Kanton Zürich präsentiert Lösung für Umfahrung Grüningen

Das historische «Stedtli» in Grüningen soll vom Durchgangsverkehr entlastet werden, ohne dass das geschützte Ortsbild beeinträchtigt wird. Im Auftrag der Volkswirtschaftsdirektion wurden deshalb in einem Konkurrenzverfahren verschiedene Lösungsansätze für eine Umfahrungsstrasse mit Brücke über das Aabachtobel erarbeitet. Als Sieger geht ein Projekt des spanisch-schweizerischen Architekten und Bauingenieurs Santiago Calatrava hervor.

Medienkonferenz «Siegerprojekt für die Umfahrung Grüningen vorgestellt»» mit Regierungsrätin Carmen Walker Späh.

Das Projekt des Architekturbüros Calatrava Valls SA wurde durch ein Beurteilungsgremium bestehend aus Vertretern von Kanton und Gemeinde sowie Fachexperten des Brückenbaus aus drei Lösungsvorschlägen ausgewählt. Aus Sicht der Jury wird das Siegerprojekt dem Ziel, die vorgesehene Umfahrungsstrasse und das zugehörigen Brückenbauwerk bestmöglich in das landschaftliche und bauliche Umfeld einzubetten, in hohem Masse gerecht. Es wird deshalb weiter verfolgt.

Hintergrund für den Studienauftrag ist ein Beschluss des Regierungsrates. Regierungsrätin und Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ist es ein grosses Anliegen, den seit Jahrzehnten vom Durchgangsverkehr beeinträchtigten historischen Ortskern von Grüningen zu entlasten. Dieser beeinträchtigt sowohl die Aufenthaltsqualität als auch die Bausubstanz des geschützten «Stedtlis». Nachdem in der Vergangenheit diverse Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation diskutiert wurden, will der Kanton nun intensiv auf eine wirkungsvolle und dauerhafte Lösung hinarbeiten. Dies soll auch als Zeichen verstanden werden, dass für wichtige Verkehrsprojekte auf Kantonsgebiet rasch Lösungen gesucht und umgesetzt werden sollen.

Nachdem im Rahmen einer Vorstudie diverse Varianten geprüft wurden, erteilte die Volkswirtschaftsdirektion den Auftrag, ein Projekt für eine Umfahrung des historischen Stadtkerns mittels einer Brücke über das Aabachtobel auszuarbeiten. Aufgabe der drei ausgewählten Architekturbüros war die Optimierung und Weiterentwicklung des vorliegenden Projektes der Vorstudie zum Regierungsratsbeschluss.

Bei der Ausarbeitung musste zwingend vorliegenden Gutachten der kantonalen Natur- und Heimatschutzkommission (NHK) und der Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) Rechnung getragen werden. Diese besagen unter anderem, dass das Ortsbild, die historische Bausubstanz, die umliegenden Frei- und Grünräume sowie wichtige Sichtbezüge ungeschmälert zu erhalten sind.

Projekt bettet Brücke optimal ein

Der Lösungsansatz von Calatrava überzeugt durch eine sorgfältige Analyse der lokalen Gegebenheiten, eine exzellente Gestaltung und überzeugende Einbettung der neuen Bauwerke in die Umgebung. Da in der Vergangenheit oberirdische Lösungen an der Engstelle zwischen dem Friedhof und dem kulturhistorisch wertvollen Haus «Wirz» scheiterten, wird die Umfahrungsstrasse im Siegerprojekt tiefer gelegt und auf der Ostseite durch eine rund 220 Meter lange Unterführung geführt. Die Brücke quert das Aabachtobel aus der Unterführung kommend diagonal zur Talrichtung. Auf der Westseite schliesst die Umfahrungsstrasse beim Restaurant Bahnhöfli ans bestehende Strassennetz an.

Durch die Absenkung bleibt die Sicht auf das historische Städtchen von allen wesentlichen Standorten ungestört erhalten und Veränderungen an der bestehenden Topographie werden minimiert. Eine feingliedrige strukturelle Ausbildung verleiht der Brücke ein elegantes Aussehen und reduziert zugleich den Schattenwurf im Tal.

Das «Stedtli» und die Dürntenerstrasse werden über eine vor der Unterführung gelegene Abzweigung erschlossen. Da der Durchgangsverkehr über die neue Umfahrung zirkuliert, kann das «Stedtli» zur autofreien Fussgängerzone mit Anliegerverkehr umgestaltet werden. Zur Kompensation der durch das Projekt wegfallenden Parkplätze ist eine unterirdische Garage beim Restaurant Bahnhöfli geplant, auf deren Dach eine Aussichtsplattform vorgesehen ist. Zwischen Parkgarage und Umfahrungsstrasse führt ein hindernisfreier Fuss- und Veloweg zur Badi hinunter.  

Schützenswürdiger Damm?

Noch offen ist, was mit dem 1844 erstellten Strassendamm passiert, der nach Inbetriebnahme der Umfahrung seine bisherige Funktion verliert. Aus Sicht des Architekten stellt der Damm eine nachhaltige Beeinträchtigung des Aabachtobels dar, weshalb ein Rückbau bei gleichzeitiger Rekonstruktion des Geländes empfohlen wird. Als Ersatz für den Damm wird eine Fussgängerbrücke mit ähnlicher Gestaltung wie die Strassenbrücke vorgeschlagen. Das Projekt ist jedoch nicht zwingend auf die Entfernung des Dammes angewiesen.

Der Kanton prüft derzeit, ob ein Ersatz des Strassendammes mit dem Denkmalschutz vereinbar ist. Zeitgleich wird das Umfahrungsprojekt zur Erstellung eines Vorprojektes an das kantonale Tiefbauamt übergeben. Im Rahmen der weiteren Projektierung wird auch die grobe Kostenschätzung – 24 Mio. bei Erhalt des Dammes, 29 Mio. bei Ersatz durch Fussgängerbrücke (+/- 30%) – weiter konkretisiert. Der Kredit für das Projekt muss anschliessend durch den Kantonsrat und im Falle eines Referendums durch die Stimmbevölkerung genehmigt werden.

Santiago Calatrava

Santiago Calatrava Valls wurde 1951 in Valencia geboren und studierte dort Architektur an der Escuela Técnica Superior de Arquitectura mit einem Nachdiplomstudium in Urbanistik. Ab 1975 widmete sich Calatrava an der ETH Zürich dem Bauingenieurwesen und doktorierte 1981. Durch seine technisch spektakulären Bauwerke, für die er sein Ingenieurwissen mit einem funktionalen, organisch-futuristischen Designansatz kombiniert, hat Calatrava internationale Bekanntheit erreicht. So stammen neben dem Stadtzürcher Bahnhof Stadelhofen unter anderem die Samuel Beckett Bridge in Dublin und der World Trade Center Transportation Hub in New York aus seiner Feder. Calatrava lebt und arbeitet in Zürich und New York.

Modellfoto mit Blick von oberhalb des Badiwegs zum Schloss.
Modellfoto mit Blick von oberhalb des Badiwegs zum Schloss. Kanton Zürich präsentiert Lösung für Umfahrung Grüningen.

(Medienmitteilung der Volkswirtschaftsdirektion)