Frauen leisten deutlich mehr unbezahlte Arbeit, Männer legen aber zu

Die Zürcherinnen und Zürcher verbringen immer mehr Zeit mit unbezahlter Arbeit, das heisst mit Hausarbeit, Kinderbetreuung und Freiwilligenarbeit. Frauen leisten nach wie vor über einen ganzen Arbeitstag pro Woche mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Dies trägt auch dazu bei, dass Frauen im Alter ein höheres Armutsrisiko haben als Männer. Die Männer haben jedoch bei der Haus- und Familienarbeit etwas aufgeholt und so Geschlechterungleichheiten ein wenig verringert. Dies zeigt eine neue Analyse des Statistischen Amts anhand Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE), die zwischen 2010 und 2020 erhoben wurden.

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Im Jahr 2020 leisteten die Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Zürich insgesamt über 1.6 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit. Im Durchschnitt entspricht dies pro Kopf rund 24 Stunden pro Woche. Frauen leisten dabei nach wie vor rund 10 Stunden pro Woche mehr unbezahlte Arbeit als Männer, gleich wie 2010. Schaut man jedoch genauer hin, gibt es Hinweise auf Veränderungen.

Hausarbeit für Männer alltäglicher geworden

Heute geben deutlich mehr Männer an, überhaupt Hausarbeit zu leisten, als noch vor zehn Jahren. Zudem konzentriert sich die von Männern erledigte Hausarbeit nicht mehr so stark aufs Wochenende wie früher. Trotzdem verbringen Frauen im Durchschnitt wöchentlich rund sieben Stunden mehr mit Hausarbeit als Männer. Besonders gross sind die Geschlechterunterschiede bei den früher klar den Frauen zugeschriebenen, zeitaufwändigeren Hausarbeiten wie Kochen, Aufräumen, Putzen oder Waschen, während bei administrativen oder handwerklichen Tätigkeiten kaum mehr Geschlechterunterschiede bestehen.

Unveränderte Kinderbetreuungszeit trotz mehr Erwerbstätigkeit

Weniger Geschlechterunterschiede als früher zeigen sich auch bei der Kinderbetreuung. Vor allem bei Vätern mit kleinen Kindern gibt es Hinweise auf eine gewisse Umorientierung: Sie haben zwischen 2010 und 2020 ihre durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit etwas reduziert und verbringen dafür mehr Zeit mit der Haus- und Familienarbeit. Zugelegt haben sie aber in erster Linie am Wochenende. Mütter und Väter verbringen am Wochenende fast gleich viel Zeit mit der Kinderbetreuung, an Werktagen leisten Mütter hingegen immer noch deutlich mehr Betreuungsarbeit. Trotz steigender Erwerbstätigkeit hat sich die Kinderbetreuungszeit der Mütter zwischen 2010 und 2020 nicht verringert. Wo Mütter hingegen Abstriche machen, vor allem unter der Woche, ist bei der Zeit, die sie mit Hausarbeit verbringen.

Neue Verhaltensmuster wegen Corona?

Die SAKE-Daten von 2020 erlauben zudem eine vorläufige Momentaufnahme des ersten Pandemiejahres. Es gibt zwar Hinweise auf Veränderungen bei der Haus- und Familienarbeit, über das ganze Jahr hinweg betrachtet sind sie jedoch nicht besonders ausgeprägt. So verbrachten die Zürcherinnen und Zürcher mehr Zeit in der Küche, besonders die Männer haben gegenüber 2016 deutlich mehr Zeit mit Kochen und Backen verbracht. Ferner verwendeten die Frauen etwas weniger Zeit fürs Waschen und Einkaufen als vor Corona: Homeoffice und Kurzarbeit dürften im ersten Coronajahr dazu beigetragen haben, dass zuhause mehr gekocht und etwas weniger gewaschen wurde als vor der Pandemie. Die SAKE-Daten sind jedoch Jahresdurchschnitte, welche Veränderungen in unterschiedlichen Pandemiephasen nur unzureichend abbilden.

Grosseltern entscheidend für Kinderbetreuung

Erwerbstätige Mütter waren in der ersten Pandemiewelle wegen der Schulschliessungen und der Einschränkungen für die Kinderbetreuungsstätten besonders stark belastet. Zum einen scheinen sie diese Mehrbelastung durch etwas weniger Hausarbeit ausgeglichen zu haben. Zum anderen dürften viele Betreuungsengpässe auch von Grosseltern aufgefangen worden sein. Kontakte zwischen Haushalten waren zwar zu Beginn der Pandemie stark eingeschränkt. Im Jahresdurchschnitt ging jedoch die Zeit, die Personen ab Mitte 50 mit der Betreuung von Kindern in anderen Haushalten verbrachten, gegenüber 2016 relativ wenig oder gar nicht zurück. Bei Frauen im Alter von 55 bis 64 stieg sie sogar an.

Frauen spüren Folgen der unbezahlten Arbeit in der Altersvorsorge

Werden bezahlte und unbezahlte Arbeitsstunden zusammengezählt, leisten Frauen und Männer ungefähr gleich viel. Da Frauen jedoch über ihr ganzes Leben hinweg mehr Zeit mit unbezahlter und weniger mit Erwerbsarbeit verbringen, verdienen sie im Durchschnitt weniger und haben beispielsweise im Alter ein höheres Armutsrisiko als Männer. Die Verteilung bezahlter und unbezahlter Tätigkeiten trägt damit nicht nur zu Unterschieden im Alltagsleben vieler Frauen und Männer bei, sondern auch zum Fortbestehen von langfristig ungleichen Lebenschancen.

Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE)

Datengrundlage ist die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE), die vom Bundesamt für Statistik (BFS) durchgeführt wird. Alle drei bis vier Jahre wird eine Zufallsstichprobe der Bevölkerung ab 15 Jahren zur geleisteten unbezahlten Arbeit telefonisch befragt. Die oben beschriebenen Ergebnisse beruhen auf den Daten von 2010, 2013, 2016 und 2020. Im Kanton Zürich umfasst die Stichprobe pro Erhebungsjahr rund 4'000 Personen. Damit lassen sich für grössere Bevölkerungsgruppen statistisch robuste Aussagen machen.

Unbezahlte Arbeit

Im Unterschied zu anderen unbezahlten Aktivitäten (z.B. Freizeitbeschäftigungen) umfasst unbezahlte Arbeit Tätigkeiten, die theoretisch auch von Dritten gegen Bezahlung erledigt werden könnten. Um den Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit zu erfassen, geben die befragten Personen an, wie viel Zeit sie an einem Stichtag (meist am Vortag) für eine gegebene Tätigkeit (z.B. Putzen und Aufräumen) verwendet haben.

Bezahlte Arbeit

Der Zeitaufwand für bezahlte Arbeit entspricht den tatsächlich geleisteten wöchentlichen Erwerbsarbeitsstunden.

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