Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen - Medizinische Sonderleistungen

Inhaltsverzeichnis

Kapitelnr.
8.1.03.
Publikationsdatum
31. Januar 2013
Kapitel
8 Situationsbedingte Leistungen (WSH)
Unterkapitel
8.1. Situationsbedingte Leistungen

Rechtsgrundlagen

§ 15 SHG § 17 SHV SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.1

Erläuterungen

1.Allgemeines

Gemäss § 15 Abs. 2 SHG hat die wirtschaftliche Hilfe unter anderem auch die notwendige ärztliche oder therapeutische Behandlung sicherzustellen. Die medizinische Grundversor-gung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenversicherung sichergestellt. In gewis-sen Fällen kann es jedoch angezeigt sein, durch die obligatorische Krankenversicherung nicht gedeckte medizinische Sonderleistungen zu übernehmen. Es geht hier um krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen, welche nach SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.1, zu übernehmen sind, wenn sie im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind. Der Entscheid darüber steht weitgehend im Ermessen der Sozialbehörde.

2.Medizinische Sonderleistungen

Zu den medizinischen Sonderleistungen gehören alle Behandlungen, Kuren, Therapien, Me-dikamente etc., welche von der obligatorischen Krankenversicherung nicht oder nicht voll-ständig übernommen werden. Beispiele:

  • Komplementär- oder Alternativmedizin,
  • Psychotherapien, die nicht von einem Arzt oder auf ärztliche Anordnung hin durchge-führt werden,
  • Behandlung von Suchterkrankungen. Bei der Klärung, ob eine solche Leistung zu übernehmen ist, hat die Sozialbehörde die Not-wendigkeit und den Nutzen der beantragten Leistung zu prüfen. Dazu hat sie den Sachver-halt abzuklären und gegebenenfalls Fachleute namentlich zur Klärung von medizinischen Fragen beizuziehen. Sie kann die Übernahme von Kosten ganz oder teilweise verweigern, wenn die beantragte Behandlung nicht erforderlich ist oder sie eine vertretbare günstigere Al-ternative anzubieten vermag. Im letzteren Fall muss die angebotene Alternative allerdings geeignet sein, das bestehende Problem angemessen anzugehen. Zu prüfen ist im Weiteren, ob die in Frage stehenden Leistungen von dritter Seite übernommen werden. Will eine unterstützte Person eine medizinische Sonderleistung in Anspruch nehmen, hat sie

grundsätzlich vorgängig bei der Sozialbehörde um Kostengutsprache zu ersuchen (vgl. dazu Kapitel 10).

