Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Leistungen aufgrund günstiger Verhältnisse

Kapitelnr.
15.2.03.
Publikationsdatum
8. August 2012

Rechtsgrundlagen

§ 27 Abs. 1 SHG SKOS-Richtlinien, Kapitel E.3.1 SKOS-Richtlinien, Kapitel H.9

Erläuterungen

1.Allgemeines

Nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG kann rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe unter Berück-sichtigung der Verjährungsfristen (vgl. Kapitel 15.4.01) ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn die Hilfe empfangende Person aus Erbschaft, Lotteriegewinn oder anderen nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführenden Gründen in finanziell günstige Verhält-nisse gelangt ist. In Fällen eigener Arbeitsleistung kann eine Rückerstattung nur gefordert werden, wenn diese zu derart günstigen Verhältnissen führt, dass ein Verzicht auf Rücker-stattung, unter Berücksichtigung der Gründe des Hilfebezugs, als unbillig erscheint. Als Vermögensanfall im Sinne von § 27 Abs. 1 lit. b SHG gelten auch Pauschalentschädi-gungen von Versicherern oder andern Leistungspflichtigen. Einigen sich die geschädigte Person und der leistungspflichtige Dritte (z.B. ein Haftpflichtversicherer) auf eine Pauschale per Saldo aller Ansprüche, so verzichten sie darauf, die mit der Pauschale abgegoltenen An-sprüche der geschädigten Person nach Art, Höhe und Periode zu unterscheiden. Die Leis-tung soll also nicht rückwirkend in einer bestimmten Zeitspanne entstandene Ausfälle aus-gleichen. Vielmehr werden damit sämtliche Ansprüche der geschädigten Person abgegolten, seien dies Ansprüche zur Abgeltung von entstandenem Schaden oder von künftigen Ausfäl-len. Es handelt sich deshalb nicht um einen Anwendungsfall von § 27 Abs. 1 lit. a SHG. Dies hat für die unterstützte Person den Vorteil, dass sie im Vergleich zu einer Anwendung von § 27 Abs. 1 lit. a SHG von einem höheren Freibetrag profitiert (vgl. dazu nachfolgend Ziff. 2). Grundsätzlich unerheblich für die Rückerstattungsforderung ist, ob die unterstützte Person im Zeitpunkt der Rückforderung nach wie vor in günstigen Verhältnissen ist oder nicht. Gibt sie also das ihr zugeflossene Vermögen sogleich wieder aus (z.B. zur Tilgung von Schul-den), so hat dies keinen Einfluss auf die Rückerstattungsforderung. Auch in einem solchen Fall kann eine Rückerstattung verfügt werden. Die tatsächlichen Vermögensverhältnisse können aber in einem allfälligen Stundungs- oder Erlassverfahren (vgl. Kapitel 15.4.02) be-rücksichtigt werden.

2.Vermögensanfall und Freibeträge

Wird gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG die Rückerstattung verfügt, ist den Verpflichteten ein angemessener Betrag zu belassen. Dieser beläuft sich bei einer Einzelperson auf

Fr. 25'000.-- und bei Ehepaaren bzw. eingetragenen Partnern und Partnerinnen auf Fr. 40'000.--. Zusätzlich ist pro minderjähriges Kind ein Freibetrag von Fr. 15'000.-- zu be-rücksichtigen (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel E.3.1). Übersteigt der Vermögensanfall zu-sammen mit dem bereits vorhandenen übrigen Vermögen diese Freibetragsgrenzen, kann von günstigen Verhältnissen gesprochen werden. Mussten zur Erlangung des Vermögens Geldmittel eingesetzt werden, ist es in der Regel angezeigt, diese als Gestehungskosten vom Vermögensanfall in Abzug zu bringen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Oktober 2011, VB.2011.00461).

