Anonymisierter Entscheidtext
Sachverhalt
In Sachen Stadt Winterthur, Rekurrentin, vertreten durch den Stadtrat, dieser vertreten durch RA X., gegen den Zürcher Verkehrsverbund (ZVV), Rekursgegner, vertreten durch den Verkehrsrat, betreffend Verbundfahrplan 2022-2023
hat sich ergeben:
A. Der Verkehrsrat stimmte mit Beschluss vom 1. Juli 2021 den gegenüber dem Verbundfahrplan 2021 vorgenommenen Angebotsänderungen für die Fahrpläne 2022 und 2023 zu und ermächtigte die Direktion des Rekursgegners, die entsprechenden Fahrpläne zu erstellen und den Gemeinden in rekursfähiger Form zu eröffnen. Mit Schreiben vom 23. August 2021 eröffnete der Rekursgegner den politischen Gemeinden im Kanton Zürich, und damit der Rekurrentin, diesen Beschluss und den Verbundfahrplan 2022–2023 und wies in der Rechtsmittelbelehrung daraufhin, dass einem Rekurs die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen entzogen sei.
B. Gegen diese Verfügung erhob die Rekurrentin mit Eingabe vom 10. September 2021 rechtzeitig Rekurs an den Regierungsrat. Sie beantragte, es sei der Rekursgegner zu verpflichten, auf den Angebotsabbau auf der Buslinie W10 zu verzichten und das Angebot analog dem Fahrplan 2021 weiterzuführen sowie die Kosten dieses Angebotes zu übernehmen; in verfahrensrechtlicher Hinsicht sei die aufschiebende Wirkung des Rekurses wiederherzustellen und es sei über die aufschiebende Wirkung bis 17. September 2021 zu entscheiden; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Rekursgegners. Zudem stellte die Rekurrentin den prozessualen Antrag, der Rekursgegner sei zu verpflichten, den Antrag seiner Direktion an den Verkehrsrat vom 1. Juli 2021, welcher Grundlage des angefochtenen Beschlusses des Verkehrsrates vom 1. Juli 2021 bilde, zu edieren.
C. Mit Verfügung vom 17. September 2021 nahm die Staatskanzlei Vormerk vom Eingang des Rekurses und hiess das Begehren um provisorische (Wieder-)Erteilung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses unpräjudiziell und unter Vorbehalt einer gegenteiligen Verfügung der Regierungspräsidentin einstweilen superprovisorisch gut. Des Weiteren verpflichtete die Staatskanzlei den Rekursgegner, innert zehn Tagen zum Antrag betreffend Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen. Ausserdem lud sie ihn dazu ein, innert 30 Tagen eine Vernehmlassung mit den vollständigen Akten einzureichen.
D. Am 28. September 2021 reichte der Rekursgegner seine Stellungnahme zur Frage der aufschiebenden Wirkung ein. Er beantragte, das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sei abzuweisen bzw. die durch die Staatskanzlei superprovisorisch erteilte aufschiebende Wirkung sei wieder zu entziehen. Mit Eingabe vom 14. Oktober 2021 ergänzte der Rekursgegner seine Stellungnahme vom 28. September 2021.
E. In seiner Vernehmlassung vom 19. Oktober 2021 beantragte der Rekursgegner die Abweisung des Rekurses.
F. Mit Präsidialverfügung vom 11. November 2021 wurde das Gesuch der Rekurrentin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.
G. Die Stellungnahme des Rekursgegners zur Frage der aufschiebenden Wirkung vom 28. September 2021, die Eingabe vom 14. Oktober 2021 und die Vernehmlassung vom 19. Oktober 2021 wurden der Rekurrentin mit E-Mail vom 23. November 2021 zur Kenntnisnahme zugestellt. Mit Schreiben vom 26. November 2021 beantragte die Rekurrentin, dass ihr Frist zur Replik anzusetzen sei. Mit E-Mail der Staatskanzlei vom 9. Dezember 2021 wurde die Rekurrentin darauf hingewiesen, dass kein formeller zweiter Schriftenwechsel angeordnet werde und dass eine allfällige Stellungnahme zur Vernehmlassung vom 19. Oktober 2021 innert 30 Tagen nach Zustellung der Vernehmlassung erwartet werde. Mit Eingabe vom 12. Januar 2022 nahm die Rekurrentin innert erstreckter Frist freiwillig zur Vernehmlassung Stellung.
Die Begründungen der Parteien ergeben sich, soweit erforderlich, aus den Erwägungen.
Erwägungen
1. a) Nach § 19b Abs. 2 lit. a Ziff. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) können Anordnungen von Kommissionen, die von einem Mitglied des Regierungsrates geleitet werden, an den Regierungsrat weitergezogen werden. Gemäss § 10 des Gesetzes über den öffentlichen Personenverkehr vom 6. März 1988 (PVG; LS 740.1) ist der Verkehrsverbund eine unselbstständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts (Abs. 1) mit Partei- und Prozessfähigkeit (Abs. 2). Seine Führung obliegt dem Verkehrsrat (§ 13 Abs. 2 PVG); die unmittelbare Leitung wird durch eine Direktion besorgt, die der Volkswirtschaftsdirektion administrativ angegliedert ist (§ 15 Abs. 1 PVG). Der Verkehrsrat umfasst neun Mitglieder. Er wird von einem Mitglied des Regierungsrates präsidiert (§ 14 Abs. 1 PVG). Der Beschluss des Verkehrsrates vom
1. Juli 2021 kann somit beim Regierungsrat angefochten werden und
dieser ist zur Behandlung des form- und fristgerecht eingereichten Rekurses zuständig.