Rechtsprechung

VB.2011.00292 (nicht publiziert): Aufgrund des grossen behördlichen Beurteilungsspiel-raums ist nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin die Kostenübernahme der strittigen komplementärmedizinischen Leistungen davon abhängig machte, dass der Be-schwerdeführer eine ausführliche ärztliche Empfehlung sowie detaillierte Ausführungen über den geplanten Ablauf und die Kosten der gewünschten Behandlungen einbringe. Die einver-langten Belege wären geeignet, um die Notwendigkeit bzw. den Sinn und Nutzen einer kom-plementärmedizinischen Behandlung des Beschwerdeführers sachlich beurteilen zu können. Die vom Beschwerdeführer eingereichten Dokumente genügten diesen Anforderungen nicht (E. 4.1). Die ohne nähere behördliche Untersuchung erfolgte anfängliche Finanzierung von Kosten nicht kassenpflichtiger Leistungen vermag dem Beschwerdeführer kein berechtigtes Vertrauen in eine sozialhilferechtliche Übernahme sämtlicher seit Mai 2009 angefallener komplementärmedizinisch bedingter Kosten zu verleihen. Aus dem Umstand, dass die Sozi-albehörde Sinn und Nutzen der komplementärmedizinischen Leistungen zunächst nicht hin-terfragte und den diesbezüglichen Sachverhalt erst Anfang 2010 abzuklären begann, kann der Beschwerdeführer keinen auf Treu und Glauben gestützten Anspruch auf eine Finanzie-rung der 2009 entstandenen Phytotherapie- und Shiatsu-Behandlungskosten, der damit ver-bundenen Spesen sowie der Ausgabe für Zusatzversicherungsprämien und -selbstbehalte ableiten. Noch viel weniger schützenswert erscheint ein allfälliges Vertrauen des Beschwer-deführers in eine sozialhilferechtliche Finanzierung der im Jahr 2010 angefallenen komple-mentärmedizinischen Kosten (E. 4.2). VB.2011.00223: Sozialhilferechtliche Kostenübernahme einer Krankenkassen-Zusatzversicherung. Die Sozialhilfe hat krankheits- und behinderungsbedingte Kosten auch für jene Leistungen zu übernehmen, die zwar nicht im Rahmen der medizinischen Grundver-sorgung liegen, aber im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2.2). Die Be-hörden verletzten das rechtliche Gehör der um Kostenübernahme ersuchenden Beschwer-deführerin mehrfach, indem sie den erstinstanzlichen Entscheid nicht begründeten und ihr weder ein vorgängiges Äusserungs- noch ein Replikrecht einräumten (E. 4.5). Der Sachver-halt wurde von den Behörden in verschiedener Hinsicht nicht rechtsgenügend erstellt. Die eingereichten Arztzeugnisse hätten nicht ohne weitere Abklärungen als ungenügender Beleg dafür erachtet werden dürfen, dass die von der Beschwerdeführerin geforderten alternativen Behandlungsmethoden die einzig möglichen seien. Vielmehr hätten die Behörden den Sach-verhalt diesbezüglich weiter untersuchen müssen, etwa indem sie der Beschwerdeführerin die Auflage erteilt hätten, den Bezirksarzt oder einen anderen vertrauenswürdigen Arzt auf-zusuchen (E. 5.2). Aufgrund der mangelhaften behördlichen Sachverhaltsabklärungen be-steht keine Klarheit darüber, ob die Leistungen der Krankenkassen-Zusatzversicherungen für die Beschwerdeführerin sinnvoll und/oder erforderlich sind oder nicht (E. 5.3). VB.2007.00515: Kostenübernahme für Zusatzversicherung der Krankenkasse (Fr. 50.--) und medizinische Mehrauslagen von Fr. 100.--/Mt. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezi-alauslagen sind gemäss Ziff. C.1.1 der SKOS-Richtlinien zu übernehmen. Dies sind Kosten

