Zusammenfassung
(verfasst von der Bezirksratskanzlei):
Der Gemeinderat der Stadt Zürich bewilligte am 5. April 2023 einen Rahmenkredit von 2,4 Millionen Franken für ein dreijähriges Pilotprojekt zur Schaffung einer «Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus». Sodann bewilligter er gleichentags einen weiteren Rahmenkredit von 3 Millionen Franken für ein dreijähriges Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» für Personen, die keinen risikofreien Zugang zur Sozialhilfe haben. Zudem wurde beschlossen, dass die Auszahlung der Beträge über zivilgesellschaftlichen Fachorganisationen erfolgen soll. Im Rahmen einer dagegen eingereichten Aufsichtsbeschwerde beantragte der Anzeigeerstatter die Aufhebung der Beschlüsse des Gemeinderats. Der Bezirksrat erwog die Vereinbarkeit mit übergeordnetem Kantons- und Bundesrecht im Bereich der Sozial- und Nothilfe respektive im Asyl- und Ausländerbereich. Die Rechtsansprüche auf Hilfe in Notlagen werden im Sozialhilfegesetz bzw. in der Nothilfeverordnung abschliessend geregelt. Es besteht daher keine Autonomie der Gemeinde eine weitere bzw. anderslautende Anspruchsgrundlage auf Hilfe in Notlagen zu schaffen. Gestützt auf die Kompetenzgrundlage von Art. 111 Abs. 3 KV ZH ist die Gemeinde grundsätzlich befugt, Hilfe zur kollektiven Selbsthilfe zu leisten, was Beiträge an Hilfsorganisationen miteinschliessen könne. Die Ausrichtung von Unterstützungsbeiträgen an Fachorganisationen verknüpft mit dem konkreten Leistungsauftrag diese Gelder an ausländische Personen ohne Aufenthaltsrecht bzw. an ausländische Personen mit gültigem Aufenthaltsstatus und ohne risikofreien Zugang zur Sozialhilfe auszuzahlen, verletzt bzw. umgeht ausländerrechtliche Meldepflichten und vereitelt insbesondere die Durchsetzung von übergeordneten Bundesrecht.
Anonymisierter Entscheidtext:
Der Bezirksrat stellt fest und erwägt:
1.
1.1
Mit Beschluss Nr. 1651 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 wurde die Parlamentarische Initiative GR Nr. 2022/144 betreffend Rahmenkredit für ein dreijähriges Pilotprojekt zur Schaffung einer Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus, wie folgt beschlossen (act. 2/2, S. 7):
1. Um Notlagen zu vermeiden, wird gestützt auf Artikel 12 der Bundesverfassung ein Rahmenkredit von 2.4 Millionen Franken für ein dreijähriges Pilotprojekt zur Schaffung einer Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus bewilligt.
2. Die Auszahlung von Beiträgen wird zivilgesellschaftlichen Fachorganisationen übertragen, mit denen Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden.
3. Überbrückungshilfe beziehende Personen leben seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz und seit mindestens zwei Jahren in der Stadt Zürich.
4. Für die Auszahlung von Leistungen gelten folgende Richtlinien:
a) Die Überbrückungshilfe ist tiefer angesetzt als die Sozialhilfe. Sie orientiert sich an den Ansätzen der Asylfürsorge.
b) Die Unterstützung dient der Überbrückung von Notsituationen und ist auf sechs Monate beschränkt.
5. Dem Stadtrat wird die Kompetenz erteilt, weitere Voraussetzungen und Kriterien für den Bezug von Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus festzulegen, über die Aufteilung des Rahmenkredits auf Transferleistungen, Prozess- und Beratungskosten und eine externe Evaluation sowie über die einzelnen Objektkredite Beschluss zu fassen.
Mit Beschluss Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 wurde zudem die Parlamentarische Initiative GR Nr. 2022/145 betreffend Rahmenkredit für ein dreijähriges Pilotprojekt Wirtschaftliche Basishilfe für Ausländerinnen und Ausländer mit gültigem Aufenthaltsstatus, die keinen risikofreien Zugang zur Sozialhilfe haben, wie folgt beschlossen (act. 2/3, S. 6):
1. Gestützt auf das Sozialhilfegesetz § 1 Absatz 2 wird für ein dreijähriges Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe für Ausländerinnen und Ausländer mit gültigem Aufenthaltsstatus, die keinen risikofreien Zugang zur Sozialhilfe haben», ein Rahmenkredit von drei Millionen Franken bewilligt.
2. Die Auszahlung von Beiträgen wird zivilgesellschaftlichen Fachorganisationen übertragen, mit denen Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden.
3. Wirtschaftliche Basishilfe beziehende Personen leben seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz und seit zwei Jahren in der Stadt Zürich.
4. Für die Auszahlung von Leistungen gelten folgende Kriterien:
a) Die wirtschaftliche Basishilfe ist tiefer angesetzt als die Sozialhilfe. Sie orientiert sich an den Ansätzen der Asylfürsorge.
b) Die Unterstützung ist auf sechs Monate beschränkt.
5. Dem Stadtrat wird die Kompetenz erteilt, weitere Voraussetzungen und Kriterien für den Bezug von wirtschaftlicher Basishilfe festzulegen, über die Aufteilung des Rahmenkredits auf Transferleistungen, Prozess- und Beratungskosten, eine externe Evaluation sowie über die einzelnen Objektkredite Beschluss zu fassen.
1.2
Mit Eingabe vom 9. Juni 2023 reichte A. (nachfolgend Anzeigeerstatter), vertreten durch Rechtsanwalt B., eine Aufsichtsbeschwerde gegen die genannten Beschlüsse des Gemeinderats der Stadt Zürich (nachfolgend Anzeigegegner) mit folgenden Anträgen ein (act. 1):
«1. Es sei ein aufsichtsrechtliches Verfahren gegen den Beschwerdegegner zu eröffnen;
2. Es sei der Beschluss-Nr. 1651 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 betreffend GR Nr. 2022/144 vollumfänglich aufzuheben;
3. Es sei der Beschluss-Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 betreffend GR Nr. 2022/145 vollumfänglich aufzuheben.»
Zudem stellt der Anzeigeerstatter folgende prozessualen Anträge:
«Es sei die Inkraftsetzung des Beschlusses-Nr. 1651 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 betreffend GR Nr. 2022/144 und des Beschlusses-Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 betreffend GR Nr. 2022/145 sowie der Vollzug dieser Beschlüsse für die Dauer des vorliegenden aufsichtsrechtlichen Beschwerdeverfahren zu verbieten.
Alles unter Kostenfolgen zu Lasten des Beschwerdegegners.»
1.3
Mit Präsidialverfügung vom 13. Juni 2023 wurde dem Anzeigegegner die Aufsichtsbeschwerde zur Stellungnahme zugestellt (act. 3).
1.4
Mit Eingabe vom 26. Juni 2023 verzichtete der Gemeinderat der Stadt Zürich, vertreten durch Rechtsanwalt C. und Rechtsanwältin D., auf eine Stellungnahme zum gegnerischen Prozessantrag, mit dem Hinweis, dass die Beschlüsse des Gemeinderats der Stadt Zürich betreffend GR 2022/144 und GR 2022/145 bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens nicht vollzogen würden (act. 5). Das Schreiben wurde dem Anzeigeerstatter mit Präsidialverfügung vom 29. Juni 2023 zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 7).
1.5
Mit Eingabe vom 11. August 2023 erfolgte seitens des Anzeigegegners innert erstreckter Frist eine Stellungnahme in der Sache, wobei er die vollumfängliche Abweisung der Aufsichtsbeschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Anzeigeerstatters, beantragt (act. 8, act. 11).
1.6
Mit Eingabe vom 18. September 2023 replizierte der Anzeigeerstatter (act. 14), woraufhin der Anzeigegegner am 2. November 2023 eine weitere Stellungnahme hierzu einreichte (act. 17).
1.7
Das fakultative Referendum wurde bei beiden Beschlüssen nicht ergriffen (act. 12/12, act. 12/24).
2.
2.1
Gemäss § 163 Gemeindegesetz vom 20. April 2015 [GG] unterstehen die Gemeinden der allgemeinen Aufsicht durch die Bezirksräte (und des Regierungsrats). Nach § 167 GG greift die kantonale Aufsichtsbehörde auf Anzeige hin oder von Amtes wegen ein, wenn Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen oder die ordnungsgemässe Führungs- oder Verwaltungstätigkeit auf andere Weise gefährdet ist. Dies gilt sogar dann, wenn sich ein kommunaler Akt demokratisch, sprich in Versammlungsgemeinden durch Annahme einer Volksabstimmung bzw. in Parlamentsgemeinden durch einen entsprechenden Beschluss des Gemeindeparlaments – wie vorliegend – legitimiert, da auch der kommunale Souverän nur im Rahmen der Rechtsordnung von Bund und Kanton Beschlüsse fassen darf (Tobias Jaag/Markus Rüssli, Staats- und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 5. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2019, Rz. 2820). Bei der Aufsichtsanzeige handelt es sich nicht um ein formelles Rechtsmittel zwecks Individualrechtsschutz, sondern um einen formlosen Rechtsbehelf, welcher sich am allgemeinen öffentlichen Interesse der Gesetzmässigkeit des Verwaltungshandelns orientiert. Der anzeigeerstattenden Person kommt keine Parteistellung zu (Anja Martina Binder, Verwaltungsrechtspflege des Kantons Zürich, Zürich/St. Gallen 2021, Rz. 975 ff.; David Chaksad, Die verwaltungsrechtliche Aufsichtsanzeige, Diss., Zürich/Basel/Genf 2015, Ziff. 4.1, Ziff. 4.7, Ziff. 5.2; Lorenzo Marazzotta/Mischa Morgenbesser in: Jaag/Rüssli/Jenni [Hrsg.], Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, Zürich/Basel/Genf 2017, § 167 N 8 f.; Tobias Jaag/Markus Rüssli, a.a.O., Rz. 2026 und 2818a). Der Klarheit halber ist das Rubrum entsprechend abzuändern und die vormals verwendeten Bezeichnungen Beschwerdeführer bzw. Beschwerdegegner mit Anzeigeerstatter und Anzeigegegner zu ersetzen.
2.2
Ein aufsichtsrechtliches Einschreiten rechtfertigt sich nur bei Vorliegen eindeutiger Rechtsverletzungen. Nicht hingegen dann, wenn eine Gesetzesauslegung zwar nicht gebilligt, aber mit guten Gründen für vertretbar gehalten wird. Bei einfachen Rechtsverletzungen darf der Bezirksrat als Aufsichtsbehörde gemäss § 167 GG folglich nicht einschreiten (Markus Rüssli in: ZBl 120/2019 S. 171, 183 ff. m.w.H.; Lorenzo Marazzotta/Mischa Morgenbesser in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, a.a.O., § 167 N 2, N 8 f.).
Sind die Voraussetzungen gemäss § 167 GG gegeben, kann die kantonale Aufsichtsbehörde nach § 168 Abs. 1 GG insbesondere Weisungen erteilen (lit. a), vorsorgliche Massnahmen treffen (lit. b), widerrechtliche Anordnungen, Beschlüsse und Erlasse aufheben (lit. c), Ersatzanordnungen und Ersatzvornahmen treffen (lit. d), Ordnungsbussen aussprechen (lit. e) sowie ein Behördenmitglied, das Amtspflichten wiederholt oder schwerwiegend verletzt, vorübergehend im Amt einstellen oder des Amtes entheben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt (lit. f).
2.3
Der Vollständigkeit halber ist mit Blick auf § 168 Abs. 1 lit. b GG festzuhalten, dass aufgrund des Hinweises des Anzeigegegners, die Beschlüsse Nr. 1651 und Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens nicht zu vollziehen (act. 5), sich die Notwendigkeit einer vorgängigen summarischen Prüfung in Bezug auf ein (allfälliges) vorsorgliches Einschreiten des Bezirksrats sogleich erübrigte.
3.
3.1
Bei den beiden Gemeinderatsbeschlüssen der Stadt Zürich Nr. 1651 «Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus» (nachfolgend Überbrückungshilfe) und Nr. 1652 «Wirtschaftliche Basishilfe für Ausländerinnen und Ausländer mit gültigem Aufenthaltsstatus ohne risikofreien Zugang zur Sozialhilfe» (nachfolgend Wirtschaftliche Basishilfe), handelt es sich jeweils um ein auf drei Jahre befristetes Pilotprojekt mit einem bewilligten Rahmenkredit von Fr. 2.4 Mio. bzw. Fr. 3 Mio. Die Pilotprojekte bezwecken zusammengefasst die kurzzeitige finanzielle Unterstützung von vulnerablen Personengruppen in prekären wirtschaftlichen Lebenssituationen, welche insbesondere aufgrund von tatsächlichen oder befürchteten migrationsrechtlichen Konsequenzen nicht aus ihrer wirtschaftlichen Notlage herausfinden und sich nicht an staatliche Stellen wenden. Speziell prekär sei hierbei die Situation von Sans-Papiers, welche ohne rechtlichen Schutz lebten und arbeiteten und oftmals der Willkür von Vermietern und Arbeitgebern ausgesetzt seien. Nach dem Prinzip der kurzfristigen Hilfe zur Selbsthilfe soll zur Stabilisierung der Lebenslage beigetragen werden, indem die Betroffenen akute Notsituationen durch den Bezug von Wirtschaftlicher Basishilfe bzw. Überbrückungshilfe ausgleichen könnten. Die Auswertungen der Pilotprojekte sollen Grundlagen für einen Entscheid über eine definitive Einführung einer wirtschaftlichen Basishilfe und Überbrückungshilfe bilden (s. act. 2/2 S. 1 f., act. 2/3 S. 1 f., act. 2/6, act. 2/7, act. 2/10, act. 2/11).
Bereits mit Stadtratsbeschluss Nr. 690/2021 wurde im Jahr 2021 gestützt auf die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie bzw. der Tatsache, dass staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure einen starken Zulauf hilfesuchender Menschen erfahren hatten, das Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» für dieselben Personengruppen initiiert. Mit Bezirksratsbeschluss vom 9. Dezember 2021 wurde infolge einer hiergegen erhobenen Aufsichtsanzeige der stadträtliche Beschluss von der hiesigen Behörde aufgehoben (Bezirksratsbeschluss vom 9. Dezember 2021, GE.2021.47, publ.). Der entsprechende Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen.
3.2
3.2.1
Der Anzeigeerstatter rügt in seinem Antrag auf vollumfängliche Aufhebung der gegenständlichen Beschlüsse im Wesentlichen, dass sowohl der Beschluss Nr. 1651 als auch der Beschluss Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich in mehrfacher Hinsicht gegen übergeordnetes Recht verstossen würden. Namentlich gegen die bundesrechtliche Kompetenzordnung auf dem Gebiet des Ausländer- und Asylrechts sowie gegen die kantonale Kompetenzordnung auf dem Gebiet der Sozialhilfe. Es liege seitens des Anzeigegegners damit eine klare Kompetenzüberschreitung vor. Die finanziellen Unterstützungsansprüche von Personen, welche in den persönlichen Anwendungsbereich der vorliegend beanstandeten Beschlüsse fielen, seien bereits abschliessend durch das Bundes- und Kantonsrecht geregelt, weshalb der Gemeinde diesbezüglich keine Autonomie zukomme. Hinsichtlich der «Überbrückungshilfe» für Sans-Papiers (Beschluss Nr. 1651) würde zudem ausser Acht gelassen, dass sich das verfassungsmässige Recht auf Nothilfe gemäss Art. 12 BV lediglich auf Sachleistungen und das absolut Notwendige beschränke. Für die Umsetzung und Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Nothilfe seien sodann die Kantone zuständig. Der Kanton habe den diesbezüglichen Leistungsanspruch abschliessend in der kantonalen Nothilfeverordnung geregelt. Mit der vorgesehenen Anknüpfung an die Ansätze der Asylfürsorge umgehe die beschlossene Überbrückungshilfe somit Art. 12 BV, Art. 82 Abs. 1 und 2 AsylG sowie § 5c SHG i.V.m. §§ 1, 2 und 3 Nothilfeverordnung. Die Normen auf Bundesverfassungs- und Bundesgesetzesebene sowie auf Kantonsebene seien mit Blick auf die Kompetenzordnung und den Inhalt klar. Der Wortlaut der jeweiligen Normen sei eindeutig und lasse keinen Raum, um mittels einer weitergehenden Auslegung eine autonome Gesetzgebungskompetenz des Gemeinwesens für eine «Überbrückungshilfe» an Sans-Papiers im Sinne des Beschlusses Nr. 1651 abzuleiten. Mangels gemeindeautonomer Gesetzgebungs- respektive Beschlusskompetenz, seien die einschlägigen Bestimmungen des Bundes und des Kantons Zürich zu befolgen. Aus diesen einschlägigen Bestimmungen (Art. 12 BV, Art. 82 AsylG sowie § 5c SHG i.V.m. §§ 1, 2 und 3 Nothilfeverordnung) ergebe sich, dass Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus und somit auch Asylsuchende, die einen Nichteintretensentscheid oder eine rechtskräftige Wegweisungsverfügung erhalten haben, lediglich einen Anspruch auf Nothilfe hätten, wobei sich diese Leistung auf das Notwendigste, mithin Sachleistungen, beschränke. Auch aus § 3 Abs. 2 Nothilfeverordnung könne keine Zuständigkeit der Gemeinde Zürich und kantonalgesetzliche Grundlage zur Leistung von wirtschaftlicher Hilfe im Sinne der Überbrückungshilfe abgeleitet werden, welche über die Nothilfe hinausgehe. Der Anzeigegegner habe daher keinerlei Kompetenz zum Erlass einer «Überbrückungshilfe» für Sans-Papiers im Sinne des Beschlusses Nr. 1651. Insbesondere verkenne dieser auch den Leistungsumfang von Art. 12 BV. Eine Überbrückungshilfe, welche sich an den Ansätzen der Asylfürsorge orientiere, stelle eine klare Umgehung von Art. 12 BV und Art. 82 Abs. 1 und 2 AsylG dar. Zudem verletze der angefochtene Beschluss § 5c SHG i.V.m. §§ 1, 2 und 3 Nothilfeverordnung (act. 1, Rz. 55 ff.).
Auch im Hinblick auf den Beschluss Nr. 1652, welcher die Ausrichtung einer «Wirtschaftlichen Basishilfe» an Ausländerinnen und Ausländer mit gültigem Aufenthaltsstatus, jedoch ohne risikofreien Zugang zur Sozialhilfe, regelt, habe der Gemeinderat klarerweise Bundesrecht missachtet und seine Kompetenz überschritten. Das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) knüpfe an das Sozialhilferecht, indem der Bezug von Sozialhilfeleistungen gemäss Bundesgesetz zu ausländerrechtlichen Konsequenzen (Erteilung bzw. Widerruf von Bewilligungen gemäss Art. 33 f. AIG i.V.m. Art. 62 f. AIG) führe. Die Verknüpfung von Migrations- und Sozialhilferecht offenbare den klaren Willen des Bundesgesetzgebers, dass Ausländerinnen und Ausländer ein wirtschaftlich von der öffentlichen Hand unabhängiges Leben führen und einen wichtigen Beitrag an den gesamtschweizerischen Wohlstand leisten sollen. Die Migrationsbehörden seien auf einschlägige Informationen seitens der Sozialhilfebehörden und Sozialhilfeorgane angewiesen, um ihre Verwaltungsaufgaben erfüllen zu können. Die entsprechende Meldepflicht sei bundesrechtlich klar in Art. 97 Abs. 3 lit. d AIG i.V.m. Art. 82b der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 [VZAE] statuiert und kantonsrechtlich in § 47a Abs. 1 lit. a und b SHG umgesetzt. Diese Kenntnisse seien für die Ausländerbehörde wesentlich, weil die ausländerrechtliche Bewilligung unter Umständen aufgrund des Sozialhilfebezugs widerrufen werden könne respektive müsse. Aufgrund der Ausrichtung einer «Wirtschaftlichen Basishilfe» im Sinne des Beschlusses Nr. 1652 hätten die Ausländerinnen und Ausländer keine Notwendigkeit mehr, sich bei den sozialen Diensten der Gemeinde zu melden, um Sozialhilfe zu beantragen. Somit unterbleibe in diesen Fällen auch eine Meldung der Sozialorgane an das kantonale Migrationsamt, was zu einer unmittelbaren Vereitelung der bundesrechtlichen Meldepflicht führe. Die Gesetzgebungskompetenz im Asyl- und Ausländerbereich sei umfassend. Der klare Wortlaut der bundes- und kantonalrechtlichen Normen sei eindeutig und lasse keinen Raum, um mittels weitergehender Auslegung eine autonome Gesetzgebungskompetenz des Gemeinwesens für eine «Wirtschaftliche Basishilfe» im Sinne des angefochtenen Beschlusses zu bejahen. Auch könne für den strittigen Beschluss nicht § 1 Abs. 2 SHG als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Beim Vorgehen des Gemeinderats handle es sich daher um eine unzulässige Gesetzesumgehung und Kompetenzüberschreitung. Beide Beschlüsse würden somit gleich mehrfach übergeordnetes Recht verletzen. Der Anzeigegegner masse sich eine Autonomie an, welche ihm aufgrund der klaren Normen des Bundes und Kantons nicht zustünde. Die finanziellen Unterstützungsbeiträge an Personen, welche unter den persönlichen Anwendungsbereich der vorliegend strittigen Beschlüsse fielen, würden abschliessend durch das Bundes- und Kantonsrecht im Migrations- und Sozialhilfebereich geregelt (act. 1, Rz. 70 ff.).