3.Abgrenzung zur Rückerstattung wegen Realisierung von Vermögenswerten

§ 27 Abs. 1 lit. b SHG kommt zur Anwendung, wenn eine Person nach Unterstützungsbeginn durch einen Vermögensanfall oder allenfalls durch eigene Arbeitsleistung in günstige Ver-hältnisse kommt. Besitzt sie demgegenüber bereits im Zeitpunkt, in welchem sie um Ausrich-tung wirtschaftlicher Hilfe ersucht, erhebliche Vermögenswerte, die später realisierbar wer-den (vgl. dazu Kapitel 9.2.02), so erfolgt eine Rückerstattung nicht gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG, sondern in Anwendung von § 27 Abs. 1 lit. c SHG (vgl. Kapitel 15.2.04). Auch nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG richtet sich die Rückforderung, wenn eine Person während der Unterstützung zwar einen Vermögensanspruch erwirbt, dieser aber noch nicht realisierbar ist. Die Unterscheidung der Grundlage für die Rückforderung ist insoweit von Bedeutung, als der zu gewährende Vermögensfreibetrag im Zusammenhang mit Rückforderungen nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG für eine Einzelperon lediglich Fr. 4'000.-- beträgt (vgl. Kapitel 15.2.04), bei Ansprüchen nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG hingegen Fr. 25'000.-- (vgl. vorstehend Ziff. 2).

Beispiele:

  • Eine unterstützte Person erbt zusammen mit anderen Personen. Die Erbschaft kann aus bestimmten Gründen nicht sofort geteilt werden, z.B. weil das Erbschaftsvermögen aus einer Liegenschaft besteht, welches von einem Erben selber bewohnt wird und ein Ver-kauf nicht zumutbar ist und der Erbe die anderen Erben mangels liquiden Mitteln nicht auszahlen kann. Die unterstützte Person bildet zusammen mit den anderen Erben eine Erbengemeinschaft, das Erbschaftsvermögen steht den Erben als Gesamteigentum zu. Bis zur Teilung kann über das Vermögen nur gemeinsam verfügt werden. Der Anteil am Erbschaftsvermögen, welcher der unterstützten Person zusteht, kann also nicht sogleich realisiert werden. In einem solchen Fall ist die unterstützte Person anzuhalten, eine Rückerstattungsverpflichtung zu unterzeichnen (§ 20 SHG). Wird die Erbschaft später geteilt und der unterstützten Person ihr Anteil ausbezahlt, dann stützt sich die Rückfor-derung auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG.
  • Eine unterstützte Person hat lediglich eine Anwartschaft, zum Bespiel auf eine güter-rechtliche Vorschlagsbeteiligung. Eine Anwartschaft stellt eine ungewisse Aussicht auf einen künftigen Erwerb von Rechten dar. Im Falle einer Anwartschaft auf güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung bedeutet das, dass die unterstützte Person bei der Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung möglicherweise (d.h. soweit z.B. eine Errungenschaft vorhanden ist) einen güterrechtlichen Anspruch auf eine Vorschlagsbeteiligung hat. Wer

eine Anwartschaft besitzt, hat also weder einen Vermögensanspruch noch ist ihm ein Vermögen zugeflossen. Eine Rückforderung kommt daher weder gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG noch gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG in Frage. Reicht nun aber ein Ehegatte das Scheidungsbegehren ein, so wird, wenn eine Errungenschaft vorhanden ist, aus der Anwartschaft ein Anspruch auf güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung, der al-lerdings betragsmässig in diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht. Vom Zeitpunkt der Ein-reichung des Scheidungsbegehrens bis zum Zeitpunkt der Auszahlung der Vorschlags-beteiligung liegt also ein (noch) nicht realisierbarer Vermögenswert vor. Die Sozialbe-hörde kann die Sicherstellung nach § 20 SHG verlangen. Im Zeitpunkt der Auszahlung fliesst der unterstützten Person dann ein Vermögen zu, so dass dann eine Rückforde-rung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG in Frage kommt.

