Bemessung des Anspruchs

Inhaltsverzeichnis

Kapitelnr.
6.2.05.
Publikationsdatum
24. April 2015
Kapitel
6 Grundlagen der wirtschaftlichen Hilfe
Unterkapitel
6.2. Anspruchsprüfung wirtschaftliche Hilfe

Rechtsgrundlagen

§ 15 SHG § 20 SHG § 16 SHV § 17 SHV Weisung der Sicherheitsdirektion zur Anwendung der SKOS-Richtlinien vom 29 .März 2005 (mit Änderung vom 18. Dezember 2014) SKOS-Richtlinien, Kapitel A.6

Erläuterungen

1.Allgemeine Grundsätze

Die wirtschaftliche Hilfe bemisst sich nach den SKOS-Richtlinien (vgl. § 17 Abs. 1 SHV), wo-bei begründete Abweichungen im Einzelfall vorbehalten bleiben. Die Bemessung der Unter-stützungsbedürftigkeit hat dem Individualisierungsgrundsatz zu folgen (vgl. Kapitel 5.1.04). Weiter folgt sie dem Grundsatz der Subsidiarität (vgl. Kapitel 5.1.03). Zu berücksichtigen ist sodann das Bedarfsdeckungsprinzip (vgl. Kapitel 5.1.11), wonach die Sozialhilfe einer indivi-duellen, konkreten und aktuellen Notlage abhelfen und entsprechend bemessen werden soll. Aus dem Bedarfsdeckungsprinzip ergibt sich auch, dass grundsätzlich kein Anspruch auf rückwirkende Ausrichtung von wirtschaftlicher Hilfe besteht. Diese wird ab Einleitung des Sozialhilfeverfahrens, also ab Eingang des Gesuchs um Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe, ausgerichtet. Nicht relevant für die Bemessung des Anspruchs auf wirtschaftliche Hilfe ist der Grund für das Bestehen der Notlage. Wirtschaftliche Hilfe wird verschuldensunabhängig ausgerichtet. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus Art. 12 BV.

2.Zusammensetzung des individuellen Unterstützungsbudgets

2.1. Kosten für den Lebensbedarf Bei der Bemessung des Anspruchs müssen zunächst die für die Deckung des Lebensbe-darfs der Unterstützungseinheit (vgl. Kapitel 6.2.01) anfallenden Kosten unter Berücksichti-gung der Haushaltsgrösse bemessen werden. Das individuelle Unterstützungsbudget setzt sich in jedem Fall aus

  • der materiellen Grundsicherung (Kapitel 7), also dem Grundbedarf für den Lebensunter-halt, den Wohnkosten und der medizinischen Grundversorgung sowie
  • den notwendigen situationsbedingten Leistungen (Kapitel 8.1) zusammen. Bei der Prüfung des Anspruchs auf wirtschaftliche Hilfe werden im Kanton Zürich weder Integrationszulagen (Kapitel 8.2) noch Einkommensfreibeträge (Kapitel 9.1.02) be-rücksichtigt. Eine Ausnahme bildet die Berücksichtigung des Einkommensfreibetrags bei der Austrittsschwelle aus der Sozialhilfe (vgl. Weisung der Sicherheitsdirektion zur Anwendung der SKOS-Richtlinien vom 29 .März 2005 (mit Änderung vom 18. Dezember 2014), Ziffer I 1). Im nachfolgenden Schema aus den SKOS-Richtlinien, Kapitel A.6 sind die verschiedenen Rubriken im Unterstützungsbudget dargestellt: Bei der Berechnung des Lebensbedarfs dient also das soziale Existenzminimum gemäss

