Regierungsrat beschliesst fristlose Entlassung des Chefs des kantonalen Steueramts

Im Rahmen einer Administrativuntersuchung im kantonalen Steueramt wurden 24 Steuerfälle untersucht, bei denen sich eine nähere Überprüfung aufdrängte. In 11 dieser überprüften Steuerfällen wurden beim ehemaligen Chef des kantonalen Steueramtes Andreas M. Simmen Kompetenzanmassungen oder die Umgehung des von der Verordnung über die Organisation des kantonalen Steueramts vorgegebenen Wegs festgestellt. Damit war die rechtsgleiche Behandlung der Steuerpflichtigen gefährdet. Der mit der Administrativuntersuchung beauftragte Dr. Richard Altherr hat den Bericht auch der Oberstaatsanwaltschaft zugestellt, um die Frage zu klären, ob in den beanstandeten Fällen strafbare Handlungen begangen worden seien. Weiter ergab die Überprüfung, dass Andreas Simmen über keinen universitären Abschluss verfügt und die anstellende Behörde über diesen Punkt nicht aufklärte. In Berücksichtigung aller Umstände hat der Regierungsrat beschlossen, den ehemaligen Chef des kantonalen Steueramts fristlos zu entlassen.

Im 2. Halbjahr 2005 gingen dem Finanzdirektor verschiedentlich Hinweise zu, der Chef des kantonalen Steueramts greife mitunter in die Kompetenzen der Mitarbeitenden ein und treffe steuerrechtliche Entscheide, die nicht haltbar seien. Anfangs November 2005 leitete der Finanzdirektor eine Administrativuntersuchung zur Klärung dieser Vorhalte ein und beauftragte Dr. Richard Altherr, Vizepräsident am Bezirksgericht Zürich und Ersatzrichter am Obergericht, mit der Durchführung der Untersuchung. Der Schlussbericht ging am 20. März 2006 bei der Finanzdirektion ein, nachdem sowohl der Chef des kantonalen Steueramts wie auch die Finanzdirektion zum Entwurf hatten Stellung nehmen können.


Ergebnisse der Administrativuntersuchung: Bei Einzelentscheiden Verletzung des Grundsatzes der rechtsgleichen Behandlung

Im Rahmen der Administrativuntersuchung wurden 24 Steuerfälle näher überprüft. In elf Fällen hat der Beauftragte Kompetenzanmassungen bzw. die Umgehung des von der Verordnung über die Organisation des kantonalen Steueramts vorgegebenen Wegs festgestellt. Damit aussergewöhnliche Sachverhalte und neue Fragestellungen angemessen gewürdigt werden und in die Verfeinerung der Praxis einfliessen können, verfügt das Steueramt des Kantons Zürich über besondere Fachdienste und spezialisierte Abteilungen. Wenn diese umgangen werden, kann dies zu rechtsungleichen Einzelentscheiden führen. Allenfalls notwendige Änderungen hätten unter Einbezug der zuständigen Stellen und mit Wirkung für alle Steuerpflichtigen erfolgen müssen, nicht nur für jene, die sich persönlich an den Chef wandten. Das Umgehen der Fachinstanzen führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verletzung des Grundsatzes der rechtsgleichen Behandlung. Der Bericht nennt acht solche Fälle, die zwölf Steuerpflichtige betreffen, wobei gemäss Bericht zweimal auch der Grundsatz des gesetzeskonformen Vollzugs verletzt wurde. Um die Frage zu klären, ob in den beanstandeten Fällen strafbare Handlungen begangen worden seien, hat Dr. Altherr den Bericht auch der Oberstaatsanwaltschaft zugestellt. Die Administrativuntersuchung ergab jedoch keine Hinweise, dass sich der Chef Steueramt in diesen Fällen persönliche Vorteile verschaffte oder verschaffen wollte. Vielmehr liegt laut Bericht Altherr die Annahme nahe, er habe dem grossen Konkurrenzdruck im Steuerwettbewerb nicht standhalten können und durch seine Interventionen versucht, für den Kanton Steuersubstrat zu gewinnen oder zu erhalten.


Führungsprobleme

Zur Frage, wo sich aufgrund des Untersuchungsergebnisses Handlungsbedarf abzeichnet, hält der Bericht fest, dass sich mehr als die Sicherstellung der korrekten Einhaltung der Organisationsverordnung und insbesondere des Dienstweges nicht empfehlen lasse. Anders fällt die Beurteilung in personeller Hinsicht aus. Der Bericht spricht von massiven Führungsproblemen und einer starken Entfremdung zwischen dem Amtschef und dem ihm direkt unterstellten obersten Kader sowie der weitern Belegschaft. Diese Führungsprobleme waren dem Finanzdirektor von Mitarbeitern und von einigen der obersten Kaderleuten bereits vor Beginn der Untersuchung mehrfach zugetragen worden. Der Einwand des Steueramtschefs, die Erfüllung des ihm erteilten Reorganisationsauftrags sei für viele Mitarbeitende mit einem Kulturschock verbunden gewesen, mag zwar zutreffen, doch erklärt dies nicht das vom Beauftragten festgestellte Klima der Angst sowie die Klagen über Druck und Drohgebärden. Abschliessend wird im Bericht empfohlen, aufgrund der festgestellten Fehlleistungen personalrechtliche Massnahmen gegen den Steueramtschef zu prüfen.

Der Regierungsrat hat nach der Beratung des Berichts von Dr. Richard Altherr beschlossen, das Arbeitsverhältnis mit dem Chef des kantonalen Steueramts aus wichtigen Gründen gemäss § 22 des kantonalen Personalgesetzes per sofort aufzulösen. Der Regierungsrat hatte in Berücksichtigung der gesamten Umstände Andreas M. Simmen die fristlose Entlassung angekündigt. In diesem Zusammenhang war Simmen rechtliches Gehör gewährt worden. Darauf hatte er selbst seine Kündigung auf den nächsten ordentlichen Termin eingereicht. Darauf trat der Regierungsrat nun nicht ein und beschloss, Simmen fristlos zu kündigen.

Neben dem Ergebnis der Administrativuntersuchung haben zwei weitere Gründe den Regierungsrat zu diesem Schritt veranlasst. Durch die Anklageerhebung im Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit für die SAir-Group erachtet der Regierungsrat die für die Amtsführung erforderliche Autorität gegen innen und aussen als derart beeinträchtigt, dass die weitere Ausübung der Leitungsfunktion im Steueramt nicht mehr möglich ist. Im Weiteren ergab eine Überprüfung, dass Andreas M. Simmen über keinen akademischen Universitätsabschluss als lic. rer. pol. verfügt - entgegen den Angaben im Bewerbungsdossier des mit der Rekrutierung eines Chef Steueramtes beauftragten Personalberatungsunternehmens. Im verlangten Stellenprofil wurde ein universitärer Abschluss vorausgesetzt. Simmen selbst hat zwar einen solchen Titel nie verwendet, anderseits hat er es aber unterlassen, den Regierungsrat und die Finanzdirektion über deren offensichtlichen Irrtum bezüglich dieser Tatsache – zum Beispiel im Anstellungsbeschluss und in der Medienmitteilung zur Anstellung – zu informieren und klarzustellen, dass er nicht berechtigt war, diesen Titel zu führen. Dies erachtet der Regierungsrat als Verstoss gegen die Treuepflicht im Sinne von § 49 des Personalgesetzes.

Die Finanzdirektion hat die Leitung der kantonalen Steueramtes interimistisch Alfred Walter, Stellvertreter des Chefs Steueramt, übertragen.

(Medienmitteilung des Regierungsrates)

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