Schliesslich beanstandet der Anzeigeerstatter, dass die den Beschlüssen jeweilig vorangestellten Parlamentarischen Initiativen nicht der Form des ausgearbeiteten Entwurfs entsprochen und diese die Anforderungen des Legalitätsprinzips an die Ausgestaltung von gesetzlichen Grundlagen sowie das Gewaltenteilungsprinzip verletzt hätten, weshalb die Beschlüsse insgesamt auch deshalb aufzuheben seien (act. 1, Rz. 44 ff., s. auch act. 14).
3.2.2
Der Anzeigegegner hält in seinen Eingaben fest, dass die Mehrheit der Sachkommission des Sozialdepartements dem Gemeinderat die Zustimmung zu beiden Parlamentarischen Initiativen beantragt habe. Auch der Stadtrat habe im Rahmen seiner Stellungnahme beide Initiativen unterstützt. Schliesslich habe der Gemeinderat beiden Parlamentarischen Initiativen zugestimmt, wobei beide dem fakultativen Referendum unterlagen. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Pilotprojekt «Wirtschaftliche Basishilfe» des Zürcher Stadtrats stehe nunmehr bei den beiden Beschlüssen die demokratische Legitimation der Projekte ausser Frage. Zumal das Referendum nicht ergriffen worden sei. Es handle sich zudem um Beschlüsse über einen Rahmenkredit und nicht um Gemeinde- oder Behördenerlasse. Die Form des ausgearbeiteten Entwurfs sei von den zugrunde liegenden Parlamentarischen Initiativen daher erfüllt worden (act. 11, Rz. 29 ff.).
Die Gesetzgebungskompetenz im Asyl- und Ausländerbereich liege klar beim Bund. Auch stehe die Regelung der Sozialhilfe und der Nothilfe grundsätzlich in kantonaler Kompetenz. Indessen sei das Fürsorgewesen seit jeher eine klassische Gemeindeaufgabe. Gemäss § 1 SHG hätten die politischen Gemeinden für die notwendige Hilfe an Personen, die sich in einer Notlage befinden, zu sorgen und zudem mit vorbeugenden Massnahmen darauf hinzuwirken, dass weniger Notlagen entstehen, und dass Personen, die in eine Notlage geraten sind, diese bewältigen können. §§ 5a ff. SHG regle zwar, welche ausländischen Personengruppen Anspruch auf Asylfürsorge und Nothilfe haben bzw. von der ordentlichen Sozialhilfe ausgeschlossen seien. Keine Folgerungen seien den entsprechenden Bestimmungen jedoch für die Frage zu entnehmen, ob es einem Gemeinwesen erlaubt sei, Finanzhilfen an zivilgesellschaftliche Organisationen zu leisten, damit diese armutsbetroffene Personengruppen wirksam unterstützen können, welche keinen gesetzlichen Unterstützungsanspruch geltend machen können, der über die Nothilfe hinausginge. Die Unterstützung Armutsbetroffener durch zivilgesellschaftliche Organisationen finde seit jeher in Ergänzung zur staatlich verankerten Sozialhilfe statt. Mit den vorliegenden Kreditbeschlüssen würden diese zwecks Gewährung zeitlich befristeter «Überbrückungshilfen» an armutsbetroffene Sans-Papiers im Rahmen der kommunalen Kernkompetenz und des damit einhergehenden Gestaltungsspielraums unterstützt. Dass sich die Höhe der «Überbrückungshilfe» an den Ansätzen der Asylfürsorge orientiere, umgehe sodann nicht den Leistungsumfang von Art. 12 BV und Art. 82 Abs. 1 und 2 AsylG und verletze auch nicht § 5c SHG i.V.m. §§ 1, 2 und 3 Nothilfeverordnung. Art. 12 BV garantiere unabhängig vom Aufenthaltsstatus einer Person einen einklagbaren, individuellen Minimalanspruch; verbiete indessen in keiner Weise eine darüberhinausgehende Hilfeleistung. § 5c SHG und § 1 Nothilfeverordnung räume Sans-Papiers sodann unter anderem einen Anspruch auf Nothilfe im Sinne des Verfassungsrechts ein, wenn diese ausdrücklich ein Gesuch um Nothilfe gestellt haben. Mit den gegenständlichen Kreditbeschlüssen des Gemeinderats und der Verpflichtung von zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Gewährung einer zeitlich befristeten Überbrückungshilfe werde indes kein individueller Unterstützungsanspruch begründet, sondern über die verfassungsmässige Minimalgarantie hinausgehend, im Rahmen des kommunalen Ermessens und eines entsprechenden Freiraums, ein Beitrag zur Armutsbekämpfung geleistet. Verfassungsmässige oder kantonalgesetzliche Anspruchsnormen würden dadurch eben gerade nicht verletzt. Diese würden verletzt, wenn der darin verankerte Anspruch staatlicherseits missachtet würde. Keinesfalls jedoch, wenn eine Kommune eine weitergehende Hilfe ermögliche. Im Unterschied zum damaligen Stadtratsbeschluss sei diese Überbrückungshilfe auf maximal sechs Monate beschränkt. Auch sei unerfindlich, inwiefern die gegenständlichen Beschlüsse Art. 82 Abs. 1 und 2 AsylG umgehen sollten, sei doch die Ausrichtung der Überbrückungshilfe strikt auf sechs Monate befristet (act. 11, Rz. 49 ff.).
Weiter liege gemäss Anzeigegegner keine Verletzung des AIG bzw. eine Vereitelung der Meldepflicht von Sozialhilfebezug und damit der rechtmässigen Durchsetzung der bundesrechtlichen Regeln zum Migrations- und Sozialhilferecht bzw. eine diesbezügliche unzulässige Gesetzesumgehung vor. Die in § 47a Abs. 1 SHG statuierte Informationspflicht an Ausländerbehörden gelte gemäss klarem Wortlaut nur für Sozialhilfeorgane, welche ordentliche Sozialhilfe ausrichten. Dass diese aufgrund der Überbrückungshilfe gar nicht oder erst verzögert involviert würden, erlaube keineswegs die Folgerung, dass die kantonale Bestimmung dadurch verletzt würde. Die Meldepflicht in § 47a Abs. 1 SHG sei kein eigenständiges Gesetzesziel, sondern blosses Mittel zur Abwendung volkswirtschaftlichen Schadens durch unerwünschte Belastung der öffentlichen Hand. Durch die Ausrichtung der Überbrückungshilfen würden indessen (meldepflichtige) Sozialhilfekosten vermieden werden (act. 11, Rz. 63 f.).
Dass mit wirtschaftlicher Basishilfe unterstützte Personen allenfalls davor bewahrt würden, ordentliche Sozialhilfe zu beziehen, sodass keine Meldung an die Ausländerbehörde erstattet würde, sei nicht auszuschliessen. Die Basishilfe könnte insofern unter Umständen zur Folge haben, dass unterstützte Personen vor migrationsrechtlichen Sanktionen wegen Sozialhilfebezugs geschützt wären. Es sei jedoch davon auszugehen, dass solche Personen wohl eine noch stärkere Prekarisierung in Kauf nähmen und sich in Lebensmittelschlangen einreihten, bevor sie sich ans Sozialamt wenden würden. Auch hier sei indessen zu beachten, dass die Meldepflicht und der Widerruf von ausländerrechtlichen Bewilligungen im AIG nicht als Gesetzesziele definiert seien, sondern vielmehr Mittel zur Sanktionierung ausländerrechtlich unerwünschten Verhaltens darstellten. Wenn durch die Ausrichtung der Basishilfe ein Sozialhilfebezug ganz oder teilweise vermieden werden könne, würden weder Zwecke noch Ziele des AIG umgangen. Im Übrigen bezwecke der Widerrufsgrund des Sozialhilfebezugs nicht die Sanktionierung bezogener Sozialhilfe, sondern die Abwendung künftigen volkswirtschaftlichen Schadens. Insgesamt sei weder eine unzulässige Gesetzesumgehung ersichtlich, geschweige denn eine klare Rechtsverletzung. Selbst wenn man eine Gesetzesumgehung annehmen würde, so sei der gegenständliche Beschluss maximal als unangemessene Ermessensausübung zu qualifizieren, keinesfalls aber als Verletzung klaren Rechts (act. 11, Rz. 65 ff., s. zum Ganzen auch act. 17).
4.
4.1 Formvoraussetzung für Parlamentarische Initiativen
Nach Art. 138 Abs. 1 Geschäftsordnung des Gemeinderats vom 16. Juni 2021 [GeschO GR] verlangen die Mitglieder und Mitgliederinnen des Gemeinderats mit einer Parlamentarischen Initiative vom Gemeinderat den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Beschlusses, der in die Zuständigkeit der Gemeinde oder des Gemeinderats fällt. Gemäss Abs. 2 ist diese in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfs einzureichen (vgl. auch § 35 Abs. 3 GG). Dabei handelt es sich grundsätzlich um einen in allen Teilen konkret formulierten Beschlussentwurf in seiner endgültigen, vollziehbaren Form (§ 148 GPR i.V.m. § 120 Abs. 2 GPR analog). Ein ausgearbeiteter Entwurf kann indessen durchaus unbestimmte Rechtsbegriffe, vage Zielvorgaben, programmatische Bestimmungen sowie weit gefasste Gesetzgebungs- oder Verordnungsaufträge enthalten (Andreas Auer in: Jaag/Rüssli/Jenni [Hrsg.], Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz und zu den politischen Rechten in den Gemeinden, Zürich/Basel/Genf 2017, § 148 GPR N 8). Bei den vorliegenden Parlamentarischen Initiativen handelte es sich um die kreditschaffenden Vorlagen für ein jeweils dreijähriges Pilotprojekt. Gemäss Initiativtext werden hierfür entsprechende Verpflichtungskredite in Form von Rahmenkrediten gefordert. Definitionsgemäss wird ein Rahmenkredit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Unterschied zu einem Objektkredit jeweils für einen bestimmten Zweck bzw. ein bestimmtes Projekt, Vorhaben oder Programm bewilligt und die einzelnen Objektkredite im Rahmen des Gesamtbetrags vom hierfür zuständigen Organ festgesetzt (§ 106 GG, s. auch Markus Rüssli in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, a.a.O., § 106 N 1 ff.). Die bewilligten Ausgabenbeschlüsse bilden somit die Rechtsgrundlage für die bevorstehenden Gesamtausgaben zum Zwecke der Verwirklichung bzw. Umsetzung der darin beschlossenen Aufgabenerfüllung und hier konkret des darin beschlossenen Pilotprojekts und dessen Auswertung (s. auch Markus Rüssli in: ZBl 120/2019 S. 171, 181 ff.).
