Anhang I: Stellungnahme des Fachbeirates
Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht 18.03.2025
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Fachbeirat
Zusammensetzung des Fachbeirates
Mit Beschluss vom 24. August 2022 (RRB Nr. 1094/2022) wählte der Regierungsrat die Mitglieder des Fachbeirates zum individuellen Sonderlastenausgleich für eine Amtsperiode von vier Jahren, das heisst vom
1. September 2022 bis zum 31. August 2026.
Mitglieder des Fachbeirates sind:
1. als Vertreter der Gemeinden
- Markus Ernst, Gemeindepräsident Küsnacht
- Sergio Rämi, Gemeindepräsident Truttikon
2. als Vertreter des Kantons
- Alexander Locher, Direktion der Justiz und des Innern
- Vimal Vignarajah, Finanzdirektion
Als Vorsitzenden des Fachbeirates wählten die Mitglieder des Fachbeirates Prof. Marius Brülhart.
Aufgabe des Fachbeirats
Die Aufgabe des Fachbeirates ist es, die Direktion der Justiz und des Innern bzw. das Gemeindeamt beim Vollzug des individuellen Sonderlastenausgleichs (ISOLA) zu beraten (§ 27 Abs. 1 Finanzausgleichsgesetz FAG). So sollen das Ermessen, das beim ISOLA besteht, objektiviert und Entscheidungen transparent gemacht werden. Dafür nehmen eine Vertretung einer finanzschwachen Gemeinde und eine Vertretung einer finanzstarken Gemeinde neben den beiden Vertretern des Kantons im Fachbeirat Einsitz.
Beim ISOLA geht es um die Begründung, Dokumentation und Quantifizierung von Sonderlasten. Dabei wird der Finanzbedarf einer gesuchsstellenden Gemeinde im Vergleich zu jenen der übrigen Gemeinden betrachtet. Bei der Beurteilung fliessen die Bewertungen aus den Fachdirektionen der kantonalen Verwaltung ein.
Der Fachbeirat ist im Rahmen des Finanzausgleichs als beratendes Organ tätig und daher mit der Materie vertraut. Im Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht des Regierungsrates gibt er eine Stellungnahme zum System des Finanzausgleichs ab.
Stellungnahme des Fachbeirats
Der Finanzausgleich des Kantons Zürich ist ein vielschichtiges und komplexes System. Der Fachbeirat hat in seinen bisherigen Stellungnahmen im Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht 2017 und 2021 deshalb jeweils eine ganze Reihe von Feststellungen und Beobachtungen eingehend diskutiert und Anregungen formuliert. In seiner nachfolgenden Stellungnahme zum Gemeinde- und Wirksamkeitsbericht 2025 legt der Fachbeirat den Fokus auf eine Auswahl von Themen, die aus seiner Sicht von besonderer Bedeutung sind.
Entwicklung des Finanzausgleichs
Die Zielsetzung des Finanzausgleichs ist in Art. 127 der Kantonsverfassung und in § 2 FAG festgehalten. Die vorrangige Aufgabe des Finanzausgleichs ist es, den Gemeinden die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen. Fehlen ihnen dazu die entsprechenden Mittel, soll sie der Finanzausgleich bei der Finanzierung unterstützen. Weiter soll der kantonale Finanzausgleich dafür sorgen, dass die Gemeindesteuerfüsse nicht erheblich voneinander abweichen. Da die Steuerfüsse von den Gemeinden autonom festgelegt werden, sind sie durch den Finanzausgleich jedoch nicht direkt beeinflussbar.
Um die Wirkung des Finanzausgleichssystems erfassen zu können, bietet sich ein Vergleich der Steuerkraft an. Diese Masszahl zeigt die Finanzstärke einer Gemeinde. Je grösser die Unterschiede in der Steuerkraft, desto mehr muss der Finanzausgleich umverteilen, um die Steuerkraft- und letztlich indirekt die Steuerfussunterschiede zu begrenzen.
