienste der Stadt X mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Am 23. November 2018 wurde für die Zeit vom 1. September 2018 bis 30. November 2018 eine Klientenkontoabrechnung erstellt, die einen Schlusssaldo zu Gunsten von A in Höhe von Fr. 154.65 auswies. Dagegen verlangte A Neubeurteilung und beantragte die Auszahlung von Fr. 5'369.65. Die Sozialbehörde der Stadt X wies das Begehren um Neubeurteilung mit Entscheid Nr. […] vom 11. Juni 2020 ab. Mit Verfügung der Stellenleitung des Sozialzentrums Y der Stadt X vom 15. Januar 2019 wurde A sodann gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b des Sozialhilfegesetzes vom 14. Juni 1981 (SHG; LS 851.1]) zur Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe im Betrag von Fr. 7'423.85 verpflichtet. Weiter wurde A zur Rückerstattung von KVG-Prämien verpflichtet. Die Beträge wurden für sofort fällig erklärt. Das dagegen erhobene Begehren um Neubeurteilung hiess die Sozialbehörde der Stadt X mit Entscheid Nr. […] vom 11. Juni 2020 teilweise gut, soweit sie darauf eintrat. In Bezug auf die Rückerstattungsverpflichtung wurde das Begehren abgewiesen und A weiterhin zur Rückerstattung von Fr. 7'423.85 verpflichtet. In Bezug auf die KVG-Prämien wurde das Begehren gutgeheissen und die Rückerstattungsverpflichtung aufgehoben. Gegen diese Entscheide vom 11. Juni 2020 erhob A (nachfolgend: Rekurrentin) mit Eingabe vom 12. Juli 2020 Rekurs und beantragte sinngemäss, die Aufhebung des Entscheids Nr. […] vom 11. Juni 2020 und Auszahlung von Fr. 5'369.65 sowie die Aufhebung der mit Entscheid Nr. […] beschlossenen Rückerstattungsverpflichtung.

Mit separaten Vernehmlassungen vom 13. August 2020 beantragte die Sozialbehörde der Stadt X (nachfolgend: Rekursgegnerin) die vollumfängliche Abweisung des Rekurses. Die Rekurrentin äusserte sich hierzu nicht mehr. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich überwies mit Verfügung vom 24. August 2020 ihre Akten zuständigkeitshalber an den Bezirksrat, nachdem es auf die Beschwerde mangels schutzwürdigen Interesses und sachlicher Zuständigkeit nicht eingetreten war. Das Verfahren ist spruchreif. Die Begründungen der Parteien werden, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen wiedergegeben.

Erwägungen:

2.
2.1.
[Prozessvoraussetzungen]

2.2
Der Gegenstand des vorliegenden Rekursverfahrens beschränkt sich auf die Klientenkontoabrechnung für die Zeit von September 2018 bis November 2018 bzw. die Rückerstattungen im Zusammenhang mit nachträglich eingegangenen Taggeldern der Arbeitslosenversicherung sowie einer erhaltenen Erbschaft. Auf die unsubstantiierten Vorwürfe und Beanstandungen gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, den Sozialen Diensten der Stadt X sowie weiteren Drittpersonen, insbesondere im Zusammenhang mit einer angeblichen Entführung des Sohnes der Rekurrentin, ist deshalb nicht näher einzugehen. Auf allfällige Genugtuungs- und Schadenersatzforderungen ist somit ebenfalls nicht einzutreten. Diese wären – nach Durchführung des Vorverfahrens gemäss § 22 des Haftungsgesetzes – beim zuständigen Gericht einzuklagen.

2.3
Weiter wies die Rekursgegnerin zurecht darauf hin, dass die Sozialhilfe von der öffentlichen Hand finanziert wird, was notorisch ist. Anderes hätte die Rekurrentin zu beweisen. Entsprechend kann die unbegründete und nicht nachvollziehbare Behauptung der Rekurrentin, wonach das Geld für die ihr ausbezahlte Sozialhilfe aus ihrem Trust stamme, was ihr Heimatschein und die AHV-Nummer beweisen würden, unbeachtlich bleiben.

