Steigender Personalbedarf bei der Zürcher Staatsanwaltschaft

Die Gesamtbelastung der Staatsanwaltschaft ist gegenüber dem Vorjahr insgesamt wieder angestiegen. Im Berichtsjahr 2018 sind rund 29'100 neue Fälle eingegangen und annähernd so viele Verfahren erledigt worden. Angesichts des sich dynamisch entwickelnden Umfelds im Bereich der Strafverfolgung (z.B. Bevölkerungswachstum, komplexere Verfahren) benötigt die Staatsanwaltschaft in den nächsten Jahren zusätzliche personelle Ressourcen, um auch künftig eine wirkungsorientierte Strafverfolgung gewährleisten und Verbrechen wirksam bekämpfen zu können.

An der heutigen Medienkonferenz präsentierten Vertreterinnen und Vertreter der Zürcher Staatsanwaltschaft den Jahresbericht 2018. Neben den wichtigsten Kennzahlen und Schwerpunkten des vergangenen Geschäftsjahres gingen sie vertieft auf die Schwerpunktthemen Cybergrooming/verbotene Pornografie, Para-Wirtschaftskriminalität sowie auf den steigenden Personalbedarf der Zürcher Staatsanwaltschaft und dessen Einflussfaktoren ein.

Die Gesamtbelastung der Zürcher Staatsanwaltschaft ist gegenüber dem Vorjahr insgesamt wieder angestiegen. Im Berichtsjahr sind rund 29'100 neue Fälle eingegangen und annähernd so viele Verfahren erledigt worden. Die Zahl der Pendenzen stieg gegenüber dem Vorjahr leicht an auf 9639 Fälle. Zwar hat sich die Zahl der Falleingänge bei den Regionalen Staatsanwaltschaften insgesamt auf dem hohen Niveau der vergangenen Jahre eingependelt, doch musste gleichzeitig eine deutliche Zunahme der Fallzahlen bei den Kantonalen Staatsanwaltschaften für Wirtschafts- und Gewaltkriminalität verzeichnet werden.

Im Rahmen des Strategieprojekts STR2020 hat die Zürcher Staatsanwaltschaft 2018 unter anderem die Realisierung von Fachkarrieren in den Tätigkeitsbereichen Cybercrime, Para-Wirtschaftskriminalität, Strassenverkehrsdelikte und Krawalle/Hooliganismus umgesetzt. Die Reorganisation bei den kantonalen Staatsanwaltschaften zur besseren Nutzung von betrieblichen Synergien konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Beim Polizei- und Justizzentrum (PJZ) hat die Zürcher Staatsanwaltschaft 2018 wichtige Planungsschritte mit Blick auf den voraussichtlichen Einzugstermin 2022 vollzogen.

Bekämpfung von Cybergrooming

Cybergrooming, das Anbahnen von sexuellen Handlungen mit Minderjährigen im Internet, hat in den letzten Jahren in der Schweiz und im Kanton Zürich deutlich zugenommen. Studien zufolge ist ein Drittel der Jugendlichen in der Schweiz online bereits einmal unerwünscht von einer fremden Person mit sexuellen Absichten angesprochen worden. In den letzten zwei Jahren hat sich Cybergrooming von den einschlägigen Chat-Rooms zusehends auf Social-Media- und Gaming-Plattformen sowie auf bekannte Kommunikations-Apps verlagert. Sandra Muggli, die im Kanton Zürich auf Cybergrooming spezialisierte Staatsanwältin, sieht verschiedene Wege zur Bekämpfung von Cybergrooming. Zum einen müssten Jugendliche noch intensiver über die Risiken im Web aufgeklärt werden, zum anderen müssten die Strafverfolgungsbehörden weiterhin im Internet präventiv und repressiv aktiv sein und ihre Ressourcen gezielt einsetzen, insbesondere auch auf den neuen Plattformen. Erschwerend bei der Bekämpfung von Cybergrooming wirkt sich aus, dass die sexuelle Belästigung in der Schweiz als Antragsdelikt ausgestaltet ist. In Deutschland, Frankreich und Österreich ist die sexuelle Belästigung von Minderjährigen im Netz hingegen bereits ein Offizialdelikt. In der Schweiz gilt diese Klassifizierung erst, wenn die Täter aktiv explizite Bilder an Minderjährige senden und sich damit der Pornografie strafbar machen oder wenn die Täter Kinder in sexuelle Handlungen einbeziehen oder sie zu solchen verleiten.