Ressourcenentwicklung
Das Kantonsmittel der relativen Steuerkraft pro Kopf (ohne die Stadt Zürich) ist zwischen 2012 und 2023 inflationsbereinigt von 3544 auf 3930 Franken gestiegen. Dies entspricht einer realen Steigerung von rund 11 Prozent. Den Zürcher Gemeinden stehen somit mehr Finanzmittel zur Verfügung als bei der Einführung des neuen Finanzausgleichs. Die Teuerung war lange Zeit negativ oder stabil, stieg in den Jahren 2022 und 2023 jedoch deutlich an. Das reale (inflationsbereinigte) Kantonsmittel verharrte in diesen beiden Jahren auf dem ungefähr gleichen Niveau, während das nominale (nicht inflationsereinigte) Mittel höher ausfiel.
Die untenstehende Grafik zeigt die jährliche Verteilung der Gemeinden nach ihrer Steuerkraft pro Kopf seit der Einführung des neuen Finanzausgleichs im Jahr 2012. Wie die Entwicklung verdeutlicht, konnten sämtliche Gruppen ihre reale Steuerkraft im Vergleich zum Jahr 2012 steigern. Das gilt sowohl für die Gemeinden mit einer Steuerkraft zwischen dem 25. und dem 75. Perzentil (blaue Box), als auch für die 25 Prozent der Gemeinden, die deutlich darüber liegen (schwarze Antenne plus Ausreisser-Punkte oberhalb blauer Box) und die 25 Prozent, die darunter liegen (schwarze Antenne unterhalb blauer Box). Der Median der realen Steuerkraft pro Kopf stieg von 2694 Franken im Jahr 2012 auf 2940 Franken im Jahr 2023. Die jeweils finanzschwächste Gemeinde konnte ihre reale Steuerkraft pro Kopf von 1378 Franken im Jahr 2012 auf 1752 Franken im Jahr 2023 verbessern.
Die kleine Gruppe der sehr finanzstarken Gemeinden (schwarze Punkte) wie Küsnacht oder Erlenbach haben ihre Steuerkraft pro Kopf relativ zum Durchschnitt weiter verbessern können. Die jeweils finanzstärkste Gemeinde hatte 2012 eine reale Steuerkraft pro Kopf von 13'869 Franken (Zumikon) und 2023 18'685 Franken (Erlenbach). Die Unterschiede haben dadurch leicht zugenommen. Insgesamt zeigt sich aber ein stabiles Gesamtbild, da sich die Steuerkraftunterschiede zwischen den finanzstarken bzw. den finanzschwachen Gemeinden nur leicht verändert haben.
Steuerfussdisparitäten
Im horizontalen Ressourcenausgleich wird finanzstarken Gemeinden Geld abgeschöpft und den finanzschwachen Gemeinden fliessen Mittel zu. Bei gegebenen Pro-Kopf-Ausgaben sind finanzstarke Gemeinden dadurch angehalten, ihren Steuerfuss anzuheben. Finanzschwache Gemeinden hingegen können ihren Steuerfuss senken. Das führt tendenziell zu einem Abbau der Steuerfussunterschiede durch den Finanzausgleich. Das Finanzausgleichsgesetz selbst enthält keine Regelung zu einem maximalen oder minimalen Gemeindesteuerfuss.
Wie aus der obenstehenden Grafik zu entnehmen ist, verlief die Entwicklung der Steuerfüsse der Gemeinden unterschiedlich seit 2012. Das Kantonsmittel bewegt sich hingegen konstant nahe bei 100 Prozent. Das gilt auch für den Median. Er liegt bei rund 109 Prozent (Querstrich in blauer Box). Das bedeutet, dass 50 Prozent der Gemeinden einen tieferen und 50 Prozent der Gemeinden einen höheren Steuerfuss als 109 Prozent haben.
