Regierungsrat lehnt Staatsvertrag betreffend Luftverkehr ab

Der Regierungsrat hat den Vertrag der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland betreffend Luftverkehr und die dazugehörige Botschaft des Bundesrates einer abschliessenden Beurteilung unterzogen. Er wiederholt mit Nachdruck seine schon früher geäusserten Vorbehalte zum Inhalt des ausgehandelten Staatsvertrages und lehnt den vorliegenden Vertrag ab. Der Regierungsrat kommt nach eingehender Prüfung der Rechtslage und einer Abwägung der Chancen und Risiken des Staatsvertrags zum Schluss, dass die Regelungen des Staatsvertrages nicht im langfristigen Interesse der Bevölkerung des Kantons und des Flughafens Zürich liegen.

In seiner Zwischenbeurteilung im August 2001 hat der Regierungsrat das sich abzeichnende Verhandlungsergebnis negativ bewertet, aber die Folgen eines Scheiterns der Verhandlungen als noch schwerwiegender eingeschätzt. Der Regierungsrat hat damals darauf hingewiesen, dass erst nach Vorliegen des definitiven Staatsvertrags eine abschliessende Beurteilung vorgenommen werden kann.

Der Vertrag bringt schwerwiegende Nachteile

Der Staatsvertrag vom 18. Oktober 2001 zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland sieht einerseits vor, dass die Bewirtschaftung des süddeutschen Luftraumes wie bis anhin durch die schweizerischen Flugsicherungsdienste (Skyguide) ausgeübt wird, andererseits enthält er verschiedene Bestimmungen, welche die Möglichkeiten des Flughafens hinsichtlich der Nutzung des Luftraumes/Abwicklung des Luftverkehrs über dem süddeutschen Raum einschränken und der schweizerischen Bevölkerung diskriminierende Mehrbelastungen auferlegen. Hierzu gehören vor allem folgende Festlegungen:

  • eine Begrenzung der Anflüge über deutschem Hoheitsgebiet unter 3'000 Meter über Meer auf unter 100'000 Bewegungen pro Jahr;
  • ein Nachtflugverbot über Süddeutschland von 22.00 bis 06.00 Uhr, eingeführt im Herbst 2001;
  • ein Nachtflugverbot an Wochenenden und baden-württembergischen Feiertagen von 20.00 bis 09.00 Uhr, einzuführen bis Herbst 2002

Der Vertrag ist bezüglich seiner operationellen und lärmmässigen Auswirkungen für die Schweiz unbefriedigend. Die aufgrund des Staatsvertrages nötige Umverteilung der Flugbewegungen, die inskünftig nicht mehr über Deutschland geführt werden dürfen, führt dazu, dass die am dichtesten besiedelte Region der Schweiz, die bereits heute den grössten Teil der Fluglärmbelastung trägt, unverhältnismässig mit zusätzlichem Lärm belastet wird, während dünn besiedelte Gebiete Süddeutschlands privilegiert werden sollen. Als besonders stossend ist die für Deutschland künftig geltende Wochenendregelung zu werten, weil es unmöglich ist, die Schweizer Bevölkerung in den Genuss einer gleichen oder zumindest vergleichbaren Regelung kommen zu lassen.

Darüber hinaus würden diese Auflagen der Flughafen Zürich AG (FZAG) als Flughafenbetreiberin erhebliche betriebliche Schwierigkeiten bereiten. Im Gegensatz zu ihren Konkurrenten wie den Flughäfen München oder Frankfurt würde sie in der Flexibilität des Flughafenbetriebs stark eingeschränkt und müsste erhebliche Investitionen für eine alternative Abwicklung des Flugbetriebs tätigen, was mit empfindlichen Wettbewerbsnachteilen verbunden wäre.

Mit Blick auf das bevorstehende Inkrafttreten der bilateralen Abkommen mit der Europäischen Gemeinschaft auf den 1. Juni 2002, insbesondere des Luftverkehrsabkommens, ist festzustellen, dass die angedrohte einseitige Verordnung zur Beschränkung der Anflüge auf den Flughafen Zürich, weil für die Schweiz diskriminierend, mit Aussicht auf Erfolg angefochten werden kann. Überdies würde die Ratifizierung des Staatsvertrags eine spätere Anfechtung nicht erleichtern. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass eine Nichtratifikation kurzfristig mit einer höheren Lärmbelastung für die Bevölkerung verbunden sein könnte.

Bei einem Scheitern des Staatsvertrags könnte Deutschland über Süddeutschland eine Flugverbotszone festlegen oder die Flugsicherung selbst übernehmen. Heute wird dieses Risiko, das im Rahmen der Verhandlungen stark gewichtet wurde, von der FZAG als nicht mehr so hoch eingeschätzt. Sollten von deutscher Seite trotzdem entsprechende Massnahmen ergriffen werden, so müsste die FZAG in der Lage sein mit betrieblichen Dispositionen zu vermeiden, dass die Folgen für die zürcherische und schweizerische Bevölkerung noch schwerwiegender ausfallen als bei einer Ratifizierung des Staatsvertrages. Langfristig bietet die Ablehnung des Vertrages für die Bevölkerung, die Flughafenbetreiberin und die Swiss die bedeutend besseren Chancen einer angemessenen Regelung.

Der Zürcher Regierungsrat wird diese Haltung gegenüber dem Bund zum Ausdruck bringen und klarstellen, dass die Regelungen des Staatsvertrages nicht im langfristigen Interesse der Bevölkerung des Kantons und des Flughafens Zürich liegen.

(Medienmitteilung des Regierungsrates)

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