b) Der Rekursgegner gewährleistet gemäss § 18 Abs. 1 PVG eine Grundversorgung; darüber hinaus werden entsprechend der möglichen Nachfrage Fahrplanverdichtungen und zusätzliche Linien eingeführt. In Streitigkeiten über die Ausgestaltung der Grundversorgung, die Festlegung des übrigen Verbundangebotes sowie die Kostenanteile der Gemeinden steht diesen der Rekurs an den Regierungsrat offen (§ 29 PVG). Streitgegenstand des vorliegenden Rekursverfahrens ist eine Taktreduktion auf der Buslinie W10 (Winterthur, Hauptbahnhof – Winterthur, Bahnhof Oberwinterthur) im Zeitraum Montag bis Freitag von 15.45 bis 19.20 Uhr von einem 10-Minuten- auf einen 15-Minuten-Takt. Die Legitimation der Rekurrentin ist unbestritten, ist sie als Anliegergemeinde doch ohne Weiteres in den von ihr vertretenen schutzwürdigen Interessen betroffen.
2. Gemäss § 18 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation des Regierungsrates und der kantonalen Verwaltung vom 6. Juni 2005 (OG RR; LS 172.1) treten Mitglieder des Regierungsrates sowie die Staatsschreiberin oder der Staatsschreiber bei der Beratung und Beschlussfassung in den Ausstand, wenn Anordnungen der von ihnen geleiteten Direktionen, der Staatskanzlei oder von Gremien, in denen sie Einsitz haben, vor dem Regierungsrat angefochten werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des VRG (§ 18 Abs. 2 OG RR). Vorliegend ist ein Beschluss des Verkehrsrates angefochten, weshalb dessen Präsidentin, Regierungsrätin Carmen Walker Späh, in den Ausstand tritt und am Rekursentscheid nicht mitwirkt.
3. a) Die Rekurrentin rügt in ihrer Rekursschrift vom 10. September 2021 (act. 1) und in ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2022 (act. 9) eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Mit Schreiben vom 31. August 2020 habe der Rekursgegner den marktverantwortlichen Unternehmen die Vorgaben für das Fahrplanverfahren 2022–2023 mitgeteilt. Darin habe er festgehalten, dass keine Mittel für zusätzliche Fahrzeuge zur Verfügung stehen würden, die aufgrund von Massnahmen im Strassenraum (wie insbesondere Tempo-30-Zonen) notwendig seien. Folglich habe Stadtbus Winterthur (SBW) aufgrund dieser kantonalen Vorgabe für die Linie W10 die strittige Taktreduktion geplant. Weil der Abbau in der Abendspitze zu einer finanziellen Entlastung führen würde, sei vorgesehen gewesen, diese Mittel für die Randverkehrszeiten einzusetzen. Für die Randverkehrszeiten sei daher keine Angebotsanpassung vorgesehen gewesen. Die Rekurrentin habe grosse Anstrengungen unternommen, um die Zeitverluste, die aus der Lärmsanierung mittels Tempo-30-Zonen resultierten, mit baulichen und betrieblichen Anpassungen zu kompensieren. Mit den bereits umgesetzten und den noch geplanten Massnahmen werde SBW die Verlustzeiten der Linie W10 in der Abendspitze kompensieren können, womit der Abbau auf einen 15-Minuten-Takt nicht nötig sein werde. Bestehen bleibe jedoch die Problematik der verlängerten Umlaufzeiten in der Randverkehrszeit, welche zu einem zusätzlichen Finanzbedarf von Fr. 60 000 führe. Die Rekurrentin habe in der Folge an der Regionalen Verkehrskonferenz (RVK) Winterthur Stadt und Region vom 25. Mai 2021 das Begehren zuhanden des Verkehrsrates gestellt, auf den Angebotsabbau auf der Buslinie W10 sei zu verzichten und die infolge Tempo 30 entstehenden Mehrkosten seien durch den Rekursgegner zu tragen. Eventualiter würde die Rekurrentin dort reduzieren wollen, wo die tatsächlichen Kosten anfallen, nämlich in den Randverkehrszeiten. Da aber in der öffentlichen Auflage des Fahrplans kein Abbau in den Randverkehrszeiten vorgesehen gewesen sei, könne die Rekurrentin den zur Einsparung dieser Kosten notwendigen Abbau in den Randverkehrszeiten erst nach einer weiteren öffentlichen Auflage des Fahrplans unter Mitsprache der Bevölkerung durchführen, somit erst auf Dezember 2023. Der Verkehrsrat habe dieses Begehren abgelehnt und den in der öffentlichen Fahrplanauflage vorgesehenen Angebotsabbau gegenüber dem Verbundfahrplan 2021 genehmigt. Der Rekursgegner habe das rechtliche Gehör der Rekurrentin dabei dreifach verletzt: Erstens sei eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin zu sehen, dass er mit keinem Wort auf die durch SBW erreichten Kompensationen in den Abendstunden reagiert, sondern am Abbau festgehalten habe, um die erhöhten Kosten in den Randzeiten zu finanzieren.