2.4
Die offensichtlich in Vertretung von B erfolgte Unterschrift ist nicht zu beanstanden.

2.5
Im Übrigen ist auf den fristgerecht eingereichten Rekurs einzutreten […].

3. Klientenkontoabrechnung [Entscheid Nr. …]
3.1
Wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familien¬angehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, hat Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe (§ 14 SHG i. V. m. § 16 der Verordnung zum Sozialhilfegesetz vom 21. Oktober 1981 [SHV; LS 851.11]). Diese soll das Existenzminimum gewährleisten, das neben den üblichen Auf¬wendun¬gen für den Lebensunterhalt auch individuelle Bedürfnisse angemes¬sen berücksichtigt (§ 15 Abs. 1 SHG). Grundlage für die Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe bilden die Richtlinien der Schweizerischen Konfe¬renz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien, § 17 SHV).

Nach § 27 Abs. 1 lit. a SHG kann rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn der Hilfeempfänger rückwirkend Leistungen von Sozial- oder Privatversicherungen oder von haftpflichtigen oder anderen Dritten erhält, entsprechend der Höhe der in der gleichen Zeitspanne ausgerichteten wirtschaftlichen Hilfe. Nachträglich eingehende Leistungen dürfen somit nur dann zu einer Rückforderung von zuvor ausgerichteter Sozialhilfe führen, wenn sie sich auf denselben Zeitraum beziehen (Subsidiaritätsprinzip; Sozialhilfehandbuch des Kantons Zürich [Sozialhilfehandbuch], Kap. 15.2.02 Ziff. 2, abrufbar unter http://www.sozialhilfe.zh.ch).

3.2
Eine (Schluss-)Abrechnung muss transparent, periodengerecht und nachvollziehbar sein, damit die betroffene Person sowie allfällig angerufene Rechtsmittelinstanzen diese auch auf ihre Korrektheit überprüfen zu können. Entgegen dem Hinweis der Rekursgegnerin in ihrer Erwägung Ziff. 4 hat eine Klientenkontoabrechnung deshalb nicht nur summarische Auskunft zu geben. Der Verweis auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme beim Quartierteam sowie der blosse Hinweis auf die Zuständigkeit des Quartierteams zur Erläuterung und Erklärung genügten somit nicht und würden den verfassungs¬rechtlichen Anspruch der Rekurrentin auf Begründung verletzen (Art. 29 Abs. 2 BV; Anspruch auf rechtliches Gehör). Mit Verweis auf die detaillierte Begründung der Rekursgegnerin in Erwägung Ziff. 7 des angefochtenen Entscheids – welche nachfolgend in Erwägung Ziff. 3.3 wiedergegeben wird – kann eine allfällige Gehörsverletzung ihrer Vorinstanz jedoch als geheilt betrachtet werden.

3.3
Im September 2018 betrugen die Ausgaben der Sozialen Dienste für die Rekurrentin insgesamt Fr. 4'147.20. Da die Rekurrentin in diesem Monat keine Einnahmen hatte, hat sie hier keinen Betrag zurückzuerstatten.

Im Oktober 2018 beliefen sich die Ausgaben der Sozialen Dienste ebenfalls auf Fr. 4'147.20. Gleichzeitig stehen diesen Ausgaben Einnahmen der Rekurrentin aus der Arbeitslosen¬versicherung in der Höhe von 652.40 entgegen. Die Rekursgegnerin verpflichtete die Rekurrentin folglich zurecht gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. a SHG zur Rückerstattung dieser Einnahmen in der Höhe von Fr. 652.40. Wie die Rekursgegnerin die Rekurrentin zurecht darauf hinwies, erfolgt hier keine Auszahlung von Arbeitslosentaggeldern, da die Ausgaben der Sozialen Dienste für die Sozialhilfe höher waren.

