0410

Entscheidinstanz
Direktion der Justiz und des Innern
Geschäftsnummer
JI-2023-3833
Entscheiddatum
16. Februar 2023
Rechtsgebiet
Straf- und Massnahmenvollzug
Stichworte
Gemeinnützige Arbeit Ersatzfreiheitsstrafen Strafvollzug
Verwendete Erlasse
Art. 79a Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 StGB Art. 36 Abs. 1 StGB Art. 106 Abs. 5 StGB Art. 372 StGB Art. 375 Abs. 1 und Abs. 2 StGB § 38 Abs. 2 JVV § 48 Abs. 1 JVV Art. 439 StPO

Zusammenfassung (verfasst von der Direktion der Justiz und des Innern):

Nachdem der Rekurrent ein Gesuch um Verbüssung der Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit gestellt hatte, wurde er zu einem Besprechungstermin zwecks Planung und Regelung der Strafverbüssung eingeladen. Diesem Termin blieb er mehrmals unentschuldigt fern. Er verfügte daher nicht über die für das Leisten von gemeinnütziger Arbeit notwendige Zuverlässigkeit und Absprachefähigkeit. Daran vermochte auch der Einwand des Rekurrenten nichts zu ändern, er habe die Termine aufgrund seiner Alkoholsucht nicht wahrnehmen können, wobei er inzwischen in der Klinik für einige Wochen behandelt worden sei und nunmehr seit über einem Monat keinen Alkohol mehr konsumiere, handelte es sich hierbei doch um eine reine Parteibehauptung. Schliesslich war aufgrund der vom Rekurrenten vorgebrachten Suchterkrankung zweifelhaft, ob er gesundheitlich der Belastung in der jeweiligen Vollzugsform gewachsen und insbesondere in der Lage wäre, Arbeitseinsätze zu leisten bzw. einer Arbeit nachzugehen. Da der Rekurrent die offene Busse nicht bezahlte und diese auf dem Betreibungsweg uneinbringlich war, ist die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Folglich wird der Rekurs abgewiesen.

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft X. vom 2. März 2021 wurde A. wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Motorfahrzeug, qualifizierte Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration) zu einer Busse von Fr. 1'200.00 verurteilt. Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen ausgesprochen. A. stellte am 24. August 2022 bei Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich, […], ein Gesuch um Verbüssung dieser Strafe in Form gemeinnütziger Arbeit. Mit Verfügung vom 7. November 2022 wies Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich (JuWe), […], das Gesuch von A. vom 24. August 2022 um Strafverbüssung in Form gemeinnütziger Arbeit ab und lud ihn zum Strafantritt der Ersatzfreiheitsstrafe auf den 17. Januar 2023 ins Vollzugszentrum Y. vor. Gegen diese Verfügung erhob A. (Rekurrent) mit Eingabe vom 20. Dezember 2022 (Posteingang) Rekurs beim JuWe. Die Eingabe wurde zuständigkeitshalber an die Direktion der Justiz und des lnnern weitergeleitet. Das JuWe (Rekursgegner) nahm mit Vernehmlassung vom 18. Januar 2023 Stellung zum Rekurs, beantragte dessen Abweisung und reichte die Akten ein. Am 23. Januar 2023 reichte der Rekurrent eine Replik ein, in der er an seinem Begehren festhält. Der Rekursgegner liess sich nicht vernehmen. Die Sachverhaltsermittlungen gelten damit als abgeschlossen.

Erwägungen:

1. [Prozessvoraussetzungen]

2.

