Gutachten zum Justizvollzug vorgestellt
Medienmitteilung 20.11.2007
Im Frühjahr 2006 war der Verwahrte A.G. in Verdacht gekommen, während seiner Urlaube Straftaten begangen zu haben. Im Rahmen der Abklärung dieser Vorfälle hatte der Justizdirektor, Regierungsrat Dr. Markus Notter, drei unabhängige Experten beauftragt, das System des Amts für Justizvollzug im Umgang mit gemeingefährlichen Tätern zu überprüfen. Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller informierte im Namen der drei Experten über das Ergebnis ihrer Arbeit. Die Experten attestieren den Behörden ein professionelles und angemessenes Vorgehen, orten aber auch Potenzial für Verbesserungen.
Am 29. November 2006 erteilte der Justizdirektor, Regierungsrat Dr. Markus Notter, den Auftrag, die Arbeit des Amts für Justizvollzug (JuV) im Bereich des Umgangs mit gemeingefährlichen Straftätern zu überprüfen. Die mit dem Gutachten betrauten drei Experten haben hierfür den Fall A.G. und rund zwanzig weitere Fälle geprüft und bewertet. Im Allgemeinen attestieren die Verfasser den zuständigen Stellen inner- und ausserhalb des JuV ein fachlich hohes Niveau und grosses Engagement – insbesondere im interkantonalen Vergleich. In die Entscheide im Rahmen der Gewährung von Vollzugslockerungen für potenziell gefährliche Straftäter sind unter anderem der Psychiatrisch-Psychologische Dienst und der Sonderdienst des JuV und die Fachkommission zur Überprüfung der Gemeingefährlichkeit von Straftäterinnen und Straftätern, ein Gremium des Ostschweizer Strafvollzugskonkordates, involviert.
Gleichzeitig weist das Gutachten jedoch auch auf einzelne Mängel hin und gibt Empfehlungen ab. So sei gerade im Fall A.G. der Therapieverlauf mangelhaft dokumentiert. Zudem schlagen die Experten einzelne Anpassungen bei den mit der Fallbegleitung und Entscheidungsfindung betrauten Gremien vor. So soll etwa die Stellung des Sonderdienstes, der die Vollzugsaufgaben bei gemeingefährlichen Straftätern übernimmt, überprüft werden. Das Gutachten betont weiter die Bedeutung so genannter Behandlungsverträge. Die Experten sprechen sich sodann dafür aus, dass allfällige Vollzugslockerungen grundsätzlich nur noch dann möglich sein sollen, wenn durch eine deliktsorientierte Therapie eindeutige Behandlungserfolge belegt werden können. Schliesslich schlagen die Experten die Schaffung einer Staatsanwaltschaft für Vollzugsfragen vor, der im kantonalen Verfahren Parteistellung zukommen soll und die Entscheide des Verwaltungsgerichts in Vollzugssachen an das Bundesgericht weiterziehen könnte.
Dr. Thomas Manhart, seit 1. August 2007 Leiter des Amts für Justizvollzug, würdigte sowohl die geäusserte Kritik als auch die erwähnten Empfehlungen als hilfreich. Insbesondere begrüsst er den Vorschlag der Experten, der Staatsanwaltschaft im Vollzugsverfahren bei Entscheiden mit möglichen Folgen für die öffentliche Sicherheit Parteistellung zu gewähren. Dadurch würde das heutige Ungleichgewicht der Interessenvertretung der Verurteilten einerseits und der Öffentlichkeit anderseits ausgeglichen. Weiter unterstützt er die ebenfalls von den Experten empfohlenen Bestrebungen zur Verbesserung der fachlichen Qualifikation forensischer Gutachterinnen und Gutacher.
Die Verfasser des Expertenberichts
Prof. Dr. Andrea Baechtold ist Strafrechtler und Kriminologe an der Universität Bern. Er lehrt in den Bereichen Straf- und Massnahmenvollzug, Sanktionenrecht und Kriminalpolitik. Davor war er Leiter der Abteilung Strafrecht beim Bundesamt für Justiz sowie von 1993 bis 1999 Vorsteher des bernischen Amts für Freiheitsentzug und Betreuung.
Prof. Volker Dittmann ist seit 1989 Leitender Arzt für Forensische Psychiatrie an der Psychiatrischen Klinik der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel. Er ist Facharzt für Psychiatrie und für Rechtsmedizin und unter anderem Verfasser des so genannten Dittmann-Katalogs, eines spezifischen Beurteilungsinstruments für potenziell gemeingefährliche Täter.
Dr. Heinrich Andreas Müller ist Oberrichter und Vizepräsident des Zürcher Obergerichts.
(Medienmitteilung der Direktion der Justiz und des Innern)
Hinweis
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