Neuorganisation von Verfahren im Bereich Para-Wirtschaftskriminalität

Die auf qualifizierte Wirtschaftskriminalität und internationale Rechtshilfe spezialisierte Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich verzeichnete 2018 erneut eine ausserordentlich hohe Anzahl neu eingehender Strafanzeigen, weshalb sich hier die Überlastungssituation weiter akzentuierte und zu einem Anstieg der Pendenzen um 24 Prozent führte. Auf der organisatorischen Ebene wurden spezielle Massnahmen zur Bekämpfung der mittelschweren Wirtschaftskriminalität «Para-Wirtschaftskriminalität» (Para-WK) in die Wege geleitet. Para-WK-Verfahren liegen, was die Zuständigkeit betrifft, auf der Schnittstelle zwischen den Regionalen Staatsanwaltschaften und der Kantonalen Staatsanwaltschaft III. Der Regierungsrat hat im Dezember 2018 zehn neue Stellen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bewilligt, die vorwiegend bei den Regionalen Staatsanwaltschaften angesiedelt werden und fachlich in engem Austausch mit den Fachleuten der Staatsanwaltschaft III stehen. Die Leitende Staatsanwältin der Regionalen Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Susanne Leu, betont den standortpolitischen Aspekt der Kriminalitätsbekämpfung im Bereich Wirtschaftskriminalität: «Die fachkompetente und zeitgerechte Bearbeitung solcher Verfahren ist für den Erhalt der Reputation des Finanzplatzes Zürich und damit auch aus standortpolitischer Sicht von grosser Wichtigkeit.»  

Zusätzlicher Personalbedarf zur Sicherstellung einer funktionierenden Strafverfolgung

Die Arbeitsbelastung der Zürcher Staatsanwaltschaft ist im Laufe der letzten zehn Jahre markant gestiegen und die Entwicklung des Personalbestandes konnte damit nicht Schritt halten. Gründe für die steigende Arbeitslast sind unter anderem das Bevölkerungswachstum, neue Phänomene wie der rasante Anstieg der Cyberkriminalität, die Entwicklung zu einer 24-Stunden-Gesellschaft mit dem damit einhergehenden star­ken Zuwachs der Eventfrequenz im Kanton, der Ausbau des Strafrechts oder der durch die Einführung der Schweizerischen Strafprozessordnung entstandene zusätzliche administrative Aufwand im Strafverfahren.

In den letzten 10 Jahren hat das Fallaufkommen bei der Zürcher Staatsanwaltschaft um rund 11 Prozent zugenommen. Auch in Zukunft zeichnet sich eine weitere Zunahme der Arbeitsbelastung ab, beispielsweise wegen des prognostizierten weiteren Bevölkerungswachstums im Kanton Zürich. Mit dem Entwicklungsplan hat die Zürcher Staatsanwaltschaft ein langfristiges Planungs- und Steuerungsinstrument geschaffen, um den künftigen Personalbedarf präziser abschätzen zu können. Bis 2026 geht die Zürcher Staatsanwaltschaft von einem zusätzlichen Stellenbedarf von insgesamt rund 15 Prozent aus. Der Entwicklungsplan ist ein rollendes Planungsinstrument, das die verschiedenen Einflussfaktoren auf den künftigen Personalbedarf berücksichtigt und den politischen Entscheidungsträgern als Grundlage für die Ressourcenplanung der Zürcher Staatsanwaltschaft dient. Der Leitende Oberstaatsanwalt Beat Oppliger möchte den Nachholbedarf dringend angehen: «Mit dem Entwicklungsplan schaffen wir die Grundlage, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft mittel- bis langfristig über das nötige Personal verfügt, um ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und Verbrechen wirksam bekämpfen zu können.»  

(Medienmitteilung der Oberstaatsanwaltschaft)