Erneute Zunahme der Jugendkriminalität – deutlicher Anstieg bei der Jugendgewalt

Die Jugendkriminalität im Kanton Zürich hat erneut zugenommen. Wenig erfreulich ist insbesondere der deutliche Anstieg bei den Gewaltdelikten. Jugendgewalt richtet sich dabei vornehmlich gegen andere Minderjährige. Das Klima unter den Jugendlichen ist wieder rauer geworden.

Die Jugendkriminalität im Kanton Zürich hat im letzten Jahr um 5 Prozent zugenommen. Die Jugendanwaltschaften des Kantons eröffneten im Jahr 2019 gegen 5027 Jugendliche ein Strafverfahren. Das ist im Vergleich zum Vorjahr, als 4787 Jugendliche verzeigt wurden, ein Plus von 5 Prozent.

Anzahl der verzeigten Jugendlichen 2008-2019
Statistik zu der Anzahl verzeigten Jugendlichen in den Jahren 2008-2019 Quelle: Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich, Jahresstatistik 2019. Bild «Anzahl der verzeigten Jugendlichen 2008-2019» herunterladen

Wenig erfreulich ist insbesondere die Zunahme bei der Jugendgewalt. Im vergangenen Jahr mussten 857 Jugendliche wegen eines Gewaltdelikts verzeigt werden. Dies sind 225 Minderjährige mehr als noch 2018 (632), was eine Zunahme der Jugendgewalt um knapp 36 Prozent bedeutet. Der Anstieg manifestiert sich sowohl bei der minderschweren als auch bei der schweren Gewalt.

Persönliche Leistungen und Freiheitsentzüge nehmen zu

Die fünf Jugendanwaltschaften des Kantons Zürich erliessen im vergangenen Jahr 3869 (2018: 3944) Strafbefehle, in 25 (36) Fällen erhoben sie Anklage bei den Jugendgerichten. Sie sprachen insgesamt 3701 (3826) Strafen aus, davon 1816 (2047) Verweise, 971 (808) persönliche Leistungen, 798 (820) Bussen und 108 (87) Freiheitsentzüge. In acht (sieben) Fällen wurde von einer Bestrafung abgesehen. Bei 30 (36) verurteilten Jugendlichen ordneten die Jugendanwaltschaften und Gerichte 44 (57) Erwachsenenstrafen an.

Anzahl der wegen einer Gewaltstraftat verzeigten Jugendlichen 2008-2019
Statistik zu der Anzahl der wegen einer Gewaltstraftat verzeigten Jugendlichen 2008-2019 Quelle: Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich, Jahresstatistik 2019. Bild «Anzahl der wegen einer Gewaltstraftat verzeigten Jugendlichen 2008-2019» herunterladen

Der seit vier Jahren beobachtbare Anstieg der Jugendgewalt manifestierte sich auch bei den Verurteilungen. So stieg der Anteil der Delikte gegen Leib und Leben von 3,0 auf 4,0 Prozent. Leicht rückläufig waren hingegen die Verurteilungen wegen Vermögensdelikten. Ihr Anteil betrug neu 24,1 Prozent (25,7 Prozent). Mit 17,1 Prozent (17,9 Prozent) nahmen auch die Verurteilungen wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz ab. Gleiches gilt für Delikte gegen die Freiheit wie Hausfriedensbruch, ihr Anteil betrug noch 5,5 Prozent (7,1 Prozent). Die Zahl der Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz blieb mit 9,8 Prozent hingegen unverändert. Die prozentuale Zunahme bei den Delikten gegen die sexuelle Integrität von 1,5 auf 3,3 Prozent lässt sich hingegen primär mit dem Anstieg an Verurteilungen wegen Pornografie erklären. Leicht rückläufig war mit 24,4 Prozent der Anteil an verurteilten Mädchen (26,6 Prozent). Der Ausländeranteil bewegte sich mit 32,5 Prozent (32,7 Prozent) im langjährigen Mittel.

Jugendgewalt – Gruppendelikte häufen sich

Eine durch die Oberjugendanwaltschaft durchgeführte Analyse aller verzeigten Gewaltstraftaten zeigt, dass die Beschuldigten zumeist männlich (86,3 Prozent) und durchschnittlich 15,6 Jahre alt sind. Auffallend ist, dass insbesondere die Gruppendelikte markant zugenommen haben. Während es sich bei den jüngeren Beschuldigten mehrheitlich um Einzeltätern handelt, agieren ältere primär in Gruppen. Zugleich finden Gruppendelikte vor allem in der Nacht oder abends statt. Bei knapp der Hälfte der nächtlichen Gewaltstraftaten spielt Alkohol wiederum nachweislich eine Rolle. Jugendgewalt spielt sich denn auch vermehrt im öffentlichen Raum, also in Parks, am See, auf der Strasse und insbesondere am Bahnhof ab und richtet sich primär gegen andere Jugendliche, wobei sich Opfer und Täter nicht zwangsläufig kennen müssen.

Leicht steigende Kosten für Schutzmassnahmen

Insgesamt waren 38 (41) Jugendliche am Stichtag 31. Dezember 2019 stationär untergebracht, 165 (154) Jugendliche befanden sich in einer ambulanten Schutzmassnahme. Neu angeordnet wurden im vergangenen Jahr 10 (6) stationäre und 59 (60) ambulante Schutzmassnahmen. Nachdem die Ausgaben für Schutzmassnahmen in den letzten Jahren rückläufig waren, stieg der finanzielle Aufwand im vergangenen Jahr auf 18,1 Millionen (17,4 Millionen) Franken. Zwar sind die stationären Unterbringungen zahlenmässig konstant, es mussten aber mehr Jugendliche in geschlossenen Einrichtungen verbunden mit einem hohen Betreuungsaufwand untergebracht werden, was sich auch in den gestiegenen Kosten manifestiert.

Aufwand für Schutzmassnahmen in Millionen Franken 2008-2019
Statistik zu Aufwand für Schutzmassnahmen in Millionen Franken 2008-2019 Quelle: Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich, Jahresstatistik 2019. Bild «Aufwand für Schutzmassnahmen in Millionen Franken 2008-2019» herunterladen