2.1 Der Rekurrent beantragt, es sei ihm nochmals eine Chance zu geben, die Busse in Form von gemeinnütziger Arbeit zu verbüssen. Da er ein Alkoholproblem habe, habe er die vereinbarten Besprechungstermine bei den Z. nicht wahrnehmen können. Über ein Arztzeugnis verfüge er nicht, da er dazumal nicht im Stande gewesen sei, einen Arzt aufzusuchen. Er sei aber in der Zwischenzeit für ein paar Wochen in der Psychiatrischen Universitätsklinik […] behandelt worden und konsumiere seit über einem Monat keinen Alkohol mehr. Schliesslich würde er eine Freiheitsstrafe psychisch nicht durchhalten.
2.2 Demgegenüber macht der Rekursgegner zusammenfassend geltend, aufgrund der kurzen Dauer der Suchtbehandlung und die erst seit kurzem bestehende Alkoholabstinenz des Rekurrenten sei davon auszugehen, dass sich dessen gesundheitliche Situation und damit auch dessen Zuverlässigkeit und Absprachefähigkeit nicht nachhaltig verbessert hätten. Gegenteiliges werde vom Rekurrent auch nicht belegt. Folglich bestehe keine Gewähr, dass der Rekurrent die Rahmenbedingungen der Vollzugsbehörde und des Einsatzbetriebs einhalten werde, weshalb er die Voraussetzungen für den Vollzug in Form von gemeinnütziger Arbeit nicht erfülle.

3.

3.1 Nach Art. 79a Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) kann auf Gesuch des Verurteilten hin eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten sowie eine Geldstrafe oder eine Busse in der Form von gemeinnütziger Arbeit vollzogen werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass er flieht oder weitere Straftaten begeht. Die Vollzugsbehörde bestimmt dem Verurteilten eine Frist von höchstens zwei Jahren, innerhalb der er die gemeinnützige Arbeit zu leisten hat. Bei gemeinnütziger Arbeit zum Vollzug einer Busse beträgt die Frist ein Jahr (Art. 79a Abs. 5 StGB).

3.2 Für die Durchführung der gemeinnützigen Arbeit sind die Kantone zuständig (Art. 375 Abs. 1 StGB). Die zuständige Behörde bestimmt die Art und Form der zu leistenden gemeinnützigen Arbeit (Abs. 2). Gemäss § 38 Abs. 2 der Justizvollzugsverordnung (JVV) gelten für Zulassung und Voraussetzungen, Vollzugsmodalitäten, Abbruch und Beendigung der gemeinnützigen Arbeit die Richtlinien der Ostschweizerischen Strafvollzugskommission für die besonderen Vollzugsformen vom 31. März 2017 (fortan Richtlinien). Nach Ziff. 1.3.A. der Richtlinien wird für den Vollzug der Strafe in der Form von gemeinnütziger Arbeit unter anderem die Gewähr vorausgesetzt, dass die Rahmenbedingungen der Vollzugsbehörde und des Einsatzbetriebs eingehalten werden (lit. f). Die verurteilte Person muss beispielsweise gesundheitlich der Belastung in der jeweiligen Vollzugsform gewachsen und insbesondere in der Lage sein, Arbeitseinsätze zu leisten bzw. einer Arbeit oder Ausbildung nachzugehen. Sie muss erreichbar sein und sich als zuverlässig erweisen (Fussnote 6 zu Ziff. 1.3.A. lit. f der Richtlinien).

3.3 Gemäss Art. 372 StGB und Art. 439 der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO) hat die Vollzugsbehörde eine rechtskräftig ausgefällte Strafe zu vollziehen. Die verurteilte Person, welche die Voraussetzungen für den Vollzug der Strafe in der Form von gemeinnütziger Arbeit nicht erfüllt, wird zum offenen oder geschlossenen Vollzug der Freiheitsstrafe aufgeboten (§ 48 Abs. 1 JVV). Geldstrafen und Bussen werden vollstreckt (Art. 79a Abs. 6 StGB). An die Stelle einer Busse tritt eine Ersatzfreiheitsstrafe, soweit der Verurteilte die Busse nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg uneinbringlich ist (Art. 106 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 StGB). Die Umwandlung einer Busse in eine Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt bei Nichtbezahlung in der Regel automatisch (Trechsel/Keller, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 36 N 2). Die Umwandlung ergibt sich direkt aus dem Gesetz und dem Geldstrafenurteil bzw. der Bussenverfügung.

4.