4.Erbschaft von Kindern

Macht ein zusammen mit den Eltern bzw. einem Elternteil unterstütztes Kind eine Erbschaft, so kann gestützt darauf (zumindest für die Zeit vor dem Erbanfall) keine Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen verlangt werden, da ein bei den Eltern lebendes Kind nicht als direkter Hilfeempfänger gilt (vgl. aber zur vorschussweisen Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe zuguns-ten eines Kindes Kapitel 15.2.04). Allerdings dürfen die Erträge des Kindesvermögens normalerweise für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und unter Umständen auch für die Bedürfnisse des Haushalts verwendet werden. Sofern dies zur Bestreitung der Kosten für das Kind nötig ist, kann die Vormundschaftsbehörde darüber hinaus Eingriffe in das Kindesvermögen gestatten (vgl. Art. 319 ff. ZGB). Macht ein Kind also eine Erbschaft, kann zwar nicht gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG eine Rückerstattung bezogener wirtschaftlicher Hilfe verlangt werden, es kann aber wegen den neu anfallenden Einnahmen aus Erträgen des Kindesvermögens und allfälliger Anzehrung desselben mit Einverständnis der Vormundschaftsbehörde gegebenen-falls die wirtschaftliche Hilfe künftig reduziert werden (vgl. Kapitel 9.2.01, Ziff. 4).

5.Eigene Arbeitsleistung

In Fällen eigener Arbeitsleistung ist eine Rückforderung nur ausnahmsweise zulässig, näm-lich dann,

  • wenn die Arbeitsleistung zu derart günstigen Verhältnissen führt,
  • dass unter Berücksichtigung der Gründe des Hilfebezugs
  • ein Verzicht auf Rückerstattung als unbillig erscheint. Es geht also darum, dass ausserordentlich günstige Verhältnisse zusammen mit den beson-deren Gründen des Hilfebezugs und allfälligen weiteren Umständen einen Verzicht auf die Rückerstattung als stossend erscheinen liessen. Auf eigene Arbeitsleistung sind auch Frei-zügigkeitsguthaben einer Person zurückzuführen. Zu beachten ist hier, dass ein BVG- bzw. Freizügigkeitsguthaben in erster Linie der Alters- und Invalidenvorsorge des Versicherten dient und nicht zur Deckung von Schulden oder Lebensunterhalt vor Eintritt des Vorsorge-

falls verwendet werden soll. Es ist daher grundsätzlich nicht angebracht, das aus dem Bezug eines BVG- bzw. Freizügigkeitskapitals anfallende Vermögen für die Rückerstattung emp-fangener wirtschaftlicher Hilfe heranzuziehen. Erzielt eine ehemals unterstützte Person nunmehr ein hohes Erwerbseinkommen und er-scheint es angebracht, eine Rückerstattung der bezogenen wirtschaftlichen Hilfe zu verlan-gen, so ist zur Festlegung des Betrages, welcher monatlich an die Rückerstattungsforderun-gen zu leisten ist, ein erweitertes Budget nach den SKOS-Richtlinien zu erstellen (SKOS-Richtlinien, Kapitel H.9). Dieses umfasst folgende Positionen:

  • doppelter Ansatz des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt,
  • Wohnkosten,
  • medizinische Versorgung,
  • Erwerbsauslagen,
  • übrige Kosten wie z.B. Steuern, Versicherungen, Unterhaltsbeiträge, Schuldzinsen und Schuldentilgung. Von der Differenz zwischen dem so ermittelten Bedarf und dem aktuellen Einkommen ist höchstens die Hälfte als monatliche Rückerstattung festzulegen. Um die wirtschaftliche und berufliche Integration nicht zu gefährden, kann es angezeigt sein, die zeitliche Dauer der Rückerstattung zu begrenzen. Die SKOS-Richtlinien empfehlen hier einen Rückerstattungszeitraum von vier Jahren. Ist die ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe nach vier Jahren noch nicht vollständig zurückbezahlt, sollte auf den Rest verzichtet werden.