Seit dem Wegfall des Übergangsausgleichs im Jahr 2018 liegt der maximale Steuerfuss bei 130 Prozent (1,3-Fache des Kantonsmittels). Ab dieser Grenze ist eine Gemeinde berechtigt, einen individuellen Sonderlastenausgleich zu beziehen. Sie hat deshalb keinen Anreiz, ihren Steuerfuss höher anzusetzen. Die Hälfte der Gemeinden (blaue Box) hat einen Steuerfuss in einer Bandbreite von rund 100 Prozent bis rund 117 Prozent. Unterhalb von 100 Prozent ist die Spannweite der Steuerfüsse höher (untere Antenne) als oberhalb (obere Antenne). Einzelne Gemeinden wie Küsnacht, Kilchberg oder Rüschlikon haben aussergewöhnlich tiefe Steuerfüsse (schwarze Punkte).
Finanzausgleichsbeiträge
Der Anteil der Gemeinden, die in den Finanzausgleich einzahlen (Gebergemeinden), blieb seit 2012 etwa gleich. Der Anteil der Empfängergemeinden von Finanzausgleichsbeiträgen hingegen hat leicht zugenommen, obwohl in den letzten Jahren kleinere Gemeinden fusioniert haben. Leicht rückgängig ist der Anteil derjenigen Gemeinden, die weder Ausgleichsbeiträge erhalten noch in den Finanzausgleich einzahlen (neutrale Gemeinden).
Die Zahlungen aus dem Finanzausgleich sorgen dafür, dass die Steuerfüsse nicht zu weit auseinandergehen. Die Gemeinden, die Anspruch auf Finanzausgleich haben, erhalten je nach Situation Beiträge in sehr unterschiedlicher Höhe. Dies soll nachstehend anhand des Ausgleichsjahres 2023, das auf der Steuerkraft der Gemeinden des Jahres 2021 (Bemessungsjahr) beruht, näher dargelegt werden:
Im Jahr 2023 wurde einer Gemeinde durch den Ausgleich maximal 3692 Franken pro Kopf an Beiträgen ausbezahlt (Gemeinde Maschwanden). Weitere Gemeinden mit hohen Finanzausgleichsbeiträgen sind Fischenthal (3607 Franken), Schlatt (3070 Franken), Turbenthal (2903 Franken) oder) und Wila (2806 Franken). In der Mehrheit erhalten die Empfängergemeinden Beiträge in der Bandbreite von 500 bis 1500 Franken pro Kopf.
Im Vergleich zum Jahr 2019 (letzte Berichtsperiode) sind die Pro-Kopf-Zahlungen in zahlreichen Gemeinden ganz leicht zurückgegangen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerungszahl in einigen Empfängergemeinden stärker gestiegen ist als deren absolute Finanzausgleichsbeiträge.
Demgegenüber wurden im Jahr 2023 den besonders finanzstarken Gemeinden (Abschöpfungen von mehr als 4000 Franken pro Kopf) zwischen 4851 Franken pro Kopf (Herrliberg) bis maximal 7672 Franken pro Kopf (Küsnacht) für den Finanzausgleich (Ressourcenausgleich) abgeschöpft. Zu den weiteren Gemeinden mit hohen Abschöpfungen im Jahr 2023 zählen Erlenbach (6295 Franken), Kilchberg (5961 Franken), Rüschlikon (5863 Franken), Zollikon (5202 Franken) und Zumikon (5093 Franken). Bei den übrigen Gebergemeinden bewegen sich die Einzahlungen von wenigen Franken bis rund 1700 Franken pro Kopf. Im Vergleich zur letzten Berichtsperiode (Jahr 2019) liegen die Abschöpfungen pro Kopf im Jahr 2023 tendenziell höher, wie untenstehende Abbildung zeigt.
Individueller Sonderlastenausgleich (ISOLA)
Der individuelle Sonderlastenausgleich (ISOLA) gleicht besondere Lasten einer politischen Gemeinde aus, die von ihr nicht beeinflusst werden können und die weder vom demografischen Sonderlastenausgleich noch vom geografisch-topografischen Sonderlastenausgleich abgegolten werden. Anspruchsberechtigt sind politische Gemeinden, die im Ausgleichsjahr einen Gesamtsteuerfuss festsetzen müssen, der über dem Ausgleichssteuerfuss liegt. Dieser liegt beim 1,3-Fachen des Kantonsmittels.
