Bundesrecht macht Reorganisation des Vormundschaftswesens nötig

Im Kanton Zürich muss das Vormundschaftswesen neu geregelt werden. Nötig machen das Änderungen im Zivilgesetzbuch vom 19. Dezember 2008. Damit hat der Bund beschlossen, dass die mit dem Vormundschaftsrecht befassten Behörden professionalisiert werden müssen. Die neuen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) sollen die bisherigen Vormundschaftsbehörden der Gemeinden ersetzen und werden mit einer Reihe zusätzlicher Aufgaben betraut. Im Kanton Zürich läuft eine Vernehmlassung zu einem entsprechenden Konzeptentwurf, wonach die neu einzurichtenden Behörden als kantonale Verwaltungsbehörde auf Stufe Bezirk vorgesehen sind.

Eines ist bei der Umsetzung des neuen Vormundschaftsrechts von Vornherein klar: Das bisherige System der Laienbehörden auf Gemeindestufe kann nicht mehr weitergeführt werden. Einerseits, weil nicht ausreichend Fachleute für die Besetzung der Fachbehörden in 171 Gemeinden zur Verfügung stehen würden und weil die damit verbundenen Kosten für die Gemeinden nicht tragbar wären. Andererseits wären aufgrund der grundsätzlich zu kleinen Einzugsgebiete die Fallzahlen in den Gemeinden zu gering, um eine für die erforderliche Qualität einer Fachbehörde angemessene Auslastung zu erzielen. Im Weiteren trägt neu der Kanton die Haftung für widerrechtliches Handeln der Behörden und nicht mehr die Gemeinde. Zudem wäre mit einem kommunalen Behördenmodell ein zweistufiger Rechtsmittelzug erforderlich, mit entsprechenden Kostenfolgen.

Kernstück der Revision des Bundesrechts ist die Fachlichkeit der Behörde. Diese setzt gemäss den Folgerungen des vom Kanton beauftragten Gutachters, alt Oberrichter Dr. Daniel Steck, voraus, dass in Gebieten mit einem Einzugsbereich von wenigstens 50'000 Einwohnerinnen und Einwohnern drei Personen mit grundsätzlich minimal 50-Prozent-Pensen tätig sind, die über Fachkenntnisse in den Bereichen Recht, Sozialarbeit und Pädagogik/Psychologie verfügen. Eine weitere Neuerung ist die stärkere Differenzierung bei den anzuordnenden Massnahmen. In der rund hundertjährigen Geschichte des Vormundschaftswesens stand den Behörden lediglich ein relativ starres Massnahmensystem zur Verfügung, das in erster Linie auf die Vormundschaft setzte. Neu sollen «Massnahmen nach Mass» angeordnet werden, mit welchen gezielter auf die Bedürfnisse des Einzelfalles eingegangen werden kann. Diese machen sehr viel mehr als im geltenden Recht vertiefte Abklärungen nötig. Damit soll das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gefördert werden.

Drei Modelle denkbar, nur eines praktikabel

Umsetzen liesse sich das Bundesrecht im Kanton Zürich auf drei Arten: als Gerichte, als interkommunale Behörde oder als kantonale Behörde. Der Gutachter empfiehlt ein Gerichts- oder kantonales Behördenmodell, ersteres stiess jedoch bei den befragten Stellen im Kanton weit gehend auf Ablehnung. Der Regierungsrat schlägt im Konzeptentwurf deshalb eine Lösung im Sinne einer kantonalen Verwaltungsbehörde, dezentral in den zwölf Bezirken organisiert, vor. Abgesehen von Andelfingen und (knapp) Affoltern, haben alle Bezirke die vom Gutachter als notwendig befundene Grösse von mindestens 50'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Angegliedert werden sollen die Behörden bei den Bezirksräten, wobei die vom Volk gewählten Statthalter das Präsidium der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden inne haben sollen. Ein vom Regierungsrat gewählter Vizepräsident, bzw. eine Vizepräsidentin, kann ihnen zur Seite gestellt werden, wenn die Fallzahlen dies nötig machen. Die übrigen Behördenmitglieder sollen ebenfalls vom Regierungsrat gewählt werden. Mit diesem Behördenmodell ist ein einstufiger gerichtlicher Instanzenzug ans Obergericht vorgesehen.

Die bundesrechtliche Vorgabe, künftig Fachbehörden einzusetzen, führt in jedem Fall zu Mehrkosten. Bei einer kantonalen Organisation auf Bezirksebene wären die Behördenkosten vom Kanton zu tragen, während bei einer interkommunalen Organisation die Gemeinden für die Mehrkosten aufzukommen hätten.

Geplant ist, dass die Regierung die Gesetzesanpassungen Ende 2010 verabschiedet, damit der Kantonsrat sie 2011 beraten kann. In Kraft treten werden die neuen Regelungen voraussichtlich am 1. Januar 2013.

Die Vernehmlassung dauert bis 31. Oktober 2009.


Die Vernehmlassungsunterlagen sind unter www.vernehmlassungen.zh.ch, Link «Suche», Suchbegriff «Erwachsenenschutz», verfügbar.

(Medienmitteilung des Regierungsrates)

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