Zweitens liege in der pauschalen Festsetzung, dass keinerlei Tempo-30-Massnahmen finanziert würden, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dem angefochtenen Beschluss sei nicht zu entnehmen, dass die auf dem gesamten Kantonsgebiet umgesetzten Tempo-30-Zonen und die hierdurch entstehenden Mehrkosten in die strategische und finanzielle Planung für das Fahrplanverfahren 2022–2023 eingeflossen wären. Dennoch habe sich der Rekursgegner auf eine derartige Strategie festgelegt, um Tempo-30-Zonen zu bekämpfen. SBW als marktverantwortliches Transportunternehmen sei hierzu nicht spezifisch angehört worden. Die dritte Verletzung des rechtlichen Gehörs liege darin, dass der Rekursgegner die relevanten Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtigt habe.
b) Der Rekursgegner bestreitet in seiner Vernehmlassung vom 19. Oktober 2021 (act. 5) eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das Fahrplanverfahren sei in Einklang mit den rechtlichen Vorgaben, namentlich unter gehörigem Einbezug von SBW wie auch der Rekurrentin (vertreten an der RVK) durchgeführt worden. Die Vorgaben seien wie üblich in Absprache mit den marktverantwortlichen Verkehrsunternehmen (MVU) definiert worden. Dazu hätten zu Beginn des Fahrplanverfahrens (FPV) am 16. Januar 2020 und 10. März 2020 Sitzungen mit Vertreterinnen und Vertretern des Rekursgegners und von SBW stattgefunden, an welchen die von SBW vorgesehenen Massnahmen im FPV besprochen worden seien. Ergänzend seien vor dem Versand der Vorgaben im August 2020 diverse Telefonate und Mailwechsel erfolgt. Mit Schreiben vom 31. August 2020 seien SBW die gemeinsam erarbeiteten Vorgaben für das FPV 2022–2023 zugestellt worden. Bezüglich Fahrzeitverlängerungen durch Massnahmen im Strassenraum sei dabei ausdrücklich festgehalten worden, dass der Rekursgegner angesichts der notwendigen Einsparungen im Zusammenhang mit den pandemiebedingten massiven Ertragsausfällen keine finanziellen Mittel für allfällige zusätzlich benötigte Fahrzeuge aufgrund solcher Massnahmen zur Verfügung stellen könne. Am 4. Dezember 2020 habe zudem erneut ein Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Rekursgegners und von SBW stattgefunden. Anfang Januar 2021 sei die Eingabe von SBW an den Rekursgegner erfolgt, in welcher zur Kompensation der Mehrkosten infolge Tempo 30 die Taktausdünnung auf der Linie W10 eingegeben worden sei. Vom 8. Bis 28. März 2021 seien die entsprechenden Fahrpläne öffentlich aufgelegt worden und die Bevölkerung habe Änderungswünsche an die jeweilige Wohngemeinde richten können. An der RVK Winterthur Stadt und Region am 25. Mai 2021 seien die Begehren diskutiert und allfällige Änderungen gegenüber der öffentlichen Auflage beantragt worden. Aus der Bevölkerung seien keine Begehren zur Taktausdünnung auf der Buslinie W10 eingegangen. Die Rekurrentin und die RVK Winterthur Stadt und Region hätten jedoch die Beibehaltung des aktuellen Fahrplans auf der Linie W10 und die Tragung der zusätzlichen Kosten durch den Rekursgegner gefordert. In der zweiten Eingabe vom 31. Mai 2021 sei bezüglich der Linie W10 lediglich in der Massnahme M10 auf eine Variante 2 hingewiesen worden, die einen vollständigen Verzicht auf die Kompensationsmassnahme vorgesehen habe. Die von der Rekurrentin geltend gemachten Beschleunigungsmassnahmen seien hingegen in der Eingabe von SBW nicht erwähnt gewesen.
4. a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) umfasst mehrere Teilgehalte. Ein wesentlicher Teilgehalt ist der Anspruch auf vorgängige Äusserung und Anhörung (Alain Griffel, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG] [zit. Kommentar VRG], 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014,
§ 8 N. 29 ff.). Die Rekurrentin rügt insbesondere, SBW als MVU sei zur pauschalen Festsetzung durch den Rekursgegner in seinen Vorgaben, dass keinerlei Tempo-30-Massnahmen finanziert würden, nicht im Sinne von § 12 der Fahrplanverfahrensverordnung vom 15. Oktober 1997 (FVV; LS 740.35) spezifisch angehört worden. Gemäss § 12 FVV legt der Rekursgegner im Rahmen der Grundsätze des Kantonsrates über die Tarifordnung und die mittel- und langfristige Entwicklung des Angebots in Absprache mit den marktverantwortlichen Transportunternehmen die strategischen und finanziellen Vorgaben für das Fahrplanverfahren in den einzelnen Marktgebieten fest. Das FPV sieht zahlreiche Anhörungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden, der regionalen Planungsverbände und der Transportunternehmungen vor. Wie die vorgehenden Ausführungen zum FPV 2022–2023 zeigen, hatte die Rekurrentin im Laufe des FPV denn auch wiederholt die Möglichkeit, sich zur Strategie des Rekursgegners und zur strittigen Taktreduktion zu äussern und deutlich zu machen, dass sie damit nicht einverstanden ist. Dass § 12 FVV eine noch spezifischere Anhörung verlangen würde, ist nicht ersichtlich.
b) Weitere Teilgehalte des rechtlichen Gehörs sind auch der Anspruch auf Auseinandersetzung mit den gestellten Anträgen und den relevanten Sachvorbringen (Alain Griffel, in: Kommentar VRG, § 8 N. 33 ff.) sowie die Begründungspflicht (§ 10 Abs. 1 VRG). Wenn die Rekurrentin rügt, der Rekursgegner habe mit keinem Wort auf die durch SBW erreichten Kompensationen in den Abendstunden reagiert und habe ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls pauschal festgelegt, keine Kosten von Tempo 30 zu übernehmen, rügt sie eine Verletzung dieser Teilgehalte des rechtlichen Gehörs. Zwar wurde der Rekurrentin (und den übrigen Gemeinden) bei der Eröffnung des Beschlusses des Verkehrsrates vom 1. Juli 2021 und des Verbundfahrplans 2022–2023 die Begründung des Beschlusses bzw. der Antrag des Direktors des Rekursgegners an den Rekursgegner praxisgemäss nicht miteröffnet. Die Rekurrentin war im FPV aber von Anfang an über die Strategie des Rekursgegners, im FPV 2022–2023 keine Kosten von Tempo 30 zu übernehmen, sowie über die vom Rekursgegner als notwendig erachteten Kompensationsmassnahmen informiert worden. Mit der Vernehmlassung reichte der Rekursgegner zudem den vollständigen Beschluss des Verkehrsrates vom 1. Juli 2022 mit dem Antrag des Direktors des Rekursgegners ein. Darin (act. 5/1, S. 25) wird ausgeführt, dass die Rekurrentin den Verzicht auf Kompensationsmassnahmen auf der Linie W10 und die Übernahme der Mehrkosten durch den Rekursgegner fordere. Auf der Linie W10 werde der Einsatz eines zusätzlichen Fahrzeugs in den Randverkehrszeiten notwendig, um die Fahrzeitverlängerungen durch Tempo 30 im Umlauf auszugleichen. SBW habe in der öffentlichen Auflage gemäss Vorgaben des Rekursgegners die Mehrkosten durch eine Taktreduktion auf der Linie W10 kompensiert. So solle von Montag bis Freitag von 15.45 bis 19.20 Uhr der 10-Minuten-Takt auf den 15-Minuten-Takt ausgedünnt werden. Die Rekurrentin fordere, dass die Mehrkosten infolge Tempo 30 auf der Linie W10 durch den Rekursgegner getragen werden sollten. Die Kompensationsmassnahme sei verhältnismässig und von der Nachfrage her umsetzbar und habe keine Reaktionen aus der Bevölkerung ausgelöst. Die Mehrkosten infolge von Tempo 30 seien im vorliegenden Fall der Rekurrentin mit lediglich Fr. 60000 deutlich tiefer als im Fall der Stadt Zürich. Der Entscheid zur Übernahme der Mehrkosten auf der Linie W10 im aktuellen FPV sei aber richtungsweisend für die Zukunft und könne aus Gründen der Gleichbehandlung nicht anders ausfallen als für die Stadt Zürich. Der Anspruch auf Auseinandersetzung mit den gestellten Anträgen verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der am Verfahren Beteiligten sorgfältig und ernsthaft prüft und beim Entscheid berücksichtigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie sich mit jeder tatbeständlichen Behauptung, mit jedem rechtlichen Einwand und mit jedem Beweismittel auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (Alain Griffel, in: Kommentar VRG, § 8 N. 33). In einem langwierigen und komplexen Verfahren wie dem FPV, in das verschiedene Parteien mit zahlreichen Anhörungs- und Mitwirkungsrechten involviert sind, kann nicht verlangt werden, dass sich der Rekursgegner in der Begründung des Beschlusses vom 1. Juli 2021 noch detaillierter als dargelegt mit den umweltrechtlichen Argumenten der Rekurrentin und mit den auf einer einzelnen Buslinie vorgenommenen Kompensationsmassnahmen auseinandersetzt. So bestehen bei schematischen Rechtsanwendungsakten und bei Massenverfügungen denn auch geringere Anforderungen an die Begründungsdichte (Kaspar Plüss, in: Kommentar VRG, § 10 N. 18 ff.). Der Rekursgegner hat in den Vorgaben vom 31. August 2020, und auch schon davor, klargestellt, dass er aufgrund der pandemiebedingt knappen Finanzmittel im FPV 2022–2023 die Strategie verfolgt, keine Kosten von Massnahmen zu übernehmen, die durch die Einführung von Tempo 30 entstehen. Nachdem trotz der Kompensationsmassnahmen der Rekurrentin durch die Aufrechterhaltung des Fahrplanangebots 2021 Mehrkosten entstünden, entspricht es der schon im Jahr 2020 kommunizierten Strategie des Rekursgegners, diese Mehrkosten nicht zu übernehmen. Dabei ist das Argument der Rekurrentin, dass sie eventualiter eine Reduktion in den Randstunden, statt in der abendlichen Hauptverkehrszeit, gefordert habe, unbehelflich, da sie selbst ausführt, dass sich dieses Eventualbegehren erst auf das kommende FPV bezogen habe, weshalb sich der Rekursgegner im FPV 2022–2023 schon deshalb nicht damit auseinandersetzen musste.
c) Wenn die Rekurrentin ihren Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt sieht, dass der Rekursgegner pauschal festgelegt habe, keine Kosten von Tempo 30 zu übernehmen und die Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtige, vermischt sie die Frage des rechtlichen Gehörs mit der materiell-rechtlichen Beurteilung. Ob die kritisierte Strategie des Rekursgegners rechtlich haltbar ist, ist eine Frage des materiellen Rechts. Nachdem sich die Rekurrentin mehrfach zu dieser Strategie äussern konnte, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs diesbezüglich nicht ersichtlich. Dass der Rekursgegner die Auffassung der Rekurrentin nicht teilt, ist keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Eine Verletzung des Anspruchs der Rekurrentin auf rechtliches Gehör ist daher zu verneinen.
