Das älteste Zürcher Gesetzesbuch ist 700 Jahre alt
Medienmitteilung 07.10.2004
Vor 700 Jahren, im Jahr 1304, fassten die Zürcher ihre wichtigsten Gesetze in einem Buch zusammen. Dieses Buch ist heute noch erhalten und wird im Staatsarchiv des Kantons Zürich aufbewahrt. Zum Inhalt hat der prächtige Band vor allem Bestimmungen, die den stets gefährdeten Frieden in der Stadt, unter ihren Bewohnern sowie mit den Kleinadeligen der Umgebung sichern sollten.
Im Jahr 1304 trug der damalige Zürcher Stadtschreiber Nikolaus Mangold die wichtigsten Gesetze der Stadt Zürich in einem Buch zusammen. Dieses Gesetzesbuch trägt seit seiner Entstehung vor 700 Jahren den Namen «Richtebrief». Nach den Bestimmungen des Richtebriefs hatten sich die Bürger Zürichs zu richten und die städtische Obrigkeit ihre Urteile zu fällen.
Hauptzweck des Richtebriefes war es, den «Stadtfrieden» zu sichern. Dies war wichtig in einer Zeit, in der selten ein Bürger sein Haus ohne Schwert oder Messer verliess, in der Gewalt, Selbstjustiz, Messerzücken und Totschlag weit verbreitet waren. Der Richtebrief bestimmte zum Beispiel: Schlägt ein Bürger den anderen unter Hausfriedensbruch tot, so hat er 10 Mark Silber (etwas mehr als 2 Kilogramm) Busse zu bezahlen, zudem wird ihm sein Haus niedergerissen. Falschspieler wurden in der Limmat «geschwemmt» und aus der Stadt vertrieben. Andere Bestimmungen beschränkten den Aufwand an Hochzeiten: Das Hochzeitspaar sollte nicht mehr die halbe Stadt bewirten müssen, sondern nur noch zwanzig Familien einladen. Damit sollte vermieden werden, dass ein junges Paar wirtschaftlich ruiniert in den Stand der Ehe trat. Weitere Regeln befassten sich mit dem Weinbau, dem Gewerbe- und Geldwesen. Ein Historiker des 19. Jahrhunderts urteilte zusammenfassend: «In dem Richtebrief von 1304, dem schönsten Denkmal des alten Zürich, hatte sich das volle Leben kund gegeben, das die Stadt beseelte.»
Der Richtebrief von 1304 im Zürcher Staatsarchiv ist auch äusserlich eine Kostbarkeit. Geschrieben auf feines Pergament - also bearbeitete Tierhaut – und in schönster gotischer Buchhandschrift, gehört das Buch in den Umkreis der gleichzeitig in Zürich entstandenen weltberühmten «Manessischen Liederhandschrift». Titel und wichtige Stellen sind mit roter Farbe hervorgehoben. Eine Besonderheit des Richtebriefes ist dabei, dass mehrfach auf den Blättern Platz freigelassen wurde für schöne Initialen (grosse und mit Goldfarbe verzierte Anfangsbuchstaben), diese Initialen aber nie eingefügt wurden. Fehlte es etwa bereits damals an den nötigen staatlichen Finanzen, um sich einen solchen Schmuck erlauben zu können?
(Medienmitteilung des Staatsarchivs)
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