Die Versorgungslage ist stabil, aber Unsicherheiten bleiben
Mitteilung 03.12.2024
Die Ausgangslage für den Winter ist gut: Stauseen und Gasspeicher sind gefüllt, die Energiepreise stabil und die Wetterprognosen deuten auf einen durchschnittlichen, eher milden Winter hin. Das Risiko einer Energieknappheit, wie sie vor zwei Jahren drohte, ist vorerst abgewendet. Dennoch bleiben Risikofaktoren wie die sicherheitspolitischen Entwicklungen oder Klimaereignisse. Spar- und Vorsorgemassnahmen sollten daher weiterverfolgt werden.
«Die Energieversorgungslage beurteilen wir momentan als unkritisch», sagt Christoph Zemp, Chef des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) sowie Leiter der kantonalen «Koordinationsgruppe Energiemangellage». Im Herbst analysierte die Kerngruppe in ihrer vorläufig letzten Sitzung die aktuelle Situation und die Prognosen für den Winter 2024/2025. Sie stützte sich dabei auf die Grundlagen des Bundes zur Lagebeurteilung sowie auf eine Umfrage bei den kantonalen Energieversorgern. Das Ergebnis: Die Versorgungslage bei Mineralölprodukten, Gas, Strom und Kohle ist stabil und Engpässe sind nicht zu erwarten.
Gut gefüllte Gasspeicher
Seit dem Krisenwinter 2021/2022 und dem Beginn des Ukraine-Kriegs wurde die Gasversorgung in Europa umstrukturiert: Gas, das früher aus Osteuropa importiert wurde, ist zu einem erheblichen Teil durch verflüssigtes Erdgas (LNG) ersetzt worden. Die Speicher in Europa sind gut gefüllt und mit Reserven für den Winter aufgestockt. Ende November lag der Füllstand der Gasspeicher bei rund 87 Prozent.
In der aktuellen Messperiode wurde in der Schweiz – die ihren Bedarf durch Importe deckt – weniger Gas verbraucht. Dies ist zum einen auf Spareffekte, zum anderen auf den Rückbau von Gasverbrauchern zurückzuführen. Der Bundesrat hat für das Winterhalbjahr wieder ein freiwilliges Gassparziel von 15 Prozent festgelegt.
Die Energieversorgungsunternehmen im Kanton erwarten im kommenden Winter trotz geopolitischer Unsicherheiten keine Engpässe in der Gasversorgung. Um ihr gemeinsam erarbeitetes Notfallkonzept «Gasmangellage» zu testen, führten die Energieversorger Energie 360°, die Erdgas Zürich Transport AG sowie die EnergiNova AG im September erfolgreich eine Verbundübung durch.
Positive Aussichten beim Strom
Bereits im vergangenen Winter war die Stromversorgung aufgrund der milden Temperaturen sowie der hohen Produktion im In- und Ausland gesichert: Die Winterreserve musste nicht aktiviert werden. Für den Winter 2024/2025 ist die Ausgangslage sogar noch besser. Die Speicherseen in der Schweiz sind gut gefüllt, die Schweizer Kernkraftwerke sind am Netz und produzieren regulär. Von den französischen Kernkraftwerken wird eine höhere Verfügbarkeit als im letzten Jahr erwartet. Zudem steht bei Bedarf das Reservekraftwerk in Birr nach wie vor zur Verfügung.
Die Preise für Strom und Gas sind zwar höher als vor der Energiemangellage vor zwei Jahren, aber sie sind stabil und spiegeln keine drohenden Versorgungsengpässe wider.
Keine vollständige Entwarnung
Die Witterung hat in der kalten Jahreszeit einen grossen Einfluss auf die Energieversorgung. Nach einem milden Herbst deuten auch die langfristigen Temperaturprognosen bis Januar 2025 auf einen durchschnittlichen oder eher wärmeren Winter hin, was voraussichtlich zu einer geringeren Nachfrage nach Strom und Gas führt.
Trotz dieser guten Vorzeichen gibt es keine vollständige Entwarnung. «Auch wenn die Indikatoren in keiner Weise auf eine Mangellage hinweisen, kann sich die aktuelle Situation auch wieder verschlechtern», erklärt AWEL-Amtschef Christoph Zemp. Neben den Temperaturen und klimabedingten Extremwetterereignissen gibt es weitere Risikofaktoren, etwa sicherheitspolitische Entwicklungen oder wirtschaftliche Schwankungen. Sollten mehrere dieser Ereignisse gleichzeitig eintreten, könnte sich die Energieversorgungslage rasch wieder verschärfen.
Der Bund analysiert die allgemeine Versorgungslage der Schweiz regelmässig und hat für den Fall einer Mangellage Massnahmen vorbereitet, um die Energieversorgung aufrecht zu erhalten. In der Verantwortung des Bundes liegt auch die langfristige Stärkung der Energieversorgungssicherheit.
Effizienz und Resilienz weiter ausbauen
«Es ist wichtig, die bestehenden Sparanstrengungen auf allen Ebenen fortzusetzen und die Notfallkonzepte weiterzuentwickeln», sagt Christoph Zemp. Unternehmen, Organisationen und Verwaltungsstellen im Kanton sind weiterhin aufgefordert, ihre Kernprozesse eigenverantwortlich zu sichern und Massnahmen zur Stärkung der Resilienz umzusetzen.
Die Vorkehrungen der letzten zwei Winter zeigen Wirkung: Gesellschaft und Wirtschaft im Kanton Zürich sind heute besser auf eine Energiemangellage vorbereitet und sensibilisiert als noch vor zwei Jahren. Privatpersonen, Gewerbe, Unternehmen, der Kanton, Städte und Gemeinden investieren zunehmend in Projekte und Massnahmen, die den Energieverbrauch nachhaltig senken und die Versorgungssicherheit stärken. Diese Entwicklung ist erfreulich und notwendig. Denn Energie bleibt grundsätzlich ein knappes Gut und ein langfristig sparsamer und bewusster Umgang mit den Ressourcen ist unerlässlich.