5. In materiell-rechtlicher Hinsicht macht die Rekurrentin im Wesentlichen geltend, der Bund verpflichte die Kantone und Gemeinden sowohl nach dem Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) als auch gestützt auf die Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm. Die Rekurrentin sei aufgrund dieser bundesrechtlichen Vorgaben verpflichtet, die teilweise sehr hohen Lärmbelastungen durch Massnahmen an der Quelle zu beheben. Zu diesem Zweck habe sie beschlossen, auf verschiedenen stark lärmbelasteten Strassenabschnitten zusätzlich Tempo-30-Zonen einzurichten, so auch auf der streitbetroffenen Rychenbergstrasse. Die direkten Kosten solcher Sanierungen habe grundsätzlich sie als Eigentümerin dieser kommunalen Strasse zu tragen. Dies könne jedoch nicht bedeuten, dass die Gemeinden auch indirekte Kosten der Lärmsanierung zu tragen hätten, wie sie vorliegend umstritten seien. Das USG regle nur die Kosten, welche durch die umweltrechtliche Massnahme direkt ausgelöst würden und dieser Massnahme damit zurechenbar seien. Auswirkungen auf den Fahrplan von Buslinien seien keine zurechenbaren Kosten der verkehrsberuhigenden Massnahme. Indem es der Rekursgegner pauschal ablehne, durch Lärmsanierungen mittels Tempo-30-Zonen ausgelöste indirekte Kosten im Rahmen des Fahrplanverfahrens zu berücksichtigen, setze er einen starken Anreiz für Gemeinden des Kantons Zürich, auf Lärmsanierungen mittels verkehrsberuhigender Massnahmen zu verzichten, da die Gemeinden sonst nicht nur die direkten Kosten als Eigentümerinnen der Anlagen zu tragen hätten, sondern darüber hinaus zusätzlich indirekte Kosten aufgrund von Fahrzeitverlängerungen. Der Rekursgegner vereitle die vom Bundesrecht geforderte Interessenabwägung, indem er neben den direkten Kosten auch die indirekten Kosten für die bundesrechtlich geforderte Lärmsanierung der betroffenen Strassen im Bereich des öffentlichen Verkehrs den Gemeinden überbürde. Dieses Vorgehen widerspreche auch den Vorgaben des eigenen kantonalen Gesetzgebers. Aus dem Beschluss des Kantonsrates betreffend Grundsätze über die mittel- und langfristige Entwicklung von Angebot und Tarif im öffentlichen Personenverkehr vom 10. Februar 2020, mit dem der Kantonsrat den Rahmen für die strategischen und finanziellen Vorgaben des Rekursgegners für das FPV gesetzt habe, ergebe sich, dass sich der Kantonsrat bewusst sei, dass der Lärmschutz im Verhältnis zum öffentlichen Busverkehr nicht einfach pauschal vernachlässigt werden dürfe, sondern in jedem Fall die sich teilweise widerstrebenden Interessen umfassend gegeneinander abgewogen werden müssten. Auf der Linie W10 sei aufgrund der hohen Nachfrage mit dem Fahrplanwechsel 2018 von Montag bis Freitag sowohl morgens als auch abends ein 10-Minuten-Takt eingeführt worden. Von Montag bis Samstag ab 21 Uhr sowie sonntags ganztägig gelte ein 15-Minuten-Takt. Dies habe mit einer signifikanten Nachfragesteigerung von insgesamt +17% bzw. von rund 190000 Passagierinnen und Passagieren pro Jahr korreliert. Etwa 10% der Fahrgastzunahmen würden auf die Hauptverkehrszeiten am Abend fallen, rund 2% der Zunahme sei dem Angebotsausbau zu den Randstunden und am Sonntag zuzuordnen. Die Fahrgastentwicklung seit 2018 und die Nachfragezunahme um +17% zeige, dass ein Bedürfnis nach einem dichten Takt auf der Linie W10 bestehe. Insbesondere in den Morgen- und Abendspitzen seien die Busse stark ausgelastet, in Spitzen sogar über 100%. Diese Nachfragezunahme liege eindeutig über der sonst üblichen von 2–3% jährlich und gesamtstädtisch und sei hauptsächlich dem Angebotsausbau auf der Linie W10 zuzuschreiben. Wenngleich die Nachfrage gegenwärtig pandemiebedingt lediglich zwischen 80% und 90% der vorherigen Nachfrage liege, müsste bei einem Angebotsabbau mit einem wesentlichen und nachhaltigen Rückgang der Nachfrage gerechnet werden. Der Angebotsabbau widerspreche den gesetzlichen Vorgaben, wonach eine Taktausdünnung nur bei nicht vorhandener Nachfrage erfolgen dürfe.
6. a) Der Rekursgegner hält dem im Wesentlichen entgegen, dass die von der Rekurrentin erörterten Grundsatzfragen im Zusammenhang mit der Einführung von Tempo 30 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien. Was die finanziellen Folgen von grossflächigen Temporeduktionen für den öffentlichen Verkehr angehe, so seien diese Kosten grundsätzlich durch die Gemeinde – vorliegend also die Rekurrentin – zu decken, die als Strasseninhaberin für die Lärmsanierung gemäss LSV verantwortlich sei. Es entspreche dem Verursacherprinzip, die Vollkosten einer umweltrechtlichen Massnahme zu überwälzen. Vorliegend handle es sich um der Massnahme zurechenbare Kosten. Die Nachfrage in den Abendspitzen habe auf der Linie W10 durchschnittlich 30 Einsteigerinnen und Einsteiger pro Kurs (im Spitzenjahr 2019) betragen und könne somit auch im 15-Minuten-Takt gut abgedeckt werden. Der nachfragestärkste Kurs habe zudem auf dem Streckenabschnitt mit der jeweils höchsten Belegung eine durchschnittliche Belegung von 34 Fahrgästen. Diese sei massgebend für die Dimensionierung des Angebotes. Auch dieses Fahrgastaufkommen sei im 15-Minuten-Takt zu bewältigen. Die auf der Linie W10 eingesetzten Standardbusse hätten eine Fahrgastkapazität von maximal 81 bzw. 84 Personen. Aufgrund der Coronapandemie liege die Nachfrage aktuell deutlich tiefer. Gemäss aktuellen Prognosen dürfte das Niveau des Jahres 2019 frühestens Ende 2024 wieder erreicht werden. Taktverdichtungen könnten zwar einen positiven Effekt auf die Nachfrage haben, dieser zeige sich jedoch vor allem bei grossen Taktsprüngen. In Bezug auf die Linie W10 sei anzumerken, dass SBW im Jahr 2019 gegenüber 2018 über alle Linien gesehen eine Nachfragesteigerung von 8,5% erzielt habe. Die 10% Nachfragesteigerung auf der Linie W10 könne insofern nicht nur auf die Verdichtungskurse zurückgeführt werden, sondern sei in erster Linie Teil des allgemeinen Nachfragezuwachses. Da die Nachfragezahlen aus dem Jahr 2019 zeigten, dass auf der Linie W10 eine Verkürzung des Intervalls auf einen 10-Minuten-Takt in der abendlichen Hauptverkehrszeit nicht erforderlich sei, könne diese Verdichtung aufgehoben werden, ohne die Vorgabe der Angebotsverordnung zu verletzen.