Die gegenständlichen Parlamentarischen Initiativen zielten somit vorliegend auf die Schaffung von Rahmenkrediten und – entgegen der Ansicht des Anzeigeerstatters – nicht auf einen generell-abstrakten Gesetzeserlass ab. Entsprechend des Programmcharakters eines Rahmenkredits ist daher nicht ersichtlich, inwiefern der Formvoraussetzung des ausgearbeiteten Entwurfs vorliegend nicht genüge getan wurde. Insbesondere wird im Initiativtext die Kreditsumme, deren Ausrichtung an Leistungsträger, sowie die weitere Verwendung an klar definierte Zielgruppen konkretisiert und projektorganisatorische Kosten eingeschlossen. Der Initiativtext enthält somit die genügend konkreten und vollziehbaren Vorgaben, in welcher Art und mit welcher Zielsetzung die einzelnen Objektkredite zu sprechen sind, bzw. die Gelder verwendet werden müssen. Dass dem Stadtrat zusätzlich die Kompetenz erteilt wird, bei Bedarf weitere Voraussetzungen und Kriterien zu fassen, schadet angesichts des Projektcharakters nicht; zumal sich der Stadtrat selbstredend bei der Kreditverwendung am vorgegebenen Zweck bzw. Rahmen und gesetzten Richtlinien zu orientieren hat. Bei einer wesentlichen Zweckänderung müsste ansonsten ein neuer Verpflichtungskredit eingeholt werden (vgl. § 108 Abs. 2 GG). Hiervon zu unterscheiden sind Projektanpassungen im Rahmen des gleichbleibenden Zwecks; die Kreditbewilligung schliesst nachträgliche Anpassungen am Projekt somit nicht aus (Markus Rüssli in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, a.a.O., § 106 N 2). Eine Verletzung der Formvoraussetzung des parlamentarischen Instruments ist vorliegend nicht zu sehen. Die von der Gemeindeordnung der Stadt Zürich anhand von Betragsgrenzen bestimmte Zuständigkeit wurde im Übrigen ebenfalls eingehalten (§ 107 GG i.V.m. §§ 34 ff. Gemeindeordnung der Stadt Zürich [GO]).
Im Folgenden bleibt somit zu prüfen, ob die gemäss den gegenständlichen Beschlüssen vorgesehene Kreditverwendung inhaltlich in aufsichtsrechtlich relevanter Weise gegen übergeordnetes Recht verstossen.
4.2 Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht
Das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration vom 16. Dezember 2015 (Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG] regelt die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt sowie den Familiennachzug von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz (Art. 1 AIG). Zudem statuiert es, unter welchen Voraussetzungen eine Bewilligung widerrufen werden kann und nennt hierbei in Anlehnung an das Integrationskriterium der Teilnahme am Wirtschaftsleben (Art. 58a Abs. 1 lit. d AIG) unter anderem den Bezug von Sozialhilfe als Anknüpfungspunkt (Art. 62 f. AIG). Punktuell sind darüber hinaus Regelungen für Konstellationen enthalten, bei deren Vorliegen bundesrechtlich kein Anspruch mehr auf Sozialhilfe besteht (bspw. Art. 29a AIG beim Aufenthalt zum Zweck der Stellensuche oder Art. 61a Abs. 3 AIG für den Zeitraum von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts von EU- und EFTA-Staatsangehörigen). Art. 86 AIG verweist sodann für vorläufig aufgenommene Ausländer und Ausländerinnen auf die Art. 80a bis 84 AsylG, womit die einschränkenden Bestimmungen zur Anwendung gelangen und die vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen mit den Asylsuchenden fürsorgerechtlich gleichbehandelt werden (Peter Bolzli in: Spescha [Hrsg.], Migrationsrecht Kommentar, Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG), Asylgesetz (AsylG), Bürgerrechtsgesetz (BüG) sowie Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit weiteren Erlassen, OFK – Orell Füssli Kommentar, 5. Aufl., Zürich 2019, Art. 86 AIG, N 1).
Das Asylgesetz vom 26. Juni 1998 [AsylG] ordnet hauptsächlich das Verfahren über die Asylgewährung oder -verweigerung und über die Wegweisung, die Rechtsstellung der Personen während des Asylverfahrens und der Flüchtlinge, die Beendigung des Asyls, den vorübergehenden Schutz von Schutzbedürftigen und deren Rückkehr, Sozialhilfe und Nothilfe, Bundessubventionen, Datenverarbeitung und Beschwerdeverfahren (s. auch Achermann Alberto in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 121 N 24 f.). Im Rahmen des Asylgesetzes verfügen die Kantone lediglich für die Ausrichtung von Sozialhilfe an Personen des Asylbereichs (Asylsuchende, vorläufig aufgenommene Ausländer, vorläufig aufgenommene Flüchtlinge mit Asyl) und deren Unterbringung über einen gewissen, jedoch geringen, Regelungsspielraum (vgl. insb. Art. 80 ff. AsylG, s. auch Art. 24d Abs. 4 AsylG). So sind gemäss Art. 82 Abs. 1 AsylG Personen mit rechtskräftigem Wegweisungsentscheid, denen eine Ausreisefrist angesetzt worden ist, von der ordentlichen Sozialhilfe ausgeschlossen. Während der Dauer eines ausserordentlichen Rechtsmittelverfahrens oder eines Asylverfahrens nach Art. 111c AsylG erhalten rechtskräftig weggewiesene Personen mit Ausreisefrist und Asylsuchende auf Ersuchen hin Nothilfe (Art. 82 Abs. 2 AsylG, s. auch § 5a und § 5b SHG).
Schliesslich bestimmen kantonalgesetzlich §§ 5 a ff. SHG in Beachtung der vorgenannten bundesrechtlichen Vorgaben, welche ausländischen Personengruppen von der ordentlichen Sozialhilfe ausgeschlossen sind, bzw. lediglich Anspruch auf Asylfürsorge oder Nothilfe haben und wie deren Ansätze gemäss Vorgaben von Art. 82 Abs. 3 und 4 AsylG auszugestalten sind (s. hierzu Asylfürsorgeverordnung des Kantons Zürich vom 25. Mai 2005 [AfV] und Verordnung über die Gewährung von Nothilfe an Personen ohne Aufenthaltsrecht des Kantons Zürich vom 24. Oktober 2007 [Nothilfeverordnung]).
4.2.1 Gemeindeautonomie und Kompetenzordnung
Art. 50 Abs. 1 Bundesverfassung [BV] gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, soweit das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Die Existenz und der Umfang der Gemeindeautonomie bestimmt sich im Einzelnen folglich im Rahmen des kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrechts. Der verfassungsmässige Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen (u.a. BGE 147 I 136 E. 2.1; BGE 146 I 83 E. 2.1; BGE 139 I 169 E. 6.1).
Art. 85 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Zürich [KV ZH] garantiert in allgemeiner Weise die Gemeindeautonomie. So regeln die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbständig, wobei ihnen das kantonale Recht einen möglichst weiten Handlungsspielraum gewährt (BGE 136 I 395 E. 3.2.2, s. auch § 2 Abs. 1 GG, wonach die Gemeinden ihre Angelegenheiten im Rahmen des übergeordneten Rechts selbständig regeln). Weiter hält Art. 83 Abs. 1 KV ZH fest, dass die politischen Gemeinden alle öffentlichen Aufgaben wahrnehmen, für die weder Bund noch Kanton zuständig sind. Ob und in welchem Mass Gemeinden über Kompetenzen verfügen, erschliesst sich folglich nur im konkreten Einzelfall aufgrund der Auslegung der massgebenden Vorschriften des übergeordneten Rechts (Johannes Reich in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, a.a.O., § 2 N 9 ff.).
Für den hier interessierenden Bereich des Fürsorgewesens ergibt sich aus Art. 115 Satz 1 BV, dass Bedürftige interkantonal von ihrem Wohnkanton unterstützt werden. Die Bestimmung räumt dem Bund in Satz 2 die koordinationsrechtliche Kompetenz ein, für diesen Grundsatz die Ausnahmen und Zuständigkeiten zu regeln. Art. 115 Satz 1 BV setzt stillschweigend voraus, dass die Kantone zur Unterstützung Bedürftiger verpflichtet sind und enthält insofern mehr als nur eine Konfliktregel für interkantonale Kompetenzstreitigkeiten. Damit sind – abgesehen von einigen Sonderfällen (z.B. bundesrechtliche Regelungen für Auslandschweizerinnen oder Regelungen für Personen im Asylbereich gemäss Art. 80 ff. AsylG), die über andere Verfassungsgrundlagen verfügen – grundsätzlich die Kantone zur Regelung der materiellen Sozialhilfegesetzgebung zuständig (Giovanni Biaggini, BV-Kommentar, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, OFK - Orell Füssli Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2017, Art. 115 N 2 und 4; Thomas Gächter/Martina Filippo in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 115 N 9 ff.; vgl. auch Thomas Gächter in: Häner/Rüssli/Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich/Basel/Genf 2007, § 111 N 6).
