Bezirksrat als Rekursinstanz

Inhaltsverzeichnis

Kapitelnr.
2.2.02.
Publikationsdatum
24. November 2020
Kapitel
2 Organisation in der Sozialhilfe
Unterkapitel
2.2. Aufgaben des Bezirksrats

Rechtsgrundlagen

Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 (VRG), LS 175.2 Gemeindegesetz vom 20. April 2015 (GG), LS 131.1

Erläuterungen

1.Rekurse im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Hilfe

Gegen Entscheide der Sozialbehörde über Art und Mass sowie Rückerstattung der wirt-schaftlichen Hilfe kann innert dreissig Tagen ab Mitteilung (ohne solche am Tag nach seiner Veröffentlichung und ohne solche am Tag nach der Kenntnisnahme) beim Bezirksrat rekur-riert werden § 19b Abs. 2 lit. c VRG, § 22 VRG). Dem Lauf der Rekursfrist und der Einrei-chung des Rekurses kommen aufschiebende Wirkung zu, wenn mit der angefochtenen An-ordnung nicht aus besonderen Gründen etwas anderes bestimmt worden ist oder falls die Rekursinstanz keine gegenteilige Verfügung trifft (§ 25 VRG). Der Rekursbegriff ist weit zu verstehen (vgl. die §§ 14 bis 31 SHG über die wirtschaftliche Hilfe und §§ 16 bis 24 SHV über Art und Umfang der wirtschaftlichen Hilfe). Ein Rekurs kann daher in folgenden Fällen zulässig sein:

  • Formen der wirtschaftlichen Hilfe nach § 16 SHG, § 16a SHG und §§ 18 bis 21 SHV (Bargeld, Zahlungen an Dritte, Gutscheine, Naturalien, Gutsprachen);
  • Bedingungen, die mit der wirtschaftlichen Hilfe verknüpft sind, z.B. Abtretung vermö-gensrechtlicher Ansprüche gegenüber Dritten an die Sozialbehörde nach § 19 SHG oder Unterzeichnung einer Rückerstattungsverpflichtung wegen nicht realisierbarer Vermö-genswerte laut § 20 SHG;
  • Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe gemäss § 14 SHG und § 16 SHV;
  • Höhe der wirtschaftlichen Hilfe gemäss § 15 SHG und § 17 SHV (soziales Existenzmi-nimum, SKOS-Richtlinien), z.B. auch bei einer Herabsetzung oder der Verweigerung ei-ner vom Klienten bzw. von der Klientin beantragten Heraufsetzung oder wenn es um die ausnahmsweise Übernahme von Schulden im Sinne von § 22 SHV geht;
  • Dauer der wirtschaftlichen Hilfe (vgl. § 30 lit. c SHV);
  • Kürzung und Einstellung der wirtschaftlichen Hilfe nach vorangegangener Verwarnung im Sinne von § 24 SHG und § 24 SHV bzw. vorangegangener Verwarnung und Kürzung im Sinne von § 24a SHG;
  • Voraussetzungen und Umfang der Rückerstattung bei unrechtmässigem Bezug nach § 26 SHG; Voraussetzungen und Umfang der Rückerstattung bei rechtmässigem Bezug nach § 27 SHG;
  • Voraussetzungen und Umfang der Rückerstattung aus dem Nachlass nach § 28 SHG. Entscheide über wirtschaftliche Hilfe können auch dann angefochten werden, wenn die So-zialbehörde ein Gesuch nicht materiell beurteilt hat, sondern auf die Sache überhaupt nicht eingetreten ist (vgl. § 19a Abs. 1 VRG). Ein Rekurs kann ebenfalls erhoben werden, wenn die Sozialbehörde den Erlass einer Verfü-gung unrechtmässig verweigert oder verzögert (§ 19 Abs. 1 lit. b VRG), z. B. wenn sie ein Gesuch um Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe überhaupt nicht oder nicht innert nützlicher Frist bearbeitet. Grundsätzlich können nur Endentscheide weitergezogen werden. In der Praxis der Sozialbe-hörden geht es meistens um Endentscheide. Verfahrensleitende Zwischenentscheide (z.B. bezüglich vorsorglicher Massnahmen, Beweismittel, Fristen und Ausstand, die ausschliess-lich der Klärung des Sachverhaltes dienen, können nur dann selbständig (und nicht erst im Rahmen des Endentscheids) angefochten werden, wenn sie für den Betroffenen einen Nach-teil zur Folge haben, der sich später nicht mehr beheben lässt, oder wenn die Gutheissung des Rekurses sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Auf-wand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (vgl. § 19a Abs. 2 VRG). Zwischenentscheide, mit denen der betroffenen Person eine Auflage oder Weisung erteilt wird, können nicht selbständig angefochten werden (§ 21 Abs. 2 SHG). Die Rechtsmässig-keit der Auflage bzw. Weisung wird erst im Rahmen eines Rekurses gegen den Endent-scheid überprüft. Rekurrieren kann, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Änderung oder Aufhebung hat (vgl. § 21 Abs. 1 VRG). Dies sind in aller Regel die Klientinnen und Klienten (inkl. mit unterstützte Familienangehörige). Es können aber auch Dritte, welche z.B. nach § 16a SHG um Kostengutsprache ersucht haben, be-schwert und damit zum Rekurs legitimiert sein. Gemeinden und andere Träger öffentlicher Aufgaben mit Rechtspersönlichkeit sind nach § 21 Abs. 2 VRG rekursberechtigt, wenn sie a. durch die Anordnung wie eine Privatperson berührt sind und ein schutzwürdiges Interes-se an deren Aufhebung oder Änderung haben, b. die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung ge-währt, c. bei der Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben in ihren schutzwürdigen Interessen ander-weitig verletzt sind, insbesondere bei einem wesentlichen Eingriff in ihr Finanz- oder Verwaltungsvermögen. Ein Rekursrecht besteht immer dann, wenn einem Gesuch nicht vollumfänglich bzw. nur un-ter besonderen Bedingungen, Auflagen oder Weisungen entsprochen worden ist. Ein solcher (End-) Entscheid ist daher nur dann korrekt, wenn er eine Rechtsmittelbelehrung enthält (vgl. § 31 SHV und § 10 Abs. 1 VRG).

2.Neubeurteilung von Entscheiden

Werden Aufgaben im Rahmen des Gemeindegesetzes (vgl. §§ 44 f. und §§ 50 f. GG) zur selbstständigen Erledigung übertragen, kann gestützt auf § 170 Abs. 1 GG eine Neubeurtei-lung des Entscheides verlangt werden: a. durch die Gesamtbehörde bei Anordnungen und Erlassen von Mitgliedern oder Aus-schüssen einer Behörde, b. durch den Gemeindevorstand bei Anordnungen und Erlassen von unterstellten Kom-missionen, c. durch die übertragende Behörde bei Anordnungen von Gemeindeangestellten. Überträgt eine unterstellte Kommission Aufgaben an ein Mitglied oder einen Ausschuss, ist der Gemeindevorstand für die Neubeurteilung zuständig (§ 170 Abs. 2 GG). Die Möglichkeit, eine Neubeurteilung zu verlangen, muss im Entscheid angezeigt werden (§ 170 Abs. 4 GG). Das Begehren um Neubeurteilung muss innert 30 Tagen seit Mitteilung oder Veröffentli-chung schriftlich gestellt werden. Es muss einen Antrag und eine Begründung enthalten (§ 171 Abs. 1 GG). Dem Lauf der Frist und der Einreichung des Begehrens kommt aufschie-bende Wirkung zu (§ 171 Abs. 2 GG). Die für die Neubeurteilung zuständige Behörde über-prüft die Anordnung uneingeschränkt und fällt einen neuen, begründeten Entscheid (§ 171 Abs. 3 GG). Gegen die neue Beurteilung kann beim Bezirksrat Rekurs erhoben werden (§ 171 Abs. 4 GG).

Rechtsprechung

VB.2015.00580: E.1.2: Die Beschwerdelegitimation der Gemeinde stellt eine Prozessvoraus-setzung dar, die von Amtes wegen zu prüfen ist (vgl. Martin Bertschi, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [Kommentar VRG], 3.A., Zürich etc. 2014, § 21 N. 7). Nach § 49 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 VRG sind Ge-meinden zur Beschwerde legitimiert, wenn sie durch die Anordnung wie eine Privatperson berührt sind und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung haben (lit. a), die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt (lit. b), oder bei der Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben in ihren schutzwürdigen In-teressen anderweitig verletzt sind, insbesondere bei einem wesentlichen Eingriff in ihr Fi-nanz- oder Verwaltungsvermögen (lit. c). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe grundsätzlich in spezifischer Weise in der Wahrneh-mung hoheitlicher Aufgaben betroffen und sollen sich daher gegen Entscheide, die ihr Ver-waltungshandeln in diesem Bereich einschränken, zur Wehr setzen können (BGE 140 V 328 E. 6.5). In der Regel ist daher ihre Beschwerdelegitimation gegeben. Sie kann jedoch ver-neint werden, wenn die präjudizielle Wirkung eines Entscheids weder geltend gemacht noch ersichtlich ist oder wenn ganz unerhebliche Rechtsfolgen zur Beurteilung anstehen. In sol-chen Fällen kann von einem besonderen schutzwürdigen Interesse der Gemeinde nicht mehr gesprochen werden, sondern es muss angenommen werden, dass es nur noch um die

richtige Rechtsanwendung geht, welche keine Legitimation begründet (BGE 140 V 328, E. 6.6). VB.2012.00186 (nicht veröffentlicht), Fristen und Formerfordernis im Rekursverfahren: E.3.1: Der Rekurs bedarf gemäss § 22 Abs. 1 VRG der schriftlichen Form. Zur Schriftform gehört auch die Unterschrift. Die eigenhändige Originalunterschrift stellt dabei eine Gültigkeitsvo-raussetzung des Rekurses dar. E.3.2: Im Beschwerdeverfahren an das Verwaltungsgericht finden gemäss § 71 VRG u.a. die Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO) zur Zustellung von Entscheiden ergänzend Anwendung. Die Zustellung erfolgt gemäss Art. 138 Abs. 1 ZPO durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung. Sie gilt bei einer eingeschriebenen Postsen-dung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsver-such als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Abs. 3 lit. a). Diese Regelung wenden die Bezirksräte des Kantons Zürich im Rekursverfahren analog an (vgl. Formulare und Merkblätter).

Praxishilfen

Formulierung der Rechtsmittelbelehrung im Entscheid: Gegen diesen Entscheid kann innert dreissig Tagen ab dessen Erhalt mit schriftlicher, einen Antrag und dessen Begründung enthaltender Eingabe beim Bezirksrat ...[zuständiger Be-zirksrat] ... Rekurs erhoben werden.

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: