Massnahmen gegen Missbrauch: Befragung zu Personalthemen in den katholischen Kirchgemeinden

Im Nachgang zur Studie zum sexuellen Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche haben der Kanton Zürich und die katholische Kirche verschiedene Massnahmen eingeleitet. Unter anderem befragte das Statistische Amt des Kantons Zürich im Auftrag der Direktion der Justiz und des Innern die katholischen Kirchgemeinden zu personalrechtlichen Fragen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kirchgemeinden grösstenteils gut arbeiten, sie zeigen aber auch Verbesserungspotential auf.

Seit die Pilotstudie zum sexuellen Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche in der Schweiz im September 2023 publiziert wurde, ist die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich (JI) in engem Austausch mit Vertretenden der katholischen Kirche. Staat und katholische Kirche haben verschiedene Massnahmen bezüglich Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch im kirchlichen Umfeld initiiert. Darunter die Koordination betreffend strafrechtliche Untersuchung der Missbrauchsfälle, die Ausarbeitung einer Eignungsabklärung für Priester und andere Seelsorgende sowie die Entflechtung von Opferberatung, Meldestellen und Fallbearbeitung. Siehe Medienmitteilung vom 30.9.2024 (Kanton Zürich und Katholische Kirche: Austausch zum Stand der Massnahmen gegen Missbrauch).

Eine weitere Massnahme betrifft die Klärung personalrechtlicher Fragen: Um Missbrauch vorzubeugen, soll sichergestellt sein, dass die für die Anstellung von Seelsorgepersonal verantwortlichen Behördenmitglieder das Personalrecht richtig anwenden und ihre Führungsrolle wahrnehmen können. Deshalb beauftragte die Direktion JI das Statistische Amt des Kantons Zürich, eine Umfrage bei den katholischen Kirchgemeinden des Kantons Zürich durchzuführen. Die Kirchgemeinden haben Fragen zu ihrem Wissen zu personalrechtlichen Fragen und Vorgaben beantwortet, zum Beispiel zu Abläufen bei der Anstellung von Kirchenpersonal oder zum Umgang mit Missbrauchsthemen in Kirchgemeinden.

Die Ergebnisse dieser Befragung liegen nun vor. Regierungsrätin Jacqueline Fehr zeigt sich erfreut: «Nachdem die Bereiche Opferhilfe und Eignungsabklärungen für Priester auf Kurs sind, kommen wir auch im Bereich der personalrechtlichen Fragen einen Schritt weiter. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die katholischen Kirchgemeinden im Kanton Zürich bezüglich Personalführung grösstenteils gute Arbeit leisten – sie müssen sich gleichzeitig in gewissen Bereichen verbessern.»

Mehr Transparenz bezüglich der Personaldossiers

Die Befragung zeigt beispielsweise, dass die Kirchenpflegen mit der Unterstützung und Aufsichtstätigkeit durch die Römisch-katholische Körperschaft zufrieden sind: 73 Prozent der Kirchenpflegen äusserten sich als zufrieden oder sehr zufrieden.

Weiter zeigt sich bei der Führung der Personaldossiers in den Kirchgemeinden eine gewisse Unsicherheit. 58 Prozent der Mitarbeitenden in den Pfarreien fühlen sich in diesem Bereich sicher, bei den Gemeindemitarbeitenden sind es 60 Prozent. Die meisten Kirchenpflegen erhalten innert nützlicher Frist Zugriff auf das Personaldossier der Mitarbeitenden der Pfarreien (87%) und der Gemeindemitarbeitenden (86%).

Während in 87 Prozent der Kirchgemeinden bisher niemand aus der Kirchenpflege am Fördergespräch des Pfarrers oder der pfarreiverantwortlichen Person teilgenommen hat, würde dies etwas mehr als der Hälfte (57%) begrüssen.

Um Gemeindemitarbeitende auf das Thema Machtmissbrauch zu sensibilisieren, hat das Bistum Chur vor rund zwei Jahren einen Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht veröffentlicht. Die Befragung zeigt: Auf diesen Verhaltenskodex werden in 82 Prozent der Kirchgemeinden alle Mitarbeitenden hingewiesen, in 35 Prozent muss er zudem von allen unterzeichnet werden. Ausserdem haben 72 Prozent der Kirchgemeinden angegeben, dass alle seelsorgerisch tätigen Gemeindemitarbeitenden die kantonale Schulung besucht haben. Bei den nicht seelsorgerisch tätigen Mitarbeitenden liegt dieser Anteil mit 60 Prozent etwas tiefer.

Auf die Frage, ob den Mitarbeitenden Abläufe, Tätigkeiten oder Aufgaben bekannt seien, die als risikoanfällig für möglichen Missbrauch im Sinne des Verhaltenskodex erachtet werden, haben 65 Prozent mit «ja» geantwortet. Auffallend hoch ist mit 35 Prozent der Anteil jener, die diese Frage nicht beantworten konnten oder das Feld nicht beantworteten («weiss nicht/keine Antwort»). Als risikoanfällig werden der Religionsunterricht und die Katechese, die Jugend- und Firmlager, die Seelsorge und Einzelgespräche, die Arbeit mit Ministrantinnen und Ministranten, die Mitarbeiterführung und die Seniorenarbeit erachtet.

Empfehlungen der Direktion JI an die Römisch-katholische Körperschaft

Aufgrund der Ergebnisse der Befragung empfiehlt die Direktion JI dem Synodalrat der Römisch-katholischen Körperschaft die Umsetzung nachfolgender Punkte.

  1. Bessere Unterstützung der Kirchgemeinden in der Personalführung: In obligatorischen Schulungen zur Anstellungsordnung soll Wissen über Aktenführung vermittelt werden und bezüglich Abläufe, Tätigkeiten oder Aufgaben, die als risikoanfällig für möglichen Missbrauch gelten, sensibilisiert werden.
  2. Transparentere Personalrekrutierung: Personaldossiers und erweiterte Personaldossiers (Nebendossiers) im Generalvikariat sollen den Anstellungsbehörden jederzeit zugänglich gemacht werden und müssen in Bewerbungsverfahren für Neubesetzungen der Anstellungsbehörde für alle Kandidaten vorliegen.
  3. Transparente Mitarbeitendenbeurteilung: Pastorale Mitarbeitendenbeurteilungen (z.B. Fördergespräche) sollen in Anwesenheit von mindestens einem Kirchenpflegemitglied geführt werden.

Investition in Schulung und Begleitung

Raphael Meyer, Synodalratspräsident der Römisch-katholischen Körperschaft, hält fest: «Wir sind dankbar, dass die grosse Mehrheit der Kirchgemeinden die administrative und personelle Unterstützung der kantonalen Körperschaft schätzt und als wertvoll empfindet. In die Schulung und Begleitung werden wir noch stärker investieren, weil gerade auch neue Kirchenpflegen immer komplexere Herausforderungen zu bewältigen haben. Im Rahmen einer breiten Analyse all unserer Rechtsgrundlagen loten wir alle Möglichkeiten für einer klare Transparenz aus, damit die Anstellungsbehörden in den Kirchgemeinden ihre Verantwortung auch wahrnehmen können.»

Details zur Befragung

Befragt hat das Statistische Amt des Kantons Zürich alle 74 römisch-katholischen Kirchenpflegen Kanton Zürich. 60 Kirchenpflegen haben bei der freiwilligen Befragung mitgemacht, das ist ein Rücklauf von 81 Prozent.
Zeitraum der Befragung war von 22. Mai bis 15. Juli 2024.
Die Befragung fand online statt und umfasste maximal 55 Fragen.

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