für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkre-ten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2). Das Verwaltungsgericht hat nur zu entscheiden, ob die Leistungen, welche übernommen werden sollen, sinnvoll und nutzbrin-gend sind. Da der Entscheid darüber jedoch weitgehend im Ermessen der Be-schwerdegegnerin liegt, ist das Verwaltungsgericht auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 50 Abs. 2 VRG). Trotz verschiedener nicht schulmedizinischer Behandlungen hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht grundlegend verbessert. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin medizinische Mehrauslagen sowie die Prämien für die Zusatzversicherung der Krankenkasse nicht mehr übernimmt (E. 3.4). VB.2007.00112: Antrag auf Übernahme der Kosten für ein Fitnessabonnement als krank-heitsbedingte Spezialauslagen: In den beigelegten ärztlichen Zeugnissen wurde der Be-schwerdeführerin allgemein und undetailliert ein Fitness- oder Krafttraining empfohlen. Zu-mindest für ein Fitnesstraining würden sich kostenlose oder günstigere Alternativen wie bei-spielsweise den Besuch eines Vita-Parcours anbieten. Da die Beschwerdeführerin mittels der Arztzeugnisse nicht nachweisen konnte, dass der Besuch eines Sportcenters für die Er-haltung bzw. Verbesserung ihrer Gesundheit zwingend ist, durfte die Beschwerdegegnerin die Kostenübernahme für ein Fitness- bzw. Krafttrainingsabonnements verweigern. VB.2004.00088: Sozialhilfeleistungen decken das soziale Existenzminimum ab, zu dem auch notwendige therapeutische Behandlungen gehören. Die Finanzierung bzw. Teilfinanzierung des Aufenthalts in einer spezialisierten Therapieeinrichtung kann eine situationsbedingte Leistung darstellen, auf die Anspruch besteht (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.1). Die So-zialhilfebehörde hat den Sachverhalt abzuklären. Im Hinblick darauf hat sie nötigenfalls von Amtes wegen die Erhebungen durchzuführen, um die Sachdarstellung im Gesuch zu vervoll-ständigen. Der Beizug von Fachleuten kann namentlich zur Klärung von medizinischen Fra-gen erforderlich sein (E. 2). Die Fürsorgebehörde ist berechtigt und auch verpflichtet, die Übernahme von Kosten ganz oder teilweise zu verweigern, sofern ein Heimaufenthalt nicht erforderlich ist oder sie eine vertretbare günstigere Alternative anzubieten vermag. Erweist sich ein Heimaufenthalt als erforderlich, muss die angebotene Alternative allerdings geeignet sein, das bestehende Problem angemessen anzugehen. Aus dem ärztlichen Bericht ergibt sich nicht z w i n g e n d, dass eine stationäre Behandlung der Suchterkrankung des Be-schwerdeführers notwendig war. Die Gemeinde stützt sich für die Ablehnung der Kostengut-sprache wesentlich auf einen Sozialpädagogen (nicht auf einen Arzt) bei der kommunalen Beratungsstelle für Drogenprobleme, was nicht zu beanstanden ist (E. 3.3). Zu berücksichti-gen ist, dass der Beschwerdeführer die stationäre Therapie begonnen hat, obwohl ihm be-wusst war, dass eine Kostengutsprache von der kommunalen Beratungsstelle nicht unter-stützt werde, und ihm andere Hilfsangebote empfohlen wurden, die überhaupt erst eine bes-sere Abklärung des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers ermöglicht hätten (E. 3.4). Die Feststellungen des Sozialpädagogen sind lediglich pauschal und dadurch unge-nügend dokumentiert. Dieser Mangel ist im Beschwerdeverfahren geheilt worden, indem jetzt feststeht, dass der Beschwerdeführer während zwei Jahren keine Drogen mehr konsumiert hat und eine stationäre Therapie sich nicht zwingend aufdrängte (E. 3.5). VB.2002.00254: Es besteht nur ausnahmsweise Anspruch auf Übernahme der Kosten von Zusatzversicherungen und von Behandlungen, die nicht durch die Grundversicherung ge-deckt sind. Das durch die Sozialhilfe garantierte soziale Existenzminimum umfasst vielmehr

nur die notwendigen ärztlichen oder therapeutischen Behandlungen (§ 15 Abs. 2 SHG). Den Gemeinden steht deshalb ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zusätzliche Versicherungen oder nicht durch die Grundversicherung ge-deckte Behandlungen finanzieren wollen; auf beides besteht nur ausnahmsweise Anspruch. Unterstützte haben zudem rechtzeitig ein entsprechendes Gesuch zu stellen (E. 2a). Die fragliche Behandlung war nicht ärztlich angeordnet. Die Gemeinde durfte deshalb deren Notwendigkeit ohne Rechtsverletzung verneinen (E. 2c). RRB 2643/94 (nicht publiziert): Psychotherapiekosten: Je nach medizinischer, sozialer oder psychologischer Begründung kann es angezeigt sein, die Kosten von Psychotherapien zu übernehmen. Auch nach den SKöF-Richtlinien werden die Kosten spezieller Therapien an-gerechnet, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Dies kann allerdings von einer vertrau-ensärztlichen Untersuchung abhängig gemacht werden.

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