Subjektfinanzierung: Mehr Teilhabe für mehr Menschen mit Behinderung

Subjektfinanzierung fördert für Menschen mit Behinderung eine freiere Wahl, wie sie leben und wo sie wohnen wollen. Dies bekräftigt ein Bericht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Er wurde im Hinblick auf die Umsetzung eines parlamentarischen Vorstosses in Auftrag gegeben. Sicherheitsdirektor Mario Fehr sagte am heutigen Impulstag zur Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention in Uster: «Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel».

Der Bericht der ZHAW ist im Auftrag des kantonalen Sozialamts unter Mitwirkung der Betroffenen entstanden. Er dient als Basis für die Erarbeitung einer gesetzlichen Grundlage, die mit der am 25. Juni 2018 überwiesenen Motion «Selbstbestimmung ermöglichen durch Subjektfinanzierung» vom Kantonsrat gefordert wird. Ziel ist, dass Menschen mit Behinderung ihrem individuellen Bedarf entsprechend direkt unterstützt werden, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder ausserhalb einer Institution leben oder arbeiten. Der Bericht kommt zum Schluss, dass Subjektfinanzierung ganz im Sinne der UNO-Behindertenrechtskonvention zu mehr Wahlfreiheit und Selbstbestimmung führen wird. Mit dem Systemwechsel soll nicht Sonderrecht geschaffen, sondern Gleichstellung erzielt werden.

Umsetzung in Etappen

Die Institutionen leisten ein unverzichtbares Angebot. Sie sollen auch im neuen System bestehen bleiben. Zahlreiche Menschen mit Behinderung leben heute nicht in einer Institution, obwohl sie behinderungsbedingt Anspruch auf Betreuung und Begleitung haben. Andererseits gibt es Menschen, die noch an Institutionen gebunden sind, weil alternative massgeschneiderte Angebote fehlen. Die wichtigste Empfehlung der ZHAW lautet daher, zunächst den ambulanten Bereich aufzubauen, um Wahlfreiheit überhaupt ermöglichen zu können. Ferner empfehlen die Autorinnen und Autoren, auf die Wohnsituation zu fokussieren.

Von flexibilisierten Leistungen könnten mehr Personen profitieren, wobei individuell erbrachte Betreuungsleistungen kaum günstiger zu erbringen sind als kollektive Betreuungsformen. Aus diesen Gründen kommt die ZHAW zum Schluss, dass eine kostenneutrale Umsetzung der Subjektfinanzierung nicht möglich sein wird. Dem Mehraufwand steht nach Ansicht der ZHAW ein hoher Nutzen gegenüber. Die Auswirkungen des Systemwechsels sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht exakt abschätzbar.

Griffige Steuerungselemente

Das kantonale Sozialamt erarbeitet zuhanden des Regierungsrats nun den Entwurf für ein neues Gesetz. Regierungsrat Mario Fehr: «Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel. Wir nehmen den politischen Auftrag sehr ernst». Damit die Mehrkosten kontrollierbar bleiben, werden griffige Steuerungsinstrumente erforderlich sein. Das Verfahren zur Abklärung des individuellen Bedarfs auch im ambulanten Bereich muss klar geregelt werden. Zudem ist eine massvolle Zulassungs-, Bewilligungs- und Aufsichtspraxis für Leistungserbringende zu entwickeln. Andrea Lübberstedt, Chefin Kantonales Sozialamt: «Wir müssen dafür sorgen, dass das neue System finanziell tragbar ist. Wenn mehr Menschen mehr Wahlfreiheit erhalten und selbstbestimmter leben können, hat das seinen Preis».

Impulstag für Städte und Gemeinden

Die Studie der ZHAW wurde im Rahmen des von der kantonalen Koordinationsstelle für Behindertenrechte in Uster organisierten Impulstags veröffentlicht. Vertreterinnen und Vertreter aus kommunalen Behörden und Gemeindeverwaltungen haben Impulse erhalten, wie sie die Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention in ihrer Gemeinde vorantreiben können. Nach der Begrüssung von Regierungsrat Mario Fehr referierten Andrea Lübberstedt, Chefin Kantonales Sozialamt, Barbara Thalmann, Stadtpräsidentin von Uster, Brian McGowan, ehemaliger Gleichstellungsbeauftragter der Stadt Bern, und Marianne Rybi, Geschäftsleiterin Behindertenkonferenz Kanton Zürich. Etliche Betroffenen-Organisationen stellten Hilfsmittel und Schulungsangebote vor. Am Vernetzungstreffen waren rund 70 Personen beteiligt. 

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Dienstag, 29. September 2020, von 15.15 bis 16 Uhr.

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