Mit dem Erlass des Sozialhilfegesetzes vom 14. Juni 1981 [SHG] samt dazugehöriger Verordnung vom 21. Oktober 1981 [SHV] und der Verordnung über die Gewährung von Nothilfe an Personen ohne Aufenthaltsrecht vom 24. Oktober 2007 [Nothilfeverordnung] machte der Kanton Zürich von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch. In § 1 Abs. 1 SHG legiferierte er in den Allgemeinen Bestimmungen unter der Marginalie «Träger der Hilfe», dass die politischen Gemeinden nach Massgabe dieses Gesetzes für die notwendige Hilfe an Personen, die sich in einer Notlage befinden, sorgen (§ 1 Abs. 1 SHG, s. auch § 45 SHG). Gemäss Abs. 2 wirken die Gemeinden sodann mit vorbeugenden Massnahmen darauf hin, dass weniger Notlagen entstehen und dass Personen, die in eine Notlage geraten sind, diese bewältigen können. Die Hilfe richtet sich gemäss § 2 Abs. 1 SHG nach den Besonderheiten und Bedürfnissen des Einzelfalls und den örtlichen Verhältnissen. Die Durchführung der Hilfe soll (individuell) in Zusammenarbeit mit der hilfesuchenden Person erfolgen und die Selbsthilfe fördern (§ 3 Abs. 1 und 2 SHG). Weiter enthält die kantonale Gesetzgebung insgesamt die Grundlagen zu Art und Ausmass der Hilfe an Personen, die sich in einer Notlage befinden, wobei bei der wirtschaftlichen Hilfe insbesondere in Bezug auf die Anspruchsberechtigung zwischen unterschiedlichen ausländischen Personengruppen differenziert wird (s. §§ 5 a ff. SHG).
In Art. 111 Abs. 1 KV ZH wird sodann festgehalten, dass Kanton und Gemeinden dafür sorgen, dass Menschen in einer Notlage, die sie nicht aus eigener Kraft bewältigen können, ein Obdach und existenzsichernde Mittel erhalten. Weiter fördern sie (Kanton und Gemeinden) zur Bekämpfung von sozialer Not und Armut die Hilfe zur Selbsthilfe (Art. 111 Abs. 3 KV ZH). Im Rahmen des Sozial- und Nothilferechts verpflichtet der Grundsatz der Selbsthilfe die hilfesuchende Person selbst, die Notlage aus eigenen Kräften abzuwehren, um eine Sozialhilfe- oder Nothilfeabhängigkeit zu vermeiden. Der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe gilt damit grundsätzlich auch gegenüber Möglichkeiten der Selbsthilfe (vgl. u.a. Sozialhilfehandbuch des Kantons Zürich, Stand 4. Januar 2024, Kap. 5.1.03 sowie bspw. Formulierung von Art. 12 BV). Aufgrund von Art. 111 Abs. 3 KV ZH ist gemäss Lehre nicht nur die individuelle Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern, sondern Kanton und Gemeinden sollen auch (präventiv) private Vereinigungen oder Organisationen unterstützen, die in grösserem Rahmen die kollektive Selbsthilfe tragen (Thomas Gächter in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, a.a.O., § 111 N 22 ff.).
Die individuellen Rechtsansprüche der ausländischen Personenkategorien auf Ausrichtung einer wirtschaftlichen Hilfe in Form von ordentlicher Sozialhilfe oder Nothilfe wurden durch den Kanton materiell-rechtlich in §§ 5 a ff. SHG abschliessend geregelt. Den Gemeinden verbleibt innerhalb dieser Schranken ein Ermessensspielraum in der individuellen Ausgestaltung der konkreten persönlichen oder wirtschaftlichen Hilfe in Notlagen bzw. der konkreten Bemessung dieser Ansprüche. Es besteht angesichts der abschliessenden Anspruchsregelung jedoch grundsätzlich kein Raum bzw. keine Autonomie und dementsprechend keine Zuständigkeit für die Gemeinden darüber hinaus kommunal parallele oder anderslautende anspruchsbegründende Grundlagen zum Bezug von wirtschaftlicher Hilfe für die entsprechenden Personengruppen zu schaffen.
Die Gesetzgebung im Ausländer- und Asylwesen liegt sodann klarerweise und vorliegend auch unbestrittenermassen in der Sachkompetenz des Bundes. Die Kompetenz des Bundes ist im Ausländerrecht umfassend und wirkt nachträglich derogierend. Aufgrund von Art. 121 Abs. 1 BV ist der Bund befugt, grundsätzlich alle Aspekte der Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz zu regeln. Im Asylwesen kommt ihm hingegen eine ausschliessliche Bundeskompetenz zu (Art. 121 Abs. 1 BV; Alberto Achermann in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 121 N 7, N 14 ff., N 24 f.; vgl. auch Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulates der Staatspolitischen Kommission des Ständerates 17.3260 vom 30. März 2017, Kompetenzen des Bundes im Bereich der Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten, Juni 2019, Ziff. 4.3.3 sowie Kurzgutachten zuhanden Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) betreffend Kompetenz von Bund und Kantonen im Bereich der Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer, Anpassungen bei der Sozialhilfe für Personen aus Drittstatten, erstellt von Felix Uhlmann und Martin Wilhelm, 15. Oktober 2020, Rz. 25 ff.). Art. 121a BV (Steuerung der Zuwanderung) knüpft an die bereits bestehenden Bundeskompetenzen an und ist selbst nicht kompetenzbegründend. Es werden jedoch auf Verfassungsebene insbesondere verpflichtende Vorgaben für die Ausgestaltung der Einwanderungspolitik des Bundes normiert (Giovanni Biaggini, BV-Kommentar, a.a.O., Art. 121a N 6), welche insbesondere ein öffentliches Interesse an einer restriktiven Migrationspolitik erkennen lassen (vgl. BGE 144 I 266 E. 3.7; BGE 144 I 266 E. 3.9 und E. 4.3; BGE 142 II 35 E. 3.2 f.).
4.2.2 Vorrang von übergeordnetem Recht
Gemäss Art. 49 Abs. 1 BV geht Bundesrecht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. Diese Vorrangregel umfasst das gesamte kantonale Recht und insbesondere auch das Recht der kommunalen Ebene (Bernhard Waldmann in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 49 N 10; BGE 138 I 468 E. 2.3.1). Gemäss ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung schliesst der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine Rechtssetzung durch die Kantone bzw. Gemeinden aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht hingegen nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln (BGE 144 I 113 E. 6.2; BGE 135 V 134 E. 4.5; BGE 138 I 356 E. 5.4.2). Das Vereitelungsverbot ist verletzt, wenn die Umsetzung oder Durchführung von Bundesrecht im Ergebnis verhindert oder übermässig erschwert wird (BGE 135 V 134 E. 4.5). Dasselbe gilt in Bezug auf Kantonsrecht und kommunales Recht, wobei ersteres vorgeht (Johannes Reich in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, a.a.O., § 2 N 10, § 4 N 3; zum Ganzen: Bernhard Waldmann in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 49 N 4 ff.). Das Anbieten von kommunalen Unterstützungsbeiträgen, wie vorliegend der Wirtschaftlichen Basishilfe und der Überbrückungshilfe, muss demnach mit dem übergeordneten Kantons- und Bundesrecht vereinbar sein und darf insbesondere auch zu keiner direkten oder indirekten Vereitelung von kantonalem Recht und/oder Bundesrecht führen. Wie unter Ziffer 4.2 und 4.2.1 hiervor bereits ausgeführt, regelt die kantonale Sozialhilfegesetzgebung in Beachtung der bundesrechtlichen Gesetzgebung im Ausländer- und Asylwesen, welche ausländischen Personengruppen Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe und welche lediglich Anspruch auf Nothilfe bzw. Asylfürsorge haben. Es bleibt der Gemeinde damit klarerweise bereits kollisionsrechtlich verwehrt, für diese ausländischen Personengruppen anderslautende bzw. weitere Anspruchsgrundlagen auf Hilfe in Notlagen zu schaffen. Im Hinblick auf eine kantonsrechtlich nicht weiter regulierte kommunale Förderung der Hilfe zur Selbsthilfe gestützt auf § 111 Abs. 3 ZH KV hat sich die Gemeinde entsprechend der Vorrangregel an das geltende übergeordnete Bundes- und Kantonsrecht zu halten und darf dieses weder direkt noch indirekt vereiteln. Nachfolgend sind die gegenständlichen Beschlüsse dahingehend zu prüfen.
4.2.3 Beschluss Nr. 1651 des Gemeinderats der Stadt Zürich «Überbrückungshilfe» (an Personen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, nachfolgend auch «Sans-Papiers»)
Als Personen ohne gültigen Aufenthaltsstatus bzw. Sans-Papiers gelten Ausländerinnen und Ausländer mit oder ohne Erwerbstätigkeit, die nie eine ausländerrechtliche Bewilligung oder ein anderes Anwesenheitsrecht in der Schweiz besessen haben oder Ausländerinnen und Ausländer mit oder ohne Erwerbstätigkeit, die nicht mehr eine ausländerrechtliche Bewilligung oder ein anderes Anwesenheitsrecht in der Schweiz besitzen (Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und Migrationsamt des Kantons Zürich [Hrsg.], Ecoplan, Christof Rissi, KEK-Beratung, Martin Stalder, Sans-Papiers im Kanton Zürich, Anzahl, Profile und Situation, 11. März 2021, S. 5 ff.; Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats vom 12. April 2018 [18.3381], S. 10 ff.). Asylsuchende, welche einen Nichteintretensentscheid und eine rechtskräftige Wegweisungsverfügung erhalten haben, gelten ebenfalls als ausländische Personen mit rechtswidrigem Aufenthalt in der Schweiz und fallen nicht mehr unter das Asylgesetz. Aus diesem Grund sind sie vom Sozialhilfesystem ausgeschlossen und haben bundesrechtlich nur Anspruch auf Nothilfe, die vom Wohnkanton gewährt wird (Art. 82 AsylG, vgl. auch Bericht des Bundesrats, Gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers, Dezember 2020, Ziff. 8.4.1). § 5 c SHG statuiert sodann generell, dass eine Person, welche sich unberechtigt in der Schweiz aufhält und nicht zur Ausreise veranlasst werden kann, nur Anspruch auf Unterstützung im Rahmen des Rechts auf Hilfe in Notlagen hat. Zuständig für den Entscheid über die Gewährung von Nothilfe ist der Kanton (§ 3 Abs. 1 der Nothilfeverordnung). § 5 c SHG soll hierbei dem Gleichbehandlungsgebot Rechnung tragen, indem für alle Personen ohne Aufenthaltsrecht eine einheitliche, vom ordentlichen Sozialhilferecht abweichende Regelung gilt. Unter die Bestimmungen der Nothilfeverordnung fallen daher alle Personen, die sich unberechtigt in der Schweiz aufhalten und nicht zur Ausreise verhalten werden können (s. Begründung des Regierungsrats vom 9. November 2007, ABl 2007, 2010, S. 2014). Gemäss Nothilfeverordnung haben Personen ohne Aufenthaltsrecht Anspruch auf Nothilfe im Sinne von Art. 12 BV, wenn sie a) ausdrücklich und persönlich ein Gesuch um Nothilfe gestellt haben und b) kein anderer Kanton für den Vollzug einer verfügten Wegweisung zuständig ist (§ 1 Nothilfeverordnung). Die Nothilfe umfasst Unterkunft, Nahrung, Kleidung, die Möglichkeit zur Körperpflege sowie die medizinische Versorgung. In der Regel wird sie in dafür bezeichneten Unterkünften gewährt und in Form von Sachleistungen ausgerichtet (§ 2 Abs. 1 Nothilfeverordnung). Wer Nothilfe beanspruchen will, muss persönlich beim Migrationsamt vorsprechen. Dieses überprüft die Person ausländerrechtlich und überweist sie an das Kantonale Sozialamt, sofern u.a. keine weiteren ausländer- oder strafrechtlichen Massnahmen zu ergreifen sind (§ 4 Nothilfeverordnung). Das Migrationsamt, das Kantonale Sozialamt, die Polizei und die Gemeinden arbeiten eng zusammen und informieren einander rechtzeitig über Sachverhalte, die für den Vollzug der Wegweisung und die Gewährung der Nothilfe erheblich sein können (§ 7 Nothilfeverordnung). Die Kantonspolizei, das Migrationsamt und das Kantonale Sozialamt sind sodann befugt, die vom Bundesamt für Migration verlangten Daten zu erheben und an dieses weiterzuleiten (§ 8 Nothilfeverordnung).