Die Gemeinden können in verschiedenen Aufgabenbereichen besondere Lasten aufweisen. Denkbar sind einmalige Ereignisse (beispielsweise Sturm- oder Überschwemmungsschäden) oder andauernde ausserordentliche Zustände (beispielsweise ein überproportionaler Anteil an Sozialhilfefällen).
In der Berichtsperiode stellte nur noch die Gemeinde Maschwanden ISOLA-Gesuche, wie aus untenstehender Tabelle hervorgeht. In der letzten Berichtsperiode waren es noch bis zu vier Gesuche. Dieser Rückgang ist erfreulich. Das kumulierte Auszahlungsvolumen von rund 2,6 Millionen Franken in der aktuellen Berichtsperiode blieb hingegen gleich wie in der letzten Berichtsperiode. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Maschwanden einen stark steigenden ISOLA-Bedarf anmeldet. In den Jahren 2022 und 2023 liegen die definitiven Beiträge an die Gemeinde bei rund 1 Million Franken pro Jahr.
ISOLA-Beiträge
Sachverhalt | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|---|
ISOLA beantragt mit Budget (in Franken) |
615'500 | 926'000 | 1'149'300 | 1'156'100 |
ISOLA definitiv aufgrund Jahresrechnung (in Franken) |
86'800 | 500'000 | 1'088'900 | 934'900 |
Anzahl Gemeinden mit Gesuch | 1 | 1 | 1 | 1 |
Berechtigung - Ausgleichssteuerfuss | 130 % | 130 % | 130 % | 130 % |
Es gibt aktuell verschiedene Gemeinden, die sich nahe dem 1,3-Fachen des mittleren Steuerfusses bewegen. Es ist daher möglich, dass die Zahl der ISOLA-beziehenden Gemeinden in naher Zukunft steigt.
Besondere Feststellungen
Einbezug Steuerfüsse beim Ressourcenausgleich
Im Finanzausgleich wird der Ressourcenzuschuss einer Gemeinde mit deren Steuerfuss multipliziert. Dadurch erhalten Gemeinden mit einem höheren Steuerfuss mehr Ausgleich als Gemeinden mit einem tiefen Steuerfuss. Gemeinden sind bei der Festlegung ihres Steuerfusses autonom. Sie können durch die Erhöhung ihres Steuerfusses dafür sorgen, dass sie mehr Ausgleichsbeiträge erhalten.
Der Fachbeirat sieht darin einen wesentlichen Fehlanreiz im System des Finanzausgleichs, der ökonomisch insofern nicht zu rechtfertigen ist, als exogene Unterschiede beim finanziellen Grundbedarf durch Lastenausgleichsmassnahmen bereits kompensiert werden. Gemeinden mit gleicher Leistungsfähigkeit (Steuererträge pro Kopf) und gleichem Grundbedarf (nach Lastenausgleich), aber unterschiedlich hohen Steuerfüssen werden vom Ressourcenausgleich ungleich behandelt. Dies führt unter den Gemeinden zu Rangfolgeverschiebungen bei den Erträgen aus Steuern pro Kopf vor und nach dem Finanzausgleich, wie das in den Stellungnahmen des Fachbeirates zu den früheren Gemeinde- und Wirksamkeitsberichten 2017 und 2021 bereits detailliert dargelegt wurde. Dass Steuerfusserhöhungen durch den Ressourcenausgleich finanziell belohnt und Steuerfusssenkungen finanziell bestraft werden, führt zudem tendenziell zu einer ineffizient hohen kommunalen Steuerlast.