b) In ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2022 macht die Rekurrentin dagegen geltend, die Kapazität eines Standardbusses sei heute tiefer als der für den Transport zugelassene Maximalwert, weshalb SBW auf die mittlere Belegungszahl abstelle. Bei der Festlegung des Angebots müssten zudem die üblichen Schwankungen berücksichtigt werden, wie sie etwa im Winter und an Tagen mit Regen und Schnee auftreten würden. Ab einem Mittelwert von rund 50 Fahrgästen würden in der Praxis Überlastungen der Buslinien auftreten. Die Berechnungen von SBW würden zeigen, dass die Linie W10 bei einem 15-Minuten-Takt insbesondere auf den Kursen von 17.32 bis 18.47 Uhr, zwischen den Haltestellen Hauptbahnhof und Hammerweg bzw. Musikschule, mit Mittelwerten von rund 50 Fahrgästen an ihre Kapazitätsgrenze stosse und diese teilweise überschreiten würde.
7. a) Nach § 18 PVG gewährleistet der Rekursgegner eine Grundversorgung. Darüber hinaus werden entsprechend der möglichen Nachfrage Fahrplanverdichtungen und zusätzliche Linien eingeführt. Das Verbundangebot gliedert sich gemäss § 2 der Verordnung über das Angebot im öffentlichen Personenverkehr vom 14. Dezember 1988 (Angebotsverordnung; LS 740.3) in drei Angebotsbereiche. Im Angebotsbereich 1 (Grundversorgung) wird eine gute Erschliessung des Kantonsgebietes sichergestellt. Im Angebotsbereich 2 wird eine starke Marktstellung der öffentlichen Verkehrsmittel angestrebt. Das Verbundangebot richtet sich nach dem Verkehrsaufkommen, das sich aufgrund der örtlichen Siedlungs- und Verkehrswegstrukturen zu einzelnen verkehrsstarken Linien zusammenfassen lässt. Die Stadt Winterthur ist unbestrittenermassen dem Angebotsbereich 3 zuzuordnen. In diesem wird für grosse, dichte Siedlungsgebiete aufgrund der starken Nachfrage und der Vielfalt der Verkehrsbeziehungen ein flächendeckendes Angebot festgelegt. Dabei gilt der Viertelstundentakt (§ 13 Angebotsverordnung); erfordert es die Nachfrage, wird das Intervall weiter verkürzt, wobei in der Regel Intervalle von 10, 7,5, 6 oder weniger Minuten zu wählen sind.
b) Das über die Grundversorgung hinausgehende übrige Verbundangebot im Sinne von § 29 Abs. 1 lit. b PVG richtet sich gemäss § 18 Abs. 1 Satz 2 PVG und §§ 2, 12 und 13 der Angebotsverordnung im Rahmen der betrieblichen und finanziellen Möglichkeiten nach der Nachfrage. Der Rekursgegner hat bei der Ausgestaltung des Angebots somit nach wirtschaftlichen Grundsätzen vorzugehen. Dabei kommt ihm ein weiter Ermessensspielraum zu, in den der Regierungsrat als Rekursinstanz nur zurückhaltend eingreift.
c) Vorliegend ist unbestritten, dass die Rekurrentin als Strasseneigentümerin für die Lärmsanierung ihrer Strassen verantwortlich ist und für die unmittelbaren Kosten von Verkehrsberuhigungsmassnahmen aufzukommen hat. Strittig ist hingegen, wer für die Kosten aufzukommen hat, die entstehen, um trotz der von der Rekurrentin eingeführten Temporeduktion auf der Rychenbergstrasse den bestehenden Takt auf der Buslinie W10 aufrechtzuerhalten, bzw. ob der Rekursgegner zu verpflichten sei, auf den Angebotsabbau auf der Buslinie W10 zu verzichten und die Kosten für die Beibehaltung des bisherigen Fahrplans zu übernehmen. Die Rekurrentin stellt sich auf den Standpunkt, es handle sich dabei um mittelbaren Kosten, die sie nicht zu tragen habe. Der Rekursgegner vertritt hingegen die Auffassung, es entspreche dem Verursacherprinzip, der Rekurrentin die Vollkosten einer umweltrechtlichen Massnahme, und damit auch die Kosten für die Aufrechterhaltung des bisherigen Fahrplans, zu überwälzen.
d) Gemäss Art. 2 USG trägt, wer Massnahmen nach dem USG verursacht, die Kosten dafür. Das Gemeinwesen kann gleich wie ein Privater Verursacher sein und wird dann unter den gleichen Voraussetzungen wie Private kostenpflichtig. In Bezug auf Strassenlärm gilt das Gemeinwesen als Strasseneigentümer als Zustandsverursacher (Hansjörg Seiler, in: Vereinigung für Umweltrecht [Hrsg.], Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl., Zürich 2004 [zit. Kommentar zum USG] Art. 2 N. 77). Das Verursacherprinzip ist als reines Kostenanlastungsprinzip ausgestaltet. Es besagt, dass derjenige, der Massnahmen verursacht, deren Kosten trägt, legt aber nicht fest, ob und durch wen Massnahmen zu treffen sind. Häufig sind Dritte (namentlich das Gemeinwesen) besser als der Verursacher in der Lage, die erforderlichen Massnahmen zu treffen, und werden daher vom Gesetz als massnahmenpflichtig erklärt. In solchen Fällen nimmt die herrschende Lehre eine Unterteilung der Massnahmekosten in unmittelbare und mittelbare Kosten vor. Mittelbare Kosten liegen vor, wenn sie als Folge einer weiter entfernten Ursache erscheinen (Denis Oliver Adler, in: Heribert Rausch / Alain Griffel [Hrsg.], Das Verhältnis zwischen Verursacherprinzip und Haftpflicht im Umweltrecht, Zürich 2011, S. 36). Die herrschende Lehre geht von einem engen Kostenbegriff aus und lehnt die Überwälzbarkeit von mittelbaren Kosten ab (Hansjörg Seiler, in: Kommentar zum USG, Art. 2 N. 81), da sie nicht zu den Kosten der Massnahme als solcher gehörten. Nur jene Kosten sollen überwälzbar sein, welche bei der Massnahmeverrichtung selbst anfallen. Diese enge Auslegung des Kostenbegriffs ist jedoch nicht unumstritten (vgl. Denis Oliver Adler, a. a. O., S. 37).
e) Vorliegend sind die fraglichen Lärmsanierungsmassnahmen durch die Rekurrentin als Zustandsverursacherin selbst vorgenommen worden, weshalb sich aus umweltrechtlicher Sicht die Frage der Überwälzbarkeit der Massnahmekosten gar nicht stellt. Ist der Verursacher zugleich massnahmenpflichtig und kommt er seiner Pflicht nach, dann trägt er auch die entsprechenden Kosten. Diese sind damit bereits internalisiert und die Grundidee des Verursacherprinzips ist automatisch erfüllt (Hansjörg Seiler, a. a. O., Art. 2 N. 36). Die Frage, ob der Verursacher auch mittelbare Kosten übernehmen muss, stellt sich in diesen Fällen nur dann, wenn diese mittelbaren Kosten bei einem Dritten anfallen. Die Kosten für die von der Rekurrentin anbegehrte Aufrechterhaltung des Fahrplans 2021 der Buslinie W10 auch in den Jahren 2022 und 2023 entstehen jedoch bei SBW, einer Dienstabteilung der Rekurrentin, die zusätzliche Busse einsetzen muss. Selbst wenn man davon ausgehen will, dass es sich bei den Kosten für die Aufrechterhaltung des Fahrplans um mittelbare Kosten handelt, ergibt sich aus Umweltrecht deshalb kein Anspruch des Zustandsverursachers, dass ihm Dritte, hier der Rekursgegner, solche mittelbaren Kosten ersetzen. Art. 2 USG regelt nur die Frage der Überwälzung von Massnahmekosten, die bei Dritten angefallen sind, auf den Verursacher, nicht aber die Überwälzung von beim Verursacher angefallenen Kosten auf Dritte.
f) Der Rekursgegner hat das Verbundangebot im FPV im Rahmen der Grundsätze des Kantonsrates über die Tarifordnung und die mittel- und langfristige Entwicklung des Angebots und unter Berücksichtigung und Abwägung sämtlicher Interessen der Beteiligten festzulegen. Entgegen der Auffassung der Rekurrentin obliegt es aber nicht dem Rekursgegner, vorliegend eine spezifisch umweltrechtliche Interessenabwägung vorzunehmen und den aus dem Umweltrecht fliessenden Interessen damit den Vorrang gegenüber allen anderen Interessen zu geben. Diese spezifisch umweltrechtliche Interessenabwägung ist vielmehr im Rahmen des Entscheids über die Realisierung einer Massnahme zur Lärmsanierung vorzunehmen, vorliegend also durch die Rekurrentin, bevor sie über die Lärmsanierung einer Strasse entscheidet. Der Rekursgegner ist hingegen nicht in das Verfahren zur Lärmsanierung von Strassen involviert und er ist auch nicht Adressat der aus dem Umweltrecht fliessenden Pflichten. Dass die in den Vorgaben zum FPV 2022–2023 festgelegte Strategie des Rekursgegners, keine aus der Einführung von Tempo 30 für den öffentlichen Verkehr resultierenden Kosten zu übernehmen, die umweltrechtliche Interessenabwägung durch die Rekurrentin (und andere Gemeinden) allenfalls indirekt beeinflusst, ändert daran nichts. Die hier strittige Frage ist entsprechend nicht nach dem Umweltrecht zu beurteilen, sondern nach den für das FPV geltenden gesetzlichen Grundlagen.
8. a) Aufgrund der pandemiebedingten erheblichen Ertragsausfälle standen für das FPV 2022–2023 nur beschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung. Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, dass sich der Rekursgegner gezwungen sah, Prioritäten zu setzen, und dass er im Rahmen seiner Interessenabwägung im FPV zur Auffassung gelangte, dass die begrenzten finanziellen Mittel für Angebotsausbauten im Zusammenhang mit der Fertigstellung von Infrastruktur sowie für notwendige Massnahmen zu verwenden seien und dass keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, um die aus Tempo 30 resultierenden Mehrkosten zu finanzieren. Die vorgenommene Priorisierung ist auch vereinbar mit dem Beschluss des Kantonsrates zu den Grundsätzen über die mittel- und langfristige Entwicklung von Angebot und Tarif im öffentlichen Personenverkehr für die Fahrplanjahre 2022–2025 vom 10. Februar 2020 (act. 5/1, S. 140 und 145), worin der Kantonsrat festgehalten hat, dass die Finanzierbarkeit des Gesamtsystems durch die öffentliche Hand hohe Priorität habe und dass die aufgrund der Bevölkerungs-, der Arbeitsplatz- und der Mobilitätsentwicklung erwartete zusätzliche Nachfrage im Orts- und Regionalverkehr unter Berücksichtigung der Finanzierbarkeit abgedeckt werden solle. Der Kantonsrat hat im besagten Beschluss (act. 5/1, S. 141) zudem festgehalten, dass das Anliegen einer attraktiven Reisezeit und der behinderungsfreien Fahrt der Busse unter Berücksichtigung des Lärmschutzes, der Verkehrssicherheit sowie einer angemessenen Leistungsfähigkeit für die übrigen Verkehrsteilnehmenden mit Nachdruck zu verfolgen sei. Dabei steht das Anliegen einer attraktiven Reisezeit in Konflikt mit der Einführung von Tempo 30. Der Beschluss des Kantonsrates erwähnt zwar auch, dass der Lärmschutz zu berücksichtigen sei, den Anliegen einer attraktiven Reisezeit und auch der Finanzierbarkeit wird aber der Vorrang eingeräumt. Dass der Rekursgegner unter diesen Umständen die knappen Mittel im FPV 2022–2023 für Angebotsausbauten im Zusammenhang mit der Fertigstellung von Infrastruktur sowie für notwendige Massnahmen verwenden und die aus Tempo 30 resultierenden Mehrkosten nicht finanzieren will, ist schliesslich auch deshalb nicht zu beanstanden, weil die Übernahme der strittigen Folgekosten der Einführung von Tempo 30 durch den Rekursgegner geeignet ist, falsche Anreize gegenüber den Gemeinden zu setzen. Temporeduktionen wären dann für die Gemeinden als Strasseneigentümerinnen oft die kostengünstigste Lärmsanierungsmassnahme und würden somit gegenüber anderen möglichen und allenfalls zweckmässigeren Lärmsanierungsmassnahmen bevorzugt, ohne dass der Rekursgegner im Rahmen des umweltrechtlichen Verfahrens auf diesen Entscheid Einfluss nehmen oder dessen Verhältnismässigkeit im FPV überprüfen könnte.
b) Trotz der strittigen Taktreduktion auf der Linie W10 wird das gesetzliche Minimum von § 13 der Angebotsverordnung eingehalten. Zwar sieht § 13 der Angebotsverordnung vor, dass der im Angebotsbereich 3 geltende minimale 15-Minuten-Takt weiter verkürzt wird, wenn es die Nachfrage erfordert, auch dies gilt jedoch nur im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Wie die von der Rekurrentin eingereichten Berechnungen von SBW (act. 9/1) zeigen, rechnet sie lediglich auf den vier Kursen zwischen 17.32 und 18.17 Uhr an den aufeinanderfolgenden Haltestellen Stadthaus und Bezirksgebäude bei einer Belegung mit 52 bzw. 56 Fahrgästen mit einer Überschreitung der von ihr geltende gemachten Überlastungsgrenze von 50 Fahrgästen. Die Fahrzeit zwischen diesen beiden Haltestellen beträgt aber gemäss Fahrplan lediglich zwei Minuten und die Fahrzeit zur darauffolgenden Haltestelle Haldengut nochmals eine Minute. Auch wenn man den Ausführungen der Rekurrentin, dass trotz einer möglichen maximalen Belegung mit 81 bzw. 84 Passagieren in der Praxis bereits bei einem Mittelwert der Belegung von 50 Fahrgästen Überlastungen auftreten, folgen wollte, so scheinen diese Überlastungen im konkreten Fall angesichts der sehr kurzen Reisedauer zwischen den betroffenen Haltestellen und der zugelassenen, weit höheren maximalen Kapazität der Busse minim, und es erscheint unwahrscheinlich, dass die strittige Taktreduktion zu einem nachhaltigen Nachfragerückgang führen würde.
9. a) Es sind somit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Rekursgegner sein Ermessen nach sachfremden Kriterien ausübte. Der Regierungsrat sieht deshalb vorliegend keine Veranlassung, in die entsprechende Planung des Rekursgegners einzugreifen. Der angefochtene Entscheid erweist sich als recht- und verhältnismässig.
b) Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Rekurrentin grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Beibehaltung des 10-Minuten-Takts in den Hauptzeiten der Abendstunden gestützt auf § 20 PVG auf eigene Kosten anzubieten. Eine erneute Prüfung der Situation wird der Rekursgegner sodann im Hinblick auf die nächste Fahrplanperiode vorzunehmen haben.
c) In ihrer Rekursschrift stellte die Rekurrentin das prozessuale Begehren, der Rekursgegner sei zu verpflichten, den Antrag seiner Direktion an den Verkehrsrat vom 1. Juli 2021, welcher Grundlage des angefochtenen Beschlusses des Verkehrsrates vom 1. Juli 2021 bilde, zu edieren. Dem kam der Rekursgegner nach, indem er diesen Antrag als Beilage 1 zu seiner Vernehmlassung vom 19. Oktober 2021 (act. 5) einreichte. Das prozessuale Begehren der Rekurrentin ist somit als erfüllt und damit als gegenstandslos zu betrachten.
10. Der Rekurs ist daher abzuweisen, soweit er nicht gegenstandslos ist. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens, einschliesslich derjenigen der Präsidialverfügung vom 11. November 2021, der Rekurrentin aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist ausgangsgemäss nicht zuzusprechen. Gegen den vorliegenden Entscheid ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht unzulässig (§ 44 Abs. 1 lit. e VRG).
© 2023 Staatskanzlei des Kantons Zürich