Die kantonale Nothilfeverordnung verwirklicht hierbei den statusunabhängigen und verfassungsmässigen Anspruch auf Hilfe in Notsituationen auf kantonaler Ebene, wobei es sich bereits beim Bundesverfassungsartikel um einen direkt justiziablen Anspruch handelt, welcher das gebotene Überleben einer Person sicherstellen soll (Thomas Gächter/Gregori Werder in: Waldmann/Besler/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Art. 12 N 4 ff.). Die unmittelbare Anwendbarkeit setzt indessen gleichfalls eine Kompetenzordnung voraus, sprich Art. 12 BV ist entgegen der Ansicht des Anzeigegegners nicht selbst kompetenzbegründend. Vielmehr richtet sich diese nach Art. 115 Satz 1 BV und fällt damit in erster Linie den Kantonen zu (s. hierzu Ziff. 4.2.2 S. 20 ff. hiervor; vgl. auch Lucien Müller in: Bernhard Ehrenzeller et. al. [Hrsg.], St. Galler Kommentar, die schweizerische Bundesverfassung, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen und Zürich/Genf 2023, Art. 12 N 11 und 29).
Das Regelungsziel der vom Kanton erlassenen Nothilfeverordnung ist die Umsetzung und Gewährung des grundrechtlichen Minimalanspruchs auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV ohne auf den ausländerrechtlichen Status einer Person abzustellen (vgl. § 1 Nothilfeverordnung). Gleichzeitig bezweckt die Nothilfeverordnung damit auch, dass Personen ohne Aufenthaltsrecht so rasch als möglich in ihren Herkunftsstaat zurückkehren (s. Begründung des Regierungsrats vom 9. November 2007, ABl 2007, 2010, S. 2011 und 2014). Der hierbei beschränkte und deutlich unter den Ansätzen der ordentlichen Sozialhilfe liegende Leistungsumfang soll demgemäss die Durchsetzung des Ausländerrechts gewährleisten und keine Anreize zum rechtswidrigen Verbleib in der Schweiz schaffen, bzw. die freiwillige Ausreise fördern. Die Sanktionierung eines illegalen Aufenthalts ist mit Blick auf den hierbei verwirklichten grundrechtlichen Minimalanspruch im Sinne von Art. 12 BV freilich nicht inhaltliches Regelungsziel der Nothilfeverordnung und läge auch nicht in der Kompetenz der Kantone. Gleichfalls verdeutlicht der kantonale Gesetzgeber, dass er einen solchen nur in sehr beschränktem Mass unterstützt, um dem Fortbestand eines rechtswidrigen Aufenthalts entgegenzuwirken.
Der gegenständliche Beschluss des Gemeinderats der Stadt Zürich sieht nun vor, dass im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojekts eine Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus in Notsituationen, welche seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz und seit mindestens zwei Jahren in der Stadt Zürich leben, geschaffen wird. Die Auszahlung von Beiträgen wird gemäss Beschluss gestützt auf eine Leistungsvereinbarung den zivilgesellschaftlichen Fachorganisationen übertragen und ist auf maximal sechs Monate beschränkt. Die Ansätze sind tiefer angesetzt als diejenigen der ordentlichen Sozialhilfe und orientieren sich an den Ansätzen der Asylfürsorge, womit diese über dem Ansatz für die kantonalgesetzlich vorgesehene Nothilfeleistung liegt (vgl. hierzu Asylfürsorgeverordnung [AfV] und Reglement zur Unterstützung nach Asylfürsorgeverordnung der Asyl-Organisation Zürich [AOZ] vom 7. Mai 2018). Wie der Anzeigeerstatter zurecht vorbringt, haben Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel ausschliesslich Anspruch auf Nothilfe gemäss der kantonalen Nothilfeverordnung. Auch obliegt der Entscheid über die Gewährung von Nothilfe an Ausländer und Ausländerinnen ohne Aufenthaltsrecht dem Kanton bzw. dem kantonalen Migrationsamt und nicht den Gemeinden (§ 5 c SHG i.V.m. § 3 Nothilfeverordnung). Der Gemeinde ist es damit untersagt, diesen Personen einen kommunalen Rechtsanspruch auf weitergehende oder konkurrenzierende Leistungen einzuräumen. Klar ist auch, dass die entsprechenden Bestimmungen zur Ausrichtung von Nothilfe, die persönliche Antragsstellung als Anspruchsvoraussetzung statuieren. Sans-Papiers sollen demzufolge registriert und allfällige migrations- oder strafrechtliche Massnahmen in Umsetzung des Bundesrechts ergriffen werden. Auch wird im Zuge der Ausrichtung der Nothilfe die freiwillige Rückkehr als Alternative zur Nothilfe in Umsetzung des gesetzgeberischen Willens allgegenwärtig sein, damit nicht der Eindruck einer Dauerlösung bzw. informellen Aufenthaltsgenehmigung entsteht (s. Nothilfeempfehlung der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) vom 29. Juni 2021, Ziff. 4.3.4 und 4.4; Begründung des Regierungsrats vom 9. November 2007, ABl 2007, 2010, S. 2011 und 2014).
Gemäss Formulierung des Beschlusses wird – einhergehend mit dem Anzeigegegner – kein direkt justiziabler Anspruch für Sans-Papiers in Notlagen geschaffen. Auch haben die befristeten Unterstützungsbeiträge an Papierlose selbstredend keine bundesrechtswidrige Legalisierung derselben zur Folge und erwecken kaum den Eindruck einer informellen Aufenthaltsgenehmigung. Beim Beschluss handelt es sich insofern vordergründig um eine sozialpolitisch motivierte ausgaberechtliche Grundlage für die Ausrichtung von zweckgebundenen Objektkrediten an soziale private Einrichtungen sowie die Auslagen für die Auswertung dieses Projekts und nicht um eine generell-abstrakte Anspruchsgrundlage zum Bezug von wirtschaftlicher (Not-)Hilfe, auf welche sich Sans-Papiers berufen könnten. Die damit primär unterstützten wohltätigen Institutionen sind seit jeher Träger der kollektiven Selbsthilfe, ohne hierbei auf den Status einer Person abzustellen. Sie stellen in sozialpolitischer Hinsicht nebst dem Staat wichtige und unverzichtbare Pfeiler und Anlaufstellen für alle Personenkategorien zur Bekämpfung von sozialer Not und Armut dar. Von der Lehre wird denn auch vertreten, dass aufgrund der Formulierung von § 111 Abs. 3 KV ZH deutlich gemacht werde, dass nicht nur die individuelle Hilfe zur Selbsthilfe vom Kanton und den Gemeinden zu fördern sei; sondern Kanton und Gemeinden private Vereinigungen oder Organisationen unterstützen sollen, die in grösserem Rahmen die kollektive Selbsthilfe für alle tragen (vgl. Thomas Gächter in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, a.a.O., § 111 N 22 f.). Insofern scheint somit die Unterstützung von Hilfsorganisationen gemäss Kantonsverfassung geboten und bietet vorliegend eine entsprechende Kompetenzgrundlage zugunsten der Gemeinden. Dass mit dem gegenständlichen Beschluss entsprechende Gelder an Fachorganisationen gesprochen werden, ist deshalb dem Grundsatz nach nicht weiter zu beanstanden. Zu beachten ist jedoch, dass der gegenständliche Beschluss konkret vorsieht, dass gestützt auf eine verbindliche Leistungsvereinbarung, die Fachorganisationen verpflichtet werden, die im Rahmen des befristeten Pilotprojekts erhaltenen Gelder ausschliesslich für in Not geratene Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus nach dessen Massgabe zu verwenden.
Wie unter Ziffer 4.2.2 S. 21 ff. hiervor bereits ausgeführt, hat der Kanton die individuellen Rechtsansprüche der ausländischen Personenkategorien auf Ausrichtung einer wirtschaftlichen Hilfe in Form von ordentlicher Sozialhilfe oder Nothilfe materiell-rechtlich in §§ 5 a ff. SHG abschliessend geregelt. Diese Regelung beachtet die bundes- bzw. verfassungsrechtlichen Vorgaben im Bereich des Ausländer- und Asylrechts. Auch wenn der gegenständliche Beschluss keine anspruchsbegründende Grundlage zum Bezug von wirtschaftlicher Hilfe für die konkretisierten Bezüger und Bezügerinnen selbst schafft und somit dem Wortlaut nach dem individuellen Anspruch auf Nothilfe nicht entgegensteht, so ist in der Ausgestaltung des Beschlusses gleichfalls eine klare Vereitelung von Kantons- und Bundesrecht zu sehen: Denn bundesgesetzlich steht fest, dass sich Ausländer und Ausländerinnen ohne Aufenthaltsstatus rechtswidrig in der Schweiz aufhalten. Konkret ist ein Aufenthalt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung rechtswidrig, wenn der Ausländer oder die Ausländerin im Anschluss an eine unrechtmässige Einreise in der Schweiz verbleibt und wenn er oder sie nach einer ihm oder ihr angesetzten Ausreisefrist oder nach Ablauf des bewilligungsfreien oder bewilligten Aufenthalts in der Schweiz verbleibt (BGer 6B_375/2019 E. 1.1; s. hierzu auch Art. 10 ff. AIG, Art. 64 ff. AIG, Art. 115 f. AIG). Weiter ist klar, dass diese Personen in entsprechender Übereinstimmung auf kantonaler Ebene lediglich Anspruch auf Nothilfe haben (§ 5 c SHG). Sinn und Zweck der Nothilfeverordnung ist das statusunabhängige Sicherstellen des Überlebens, wobei der statuierte minimale Leistungsumfang Personen ohne Aufenthaltsrecht zur möglichst schnellen Heimkehr in ihren Herkunftsstaat veranlassen soll, um so den rechtswidrigen Zustand zu beenden (Begründung des Regierungsrats vom 9. November 2007, ABl 2007, 2010, S. 2011 und 2014). Vom gegenständlichen Beschluss würden damit gezielt Personen profitieren, deren rechtswidriger Aufenthalt bereits seit Jahren andauert und welche drohende Vollzugsmassnahmen bzw. eine Begleitung im Rückkehrprozess vermeiden wollen. Mit der kommunalen Unterstützungsleistung würde die Fortsetzung der Rechtswidrigkeit des Aufenthalts folglich kommunal finanziell unterstützt und begünstigt. Daran ändert nichts, dass die Gelder zunächst den Organisationen zukämen, womit gemäss Anzeigegegner bloss der niederschwellige (nicht-staatliche) Zugang für die Hilfesuchenden gewährleistet werden soll, da nach wie vor ein staatlicher Leistungsauftrag zur Ausrichtung der Gelder an Sans-Papiers bestünde. Hier zeigt sich – wie bereits im damaligen Stadtratsbeschluss vom Nr. 690/2021, welcher mit Beschluss des hiesigen Bezirksrats mit aufsichtsrechtlicher Massnahme wieder aufgehoben werden musste (Beschluss vom 9. Dezember 2022, GE.2021.47) – das Umgehungskonstrukt nach wie vor deutlich: Auch wenn nunmehr mit dem Gemeinderatsbeschluss eine andere Legitimationsgrundlage besteht und die Ausrichtung der wirtschaftlichen Überbrückungshilfe im Unterschied zum damaligen Beschluss auf sechs Monate beschränkt werden soll, würde gleichfalls seitens der Gemeinde ein rechtswidriger Zustand finanziell gefördert und während der vorgesehenen Zeit weiter aufrechterhalten. Zudem würde verhindert, dass sich in eine Notlage geratene Personen ohne Aufenthaltsrecht beim sachlich zuständigen kantonalen Migrationsamt melden müssten. Dies stellt weiterhin eine unzulässige Umgehung der in Bezug auf Sans-Papiers einschlägigen sozialhilfe- und nothilferechtlichen Bestimmungen und der hierfür geregelten sachlichen (kantonalen) Zuständigkeit dar und vereitelt die Umsetzung und Durchsetzung des geltenden Bundes- und Kantonsrecht. Der Anzeige ist entsprechend Folge zu leisten und der Beschluss Nr. 1651 des Gemeinderats der Stadt Zürich aufzuheben.
4.2.4 Beschluss Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich «Wirtschaftliche Basishilfe» (an Ausländerinnen und Ausländer ohne risikofreien Zugang zur Sozialhilfe)
Ausländische Personen mit Aufenthaltsbewilligung oder Niederlassungsbewilligung haben in der Schweiz Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe (§ 5 a ff. SHG e contrario i.V.m. § 14 SHG). Betreffend die Frage, ob trotz bestehenden kantonalen Anspruchs auf ordentliche wirtschaftliche Hilfe für Ausländerinnen und Ausländer überhaupt Raum bzw. eine Kompetenzgrundlage für die Ausrichtung einer Wirtschaftlichen Basishilfe durch die Gemeinde im Sinne des gegenständlichen Beschlusses besteht, kann grundsätzlich auf die Ausführungen zur Überbrückungshilfe verwiesen werden bzw. die Kompetenzgrundlage von § 111 Abs. 3 KV ZH. Zudem ist auch die Wirtschaftliche Basishilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne risikofreien Zugang zur Sozialhilfe auf die Vereinbarkeit mit dem übergeordneten Recht zu prüfen.
Das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG]) regelt die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt sowie den Familiennachzug von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz sowie die Förderung der Integration (Art. 1 AIG). Zudem statuiert es, unter welchen Umständen eine ausländerrechtliche Bewilligung widerrufen werden kann (Art. 61 ff. AIG). Gemäss Art. 33 Abs. 1 AIG wird die Aufenthaltsbewilligung für Aufenthalte mit einer Dauer von mehr als einem Jahr erteilt. Sie ist befristet und kann verlängert werden, wenn keine Widerrufsgründe nach Art. 62 Abs. 1 AIG vorliegen (Abs. 3). Die Niederlassungsbewilligung wird unbefristet und ohne Bedingungen erteilt (Art. 34 Abs. 1 AIG). Sie wird unter anderem erteilt, wenn keine Widerrufsgründe nach Art. 62 und Art. 63 AIG vorliegen (Art. 34 Abs. 2 lit. b AIG). Nach Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG kann eine Aufenthaltsbewilligung widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist. Eine Niederlassungsbewilligung kann ebenfalls widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist (Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG). Der Sozialhilfebezug bildet demnach Bezugspunkt für die gemäss AIG vorgegebenen Integrationskriterien (genauer Teilnahme am wirtschaftlichen Leben gemäss Art. 58a Abs. 1 lit. d AIG), welche für die Erteilung, die Rückstufung oder den Entzug einer ausländerrechtlichen Bewilligung relevant sind. Gleichfalls schafft der Sozialhilfebezug hierbei auch den Bezugspunkt für das frühzeitige Ergreifen von integrativen Massnahmen (s. Art. 55a, Art. 57, Art. 58b AIG, vgl. auch § 47a Abs. 1 lit. b SHG). Die Ausrichtung von Sozialhilfe kann damit im ausländerrechtlichen Kontext als eine durch die sachlich zuständige kantonale Migrationsbehörde zu prüfende Vorfrage bezeichnet werden (vgl. hierzu Kurzgutachten zuhanden Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) betreffend Kompetenz von Bund und Kantonen im Bereich der Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer (Anpassungen bei der Sozialhilfe für Personen aus Drittstatten), erstellt von Felix Uhlmann und Martin Wilhelm, 15. Oktober 2020, Rz. 25 ff.).
Gemäss Art. 97 Abs. 3 lit. d AIG i.V.m. Art. 82b der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 ([VZAE], SR 142.201) haben die für die Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen zuständigen Behörden der zuständigen kantonalen Migrationsbehörde unaufgefordert den Bezug von Sozialhilfe durch Ausländerinnen und Ausländer zu melden. In Umsetzung des Bundesrechts statuiert § 47a Abs. 1 SHG zusätzlich auf kantonaler Ebene eine Meldepflicht und legt den genauen Inhalt und Umfang der Meldung fest. Demgemäss haben die Fürsorgebehörde und die mit der Durchführung der öffentlichen Sozialhilfe betrauten Organe und Personen (Sozialhilfeorgane) der zuständigen Ausländerbehörde unaufgefordert den Beginn des Sozialhilfebezugs, den Umfang der ausgerichteten Sozialhilfeleistungen, die Beendigung des Bezugs von Sozialhilfe, die geleisteten Rückerstattungen von bezogenen Sozialhilfeleistungen und sonstige Umstände, die sich auf die Höhe der Unterstützungsleistungen auswirken, zu melden. Des Weiteren sind sonstige Umstände, die für die pflichtgemässe Beurteilung der persönlichen Verhältnisse und den Grad der Integration durch die Migrationsbehörde wesentlich sind, ebenfalls meldepflichtig (§ 47a Abs. 1 lit. a und lit. b SHG). Nach Konkretisierung des kantonalen Migrationsamts haben Sozialhilfeorgane einen Sozialhilfebezug bei Aufenthaltsberechtigten ab einem Bezugsbetrag von Fr. 25'000.00 (Aufenthaltsbewilligung) respektive Fr. 60'000.00 (Niederlassungsbewilligung) zu melden (Weisung des kantonalen Migrationsamts vom 1. Januar 2024, Massnahmepraxis bei Sozialhilfeabhängigkeit, S. 4).
Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG genügt ein Sozialhilfebezug für sich selbst noch nicht für die Tatbestandserfüllung des Widerrufs. Zusätzlich muss der Sozialhilfebezug erheblich und dauerhaft und auch für die Zukunft von einem anhaltenden Bezug auszugehen sein (Marc Spescha in: Migrationsrecht Kommentar, a.a.O., Art. 63 AIG, N 19; vgl. auch Peter Bolzli, in: Migrationsrecht Kommentar, a.a.O., Art. 34 AIG, N 9 ff.). Auch in Bezug auf Art. 62 lit. e AIG muss ein erheblicher Sozialhilfebezug vorliegen und die konkrete Gefahr einer fortgesetzten Sozialhilfeabhängigkeit bestehen. Hierbei ist zwar von den aktuellen Verhältnissen auszugehen. Die zu erwartende finanzielle Entwicklung ist jedoch auf längere Sicht abzuwägen. Erforderlich ist nebst der Erheblichkeit der ausgerichteten Beiträge daher die prognostische Beurteilung, dass eine Ablösung von der ordentlichen Sozialhilfe auch in Zukunft nicht erfolgen kann (BGer 2C_13/2018 vom 16. November 2018 E. 3.2, E. 3.4, E. 3.5.1; Marc Spescha in: Migrationsrecht Kommentar, a.a.O., Art. 62 AIG, N 14). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erfolgt hierfür eine zukunftsgerichtete Betrachtungsweise. Anhand des Kriteriums der Dauerhaftigkeit wird beurteilt, ob künftig eine günstige Prognose gestellt werden kann, bzw. ob es absehbar ist, dass sich die Person von ihrer Sozialhilfeabhängigkeit ablösen kann (z.B. erkennbare Bemühungen für Erwerbstätigkeit). Mit dem kumulativen Kriterium der Erheblichkeit wird zudem der Umfang des vergangenen Sozialhilfebezugs miteinbezogen, wobei die Schwellenwerte der Erheblichkeit je nach Einzelfall variieren.