4.1 Nachdem der Rekurrent am 24. August 2022 bei den Z. um Verbüssung der Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit ersucht hatte, wurde er zwecks Planung und Regelung der Strafverbüssung zu einem Besprechungstermin am 28. September 2022 eingeladen. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass bei unentschuldigtem oder nicht ausreichend begründetem Nichterscheinen die uneinbringliche Busse als Ersatzfreiheitsstrafe im Normalvollzug vollzogen werde. Daraufhin liess der Rekurrent am 28. September 2022 den vereinbarten Besprechungstermin mit der Begründung verschieben, er sei krank. In der Folge wurde der 7. Oktober 2022 als neuer Termin vereinbart, wobei der Rekurrent nochmals auf die Folgen eines unentschuldigten bzw. nicht ausreichend begründeten Fernbleibens hingewiesen wurde. Auch diesem Termin blieb er unentschuldigt fern. Anschliessend meldete er sich am 10. Oktober 2022 telefonisch bei den Z., entschuldigte sich für den verpassten Termin, den er schlicht vergessen habe, und bat um einen neuen Termin, wobei er versicherte, diesen endlich wahrzunehmen. Nachdem der 21. Oktober 2022 als neuer Termin vereinbart worden war, hielt er auch diesen nicht ein und meldete sich in der Folge nicht mehr bei den Z., obwohl er zuvor erneut auf die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens hingewiesen worden war. Daraus erhellt, dass der Rekurrent die für das Leisten von gemeinnütziger Arbeit notwendige Zuverlässigkeit und Absprachefähigkeit nicht erbringt. Folglich besteht keine Gewähr, dass er die Rahmenbedingungen der Vollzugsbehörde und des Einsatzbetriebs einhalten wird, womit es an einer persönlichen Voraussetzung für die Strafverbüssung in Form von gemeinnütziger Arbeit fehlt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Rekursgegner das Gesuch des Rekurrenten um Strafverbüssung in Form von gemeinnütziger Arbeit abgewiesen hat. Daran vermag auch der Einwand des Rekurrenten nichts zu ändern, er habe die Termine aufgrund seiner Alkoholsucht nicht wahrnehmen können, wobei er inzwischen in der Psychiatrischen Universitätsklinik […] für einige Wochen behandelt worden sei und nunmehr seit über einem Monat keinen Alkohol mehr konsumiere, handelt es sich hierbei doch um eine reine Parteibehauptung. Aber selbst wenn er tatsächlich an einer Suchterkrankung leiden sollte, erscheint unwahrscheinlich, dass er diese in derart kurzer Zeit restlos überwunden hat. Unter diesen Umständen ist es zweifelhaft, ob er gesundheitlich der Belastung in der jeweiligen Vollzugsform gewachsen und insbesondere in der Lage wäre, Arbeitseinsätze zu leisten bzw. einer Arbeit nachzugehen.

4.2 Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft X. vom 2. März 2021 wurde der Rekurrent wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Motorfahrzeug, qualifizierte Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration) zu einer Busse von Fr. 1'200.00 verurteilt. Dieser Strafbefehl erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Nachdem der Rekurrent die offene Busse von Fr. 1'200.00, abzüglich Teilzahlung von Fr. 140.00, (entspricht 11 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) nicht bezahlt hat und diese auf dem Betreibungsweg uneinbringlich ist (Verlustschein vom 14. Februar 2022), ist der Rekursgegner verpflichtet, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Rekurrent hat damit die Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Tagen gemäss angefochtener Verfügung im Vollzugszentrum Y. anzutreten. Da der Rekurrent auf den […] in den Strafvollzug vorgeladen wurde, dieser Termin aber mittlerweile verstrichen ist, ist ein neuer Strafantrittstermin festzulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Rekurrenten im Rahmen des geführten Rechtsmittelverfahrens ausreichend Zeit zur Verfügung stand, seine Angelegenheiten im Hinblick auf den Strafvollzug zu regeln. Als angemessen erweist es sich daher, ihn neu auf den […], […] Uhr, in den Strafvollzug vorzuladen. Die weiteren Anordnungen gemäss der Verfügung der Vorinstanz vom 7. November 2022 bleiben bestehen. Der Rekurrent ist darauf hinzuweisen, dass er den Strafvollzug durch die Bezahlung der offenen Busse (Fr. 1'060.00) vor dem […] jederzeit abwenden kann.

5.
Nach dem Gesagten ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden und der Rekurs abzuweisen.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Rekurrent kostenpflichtig (§ 13 Abs. 2 VRG).

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