Was die Kirchen für die Gesellschaft leisten

Die anerkannten Zürcher Kirchen leisten Jugendarbeit, bieten Sozialberatungen an und betreiben Jobbörsen, dies und vieles mehr im Dienst der gesamten Bevölkerung. Eine Studie der Universität Zürich erfasst diese kirchlichen Tätigkeiten mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung jetzt erstmals umfassend und aktuell. Die Resultate der Studie wurden heute an einer Medienkonferenz vorgestellt. Sie sind Teil der Grundlagen für die Festlegung der staatlichen Beiträge an die Kirchen für die Jahre 2020 bis 2025.

50 Millionen Franken bekommen die fünf staatlich anerkannten kirchlichen Körperschaften pro Jahr vom Kanton Zürich. Mit dem Geld unterstützt der Staat Tätigkeiten der Kirchen vor allem in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur. Diese Zahlungen des Kantons für kirchliche Leistungen mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung stützen sich auf die Kantonsverfassung und das Kirchengesetz.

Die zuständige Direktion der Justiz und des Innern, die Evangelisch-reformierte Landeskirche und die Römisch-katholische Körperschaft des Kantons Zürich haben gemeinsam das Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich beauftragt, Umfang, Bedeutung und Qualität dieser genannten kirchlichen Leistungen umfassend und gestützt auf aktuelle Daten zu erheben. Die Forscher beschränkten sich dabei auf eine Untersuchung der beiden genannten Kirchen.

Die Ergebnisse dieser Studie liegen jetzt vor. Erarbeitet hat sie ein Forscherteam um Thomas Widmer, dem Leiter des Forschungsbereichs Policy-Analyse und Evaluation.

86'000 Angebote mit einem Wert von 62 Millionen Franken

Im Zentrum der Untersuchung steht eine selbstdeklaratorische Zusammenstellung von Leistungen, die Kirchgemeinden und kirchliche Fachstellen erbracht und in einem Online-Tool erfasst haben. Das Resultat sind 86'366 Angebote; 55'792 stammten von der reformierten Kirche, 30'574 von der katholischen. Die Forschenden haben die Daten anschliessend mit Hilfe der Finanzzahlen der Kirchen überprüft und bereinigt. Zudem haben sie die Zürcher Gemeinden und eine repräsentative Stichprobe von Zürcherinnen und Zürchern um eine Bewertung der kirchlichen Tätigkeiten gebeten.

Als Resultat lässt sich festhalten, dass der Aufwand der Kirchen für ihre Leistungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung höher ist als die Summe, die die Kirchen vom Staat bekommen. So hat die Evangelisch-reformierte Landeskirche für die Bevölkerung Leistungen mit einem hochgerechneten Wert von 35,4 Millionen Franken erbracht. Dem stand 2016 ein Kostenbeitrag des Kantons in der Höhe von 26,8 Millionen Franken gegenüber. Für die Römisch-katholische Körperschaft belaufen sich diese Werte auf Leistungen von 25,9 Millionen Franken und einen Kostenbeitrag des Kantons von 22,7 Millionen Franken. Die restlichen 0,5 Millionen Franken teilen sich die Christkatholische Kirchgemeinde, die Israelitische Cultusgemeinde und die Jüdisch Liberale Gemeinde.

Als Tätigkeit von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bewerteten die Forschenden ein kirchliches Angebot dann, wenn es sich an alle Menschen unabhängig von ihrer Kirchen- und Religionszugehörigkeit wendet und die Nichtmitglieder der Landeskirchen auch in gewissem Umfang erreicht.

Zusammengefasst kommt die Widmer-Studie zu folgenden Schlüssen: Die Landeskirchen erbringen im Sinne der Allgemeinheit Leistungen, «welche die staatlichen Kostenbeiträge mehr oder weniger deutlich rechtfertigen». Die Autoren empfehlen darum, die bisherige Vorgehensweise mit der Ausrichtung von Staatsbeiträgen beizubehalten.

Jetzt liegen aktuelle und umfassende Daten vor

Die für Fragen der Zusammenarbeit zwischen dem Staat Zürich und den kirchlichen Körperschaften zuständige Kirchenministerin, Regierungsrätin Jacqueline Fehr, dankte den Forschenden und insbesondere den Kirchgemeinden für die grosse geleistete Arbeit. Mit der Studie verfüge der Kanton Zürich jetzt über aktuelle und umfassende Daten über die kirchlichen Tätigkeiten von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.

Fehr bezeichnete die Studie in einer ersten Einschätzung als gute sachliche Grundlage für das Festlegen künftiger Staatsbeiträge an die Kirchen. «Es ist wichtig zu wissen, dass die Beiträge, die der Kanton Zürich den Kirchen schon bisher zukommen lässt, gerechtfertigt sind», bilanziert Fehr.

Auch Michel Müller, Kirchenratspräsident der Reformierten Landeskirche, zeigt sich über die Studie erfreut: «Die Leistungen der Kirchen zugunsten der Allgemeinheit beruhen nun nicht mehr auf Schätzungen, die man anzweifeln kann, sondern auf einer wissenschaftlichen Grundlage. Über diese Objektivität sind wir froh.»

Müller wies aber auch darauf hin, dass der Staat die Kirchen durch diese Objektivität «gewissermassen von aussen misst am Sichtbaren, also an Leistungen, die sie erbringt». Gerade vor dem Hintergrund von 500 Jahre Reformation gelte es aber stets zu bedenken, dass die Kirche wesentlich zum Kanton Zürich gehöre und nicht einfach ein Leistungserbringer sei.

«Enger Blickwinkel»

Benno Schnüriger, Präsident des Synodalrats, sieht als zentrales Fazit der Studie, dass die Kirchen ihr Geld wert sind. «Die Mittel, die den Kirchen vom Kanton zur Verfügung gestellt werden, sind bestens investiert. Noch nie wurde dies mit so viel Datenmaterial belegt.»

Schnüriger führt aber auch an, dass die methodisch angelegte Strenge der Studie zu einer gewissen Verengung des Blickwinkels auf die kirchlichen Leistungen geführt habe. Die Studie habe zwar die erbrachten kultischen Leistungen, wozu auch viele seelsorgerliche Tätigkeiten gehörten, erfasst, diese aber nur sehr zurückhaltend bewertet. «Ich weiss aber, dass der Kanton sich der Bedeutung dieser seelsorgerlichen Leistungen sehr wohl bewusst ist.»

(Medienmitteilung der Direktion der Justiz und des Innern) 

Hinweis

Diese Meldung ist vor 2018 erschienen. Gegenüber der ursprünglichen Fassung sind alle Bilder, Links und Downloads entfernt worden. Dies beim Wechsel zum neuen kantonalen Webauftritt 2020.
Bei Fragen zu dieser Meldung wenden Sie sich bitte an den unten aufgeführten Kontakt.

Für diese Meldung zuständig: