ZVV-Strategie und Rahmenkredit: Krise bewältigen und Zukunft planen

Der öffentliche Verkehr im Kanton Zürich soll nach der Coronapandemie zu neuer Stärke finden. In einem ersten Schritt gilt es, die finanziellen Auswirkungen der Pandemie aufzufangen. Der Regierungsrat unterbreitet dem Kantonsrat einen Rahmenkredit von 870 Millionen Franken für die Fahrplanjahre 2022/2023. Gleichzeitig legt er die Strategie 2024–2027 des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV) vor. Sie steht im Zeichen der Krisenbewältigung und einer angepassten Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs.

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Medienkonferenz vom 16. Juli 2021

Das anhaltende Wachstum des öV der letzten Jahrzehnte wurde durch die Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen im öffentlichen Leben schlagartig gestoppt. Die bisherigen Annahmen mussten für die aktuelle Strategieperiode und Finanzplanung deutlich revidiert werden. Der ZVV geht davon aus, dass die Fahrgastzahlen nach dem Abflauen der Pandemie rasch wieder auf rund 90 Prozent der Werte vor der Pandemie steigen werden. Die verbleibenden 10 Prozent dürften aufgrund veränderter Mobilitätsgewohnheiten und flexiblerem Arbeiten noch nicht wieder in den öffentlichen Verkehr zurückkehren. Anschliessend wird aufgrund der zu erwartenden Entwicklung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit einem stetig leichten Wachstum gerechnet. Das Vorkrisenniveau wird Ende 2024 erwartet. Fast parallel dazu entwickeln sich auch die Einnahmenprognosen.

Rahmenkredit 2022/2023 höher als geplant 

Die Einnahmenausfälle aufgrund der Coronapandemie und der längeren Erholungsdauer dürften in den nächsten Jahren zu höheren Defiziten führen, als vor der Krise angenommen. Für das Jahr 2022 wird eine Kostenunterdeckung von 446,9 Millionen Franken veranschlagt, im Jahr 2023 sind es noch 423,6 Millionen Franken. Insgesamt umfasst der beantragte Rahmenkredit somit 870,5 Millionen Franken. Das sind 177 Millionen Franken mehr, als vor zwei Jahren geplant.

Für die Fahrplanjahre 2022 und 2023 sind nur wenige Angebotsausbauten vorgesehen. Primär sollen jene Ausbauten umgesetzt werden, die im Zusammenhang mit der Fertigstellung von Infrastrukturen stehen. Insgesamt wird sich der Aufwand in diesen beiden Jahren gegenüber der laufenden Fahrplanperiode nur geringfügig erhöhen. Um die Erholung der Nachfrage nach der Pandemie nicht zu gefährden, sind für die Fahrplanperiode 2022/23 keine Preisaufschläge vorgesehen. Der ZVV hat seine Tarife letztmals im Dezember 2016 erhöht.

ZVV-Strategie 2024–2027 baut auf den Vorteilen des öV auf

Der öV bleibt trotz des Einschnitts durch die Pandemie ein unverzichtbarer Teil einer zukunftsfähigen Mobilitätslösung im Kanton Zürich. Er trägt insbesondere und massgeblich dazu bei, die gesteckten Verkehrs- und Klimaziele zu erreichen. Wie nachhaltig die Veränderungen im Mobilitätsverhalten infolge von flexibleren Arbeitsmodellen sind, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen. Diese Entwicklungen bieten eine Chance, die hohe Auslastung in den Spitzenzeiten besser zu verteilen. Der ZVV geht davon aus, dass ab 2025 voraussichtlich wieder mehr Leute mit dem öV unterwegs sind, als vor der Pandemie. Deshalb braucht es auch weiterhin schrittweise und nachfragegerechte Investitionen in das öV-System.

Der nächste grosse Ausbauschritt auf dem Netz der Zürcher S-Bahn ist erst mit der Inbetriebnahme neuer Infrastrukturen wie dem Projekt MehrSpur Zürich–Winterthur oder dem Ausbau des Bahnhofs Stadelhofen im Zeitraum 2035 möglich. Der vorübergehende Rückgang der Nachfrage führt dazu, dass die erwarteten Engpässe auf gewissen Bahnstrecken erst später eintreffen werden. Der ZVV setzt sich dennoch dafür ein, gezielte Angebotsausbauten vorziehen zu können.

Im Bereich der Stadtbahnen nimmt mit der Limmattalbahn zwischen Zürich-Altstetten und Killwangen-Spreitenbach (AG) Ende 2022 ein Grossprojekt der Kantone Zürich und Aargau den Betrieb auf. Zwei weitere Projekte sollen derweil vorangetrieben werden: Das Tram Affoltern und die Verlängerung der Glattalbahn von Zürich Flughafen bis Kloten Industrie.

Dekarbonisierung, Tempo 30 und Digitalisierung

Der öV erbringt seine Leistungen schon heute sehr umweltfreundlich und energieeffizient. 87 Prozent der Verkehrsleistungen werden elektrisch erbracht, 13 Prozent erfolgen mit Dieselantrieb. Die Treibhausgasemissionen der Busflotte sollen bis 2035 halbiert werden und ab 2040 soll der Busbetrieb im gesamten ZVV keine Treibhausgasemissionen mehr verursachen. Hierfür werden einerseits in Winterthur und Zürich fünf Dieselbuslinien auf Trolleybusbetrieb umgestellt. Andererseits sollen Batteriebusse die Dieselbusse ersetzen.

In der Frage zu Tempo 30 zeigen sich Zielkonflikte der Lärmschutzpolitik einerseits und der Verkehrs- und Klimapolitik andererseits. Vorschnelle Entscheide können negative Folgen für das öffentliche Verkehrsangebot mit sich bringen. Insbesondere ist es nicht zielführend, den Konflikt allein mit finanziellen Mitteln, etwa für zusätzlich benötigte Fahrzeuge, zu lösen. Es braucht stattdessen eine gesamthafte Betrachtung und qualitativ gute Massnahmen im Einzelfall, damit die Attraktivität des öV aufrechterhalten bleibt.

Letztlich gilt es, mit der Digitalisierung Schritt zu halten und gleichzeitig weiterhin allen Personen den Zugang zum öV-System zu ermöglichen. Im Ticketverkauf bedeutet dies, ein Spektrum zwischen neusten technologischen Entwicklungen und persönlicher Beratung abzudecken und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Während Beratung und Verkauf am Schalter und per Telefon weiterhin erhalten bleiben, soll der zeitaufwändige Ticketkauf beim Fahrpersonal mittelfristig durch ein neues benutzerfreundliches System ersetzt werden.

Defizit soll wieder gesenkt werden

Über Jahre hinweg verbesserte sich die finanzielle Situation des ZVV laufend. Die Coronapandemie setzte dieser erfreulichen Entwicklung ein jähes Ende. Damit der öV attraktiv bleibt, soll das über die Jahre optimierte Angebot nicht abgebaut werden. Der ZVV strebt an, die höheren Defizite nach dem Abflauen der Pandemie schrittweise zu senken. Gleichzeitig soll auch der Kostendeckungsgrad wieder ansteigen. Ob es zu Tariferhöhungen kommt, soll im Einzelfall aufgrund der Marktbedingungen und der finanziellen Vorgaben des Kantons beurteilt werden.
 

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