SKOS-Richtlinien als Grundlage. Dieses ist bei allen längerfristig unterstützten Personen für die Bemessung des Lebensbedarfs verbindlich. Situationsbedingte Leistungen werden dabei berücksichtigt, soweit es sich um ausgewiesene, bezifferbare und regelmässig wiederkeh-rende Auslagen handelt, die in der konkreten Lebenssituation notwendig sind (vgl. Kapitel 8.1). Abweichungen im Einzelfall gemäss § 17 Abs. 1 SHV sind nur bei kurzfristigen Unterstüt-zungen mit Überbrückungscharakter (in der Regel maximal drei Monate) möglich und müs-sen auf den Einzelfall bezogen begründet werden. 2.2. Anrechenbare Einnahmen Der Berechnung des Lebensbedarfs werden die anrechenbaren Einnahmen der Unterstüt-zungseinheit gegenüber gestellt. Es kann sich hierbei um Einkünfte aus Erwerbsarbeit (Kapi-tel 9.1.01, Ziffer 1.1), um Sozialversicherungsleistungen (Kapitel 11.1), um Einnahmen aus anderen Bedarfsleistungen (Kapitel 11.2) oder um Einnahmen aus Ansprüchen gegenüber Dritten (Kapitel 17) handeln. Einkünfte von Minderjährigen, die mit unterstützungsbedürftigen Eltern im gleichen Haushalt leben, sind im Gesamtbudget grundsätzlich nur bis zur Höhe des auf die betreffende minderjährige Person entfallenden Anteils anzurechnen (vgl. dazu Kapitel 9.1.01, Ziffer 2). Nicht anrechenbar sind zweckgebundene, freiwillige Leistungen Dritter für Positionen, die im Rahmen des sozialen Existenzminimums nicht berücksichtigt werden (z.B. ein Onkel finan-ziert die Privatschule seines Neffen und überweist hierfür einen monatlichen Betrag von Fr. 930). Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass die Beträge nachweislich dem Zweck entsprechend verwendet werden. Bestehen zwar mögliche Ansprüche gegenüber Dritten, gehen diese aber (noch) nicht ein, sind sie bei der Bemessung des Anspruchs grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Werden beispielsweise auf einem Scheidungsurteil beruhende Unterhaltsbeiträge nicht bezahlt, muss das Gemeinwesen für den Unterhalt der berechtigten Person aufkommen. In diesen Fällen geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über (vgl. Art. 131 Abs. 3 ZGB). Dasselbe gilt auch für nicht eingehende Unterhaltsbeiträge von Eltern gemäss Art. 277 ZGB. Hier geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten gestützt auf Art. 289 ZGB auf das Gemeinwesen über. Das Anrechnen hypothetischer Einnahmen ist nur unter ganz bestimmten, sehr eng auszule-genden Bedingungen zulässig und es muss einer allfälligen Anrechnung regelmässig eine Verwarnung unter Androhung der Konsequenten vorangehen (vgl. dazu Kapitel 14.3.02). Keine anrechenbaren Einnahmen bilden solche aus strafrechtlich verpönter Tätigkeit wie z.B. aus Drogenhandel. Durch Dritte gewährte Darlehen sind in der Regel nicht in die Bedarfsrechnung aufzuneh-men. Ausnahmsweise kann sich ein Einbezug ins Budget jedoch rechtfertigen. Dies bei-spielsweise dann, wenn durch das Darlehen ein Lebensstandard finanziert wird, der die volle Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe als unbillig erscheinen lässt.

2.3. Massgeblicher Zeitraum für die Bemessung des Anspruchs Für den Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe ist der Zeitraum massgeblich, in welchem jemand tatsächlich über keine oder nicht genügende Mittel verfügt, und nicht die Periode, für welche die Einkünfte bestimmt sind. Bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kann während des ersten Monats noch ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen bestehen, wenn der (volle) Lohn erst am Monatsende ausgerichtet wird. Umgekehrt kann im ersten Monat nach Aufgabe einer Er-werbstätigkeit keine Sozialhilfe beansprucht werden, wenn der am Ende des vorangegange-nen Monats ausgerichtete Lohn für den laufenden Unterhalt noch ausreicht. Gestützt auf das Bedarfsdeckungsprinzip werden Sozialhilfeleistungen nur für die Gegen-wart, nicht jedoch für die Vergangenheit ausgerichtet. Rückwirkende Leistungen kommen nur dann in Betracht, wenn dadurch eine bestehende oder drohende Notlage abgewendet wer-den kann. 2.4. Berücksichtigung von Vermögen Nach § 16 Abs. 2 SHV gehören neben den Einkünften auch das Vermögen des Klienten bzw. der Klientin sowie jenes der mit der antragstellenden Person zusammenlebenden Ehe-gatten bzw. eingetragenen Partner zu den in die Bedarfsrechnung einzubeziehenden eige-nen Mitteln (vgl. auch § 14 SHG). Übersteigen die vorhandenen Vermögenswerte die gelten-den Vermögensfreibeträge, liegt grundsätzlich keine Bedürftigkeit vor. Flüssiges Vermögen ist bis zur Höhe des Vermögensfreibetrags für den Lebensunterhalt zu verwenden. Bei Vorliegen von Vermögenssachwerten, die einfach zu verflüssigen sind, kann die Auflage gemacht werden, diese bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu veräussern. Es kann die Unterzeichnung einer Rückerstattungsverpflichtung verlangt werden. Dasselbe gilt für Vermögenswerte, deren Verkauf nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Es handelt sich hierbei um Vermögen wie beispielsweise Liegenschaften oder Schmuckstücke mit hohem Erinnerungswert. Die Forderung aus der Rückerstattungsverpflichtung kann pfandrechtlich sichergestellt werden (vgl. dazu Kapitel 9.2.02). Die Rückerstattungsverpflichtung wird einge-löst im Falle eines Verkaufs. Weitere Ausführungen dazu finden sich in Kapitel 9.2.01.

3.Vorliegen von Bedürftigkeit

Haushaltungen gelten dann als bedürftig und haben einen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe, wenn das monatliche Nettoeinkommen nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu decken und ausserdem kein die Freibeträge gemäss Kapitel 9.2.01, Ziffer 6, übersteigendes liquides Vermögen vorhanden ist. Das Bedarfsdeckungsprinzip und das Prinzip von Treu und Glauben haben zur Folge, dass bei der erstmaligen Ermittlung des Sozialhilfeanspruchs vom tatsächlichen Einkommen und

von den tatsächlichen Lebenshaltungskosten auszugehen ist. Eine Abweichung von diesem Grundsatz kann nur bei einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten in Frage kommen. Die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe kann davon abhängig gemacht werden, dass Hilfesu-chende vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber Dritten (z.B. Taggelder der Arbeitslo-senversicherung und IV-Renten) der Sozialbehörde abtreten bzw. einer Drittauszahlung zu-stimmen.