Rechtsprechung

VB.2011.00735: Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen aufgrund einer Erbschaft. [Die So-zialbehörde kürzte den Fürsorge-Grundbedarf des Beschwerdeführers um 15% und verrech-nete diesen Betrag mit einer erbschaftsbedingten Rückerstattungsforderung.] Die Vorinstanz ging zu Unrecht davon aus, dass die Rückerstattungsverpflichtung des Beschwerdeführers im Rahmen des Grundbedarfskürzungsverfahrens nicht mehr überprüft werden könne: Der Beschwerdeführer focht die Verfügung, die ihn zur Rückerstattung "in der Höhe des Erban-teils" verpflichtete, zwar nicht an. Doch diese Verfügung stellt keine vollstreckbare Sachver-fügung dar, denn die Höhe des Erbanteils war zum Zeitpunkt der Rückerstattungsverfügung noch nicht bekannt und wurde erst im Rahmen der Grundbedarfskürzung festgelegt (E. 4). Die Sozialbehörde verpflichtete den Beschwerdeführer zu Unrecht zur Rückerstattung bezo-gener Sozialhilfeleistungen, denn dieser gelangte durch die Erbschaft nicht in finanziell güns-tige Verhältnisse: Der Willensvollstrecker zahlte fast den ganzen Erbanteil direkt an das Be-treibungsamt, weil der Beschwerdeführer dem Gemeinwesen abgetretene Unterhaltsbeiträge schuldete (E. 5.2). Der Betrag von Fr. 5'000.-, der dem Beschwerdeführer aus der Erbschaft effektiv zufloss, ist zu gering, um eine Rückerstattungspflicht auszulösen, so dass sich die Grundbedarfskürzung als unzulässig erweist (E. 5.3). VB.2011.00461: Vor dem Hintergrund der klaren gesetzlichen Grundlage, die die sozialhilfe-

rechtliche Rückzahlungspflicht einzig vom Zufluss erheblicher Vermögenswerte abhängig macht (vgl. E. 2.1), kommt eine Reduktion des Rückerstattungsbetrags nur ausnahmsweise und in begründeten Fällen infrage. Im vorliegenden Fall rechtfertigen sich Abzüge – wie die Vorinstanz zu Recht festhielt – lediglich im Zusammenhang mit jenen Aufwendungen der Beschwerdeführerin, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Eheschutz- und Scheidungsverfahren standen. Die nachweislich angefallenen Verfahrens- und Anwaltskos-ten müssen als eigentliche «Gestehungskosten» erachtet werden bzw. als Aufwand, der er-forderlich war, um eine für die Beschwerdeführerin finanziell günstige Regelung zu erwirken und schliesslich ein Ende ihrer Sozialhilfeabhängigkeit herbeizuführen (E. 4.2). Fliessen einem Sozialhilfebezüger erhebliche Vermögenswerte zu, so kommt als An-spruchsgrundlage für eine Rückforderung bezogener Hilfeleistungen einerseits § 27 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 SHG infrage, andererseits § 27 Abs. 1 lit. b SHG. Nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG richtet sich die Rückforderung dann, wenn bereits vor dem Ver-mögensanfall ein – noch nicht realisierbarer – Anspruch auf den betreffenden Vermögens-wert bestand (Beispiel: Anspruch auf die Erbschaft eines verstorbenen Erblassers). Auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG stützt sich der Rückforderungsanspruch hingegen dann, wenn bis zum Zeitpunkt des Vermögenszuflusses kein Anspruch auf die betreffenden Vermögenswerte be-stand (Beispiel: Anwartschaft auf Erbschaft eines noch nicht verstorbenen Erblassers). Die Unterscheidung der Anspruchsgrundlage ist insofern von Bedeutung, als der zu gewährende Vermögensfreibetrag im Zusammenhang mit Rückforderungen nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG Fr. 4'000.-- beträgt, bei Ansprüchen nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG hingegen der Vermögens-freibetrag gemäss Ergänzungsleistungsrecht, derzeit Fr. 25'000.-- (E. 5.2). Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin bis zur Einreichung des Scheidungsbegehrens lediglich eine Anwartschaft auf die güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung. Die Rückerstattungsforde-rung der im April 2008 realisierten Vermögenswerte stützt sich für diesen Zeitraum demnach nicht auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG, sondern auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG, sodass ein Vermögens-freibetrag von Fr. 25'000.-- zu gewähren ist (E. 5.4). Für den Zeitraum nach Einreichung des Scheidungsbegehrens hingegen stützt sich der Rückerstattungsanspruch auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG (E. 5.5.). Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin trotz Realisierung einer erheblichen güterrechtli-chen Ausgleichszahlung verschuldet blieb, steht der Rückerstattungsforderung nicht entge-gen. Der Verschuldung kann aber allenfalls im Rahmen eines Erlassverfahrens noch Rech-nung getragen werden, und bei einer allfälligen betreibungsrechtlichen Durchsetzung der Rückerstattungsforderung muss das Existenzminimum gewahrt werden (E. 6).

Anmerkung:

Mit der Revision der SKOS-Richtlinien vom Dezember 2010, welche für den Kanton Zürich per 1. August 2011 übernommen wurde (vgl. § 17 SHV), wird bei der Rückerstattung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG nicht mehr auf die Vermögensfreibeträge nach Ergänzungsleistungs-recht abgestellt, sondern sind die bei der Rückerstattung massgebenden Freibeträge betrag-lich festgelegt. VB.2010.006639: Rechtmässig bezogene Fürsorgegelder müssen nur dann zurückerstattet werden, wenn die unterstützte Person - beispielsweise durch eine Erbschaft - in eine verbes-serte finanzielle Situation gelangt. Nicht massgebend ist, ob die zugeflossenen Vermögens-werte sofort oder erst später realisierbar sind, und ob sie zum Zeitpunkt der Rückforderung

noch vorhanden sind oder nicht. Keiner Rückerstattungspflicht unterliegt demgegenüber eine Person, die zu keinem Zeitpunkt einen Vermögenszufluss erhalten hat, selbst wenn sie ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte oder gar bewusst darauf verzichtete, in bessere finan-zielle Verhältnisse zu gelangen. Das Sozialhilferecht verpflichtet die Fürsorgeempfänger nicht dazu, während der Dauer der wirtschaftlichen Unterstützung sowie während den 15 da-rauf folgenden Jahren sämtliche potenziellen Vermögenszuflüsse zu realisieren und die (rechtmässig) bezogenen Sozialhilfeleistungen auch bei fehlendem Mittelzufluss zurückzu-bezahlen (E. 4.4). VB.2006.00499: Die Auszahlung einer Freizügigkeitsleistung ist auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführen und darf daher nur unter den erwähnten, besonderen Voraussetzungen für die Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe beansprucht werden. Dabei ist entsprechend dem Zweck eines BVG- bzw. Freizügigkeitsguthabens davon auszugehen, dass dieses in erster Linie der Alters- und Invalidenvorsorge des Versicherten dienen und nicht zur De-ckung von Schulden oder Lebensunterhalt vor Eintritt des Vorsorgefalls verwendet werden soll. Ausgehend von dieser Zielsetzung erscheint es – abgesehen von extremen Fällen – in aller Regel nicht angebracht, das aus dem Bezug eines BVG- bzw. Freizügigkeitskapitals an-fallende Vermögen für die Rückerstattung empfangener wirtschaftlicher Hilfe heranzuziehen. Das Freizügigkeitsguthaben betrug im vorliegenden etwas über Fr. 100'000.-- und war damit als Vorsorgekapital eher bescheiden. Unter diesen Umständen ist ein Verzicht auf die Rück-erstattung keineswegs stossend, sondern durchaus gerechtfertigt (E. 3.1.2). VB.2006.00352: Bei einem dauernd fremdplatzierten Kind liegt ein eigener sozialhilferechtli-cher Wohnsitz vor. Die Leistungen kommen ihm zu und können deshalb von einem Elternteil, der durch eine Erbschaft in finanziell günstige Verhältnisse gelangt ist, nicht zurückgefordert werden (E. 5.2). VB.2003.00393: Den Sozialbehörden ist es im Rahmen des ihnen bei der Anwendung von § 27 Abs. 1 SHG zustehenden Rechtsfolgeermessens nicht verwehrt, aus Billigkeitsüberle-gungen die Gesamtsituation des Betroffenen und damit allenfalls auch bestehende Schulden zu berücksichtigen. Dazu verpflichtet sind sie jedoch nicht, zumal das Vorliegen eines rechtskräftigen Rückerstattungsentscheids nicht ausschliesst, dass solchen Schuldverpflich-tungen in einem anschliessenden gesonderten Erlassverfahren gleichwohl noch Rechnung getragen wird. Aufgrund dieser Auslegung von § 27 Abs.1 SHG steht den Sozialbehörden bei dessen Anwendung bezüglich der Berücksichtigung allfälliger Schulden ein erheblicher Ermessensspielraum zu; in die diesbezügliche Ermessensbetätigung hat das auf Rechtskon-trolle beschränkte Verwaltungsgericht nicht einzugreifen. VB.2003.00107: Bei der Prüfung der Frage, ob der bzw. die Betroffene durch den Mittelzu-fluss "in finanziell günstige Verhältnisse" gelangt ist, sind in jenem Zeitpunkt bestehende Schulden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dafür spricht der in § 22 SHV verankerte Grundsatz, dass die Sozialhilfe nur ausnahmsweise, zwecks Abwendung einer bestehenden oder drohenden Notlage, Schulden übernehmen soll. Dies beruht auf dem Gedanken, dass andere Gläubigerinnen oder Gläubiger nicht gegenüber dem Sozialhilfe leistenden Gemein-wesen bevorzugt werden sollen. Dagegen schliesst die Nichtberücksichtigung von Schulden beim Entscheid über die Rückerstattung nicht aus, dass solchen Verpflichtungen im Rahmen eines Erlassverfahrens doch noch Rechnung getragen wird. Ob der bzw. die Betroffene "in finanziell günstige Verhältnisse gelangt" sei, bestimmt sich demnach bei einem Vermögens-

anfall einzig aufgrund des fraglichen Mittelzuflusses unter Berücksichtigung eines Freibetra-ges. Allerdings lässt § 27 Abs. 1 SHG Raum dafür, die Gesamtsituation des oder der Be-troffenen und damit auch Überlegungen der Billigkeit zu berücksichtigen. Unter diesem Ge-sichtswinkel können auch allfällige Schulden schon beim Entscheid über die Rückerstattung und deren Bemessung, nicht erst in einem allenfalls folgenden Erlassverfahren, berücksich-tigt werden. VB.2002.00041: Rückerstattungspflichtig im Sinne von § 27 SHG ist nur, wer selbst wirt-schaftliche Hilfe bezogen hat. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Abs. 1 und 2 von § 27 SHG und aus dem Umstand, dass nur Familien mit gemeinsamem Wohnsitz Unterstüt-zungseinheiten darstellen. Deshalb ist es nicht zulässig, von jemandem, der eine Erbschaft gemacht hat, die an seine schon damals von ihm getrennt lebende Ehefrau und an sein schon damals von ihm getrennt lebendes Kind ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe zurückzu-fordern. RRB Nr. 1160/1997 (nicht publiziert): Eine Rückforderung gemäss § 27 Abs. 1 SHG setzt fi-nanziell günstige Verhältnisse und damit erhebliche Mittel voraus. Zudem darf nicht das ge-samte Vermögen des oder der Pflichtigen davon erfasst werden. Vielmehr ist früher bezoge-ne wirtschaftliche Hilfe nur insoweit zurückzuerstatten, als das jeweilige Vermögen gesamt-haft bestimmte Limiten übersteigt. Jedenfalls kann nur insofern von finanziell günstigen Ver-hältnissen gesprochen bzw. eine Rückforderung verlangt werden, als durch den Vermögens-zugang (zusammen mit dem übrigen Vermögen) die jeweiligen Vermögensfreibeträge des Ergänzungsleistungsrechts überschritten werden.

Praxishilfen

Beispiel Rückerstattung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG und § 27 Abs. 1 lit. c SHG

Totalbezug wirtschaftlicher Hilfe vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2012: Fr. 74'000.-- Einreichung Scheidungsbegehren 1. Juni 2011 Auszahlung güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung am 1. Februar 2012: Fr. 50'000.--

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: