Anonymisierter Entscheidtext (Auszug)
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Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):
Sachverhalt (komprimiert):
Der Gemeinderat Maur bewilligte mit Beschluss vom 4. April 2022 für das Generationenprojekt Looren - Modul A Schule/Kultur gebundene Mehrausgaben von insgesamt Fr. 7'820'000 für Massnahmen im Zusammenhang mit dem Baugrund, für Schliesstechnik und WLAN, für die Fassadensanierung und Erneuerung der Haustechnik beim Loorensaal, für die Erfüllung von Vorschriften und Auflagen, für den Brandschutz, für technisch und sicherheitsmässig bedingte Massnahmen sowie für die Bauteuerung gemäss seinen Erwägungen. Gegen diesen Beschluss gelangten mit je gleichlautenden Eingaben vom 3. Mai 2022 bzw. 4. Mai 2022 A., B. und C. an den Bezirksrat Uster und erhoben Rekurs in Stimmrechtssachen. Sie beantragten einerseits die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 4. April 2022. Andererseits beantragten sie, es sei bis zum Vorliegen einer entsprechenden rechtskräftigen Finanzkompetenz für die noch nicht erstellten Bauteile resp. die noch nicht fortgeschrittenen Planungen/Arbeiten ein Baustopp zu verfügen.
Erwägungen:
1. [Prozessgeschichte]
2.
2.1
Mit Rekurs in Stimmrechtssachen können alle Verletzungen der politischen Rechte und von Vorschriften über ihre Ausübung beanstandet werden (§ 19 Abs. 1 lit. c des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2] i.V.m. § 20 Abs. 1 VRG). So kann u.a. auch eine Verletzung der Gewaltenteilung geltend gemacht werden, wenn beispielsweise die Exekutive die kommunale Zuständigkeitsordnung missachtet und einen Entscheid allein trifft, der den Stimmberechtigten zur Beschlussfassung hätte unterbreitet werden müssen (HANS RUDOLPH THALMANN et al., Ergänzungsband Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, Zürich 2011, § 151a N 2 und N 3.1). Eine Verletzung des Stimmrechts ist mit Rekurs beim Bezirksrat zu rügen (§ 19b Abs. 2 lit. c VRG). Die Rekurrenten sind als in der Gemeinde wohnhafte Stimmberechtigte zum Rekurs legitimiert (§ 21a lit. a VRG).
2.2
Der Rekursgegner beantragt vorab das Nichteintreten auf den Stimmrechtsrekurs wegen fehlender Begründung. Die Rekurrenten hätten sich nicht mit seinen Erwägungen im angefochtenen Beschluss auseinandergesetzt und seien somit ihrer Substantiierungspflicht nicht nachgekommen. Die Rekurrenten führen zur Rekursbegründung sinngemäss und zusammengefasst aus, dass es sich beim bewilligten Kredit in der Höhe von Fr. 7'820'000 um zehn Teilpositionen handle, die der Rekursgegner integral als an das Generationenprojekt Looren - Modul A Schule/Kultur gebunden erkläre. In der Urnenabstimmung vom 25. September 2016 habe das Stimmvolk für dieses Projekt einen Kredit von Fr. 39'250'000 bewilligt. Im Rahmen der Bauplanung seien für das Modul A mit sechs Gemeinderatsbeschlüssen zusätzliche Ausgaben von insgesamt Fr. 1'635'000 als gebundene Ausgaben bewilligt worden, so dass zusammen mit dem Ausführungskredit der bewilligte Gesamtbetrag bis zum vorliegend angefochtenen Gemeinderatsbeschluss den Betrag von Fr. 41'735'000 erreicht habe. Bei der Beurteilung von gebundenen bzw. nicht gebundenen Ausgaben handle es sich um eine schwierige Fragestellung, die meist auch einen gewissen Ermessensspielraum beinhalte. Es sei sehr anspruchsvoll, innerhalb der kurzen Rekursfrist ohne näheres Aktenstudium präzise Ausführungen zu machen. Mit Bezug auf die Projektteile Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.10 sei davon auszugehen, dass den Ausgaben im Zusammenhang mit dem Baugrund (Ziff. 2.1) am ehesten der Charakter einer finanzpolitischen Gebundenheit zukomme. Ebenfalls nicht angefochten würden die Mehrkosten zufolge Konkurses der Metallbaufirma (Ziff. 2.8). Bei den übrigen Teilprojekten sei hingegen davon auszugehen, dass diese Ausgaben noch nicht getätigt worden seien. Bis zum Vorliegen einer rechtsgenügenden Finanzkompetenz seien diese Ausgaben mittels Baustopps zu sistieren. Es dürfe in kompetenzrechtlicher Hinsicht keine «Macht des Faktischen» geben. Vielmehr habe die Exekutive die kommunale Finanzkompetenz proaktiv anzugehen und diese nicht mit rekursfähigen Beschlüssen zu umgehen. Denn die Abgrenzung zwischen gebundenen und neuen Ausgaben sei sehr anspruchsvoll und es könne nicht Aufgabe des einzelnen Stimmberechtigten sein, innerhalb der kurzen Rekursfrist ohne näheres Aktenstudium eine «Beweisführung» gegen die Exekutive anzuheben. Angesichts der sechs bereits als gebundene Zusatzausgaben bewilligten Tranchen von insgesamt Fr. 1'653'000 erweise sich das vom Rekursgegner gewählte Vorgehen höchst fragwürdig. Vielmehr seien die Ausgaben von Fr. 7'820'000 dem Souverän mit Orientierungsversammlung und Urnenabstimmung neu vorzulegen.
2.3
Um der Begründungspflicht nach § 23 Abs. 1 VRG als formelle Gültigkeitsvoraussetzung des Rekurses zu entsprechen, genügt die blosse Behauptung, der angefochtene Entscheid sei fehlerhaft, nicht. Die Begründung muss sich jedenfalls in minimaler Weise mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzen. Bei juristischen Laien werden allerdings keine hohen Anforderungen an die Begründung gestellt. Es genügt, wenn diese sachbezogen ist und wenigstens im Ansatz erkennen lässt, in welchen Punkten und weshalb die beanstandete Verfügung angefochten wird. Höhere Anforderungen werden dagegen an Rechtsanwälte gestellt. Diese müssen die Anforderungen an eine Rekurseingabe kennen (ALAIN GRIFFEL in: Kommentar VRG, 3. Auflage 2014, § 23 N 17). Den Rekurseingaben lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass die Rekurrenten, von denen keiner als Rechtsanwalt tätig ist oder war, die Gebundenheit der Ausgaben von acht Teilpositionen (Ziff. 2.2 bis 2.7 und Ziff. 2.9 bis Ziff. 2.10) an das Generationenprojekt Looren - Modul A Schule/Kultur mangels hinreichender Begründung im rekursgegnerischen Beschluss nicht für beurteilbar halten und diese Gebundenheit zumindest sinngemäss in Frage stellen. Damit wurden die Minimalanforderungen an eine Rekursbegründung im Sinne des VRG erfüllt. Auf die fristgerecht eingereichten Rekurse ist somit einzutreten.
3.
3.1
Gemäss § 10 Abs. 1 VRG sind schriftliche Anordnungen individuell und auf die spezifischen Verhältnisse des Verfügungsadressaten zugeschnitten zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich eine betroffene Person über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. Die Begründungsanforderungen sind (u.a.) umso höher, je grösser der Entscheidungsspielraum der Behörde ist. Die fehlende Begründung einer begründungspflichtigen Anordnung stellt einen Eröffnungsmangel dar und somit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. eine formelle Rechtsverweigerung. Ungenügend begründete Entscheide sind aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen (KASPAR PLÜSS in: Kommentar VRG, 3. Auflage 2014, § 10 N 18, 24 f., N 27).
Ausgaben gelten gemäss § 103 Abs. 1 des Gemeindegesetzes vom 20. April 2015 (GG; LS 131.1) als gebunden, wenn die Gemeinde durch einen Rechtssatz, durch einen Entscheid eines Gerichts oder einer Aufsichtsbehörde oder durch einen früheren Beschluss der zuständigen Organe oder Behörde zu ihrer Vornahme verpflichtet ist und ihr sachlich, zeitlich und örtlich kein erheblicher Entscheidungsspielraum bleibt. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu gebundenen Ausgaben (vgl. BGE 141 I 130 E. 4.1; Urteil des Bundesgerichts 1C_17/2017 vom 23. August 2017, E. 4.2). Bei der Auslegung dieser kantonalrechtlichen Bestimmung ist zu beachten, dass Art. 86 Abs. 2 lit. a der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV; LS 101) für die Gemeinden ein obligatorisches Finanzreferendum vorsieht und damit die Mitsprache der Stimmberechtigten bei Ausgabenbeschlüssen hoch gewichtet. Weil die Qualifikation eines Kredits als gebundene Ausgabe zugleich die Mitwirkung der Stimmberechtigten ausschliesst, drängt sich eine Zurückhaltung bei der Annahme einer gebundenen Ausgabe auf (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2020.00538 vom 24. September 2020, E. 2,2, mit Hinweis auf MARKUS RÜSSLI in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, 2017, § 103 N 27).
Frühere Kreditbeschlüsse fallen demnach grundsätzlich unter die Legaldefinition von § 103 Abs. 1 GG. Sind die Ausgaben Folge eines früheren Beschlusses der Stimmberechtigten (an der Urne bzw. an der Gemeindeversammlung) oder des Gemeindeparlaments, der dem fakultativen Referendum unterstand, und waren die Ausgaben für die Stimmberechtigten voraussehbar, so liegen grundsätzlich gebundene Ausgaben vor. Bei älteren Beschlüssen kann die Ausgabenbindung allerdings zweifelhaft werden, wenn sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit geändert haben. Die Ausgaben für Unterhalt und Substanzerhaltung von Gebäuden, d.h. die Kosten für die Instandstellung und Erneuerung auf einen zeitgemässen Standard (ohne Erhöhung der Komfortstufe) sind durch den früheren Kauf- bzw. Baubeschluss gebunden. Ausgaben für den Umbau eines Gebäudes können ebenfalls gebunden sein, wenn der Zweck des Gebäudes beibehalten wird. Kommt der Behörde bezüglich des «Ob» oder des «Wie» der Instandstellung, der Erneuerung oder des Umbaus hingegen eine verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit zu, so liegen neue Ausgaben vor.
Mehrausgaben sind dann gebunden, wenn sie mit dem ursprünglichen Kreditbeschluss als bewilligt gelten können (was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Verpflichtungskredit infolge indexmässig nachgewiesener Teuerung überschritten wurde), wenn die Mehrkosten infolge unvorhersehbarer oder unvorhergesehener Schwierigkeiten entstanden sind (beispielsweise Mehraufwendungen wegen unerwartet schlechtem Baugrund) oder wenn sich die Mehrkosten aus Modifikationen am Projekt ergeben, die sich im Verlauf der Bauarbeiten als notwendig erweisen. Demgegenüber liegen neue Ausgaben vor, wenn der Hauptkredit bewusst zu niedrig gehalten wurde, um die Vorlage eher durchzubringen oder der Volksabstimmung überhaupt zu entziehen, wenn die Mehrkosten aus Modifikationen am Projekt resultieren, die zwar wünschenswert, aber nicht eigentlich erforderlich waren (z.B., wenn die Komfortstufe angehoben wird), wenn die Mehrkosten Folge einer wesentlichen Projektänderung sind oder wenn die Mehrkosten bei pflichtgemässer Sorgfalt voraussehbar gewesen wären (RÜSSLI, a.a.O., § 103 N 12 ff.).
Zum Entscheidungsspielraum als ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteildung der Gebundenheit einer Ausgabe an einen früheren Beschluss ergibt sich somit, dass es selbst dann, wenn die Gemeinde durch einen Rechtssatz oder durch einen früheren Beschluss verpflichtet ist, diese Ausgabe zu tätigen, keine gebundene Ausgabe vorliegt, wenn der Gemeinde entweder in sachlicher, zeitlicher oder örtlicher Hinsicht ein erheblicher Entscheidungsspielraum verbleibt. Dies kann oftmals in sachlicher Hinsicht der Fall sein (Wahl zwischen verschiedenen Alternativen der Umsetzung). Selbst wenn die Gemeinde die zweckmässigste und billigste der in Betracht fallenden Lösungen wählt, führt dies nicht zur Gebundenheit der Ausgabe (RÜSSLI, a.a.O., § 103 N 22 ff.).
3.2
3.2.1
Der Rekursgegner weist in Ziffer 2.2 (Schliesstechnik, Kosten Fr. 142'981) des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass sich im Verlaufe des Projekts herausgestellt habe, dass die Erneuerung der Schliessanlage im Zusammenhang mit dem Neubau und den Sanierungen aus Sicherheitsgründen unvermeidlich sei. Einerseits seien unzählige nicht identifizierbare Schlüssel im Umlauf, andererseits entspreche allein eine mechatronische Schliesstechnik dem heutigen technischen Standard. Er legt indes nicht dar, warum sich die Frage der Erneuerung der Schliessanlagen nicht bereits bei der Ausarbeitung des Generationenprojekts Looren - Modul A Schule/Kultur gestellt hatte und warum diese Projektänderung notwendig (und nicht bloss wünschenswert, zwecks Erhöhung des Komforts) war. Die Gebundenheit dieser Aufwendungen lässt sich deshalb nicht abschliessend beurteilen. Da es verschiedene Typen von Schliessanlagen gibt (mechanische, mechatronische und elektronische Schliessanlagen) und eine zeitliche Dringlichkeit im Zusammenhang mit dem Austausch der Schliessanlage nicht erkennbar ist und auch nicht dargetan wurde, ist jedoch eher von einer neuen Ausgabe auszugehen.
3.2.2
Zu den Ausgaben für WLAN (Kosten Fr. 397'563) führt der Rekursgegner in Ziffer 2.3 seiner Erwägungen einzig aus, dass eine Bedienung und Steuerung der Anlagen via WLAN unumgänglich sei, weshalb ein Mess-, Steuer-, Regel- und Leitsystem (MSRL-Gesamtsystem) zu installieren sei. Auch bezüglich dieser Aufwendungen wird nicht dargelegt, dass und warum sich die Unumgänglichkeit der Installation eines MSRL-Gesamtsystems erst nach der Bewilligung des Kredits für das Generationenprojekt Looren - Modul A Schule/Kultur herausgestellt hat und warum es sich dabei um eine unumgängliche technische Notwendigkeit handelt, bzw. warum die bisherige Art der Bedienung und Steuerung der Anlagen nicht weitergeführt werden kann. Auch bezüglich dieser Kosten erscheint die Qualifikation als gebunden somit zumindest fraglich.
3.2.3
Die Gebundenheit der Mehrkosten für die Sanierung der Fassade des Loorensaals in der Höhe von Fr. 1'202'669 begründet der Rekursgegner in Ziffer 2.4 der Erwägungen damit, dass diese Ausgaben für ihn nicht vorhersehbar gewesen seien. Im Zeitpunkt der Bewilligung des Kredits des Generationenprojekts Looren habe noch mit günstigeren Offerten gerechnet werden dürfen. Die Situation habe sich jedoch aufgrund der Covid 19-Pandemie, weltweiter Lieferschwierigkeiten sowie der gutlaufenden Bauindustrie zum Teil drastisch verändert. Dies habe sich bei der Ausschreibung der Sanierungsarbeiten manifestiert. Auch seien die erforderlichen Arbeiten wesentlich komplexer als in der Projektphase angenommen, und das Tragwerk des Loorensaals habe zur Gewährleistung der vorgeschriebenen Erdbebensicherheit ertüchtigt werden müssen.
Angaben, in welchem Umfang die Mehrkosten von mehr als einer Million Franken auf die gegenüber 2016 veränderte wirtschaftliche Situation, auf die sich komplexer erwiesenen Arbeiten und auf das zu ertüchtigende Tragwerk des Loorensaals entfallen, fehlen. Der Rekursgegner begründet auch nicht, warum gegenüber dem ursprünglichen Sanierungsprojekt des Loorensaals Mehrkosten zur Gewährleistung der Erdbebensicherheit notwendig geworden sind. Denn bereits in den Abstimmungsunterlagen hält er fest, dass der Loorensaal statische Mängel bezüglich Trag- und Erdbebensicherheit aufweise, so dass in der damaligen Kostenberechnung entsprechende Aufwendungen enthalten sein mussten. Ebenso wenig zeigt der Rekursgegner auf, inwiefern sich die erforderlichen Sanierungsarbeiten in unvorhersehbarer Weise schwieriger als erwartet erwiesen haben. Diese Position lässt sich mangels rechtsgenügender Begründung somit nicht auf ihre Gebundenheit an den Ursprungskredit hin überprüfen.
3.2.4
Die Mehrkosten im Zusammenhang mit der Erneuerung der Haustechnik Loorensaal im Betrage von Fr. 1'177'778 gemäss Ziffer 2.5 begründet der Rekursgegner damit, dass die Lebensdauer der Haustechnik bei der Vorbereitung der Kreditvorlage für das Generationenprojekt Modul A noch nicht abgelaufen gewesen sei. Durch die lange Umsetzungszeit stehe der Ablauf der Haustechnik jedoch unmittelbar bevor. Es mache wenig Sinn und widerspräche dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gemäss § 84 GG, bspw. wieder die alten, sanierungsbedürftigen Luftschächte einzubauen. Eine Erneuerung der Haustechnik im heutigen Zeitpunkt bringe deutliche Einsparungen im Verhältnis zu einer Erneuerung in wenigen Jahren. Gemäss der Lehre werde der Verwaltung ein gewisser Spielraum bei der Bestimmung des Zeitpunkts von Unterhaltsarbeiten zugestanden. Es müsse genügen, dass sich eine Sanierung zum vorgesehenen Zeitpunkt sachlich rechtfertigen lasse. Genau diese Annahmen lägen der leicht vorgezogenen, zum Teil auch auf technischen Abhängigkeiten beruhenden Sanierung der Haustechnik bzw. den Unterhaltsmassnahmen im Loorensaal zugrunde.
Wie unter Ziffer 3.1 hiervor dargelegt, liegen neue Ausgaben u.a. dann vor, wenn die Mehrkosten Folge einer wesentlichen Projektänderung sind oder wenn die Mehrkosten bei pflichtgemässer Sorgfalt voraussehbar gewesen wären. Mit der Volksabstimmung vom 25. September 2016 bewilligte der Souverän einzig die Kosten der Sanierung der Gebäudefassade des Loorensaals. Eine Erneuerung seiner Haustechnik beinhaltete die damalige Vorlage nicht. Es handelt sich somit bei der nun vorgesehenen Investition um eine wesentliche Projektänderung. Im Wissen um den Zeitbedarf für die Umsetzung eines Projektes dieser Grössenordnung hätte bei pflichtgemässer Sorgfalt für den Rekursgegner vorhersehbar sein müssen, dass sich die Frage der Erneuerung der Haustechnik im Zuge der Sanierung der Gebäudehülle allenfalls stellen könnte. Der Hinweis des Rekursgegners auf RÜSSLI, Kommentar GG, § 103 N 25, wonach der Verwaltung ein gewisser Handlungsspielraum zukomme, wenn es um die Bestimmung des Zeitpunkts gehe, wann Unterhaltsarbeiten vorgenommen werden sollten, ist vorliegend unbehelflich. Der Autor vertritt die Auffassung im Zusammenhang mit dem Kriterium des Masses an Entscheidungsspielraum, das ausschlaggebend dafür ist, ob eine an sich an einen früheren Beschluss gebundene Mehrausgabe tatsächlich als gebunden oder – aufgrund der Erheblichkeit des Spielraums – als neu zu werten ist (RÜSSLI, a.a.O., § 103 N 22 und 25). Beim Entscheid, die Haustechnik des Loorensaals zu erneuern, und den daraus resultierenden Kosten von über einer Million Franken handelt es sich indes gerade nicht um eine mit dem ursprünglichen Baukredit im Grundsatz bewilligte Ausgabe, sondern um eine Projektergänzung und somit um neue Mehrausgaben.
3.2.5
Der Rekursgegner erläutert in Ziff. 2.6 zu den nach seiner Auffassung zufolge (neuer) behördlicher Vorschriften/Auflagen und den Brandschutz als gebunden zu qualifizierende Mehrausgaben von total Fr. 335'425, dass darunter unter anderem brandgesteuerte Türen und Brandschutzabschlüsse, Brandmelder, zusätzliche Wasserleitungsführungen, Flachdacharbeiten, neue Vorschriften Hygienespülung, Vorschriften zu Geländern, Handläufen, Ölabscheidern und Kanalisation fielen. Wiederum unterlässt der Rekursgegner es aufzuzeigen, inwiefern sich welche Vorschriften gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Kreditvorlage für die Volksabstimmung geändert haben und in welchem Ausmass dies bei welchen Positionen zu Mehrkosten in der geltend gemachten Höhe geführt hat. Denn bereits 2016 war bei den bereits bestehenden Gebäuden eine umfassende Sanierung auch im Bereich Brandschutz vorgesehen, und die Vorschriften über den Brandschutz haben seit 2016 überdies keine grundlegenden Änderungen erfahren. Es lässt sich somit auch bezüglich dieser Mehrkosten nicht ermitteln, ob es sich um Ausgaben handelt, die als vorhersehbar in den ursprünglichen Baukredit hätten einfliessen müssen, oder ob es sich effektiv um unvorhergesehene und unvermeidbare Zusatzkosten handelt.
3.2.6
In Ziffer 2.7 fasst der Rekursgegner zu den technisch- und sicherheitsbedingten Mehrausgaben von insgesamt Fr. 1'233'184 zusammen, dass es sich dabei unter anderem um Reinigungen, Lüftungskanäle, Provisorien während der Bauzeit, Überwachung Baustelle, Gerüste, Ölkosten wegen Verschiebung des Baustarts sowie diverse technisch zwingende Anpassungen und Nachrüstungen, u.a. betreffend Fenster, handle.
Grundsätzlich will nicht einleuchten, dass bei einem Bauprojekt dieser Grössenordnung zwingend anfallende Kosten, wie etwa Reinigungskosten, Lüftungskanäle, Provisorien während der Bauzeit, Gerüste und die Überwachung der Baustelle für den Rekursgegner nicht vorhersehbar gewesen sein sollen und nun im Betrage von über einer Million Franken nachfinanziert werden müssen. Was die Mehrkosten für Provisorien betrifft, so enthält der vom Souverän bewilligte Baukredit bereits einen Betrag für Provisorien von Fr. 1'500'000. Bei den im vorliegend angefochtenen Beschluss erwähnten, betragsmässig nicht bestimmten Ausgaben könnte es sich somit allenfalls um gebundene Ausgaben handeln. Mangels entsprechender Begründung genügt die Darlegung des Rekursgegners indes auch hinsichtlich dieser Kosten nicht, um die Gebundenheit an den ursprünglich bewilligten Baukredit zu beurteilen.
3.2.7
Unter Ziffer 2.9 des angefochtenen Beschlusses führt der Rekursgegner «weitere kleine Unterhalts-Nachträge» im Gesamtbetrag von Fr. 65'284 auf, die ihm nach im Zeitpunkt des ersten Kreditbeschlusses nicht vorhersehbar gewesen seien. Dazu gehören auch die Kosten einer HDMI-Verkabelung in den Schulräumen in der Höhe von Fr. 12'000, bei welcher es sich um eine Anpassung an den technischen Fortschritt handle, der mittlerweile zum Standard geworden sei. Im Übrigen hätten weitere kleinere Anpassungs-, Maler- und Dämmungsmassnahmen zu Mehrkosten geführt.
Dass die Mehraufwendungen für die nachträglich beschlossene HDMI-Verkabelung im Sinne einer Anpassung an den aktuellen Standard vor sechs Jahren nicht vorhersehbar gewesen sein sollen, erscheint zumindest fraglich. Denn eingeführt wurde diese Technologie bereits im Jahre 2002 (vgl.: Wikipedia zum Stichwort «High Definition Multimedia Interface»). Die Gebundenheit der übrigen Aufwendungen lässt sich aufgrund fehlender Spezifizierung nicht beurteilen.
3.2.8
Zu den teuerungsbedingten Mehrkosten hält der Rekursgegner unter Ziffer 2.10 fest, dass die Baukostenteuerung seit der Kreditbewilligung im Jahre 2016 4.32 Prozent betrage. Bezogen auf den an der Urne bewilligten Kredit von Fr. 39'250'000 ergebe sich somit ein «Potenzial von Fr. 1'696'000». Der Rekursgegner erwähnt im Zusammenhang mit diesen Mehrkosten einzig die Teuerung bei den Stahlpreisen im Betrag von Fr. 27'000. In seiner Duplik hält er fest, dass die Mehrkosten betreffend Teuerung «weder verbaut noch vergeben» worden seien.
Ob dies so zu verstehen ist, dass noch keine entsprechenden Forderungen von Seiten der Unternehmer bezahlt oder auch noch keine gestellt worden sind, kann offenbleiben. Die Unternehmer haben teuerungsbedingte Mehrkosten jedenfalls nachzuweisen (HANS RUDOLPH THALMANN, Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, 3. Auflage 2000 § 120 N 4). Der Rekursgegner hätte zur Begründung der Notwendigkeit dieser gebundenen Ausgaben somit aufzeigen müssen, hinsichtlich welcher Baukosten die Teuerung konkret zu Abweichungen von der ursprünglichen Kostenberechnung im Umfang von 4.32 Prozent geführt hat, so dass es sich als notwendig erweist, heute einen Zusatzkredit von fast Fr. 1'700'000 zu sprechen. Die generelle, prozentuale Bewilligung von teuerungsbedingten Mehrkosten im Verhältnis zum Betrag des ursprünglich bewilligten Objektkredits, ohne nachgewiesene Notwendigkeit, erweist sich hingegen als willkürlich. Denn es erscheint nicht zuletzt aufgrund des Baufortschritts unwahrscheinlich, dass künftig tatsächlich teuerungsbedingte Mehrkosten in der Höhe von Fr. 1'696'000 anfallen werden. Diese Ausgabenreserve könnte jedoch dazu verleiten, sie nicht (nur) für allfällige, ausgewiesene teuerungsbedingte Mehrausgaben, sondern (auch) für Projektanpassungen oder -ergänzungen zu verwenden, deren Bewilligung eigentlich nicht in die Zuständigkeit des Rekursgegners fallen würde.
3.3
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Gebundenheit an den ursprünglichen Projektkredit bei den meisten der bewilligten Positionen von Mehrkosten mangels entsprechender Begründung nicht rechtsgenügend dargetan ist. Vielmehr erscheinen einige Positionen aufgrund der Akten als neue Ausgaben, denn sie wären bei entsprechender Sorgfalt vorhersehbar gewesen oder dienten zumindest teilweise der Erhöhung der Komfortstufe (Qualitätsstandard). Werden hochwertigere Materialen oder eine komfortablere Technologie als ursprünglich vorgesehen verwendet, oder haben sich die technische Entwicklung oder bestehende Vorschriften seit dem Zeitpunkt der ursprünglichen Kreditbewilligung nicht derart verändert, dass sich die Notwendigkeit einer entsprechenden Anpassung des Projekts nicht bereits im damaligen Zeitpunkt abgezeichnet hätte, sind die damit verbundenen Mehrkosten als neue Ausgaben vorgängig vom zuständigen Organ bewilligen zu lassen. Denn der Missbrauchsgefahr bei der Annahme von gebundenen Ausgaben ist Rechnung zu tragen und die Entscheidungsfreiheit der mit der Kredithoheit betrauten Organe muss gewahrt werden bzw. bleiben (PATRIZIA KAUFMANN in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, 2017, § 108 N 4 ff.). Die Gesamtkosten des Generationenprojekts Looren - Modul A Schule/Kultur haben sich seit der Bewilligung des Kredits von Fr. 39'250'000 am 25. September 2016 an der Urne bis zur vorliegend angefochtenen Mehrkostengenehmigung durch den Rekursgegner um mehr als einen Viertel auf Fr. 49'555'000 erhöht. Es stellt sich die Frage, ob die Kosten damals unter Nichtberücksichtigung vorhersehbarer Ausgaben bewusst niedrig gehalten worden sind, um die Vorlage eher durchzubringen. Wie dargelegt sind schliesslich auch die teuerungsbedingten Mehrkosten nicht nachgewiesen. Das Bewilligen eines «Ausgabenpotentials» in der Höhe von 4.3 Prozent des Ursprungskredits von Fr. 39'250'000 erscheint willkürlich.
An sich wäre der angefochtene Beschluss deshalb aufzuheben und an den Rekursgegner zurückzuweisen. Der Rekursgegner wäre zu verpflichten, in einem neuen Beschluss detailliert aufzuzeigen, warum welche Ausgabe als an den Ursprungskredit gebunden zu betrachten ist, d.h. warum die jeweilige Projektabweichung weder voraussehbar noch unvermeidbar gewesen ist, und inwiefern der Handlungsspielraum betreffend die Modalitäten der Ausgabe beschränkt ist. Allfällige als neu zu qualifizierende Mehrkosten wären mit dem ursprünglichen Objektkredit zusammenzurechnen und der zusammengerechnete Gesamtbetrag wäre dem Stimmvolk zu unterbreiten. Allerdings sind – ohne Berücksichtigung der Teuerungsreserve gemäss Position 2.10 – von den verbleibenden angefochtenen sieben Ausgabenpositionen nur die Mehrkosten im Zusammenhang mit der Fassadenrenovation und der Erneuerung der Haustechnik des Loorensaals noch nicht getätigt worden, d.h. alle anderen Arbeiten und Investitionen sind bereits ausgeführt bzw. vorgenommen worden. Dies führt dazu, dass selbst dann, wenn über gewisse, als neu zu qualifizierende Ausgabenpositionen an der Urne zu entscheiden wäre, ein negativer Volksentscheid keine rechtlichen Auswirkungen nach sich ziehen könnte (PETER SAILE, Das Recht der Ausgabenbewilligung der zürcherischen Gemeinden, St. Gallen 1991, S. 179). Eine Aufhebung und Rückweisung zur Neubeurteilung und allfälliger nachträglicher Genehmigung durch das Stimmvolk ist bezüglich der Ausgabenpositionen 2.2 - 2.3, 2.6 - 2.7 und 2.9 deshalb nicht angezeigt bzw. verhältnismässig.
Mit Bezug auf die Ausgabenpositionen 2.4 (Sanierung Fassade Loorensaal, Fr. 1'202'669) ist der Rekursgegner jedoch zu verpflichten, in einem neuen Entscheid auszuweisen, hinsichtlich welcher Arbeiten und in welchem Umfang es aufgrund einer veränderten wirtschaftlichen Situation und unvorhersehbaren oder unvorhergesehenen Schwierigkeiten bei der Arbeitsausführung zu Mehrkosten bei der Fassadensanierung gekommen ist, und welche gegenüber der Kostenberechnung für das ursprüngliche Projekt zusätzlichen statischen Arbeiten am Tragwerk zur Gewährleistung der Erdbebensicherheit nachträglich haben vorgenommen werden müssen. Damit hat er darzulegen, dass die Mehrkosten unumgänglich und somit gebunden waren und er nicht etwa den Hauptkredit bewusst niedrig gehalten hat. Hinsichtlich Ziffer 2.5 (Erneuerung Haustechnik Loorensaal, Fr. 1'177'778) ist festzustellen, dass der Rekursgegner seine finanziellen Kompetenzen überschritten hat. Diesbezüglich ist er zu verpflichten, dem Stimmvolk einen neu berechneten Verpflichtungskredit vorzulegen, welcher die Kosten dieser Projektmodifikation mitumfasst. Was die teuerungsbedingten Mehrausgaben gemäss Ziffer 2.10 betrifft, so hat der Rekursgegner diese anhand der von den Unternehmern nachgewiesenen oder noch nachzuweisenden Mehrkosten konkret zu berechnen und anschliessend als gebundene Mehrausgaben zu bewilligen.
Dementsprechend reduzieren sich die mit Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses bewilligten Mehrausgaben von total Fr. 7'820'000 um den Betrag der Ausgaben gemäss Ziffer 2.4 (Sanierung Fassade Loorensaal, Fr. 1'202'669), Ziffer 2.5 (Erneuerung Haustechnik Loorensaal, Fr. 1'177'778) und Ziffer 2.10 (Teuerungsbedingte Mehrkosten, Fr. 1'696'000), d.h. total um die Summe dieser Beträge von Fr. 4'076'447 auf Fr. 3'743'553. Der in Dispositiv-Ziffer 2 genannte, bisher bewilligte Gesamtkredit von Fr. 49'555'000 ist dementsprechend auf Fr. 45'478'553 zu senken. Im Sinne der Erwägungen ist der Stimmrechtsrekurs folglich gutzuheissen und Dispositiv-Ziffer 1 und 2 sind entsprechend zu korrigieren.
4.
Für das vorliegende Rekursverfahren sind keine Kosten zu erheben (vgl. § 13 Abs. 4 VRG). Parteientschädigungen (§ 17 VRG) sind mangels entsprechender Anträge keine zuzusprechen.
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