Der Fachbeirat regt deshalb an, den Steuerfuss aus der Berechnungsformel zur Bestimmung der Ressourcenzuschüsse der Gemeinden zu entfernen oder zumindest die Steuerfussbindung in der Berechnungsformel zu reduzieren. Eine solche Anpassung hätte zur Folge, dass gerade Gemeinden mit hohen Steuerfüssen unmittelbar weniger Zuschüsse aus dem Finanzausgleich erhalten würden und damit finanzielle Einbussen zu tragen hätten. Es wäre daher eine geeignete Übergangsregelung zu finden, die diese Auswirkungen für die betroffenen Gemeinden abfedert und den Gemeinden genügend Zeit gibt, sich an die neue Regelung anzupassen.
Lastenausgleich im Rahmen von Spezialgesetzgebung
In der Berichtsperiode kam es zu spezialgesetzlichen Änderungen. Diese führten zu Lastenausgleichen von Kanton zu Gemeinden in Bereichen, die bereits im Finanzausgleich vertikal abgegolten werden.
Der geografisch-topografische Sonderlastenausgleich wird für spezielle Lasten in Bereichen wie Gemeindestrassen, Feuerwehr oder Forstwesen ausgerichtet. Seit der Änderung des Strassengesetzes per 1. Juni 2022 erhalten die Gemeinden ab 2023 ebenfalls einen Beitrag für den Unterhalt von Gemeindestrassen aus dem Strassenfonds (insgesamt rund 70 Millionen Franken).
Der demografische Sonderlastenausgleich deckt besondere Ausgaben im Bereich Bildung ab. Dazu zählen auch Ausgaben für Kinder- und Jugendheime. Per 1. Januar 2022 wurde im Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG) ein Kostenteiler eingeführt, bei dem der Kanton 40 Prozent und die Gemeinden 60 Prozent der Kosten tragen, wobei Letztere die Kosten nach Einwohnerzahl solidarisch verteilen. Durch diese Gesetzesänderung werden die Gemeinden weitere Entlastungen erfahren. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beziffert diese mit 30 Millionen Franken in seinem Konsolidierten Entwicklungs- und Finanzplan 2025-2028.
Doppelte Abgeltungen von Lasten durch den Finanzausgleich einerseits und spezialgesetzliche Regelungen anderseits sollten vermieden werden. Andernfalls führt dies zu wachsenden Ausgaben beim Kanton, ohne dass eine Gegenfinanzierung sichergestellt ist. Der Fachbeirat ist der Meinung, dass der Kanton mit dem Finanzausgleich ein effektives Ausgleichsinstrument besitzt. Zu seinen Kernzielen zählen unter anderem die Stärkung der Gemeindeautonomie sowie die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und die Vermeidung von Fehlanreizen. Deshalb werden die Ausgleichsbeiträge nicht zweckgebunden ausgerichtet.
Bei spezialgesetzlichen Lastenausgleichen sollte inskünftig stärker darauf geachtet werden, was bereits durch den Finanzausgleich kompensiert wird und was nicht. Dies gilt auch bei befristeten, spezialgesetzlichen Kompensationen. Das trägt zur Stärkung der Ziele des Finanzausgleichs bei. Zusätzlich ist es fraglich, ob angesichts zunehmender spezialgesetzlicher Lastenausgleiche der Einbezug des Steuerfusses in die Berechnung des Ressourcenausgleichs gerechtfertigt ist (vgl. 3.1).
Zentrumslastenausgleich
Im Finanzausgleichsgesetz werden zurzeit einzig die Zentrumslasten der Städte Zürich und Winterthur abgegolten. Begründet wurde dies bei der Finanzausgleichsreform im Jahr 2012 mit höheren Aufwendungen in den Bereichen Polizei und Soziales sowie der Erbringung von zentralen Leistungen für Dritte wie im Bereich Kultur. Der Ausgleichsbetrag wurde politisch bestimmt. Aus fachlicher Sicht darf die Quantifizierung einer Zentrumsabgeltung jedoch nicht pauschal bestimmt werden, sondern sie muss sich an messbaren Kriterien orientieren. Sollten weitere Gemeinden die Kriterien erfüllen, ist zu prüfen, ob auch sie einen Ausgleich erhalten müssten.