Ziel und Zweck des Widerrufsgrundes des Sozialhilfebezugs ist somit – wie der Anzeigegegner zurecht vorbringt – eine zusätzliche und damit zukünftige Belastung der öffentlichen Wohlfahrt zu vermeiden (BGr 2C_13/2019 vom 31. Oktober 2019 E. 3.1.1; BGer 2C_263/2016 vom 10. November 2016 E. 3.1.3; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 AIG, wonach die Zulassung von Ausländern und Ausländerinnen dem Grundsatz nach im Interesse der Gesamtwirtschaft erfolgt). Eine vergangene oder bestehende Sozialhilfeabhängigkeit wird ausländerrechtlich damit grundsätzlich nicht sanktioniert, bildet jedoch angesichts des Kriteriums der Erheblichkeit eine wesentliche Prüfungsgrundlage für die zuständigen Migrationsbehörden. Im Hinblick auf eine bestehende Sozialhilfeabhängigkeit steht zudem die mit dem AIG verfolgte Integrationspolitik bzw. die Förderung der Integration (Art. 1 Satz 2 AIG, Art. 53 ff. AIG) im Fokus, welche eine frühzeitige Information der Migrationsbehörden voraussetzt, um für Personen mit besonderem Integrationsbedarf bzw. ungünstigen Integrationsverlauf so früh wie möglich geeignete Integrationsmassnahmen zu ergreifen (Art. 53 ff. AIG; s. auch Kantonales Sozialamt [Hrsg.], Sozialhilfe-Behördenhandbuch des Kantons Zürich, Kap. 5.2.03, Information an Ausländerbehörde, Stand 5. Januar 2024; Weisung des kantonalen Migrationsamts vom 1. Januar 2024, Massnahmepraxis bei Sozialhilfeabhängigkeit, S. 8 f.). Zur entsprechenden Zweckerreichung wurde der Sozialhilfebezug insgesamt und mit keiner bzw. tiefer Meldegrenze kantons- sowie bundesrechtlich an die Meldepflicht der Behörden gekoppelt. Nur so ist das zuständige Migrationsamt zur gesetzesmässigen Aufgabenerfüllung in der Lage.
Die sachliche Zuständigkeit zur Beurteilung, ob im Rahmen der Integrationsförderung oder der Anpassung ausländerrechtlicher Bewilligungen sodann tatsächlich ein ausländerrechtlich relevanter Sozialhilfebezug vorliegt oder nicht und welche (kantonalen) Meldegrenzen in Umsetzung des Bundesrechts den kommunalen Sozialhilfebehörden gesetzt werden, steht hierbei angesichts des ausländerrechtlichen Regelungsinhalts richtigerweise nicht zur Disposition oder im Ermessen Gemeinden. Dies auch dann nicht, wenn die Gemeinde vordergründig sozialpolitische und nicht ausländerrechtliche Motive verfolgt. Die Meldepflichten sind sowohl auf kantonaler als auch auf Bundesebene statuiert und müssen von den kommunalen Behörden klarerweise befolgt werden.
Im Rahmen des Pilotprojekts eröffnet der gegenständliche Beschluss aufenthaltsberechtigten Personen im Sinne von Art. 33 bzw. Art. 34 AIG, die Möglichkeit anstelle der ordentlichen Sozialhilfe, eine kommunal finanzierte Wirtschaftliche Basishilfe von Fachorganisationen zu beziehen, welche sich an den tieferen Ansätzen der Asylfürsorge orientiert. Das Pilotprojekt bezweckt offenkundig, dass in Not geratene Ausländerinnen und Ausländer, welche einen Widerruf der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder eine Rückstufung derselben befürchten und sich nicht an die Sozialbehörden wenden wollen, dennoch monetäre Unterstützung erhalten sollen. Die gemäss gegenständlichem Beschluss vorgesehene Ausrichtung kommunaler Unterstützungsleistungen durch private Fachorganisationen, welche keiner Meldepflicht unterliegen, führte dazu, dass die Gemeinde gezielt die bestehenden Meldepflichten umgehen würde, indem sie ausländischen Personen mit Aufenthaltstitel, welche von Gesetzes wegen klar einen Anspruch auf Sozialhilfe haben, parallel oder alternativ finanzielle Mittel zur Verfügung stellte. Dies umso mehr angesichts der offenbarten Zielerreichung des «risikofreien Zugangs», bzw. dass eine Prüfung von ausländerrechtlichen Massnahmen verhindert werden soll. Die Notwendigkeit, sich trotz Anspruchsberechtigung und bestehender Notlage bei den Sozialen Diensten der Stadt Zürich zu melden, um ordentliche Sozialhilfe zu beantragen, wird aufgrund des gegenständlichen Beschlusses für bis zu sechs Monaten ausgesetzt. Eine Meldung von Sozialhilfebezug durch die Sozialhilfeorgane an das kantonale Migrationsamt würde in diesen Fällen während sechs Monaten oder gänzlich unterbleiben. In Fällen, in denen die Person bereits Sozialhilfe bezogen hatte, würde sodann mit entsprechender Abmeldung und (vorübergehendem) Ausweichen auf die Wirtschaftliche Basishilfe die Überschreitung der gemäss Weisung des kantonalen Migrationsamts festgesetzten Meldegrenzen aufgrund der durch das Pilotprojekt beschlossenen Unterstützungsbeiträge zumindest hinausgezögert. Entgegen dem Anzeigegegner wird die Durchsetzung des Normzwecks (Vermeidung künftigen gesamtwirtschaftlichen Schadens) von 63 Abs. 1 lit. c AIG und Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG durch die befristete Ausrichtung von nicht gerichtlich durchsetzbaren, kommunalen Unterstützungsleistungen, welche sich auf einen kommunalen Ausgabebeschluss stützen, damit gleichfalls beeinträchtigt. Denn es wird, ungeachtet ob befristet oder nicht, eine Intransparenz in Bezug auf den Erhalt von letztlich staatlichen Unterstützungsleistungen aufgrund fehlender Teilnahme am Wirtschaftsleben geschaffen und damit der zuständigen Migrationsbehörde gezielt die gesetzlich vorgesehenen Beurteilungsgrundlagen für die Ergreifung allfälliger ausländerrechtlichen Massnahmen verfälscht bzw. vorenthalten. Dies steht, angesichts der statuierten Meldepflichten, klar im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass gemäss Konkretisierung in § 47a SHG insbesondere auch sonstige Umstände, die sich auf die Höhe der Sozialleistungen auswirken (lit. a) oder für die pflichtgemässe Beurteilung der persönlichen Verhältnisse und den Grad der Integration durch die Migrationsbehörde wesentlich sind (lit. b), die Meldepflicht auslösen. Sodann ist besonders zu beachten, dass angesichts der Subsidiarität der Sozialhilfe der Bezug von Wirtschaftlicher Basishilfe gemäss Wortlaut von § 47a lit. a SHG bei bereits bestehendem Sozialhilfebezug ebenfalls meldepflichtig wäre. Zudem dient gemäss § 47a lit. b SHG die statuierte Meldepflicht betreffend Sozialhilfebezug, wie gesehen, klarerweise auch dem Zweck der ausländerrechtlichen Integrationsförderung, welche es den Migrationsämtern erlaubt, Personen mit besonderem Integrationsbedarf (Defizit bei der Teilnahme am Wirtschaftsleben) durch Abschluss von Integrationsvereinbarungen oder anderen ausländerrechtlichen (Integrations-)Massnahmen frühzeitig zu unterstützen. Diesen Aufgaben kann die Migrationsbehörde nur nachkommen, wenn sie über die transparenten Informationsgrundlagen verfügt.
Die mit dem Beschluss eröffnete Möglichkeit, anstelle der Sozialhilfe oder gar zusätzlich eine Wirtschaftliche Basishilfe zu beziehen, vereitelt die Aufgabenerfüllung des sachlich zuständigen Migrationsamts somit in verschiedentlicher Hinsicht deutlich und damit die Umsetzung und Durchsetzung des höherrangigen Rechts. Der vom Anzeigegegner vorgenommenen Gesetzesauslegung kann damit nicht gefolgt werden. Gerade mit Beachtung des dargelegten Sinns und Zwecks der übergeordneten Bestimmungen ist die kommunale und gezielte Ausrichtung einer Wirtschaftlichen Basishilfe über Fachorganisationen in Umgehung der klar statuierten Meldepflichten nicht vertretbar und greift klar in ausländerrechtliche und nicht nur sozialpolitische Regelungsziele ein, was der Gemeinde nicht zusteht. Der Anzeige ist entsprechend auch hier Folge zu leisten und der Beschluss Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich aufzuheben.
Zuletzt sei erwähnt, dass die Ausrichtung einer Wirtschaftlichen Basishilfe auch die Frage der Ungleichbehandlung aufwirft, indem bei den sozialhilfeanspruchsberechtigten Personen eine Unterscheidung vorgenommen wird, welche dazu führt, dass nur von ausländischen Personen eine kommunal finanzierte Leistung bezogen werden kann, welche unter anderem im Vergleich zur ordentlichen Sozialhilfe nicht der Rückerstattungspflicht unterliegt. Diese Frage ist in Anbetracht der obigen Ausführungen vorliegend jedoch nicht weiter zu erörtern.
4.3
Zusammenfassend ist der eingereichten Aufsichtsbeschwerde gegen die Beschlüsse Nr. 1651 und Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 aus den dargelegten Gründen Folge zu leisten und die Beschlüsse entsprechend aufzuheben.
5. Kosten- und Entschädigungsfolgen
5.1
Verfahrenskosten sind keine zu erheben (vgl. Kaspar Plüss in: Griffel [Hrsg.], Kommentar VRG, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, § 13 N 23).
5.2
In aufsichtsrechtlichen Verfahren besteht kein Anspruch auf eine Parteientschädigung (Kaspar Plüss in: Kommentar VRG, a.a.O., § 17 N 10).
Der Bezirksrat beschliesst:
I. Der Aufsichtsanzeige vom 9. Juni 2023 wird Folge gegeben.
II. Die Beschlüsse Nr. 1651 und Nr. 1652 des Gemeinderats der Stadt Zürich vom 5. April 2023 werden aufgehoben.
III. Verfahrenskosten werden keine erhoben.
IV. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.
V. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit dessen Zu-stellung beim Regierungsrat des Kantons Zürich, 8090 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden. Die in dreifacher Ausfertigung einzureichende Re¬kursschrift hat einen Antrag und dessen Begründung zu enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen oder genau zu bezeichnen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.
VI. [Mitteilungen]
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