Rechtsprechung

VB.2013.00377: Die Sozialbehörde kürzte den Grundbedarf des Beschwerdegegners um 15% bereits ab Unterstützungsbeginn, weil dieser seine Arbeitslosigkeit selber verschuldet habe. Da der Beschwerdegegner eine Zeit lang von der Sozialhilfe abgelöst war, bestand kein Unterstützungsverhältnis, das die Sozialbehörde berechtigt hätte, dem Beschwerde-gegner Weisungen zu erteilen und bei deren Nichtbefolgung den Grundbedarf sanktionswei-se zu kürzen (E. 4.1). Die Ursache der Bedürftigkeit bezüglich der Entstehung des Unterstüt-zungsanspruchs ist nicht ausschlaggebend (E. 4.2). Rechtsmissbräuchliches Verhalten ist dem Beschwerdegegner nicht vorzuwerfen (E. 4.3.2). VB.2011.00155, E.4.2: Soweit die Beschwerdeführerin die fehlende Bedürftigkeit des Be-schwerdegegners mit dessen Einnahmen aus Drogengeschäften begründet, kann ihr eben-falls nicht gefolgt werden. Angesichts der Beweislage ist zwar umstritten, ob der Beschwer-degegner effektiv mit Drogen handelt (Auffassung der Beschwerdeführerin) oder nicht (Auf-fassung der Vorinstanz). Die Frage kann jedoch offengelassen werden. Denn selbst wenn der Beschwerdegegner effektiv Einnahmen aus dem Drogenhandel erwirtschaftete, könnten diese nicht als «eigene Mittel» bzw. als «Einkünfte» im Sinne von § 14 SHG und § 16 Abs. 2 SHV betrachtet werden, die bei der Beurteilung der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit zu be-rücksichtigen sind. Als anrechenbare Mittel kommen nur Einnahmen infrage, die auf legale Weise beschafft werden, nicht aber Mittelzuflüsse, die aus einem strafrechtlich sanktionieren Verhalten resultieren, wie etwa dem Drogenhandel, der unter Androhung einer Freiheitsstra-fe von bis zu drei Jahren steht (vgl. Art. 19 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe [Betäubungsmittelgesetz, BetmG]). Eine sozialhilferechtliche Anrechnung solcher Einnahmen ist bereits deshalb ausgeschlos-sen, weil das Strafrecht vorsieht, dass Vermögenswerte, die durch eine Straftat erlangt wur-den, eingezogen werden (Art. 70 Abs. 1 StGB). Überdies würde die sozialhilferechtliche Be-rücksichtigung solcher Einnahmequellen letztlich auf eine staatliche Tolerierung strafrechtlich verpönter Handlungen hinauslaufen, was im Widerspruch zu fundamentalen rechtsstaatli-chen Grundsätzen stünde. Der fürsorgerechtliche Selbsthilfegrundsatz, der Bedürftige dazu verpflichtet, alles zu unternehmen, um die Notlage aus eigenen Kräften abzuwenden oder zu beheben, bezieht sich nur auf zumutbare Handlungen (vgl. oben, E. 2.1), nicht aber auf ille-gale Aktivitäten. Somit dürfen allfällige Einnahmen, die der Beschwerdegegner aus straf-rechtlich untersagten Tätigkeiten erwirtschaftete, bei der sozialhilferechtlichen Beurteilung seiner Bedürftigkeit nicht berücksichtigt werden. VB.2009.00307, E.6.3: Nach dem Bedarfsdeckungsprinzip wird wirtschaftliche Hilfe nur für

die Gegenwart, nicht jedoch für die Vergangenheit ausgerichtet. Die Fürsorgebehörde über-nimmt indessen ausnahmsweise Schulden, wenn damit einer bestehenden oder drohenden Notlage zweckmässig begegnet werden kann (§ 22 SHV). Die Übernahme von Schulden darf lediglich zugunsten der unterstützten Person, nicht aber im Interesse ihrer Gläubiger er-folgen. Zu den Verbindlichkeiten, die übernommen werden können, gehören namentlich Mietzinsausstände, wenn dadurch ein Mietverhältnis aufrechterhalten und Obdachlosigkeit vermieden werden kann (Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. A., Bern etc. 1999, S. 74 und 152; Sozialhilfe-Behördenhandbuch, herausgegeben von der Abteilung Öf-fentliche Sozialhilfe des Sozialamts des Kantons Zürich, April 2007, Kap. 2.1.3 Ziff. 5.1.4). VB.2008.00395, E.4.2: (…) Als Fremdhilfe, die aufgrund der Subsidiarität der Sozialhilfe an-zurechnen ist, gelten etwa Renten- und Versicherungsleistungen, kantonale Zusatzleistun-gen wie Arbeitslosenunterstützung, Familien- und Bildungszulagen, Prämienverbilligungen oder Mietzinszuschüsse, Leistungen aus der Verwandtenunterstützungspflicht gemäss Art. 328 f. des Zivilgesetzbuches (ZGB), Schadenersatzansprüche oder Stipendien (Kathrin Amstutz, Das Grundrecht auf Existenzsicherung, Bern 2002, S. 170). Darlehen, die natur-gemäss zurückbezahlt werden müssen, gehören im Regelfall nicht dazu, da damit nicht ei-gene Mittel verschafft werden (vgl. den Entscheid des Gesundheits- und Sozialdepartements des Kantons Luzern vom 19. April 2007, LGVE 2007 III 429, E. 5.4). Ausnahmsweise kann sich jedoch der Einbezug von Darlehen in das Budget rechtfertigen. So entschied das Verwaltungsgericht, dass ein regelmässig von einer Drittperson übernom-mener Mietzinsanteil von Fr. 900.- monatlich in die Bedarfsrechnung einzubeziehen sei (Ent-scheid vom 21. Mai 2003, VB.2003.00109). In einem Entscheid vom 25. Oktober 2001 (VB.2001.00250) schützte es eine Weisung der Sozialhilfebehörde, wonach der Sozialhilfe-empfänger ein ihm durch seine Mutter gewährtes Darlehen in der Höhe von Fr. 20'000.-- zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu verwenden habe. Diesen beiden Fällen ist gemein-sam, dass durch die Höhe der gewährten Darlehen die Gefahr bestand, dass sich die Hilfe-empfänger erheblich verschulden würden. Daneben finanzierten sie sich einen Lebensstan-dard, der die volle Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe als unbillig erschienen liess. So be-trug im am 21. Mai 2003 beurteilten Fall der Mietzins der von der Sozialhilfeempfängerin be-wohnten Wohnung Fr. 2'000.-- monatlich, während im Fall vom 25. Oktober 2001 der Sozial-hilfeempfänger das Darlehen im Wesentlichen für eine dreimonatige Südostasienreise ver-wendete. Davon unterscheidet sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt erheblich. Der Be-schwerdeführer, der zusammen mit seiner berufstätigen Ehefrau nur ergänzend unterstützt wurde, verwendete die Darlehen zu einem grossen Teil für den Kauf eines Fitnessvelos im Betrag von Fr. 1'649.-- (act. 5/2) sowie für eine Reparatur seines Autos in der Höhe von Fr. 1'460.40 (act. 5/3). Weder bestand die Gefahr, dass sich der Ende November 2005 von der Sozialhilfe abgelöste Beschwerdeführer in einem erheblichen Umfang verschulden wür-de, noch waren die Auslagen dazu geeignet, die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe als unbillig erscheinen zu lassen. Folglich liegt kein Ausnahmefall vor, der ein Abweichen vom Grund-satz, dass Darlehen keine eigenen Mittel der Sozialhilfeempfänger darstellen, rechtfertigen würde. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, dass die Beschwerdegegnerin dem Be-schwerdeführer und seiner Ehefrau aufgrund deren Arbeitstätigkeit einen Einkommensfreibe-trag von monatlich Fr. 480.-- gewährte.

VB.2007.00379: Bei den Eltern wohnendes mündiges Kind in Erstausbildung. Bei einem mündigen Kind, das im Haushalt der Eltern lebt und sich noch in Erstausbildung befindet und dessen Eltern immer noch zum Unterhalt verpflichtet sind, kann von einer wirtschaftlichen Unterstützungseinheit ausgegangen werden. Es ist nicht zulässig, ihm die Sozialhilfe allein mit der Begründung zu verweigern, seine Eltern seien zum Unterhalt verpflichtet. Trägt die Sozialhilfe die Unterhaltskosten, so hat die zuständige Behörde gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB bei den Eltern für die Dauer der Erstausbildung Beiträge einzufordern, sofern sich des-wegen keine Unterstützungsbedürftigkeit der Eltern ergibt (E. 2.1). Die überschlagsmässige Bedarfsermittlung genügt nicht, da die finanziellen Verhältnisse nicht offensichtlich genügen (E. 2.3). Rückweisung zur näheren Abklärung des Sachverhalts (E. 2.4). VB.2007.00165, E.5.2: (…) Über den gleichen Wohnsitz verfügende und im selben Haushalt lebende Ehepartner werden gemeinsam in die Bedarfsrechnung einbezogen. Deshalb spielt es keine Rolle, ob nur einer der Ehepartner um wirtschaftliche Hilfe ersucht oder ob diese von beiden gemeinsam beantragt wird (Sozialhilfe-Behördenhandbuch, hrsg. von der Abtei-lung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes Zürich, Ziff. 2.5.1/§ 14 SHG/S. 1, Fassung vom Januar 1999). Selbst wenn die Annahme des Beschwerdeführers stimmen würde, dass seine Frau wegen des Einbezugs in die Sozialhilfe keine Ergänzungsleistungen erhalten hatte, konnte dies keine finanziellen Konsequenzen mit sich bringen, wären doch die Ergänzungsleistungen als Einnahmen in das Unterstützungsbudget aufgenommen und die wirtschaftliche Hilfe dementsprechend tiefer angesetzt worden. VB.2006.00544: Gewährung wirtschaftlicher Hilfe an Medizinstudenten. Präzisierung der sich aus RB 2000 Nr. 81 ergebenden Rechtsprechung: Steht aufgrund einer hinreichenden Sach-verhaltsermittlung fest, dass dem betroffenen Gesuchsteller zugemutet werden kann, vor-übergehend - bis zu der von ihm erwarteten Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit - ohne Sozialhilfe auszukommen, darf das Gesuch um wirtschaftliche Hilfe abgewiesen werden, auch wenn im Zeitpunkt der Gesuchstellung eine genau auf diesen Zeitpunkt bezogene Be-darfsberechnung einen Fehlbetrag ergibt (E. 2.3). Vorliegend wurde der Sachverhalt nicht so abgeklärt, wie dies für einen sachgerechten und gesetzeskonformen Entscheid erforderlich ist (E. 2.4). Rückweisung der Beschwerde zur ergänzenden Untersuchung. VB.2005.00067: Einbezug in die sozialhilferechtliche Bedarfsrechnung des von einem Onkel bezahlten Schulgeldes für den Sohn der Beschwerdegegnerin in der Höhe von Fr. 930.--/Mt für den Besuch einer privaten Handelsschule. Die beschwerdeführerende Sozialbehörde macht geltend, aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe ergebe sich, dass Leis-tungen Dritter (als den Unterstützungsbedarf entsprechend reduzierende Einkünfte) zu be-rücksichtigen seien, und zwar auch freiwillige Leistungen (E. 3). Im vorliegenden Fall geht es um zweckgebundene Leistungen, welche dem Betroffenen die Ausbildung an einer privaten Handelsschule ermöglichen sollen, was damit begründet wird, dass dieser in der Sekundar-schule schlechte Noten gehabt und nach deren Abschluss keine Lehrstelle gefunden habe. Angesichts dieser Sachdarstellung lässt sich die Anrechnung der Leistungen des Onkels als Einkünfte nicht damit rechtfertigen, dass es sich nicht mehr um Leistungen in einem relativ bescheidenen Umfang handle (E. 3). Da der Onkel nicht unterstützungspflichtig ist, liegt kei-ne rechtsungleiche Behandlung gegenüber anderen Familien in bescheidenen wirtschaftli-chen Verhältnissen vor (E. 3). Unter den hier gegebenen Umständen würde die der Sozial-