Angesichts der Entwicklungen im Kanton (Bevölkerungswachstum, steigende Steuerkraft) ist aus Sicht des Fachbeirates eine Diskussion darüber angezeigt, was Zentrumslasten sind und wer diese zu tragen hat. Aus Sicht des Fachbeirates ist zudem zu prüfen, ob allenfalls auch Zentrumsnutzen vorhanden sind, die nicht bereits im Rahmen des Ressourcenausgleichs berücksichtigt werden. Aus diesen Gründen schlägt der Fachbeirat eine Überprüfung des Zentrumslastenausgleichs vor.
Situation des individuellen Sonderlastenausgleichs (ISOLA)
Die Gemeinden können ein Gesuch um Ausrichtung eines ISOLA für das Budget stellen. Die Grundlagen bilden die Budgetzahlen der Gemeinde. Der ISOLA-Beitrag wird in diesem Fall vorläufig zugesprochen. Die Gemeinden können den ISOLA auch nach Abschluss eines Rechnungsjahres geltend machen. Die Grundlage bildet hierbei die Gemeinderechnung. Auf deren Basis legt das Gemeindeamt den definitiven ISOLA-Beitrag fest.
Das Gemeindeamt zieht bei der Prüfung eines Gesuchs die Fachdirektionen des Kantons bei. Diese beurteilen detailliert die von der Gemeinde angegebenen Sonderlasten in den jeweiligen Aufgabenbereichen auf ihre Berechtigung. Dem Fachbeirat wird danach ein Vorschlag zur Ausrichtung des ISOLA unterbreitet. Dieser beurteilt das Gesuch unter Einhaltung von Gesetz und Rechtsprechung sowie der Prinzipien Gleichbehandlung der Gemeinden und Nachvollziehbarkeit.
Aus Sicht des Fachbeirates zeigen sich in der gegenwärtigen Anwendungspraxis folgende zwei Herausforderungen:
- Eine Gemeinde kann vom ISOLA finanziell abhängig werden. Die Anzahl der zur Sonderlastabgeltung angemeldeten Aufgabenbereiche ist viel grösser als erwartet und übersteigt die angestrebte Abdeckungsbreite bei Weitem. Der Kanton hat nur begrenzte Einflussmöglichkeiten. Seit dem Verwaltungsgerichtsurteil im Jahr 2017 gegen umfangreichere Kürzungen von ISOLA-Beiträgen ist die Beurteilung von Sonderlasten weiter eingeschränkt. Für die Gemeinde gibt es kaum Anreize, sich aus dieser Lage selbstständig zu befreien. Der Kanton finanziert dadurch über den ISOLA strukturelle Defizite einer Gemeinde, ohne dass ein Ende absehbar ist. Dies zeigt der aktuelle Fall der Gemeinde Maschwanden deutlich. Dies ist nicht im Einklang mit dem Sinn und Zweck des ISOLA. Aus Sicht des Fachbeirates ist der ISOLA grundsätzlich eine temporäre Absicherung und keine auf Dauer angelegte finanzielle Unterstützung. Diese Absicherung ist zum Beispiel gegen exogene Lasten (z.B. Stürme, Überschwemmungen) oder ganz bestimmte, vorübergehende Sonderlasten (z.B. hohe Sozialhilfekosten). Aufgrund der bisherigen Praxis stellt sich daher die Frage nach den Grenzen des Ausgleichs.
- Der Vollzug des individuellen Sonderlastenausgleichs ist sehr aufwendig. ISOLA-Gesuche durchlaufen in der Regel zwei Mal einen Antragsprozess (Budget und Jahresrechnung). Bei diesem Verfahren sind jeweils zahlreiche kantonale Ämter mit vertieften Prüfungen beschäftigt. Mit Blick auf das erzielbare Ergebnis besteht ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen dieses Verfahrens.
Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen mit dem ISOLA hat der Fachbeirat folgende Anregungen:
- Für eine Gemeinde, die ohne ISOLA nicht mehr existieren kann, bleibt de facto nur noch eine Fusion, um sich von diesen Ausgleichsbeiträgen zu befreien. Für mögliche Fusionspartner ist eine solche Gemeinde jedoch kaum attraktiv. Aus Sicht des Fachbeirates ist es daher angezeigt, dass der Kanton für solche Fälle zusätzliche finanzielle Fusionsanreize schafft. Die aktuelle gesetzliche Regelung für Fusionsbeiträge bietet hierfür zu wenig Handlungsspielraum.
- Der Verwaltungsaufwand beim Vollzug des ISOLA könnte erheblich vereinfacht werden, wenn nur noch basierend auf der Jahresrechnung eine vertiefte Prüfung des Gesuchs durchgeführt wird. Auf eine Prüfung der Sonderlasten für das Budget könnte verzichtet werden. Die Gemeinde muss ohnehin (nochmals) ein Gesuch stellen, wenn sie den ISOLA definitiv beansprucht.
Fazit
Der Fachbeirat erachtet die derzeitige Steuerfussdisparität als im Einklang mit dem Verfassungsauftrag. Sie ist im langen Zeitvergleich bislang einigermassen stabil geblieben, wie auch die Ressourcendisparitäten. Ob die Gemeinden ihre notwendigen Aufgaben tatsächlich erfüllen, kann der Fachbeirat nicht beurteilen. Weder der Wirksamkeitsbericht noch die bisherigen Erfahrungen der Mitglieder geben jedoch Anlass, daran zu zweifeln.
Der Einbezug des Steuerfusses beim Ressourcenzuschuss ist aus Sicht des Fachbeirates kritisch zu hinterfragen, insbesondere da der Lastenausgleich exogene Unterschiede beim Grundbedarf bereits ausgleicht. Die Steuerfussbindung verstösst gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Gemeinden und führt zu einem Fehlanreiz. Durch die Erhöhung des Steuerfusses können Gemeinden mehr Ausgleichsbeiträge beanspruchen – Steuererhöhungen werden quasi subventioniert. Der Fachbeirat regt daher an, den Steuerfuss aus der Ausgleichsformel des Ressourcenausgleichs zu entfernen oder zumindest eine geringere gewichtete Steuerfussbindung in der Formel vorzusehen.
Spezialgesetzliche Änderungen in der Berichtsperiode führen dazu, dass Lasten von Gemeinden doppelt, das heisst sowohl spezialgesetzlich als auch vom Finanzausgleich, abgegolten werden. Nach Ansicht des Fachbeirates sollte deshalb inskünftig stärker darauf geachtet werden, was bereits durch den Finanzausgleich kompensiert wird und was nicht, um Doppelkompensationen zu vermeiden.
Im Finanzausgleichsgesetz werden zurzeit einzig die Zentrumslasten der Städte Zürich und Winterthur abgegolten. Der Ausgleichsbetrag hierfür wurde politisch bestimmt. Angesichts der Entwicklungen im Kanton wie zum Beispiel das Bevölkerungswachstum schlägt der Fachbeirat die Überprüfung des Zentrumslastenausgleichs vor. Hierbei wäre ebenfalls zu prüfen, ob Zentrumsnutzen bestehen, die nicht bereits im Ressourcenausgleich berücksichtigt sind.
Die Entwicklung des ISOLA ist insofern erfreulich, dass aktuell nur eine Gemeinde auf diesen Ausgleich angewiesen ist. Dieser Fall zeigt jedoch auch die Herausforderungen dieses Ausgleichsinstruments deutlich auf. Aus Sicht des Fachbeirates sollte der Kanton zusätzliche finanzielle Fusionsanreize schaffen, um eine Fusionslösung für Gemeinden zu ermöglichen, die ohne diesen Ausgleich nicht mehr existieren können. Weiter regt der Fachbeirat an, dass ISOLA-Gesuche nur noch basierend auf der Jahresrechnung eingehend geprüft werden. Dies würde den Verwaltungsaufwand auf ein vertretbares Mass reduzieren.
Namens des Fachbeirates
Prof. Marius Brülhart, Vorsitzender
Alexander Haus, Sekretär
Datum: 18. November 2024
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