Im November 2018 betrugen die Ausgaben der Sozialen Dienste insgesamt Fr. 4'962.60 (Fr. 5'189.20 abzüglich Einnahmen KK VVG). Gleichzeitig erhielt die Rekurrentin von der Arbeitslosenversicherung Taggelder im Umfang von Fr. 5'117.25. Da die Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung die Ausgaben der Sozialen Dienste übersteigen, hat die Rekurrentin gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. a SHG den gesamten Ausgabenbetrag von Fr. 4'962.60 zurückzuerstatten. Die Differenz zwischen der erhaltenen Taggeldzahlung und den zurückzuerstattenden Ausgaben im Umfang Fr. 154.65 (= Fr. 5117.25 – Fr. 4'962.60) hat die Rekursgegnerin der Rekurrentin sodann auszuzahlen.

Die Klientenkontoabrechnung der Sozialen Dienste, insbesondere der Schlusssaldo zugunsten der Rekurretin in der Höhe von Fr. 154.65, erweist sich somit – wie die Rekursgegnerin bereits zutreffend feststellte – als korrekt.

3.4
Die Rekurrentin verlangt von den Sozialen Diensten die Auszahlung von diversen Beträgen aus «Arbeitsaufwand». Die Rekursgegnerin bemängelt zurecht die fehlende rechtliche Grundlage. Weiterhin sind diese Forderungen weder begründet noch belegt, weshalb sie auch im vorliegenden Verfahren unbeachtlich bleiben können.

3.5
Der Rekurs gegen den Entscheid Nr. […] ist folglich abzuweisen.

4. Rückerstattungsverpflichtung [Entscheid Nr. ...]
4.1
Nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG kann rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn der Hilfeempfänger aus Erbschaft, Lotteriegewinn oder anderen nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführenden Gründen in finanziell günstige Verhältnisse gelangt. Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen ist im Übrigen auf die zutreffende Begründung der Rekursgegnerin hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen einer Rückerstattung gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG zu verweisen. Dabei ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Freibeträge nach der damals gültigen Version der SKOS-Richtlinien (SKOS-Richtlinien 12/10) bemessen und entsprechend die aktuellen höheren Freibeträge nicht zur Anwendung gelangen.

4.2
Die Rückerstattungsverpflichtung begründet die Rekursgegnerin damit, dass gemäss Unterstützungsakten der Anteil der Rekurrentin am Erbe der am 21. Oktober 2017 verstorbenen C Fr. 104'367.00 betragen habe (Anmerkung: Der erwähnte Anteil beträgt korrekterweise Fr. 104'366.97; die Aufrundung kann aber vorliegend ohne weitere Bedeutung bleiben). Nach Abzug des Freibetrages von Fr. 40'000.00 (= Fr. 25'000.00 für die Rekurrentin als Einzelperson und Fr. 15'000.00 für ihren Sohn, welcher damals noch bei ihr lebte) sei die Rekurrentin durch die Erbschaft in finanziell günstige Verhältnisse im Umfang von Fr. 64'367.00 gelangt. Gemäss dem Klientenkontoauszug der Sozialen Dienste bestünden bei der Rekurrentin für die Zeit von 1. September 2018 bis 31. Dezember 2018 ungedeckte Sozialhilfeauslagen im Umfang von Fr. 7'423.85. Diese Sozialhilfeleistungen seien innert 15 Jahren seit Erlass der Rückerstattungsverfügung der Stellenleitung vom 15. Januar 2019 bezogen worden. Diesen zutreffenden Ausführungen hält die Rekurrentin nichts von Substanz entgegen. Die Rekursgegnerin verpflichtete die Rekurrentin deshalb gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG zurecht zur Rückerstattung von Fr. 7'423.85.

5.
Der Rekurs gegen den Entscheid Nr. […] ist folglich abzuweisen.

6.
Verfahrenskosten sind keine zu erheben (§ 10 der Gebührenordnung für die Ver-waltungsbehörden).

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