behörde durch die persönliche Freiheit in Verbindung mit dem Recht auf Hilfe in Notlagen gesetzte Grenze bei der Einflussnahme auf die persönliche Lebensgestaltung des Betroffe-nen überschritten, wenn dem Sohn der Beschwerdegegnerin untersagt oder jedenfalls er-schwert würde, die private Handelsschule zu besuchen (E. 3). Abweisung. VB.2004.00250 (nicht publiziert): Wenn die Einstellung von Taggeldern der Arbeitslosenver-sicherung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, und erst recht, wenn sie bereits verfügt ist, so besteht ein sachlicher, legitimer Grund, kurzfristige, als Über-brückung zu leistende Sozialhilfe auf ein Minimum zu begrenzen, sofern nicht konkrete Um-stände (wie Unterhaltspflichten gegenüber Dritten) dagegen sprechen. VB.2004.00143, E. 5.2.2: Das sozialhilferechtliche Prinzip der Individualisierung verlangt, dass den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen wird und die Hilfeleistungen entsprechend anzupassen sind. (..) VB.2002.00417, E.3: (…) Abweichungen von den SKOS-Richtlinien sind gemäss § 17 SHV nur in einzelnen begründeten Fällen zulässig und nicht im Rahmen einer festen Praxis. (…) VB.2001.00236, E.3d: (…) Die wirtschaftliche Hilfe soll nach § 15 Abs. 1 SHG das soziale Existenzminimum gewährleisten, das neben den üblichen Aufwendungen für den Lebensun-terhalt auch individuelle Bedürfnisse angemessen berücksichtigt. Für die Bemessung der Unterstützungsleistungen unmittelbar von Bedeutung sind damit Einkommens- und Vermö-genslage des Ansprechers, dessen familiäre und Wohnsituation sowie weitere Umstände, die sich auf dessen Bedürfnisse auswirken (z.B. Gesundheitszustand, allenfalls Alter, Absol-vieren einer Ausbildung). Bei der Bemessung der Hilfe vorerst nicht zu berücksichtigen sind jedoch die Gründe der Bedürftigkeit des Gesuchstellers (BGE 121 I 367 E. 3b; Charlotte Gy-sin, Der Schutz des Existenzminimums in der Schweiz, Basel/Genf/München 1999, S. 108; Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. A., Bern/Stuttgart/Wien 1999, S. 74 f.). Dies ergibt sich auch aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf Hilfe in Notlagen (Art. 12 der Bundesverfassung vom 18. April 1999; vgl. Botschaft über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1 ff., 149 f.). Daran, dass der Beschwerdeführer zur Zeit nicht über genügend Mit-tel (Einkommen und/ oder Vermögen) verfügt, um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestrei-ten, haben weder Beschwerdegegnerin noch Vorinstanz gezweifelt. Dem Umstand, dass er nach ihrer Auffassung durchaus in der Lage wäre, für sich selbst zu sorgen, ist durch Wei-sungen, die sich auf Arbeitssuche oder –aufnahme richten, und nicht durch unmittelbare Verweigerung bzw. Einstellung der Leistungen Rechnung zu tragen. Die Kenntnis des Um-fangs der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ist somit nicht für den Entscheid über die Ausrichtung und den Umfang der Unterstützungsleistungen notwendig, sondern ist Voraus-setzung für die Erteilung solcher Weisungen. Erst deren Nichtbefolgung kann in einem spä-teren Stadium durch Kürzung der Hilfe sanktioniert werden (siehe zum Ganzen anschlies-send E. 3e sowie E. 4c). E. 2.2 des angefochtenen Entscheids erweist sich somit als nicht haltbar. VB.2000.00348, E.2: Einen engen Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen An-spruch auf Existenzsicherung weist der sozialhilferechtliche Grundsatz auf, dass Hilfe unge-achtet des Grundes der Notlage auszurichten ist (Bedarfsdeckungsprinzip). - Ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe darf nicht schon deshalb zum vornherein abgewiesen werden, weil je-

mand durch Beginn einer Zweitausbildung und die damit verbundene Aufgabe der Erwerbs-tätigkeit seine Notlage willentlich selbst herbeigeführt hat. - Wird Hilfesuchenden von Anfang an bei der Ermittlung ihrer Bedürftigkeit ein fiktives Einkommen angerechnet, kann dies dazu führen, dass ihr Lebensbedarf mit sofortiger Wirkung nicht mehr gedeckt ist, ohne dass ihnen die notwendige Zeit eingeräumt würde, sich auf diese Situation einzustellen, etwa durch Auf-nahme einer Erwerbstätigkeit. Zudem würde dies auf den - dem Sozialhilferecht fremden - Vorwurf hinauslaufen, die Anspruchstellenden hätten ihre Lage selbst verschuldet. Das Be-darfsdeckungsprinzip und das Prinzip von Treu und Glauben haben also zur Folge, dass bei der erstmaligen Ermittlung des Sozialhilfeanspruchs vom tatsächlichen Einkommen und von den tatsächlichen Lebenshaltungskosten auszugehen ist. Eine Abweichung von diesem Grundsatz kann nur bei einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten in Frage kommen.

Praxishilfen

Anlage: Berechnungsblatt der SKOS zur Bemessung der Sozialhilfe

Anhänge

- SKOS-Berechnungsblatt zur Bemessung Sozialhilfe

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