0424

Entscheidinstanz
Bezirksräte
Geschäftsnummer
US.2023.11
Entscheiddatum
19. Juli 2023
Rechtsgebiet
Schulrecht (Volksschule)
Stichworte
Waldkindergarten Freiwilligkeit Volksschulamt Schulanlage Schulzimmer Unterrichtsräume
Verwendete Erlasse
Art. 62 Abs. 2 BV

Zusammenfassung (verfasst von der Bezirksratskanzlei):

Ein Kind darf nur mit Einwilligung der Eltern in einen Waldkindergarten eingeteilt werden. Ein Waldkindergarten entspricht nicht vollumfänglich den Mindestanforderungen an Schulräumlichkeiten. Daher basiert das Angebot auf Freiwilligkeit.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

Mit Beschluss vom 6. Juni 2023 bestätigte die Primarschulpflege X die Einteilung von A in einen Waldkindergarten. Dieser beinhaltet drei Tage pro Woche Unterricht im Wald und zwei Tage in einem Schulzimmer. Gegen diesen Beschluss erhoben die Eltern mit Eingabe vom 15. Juni 2023 Rekurs. Sie machen geltend, ihr Sohn A friere sehr schnell und sei dann nicht kooperativ. Er erkälte sich auch schnell. Sie beantragen Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Einteilung von A in einen regulären Kindergarten.

Erwägungen:

1.
[Prozessgeschichte]

2.
[Eintreten]

3.
3.1
[Ausführungen der Schulpflege und der Rekurrenten]

3.2
Schulanlagen müssen einen zeitgemässen Unterricht erlauben. Geeignete Schulzimmer bilden eine wesentliche Bedingung, dass der Schulträger seine Pflicht zur Sicherung eines genügenden, allen offen stehenden Grundschulunterrichts (Art. 62 Abs. 2 BV) erfüllt (Plotke, Schweizerisches Schulrecht, 2. A. 2003, S. 261). Entsprechend hat die Bildungsdirektion des Kantons Zürich ausführliche Empfehlungen für Schulhausanlagen herausgegeben, welche auch Mindestanforderungen für Unterrichtsräume enthalten.
Ein Waldkindergarten entspricht offensichtlich nicht diesen Mindestanforderungen, da er im Freien stattfindet. Das Volksschulamt hat denn auch für Waldkindergärten spezielle Anforderungen festgelegt, welche sicherstellen sollen, dass der Lehrplan eingehalten wird, bei extremen Wetterbedingungen ein geeigneter Raum zur Verfügung steht, geeignete Vorkehren bei Fehlen von sanitären Anlagen getroffen werden, und die Sicherheit der Kinder gewährleistet ist. Es wird auch ausdrücklich festgehalten, dass das Angebot auf Freiwilligkeit basiert und die Eltern die Möglichkeit haben müssen, ihre Kinder am Wohnort in einen regulären Kindergarten zu schicken. Letzteres leuchtet auch ein, bewegt sich doch ein Waldkindergarten im Hinblick auf den Anspruch auf einen genügenden, allen offen stehenden Grundschulunterricht gemäss Art. 62 Abs. 2 BV in einem Graubereich.
In den Richtlinien des Volksschulamts wird festgehalten, dass einzelne oder wöchentliche Waldtage oder -halbtage nicht unter den Begriff «Waldkindergarten» fallen. Die Primarschule X schliesst daraus, dass ihr «WaldZimmer-Kindergarten» nicht unter den Begriff «Waldkindergarten» fällt, weil er nur an drei von fünf Tagen draussen stattfindet. Mit «wöchentlichen Waldtagen» ist aber offensichtlich höchstens ein Tag pro Woche gemeint. Im WaldZimmer-Kindergarten der Primarschule X werden demgegenüber mehr als die Hälfte der Wochentage draussen im Wald verbracht. Auch bei schlechtem Wetter wird nicht immer auf das Kindergartenzimmer ausgewichen, sondern teilweise auch auf Spielplätze. Der WaldZimmer-Kindergarten der Primarschule X fällt damit eindeutig unter den Begriff des Waldkindergartens, welcher freiwillig ist.
Die Rekurrenten kreuzten bei der Anmeldung für den Kindergarten vom 26. Januar 2023 das Feld «Über eine Einteilung in den WaldZimmer-Kindergarten würden wir uns freuen» nicht an, und sie wehrten sich explizit dagegen. Damit durfte A nicht in den WaldZimmer-Kindergarten eingeteilt werden.
Nach § 21 Abs. lit. a der Volksschulverordnung vom 28. Juni 2006 (VSV, LS 412.101) soll auf der Kindergartenstufe die Klassengrösse 21 SchülerInnen nicht überschreiten. […]. Es ist der Primarschulpflege zu überlassen, welcher Klasse A zugewiesen werden soll.
In Gutheissung des Rekurses ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben, und die Primarschulpflege anzuweisen, A in einen regulären Kindergarten einzuteilen.

4.
[Kostenfolgen]

5.
[aufschiebende Wirkung]

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