Neues Sondersetting für «Carlos»

«Carlos» befindet sich seit gestern Donnerstagabend in einem neuen Sondersetting. Die Unterbringung wird in einer einfachen Wohnung mit enger sozialpädagogischer Betreuung erfolgen. Die Tagesstruktur besteht aus Schule, Arbeitstätigkeit und Praktikas, Sporttrainings erfolgen in der Freizeit. Zusätzlich wird eine deliktorientierte Therapie angeordnet. Das neue Setting bietet am ehesten Gewähr, «Carlos» eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.

Vorgeschichte

Der junge Straftäter mit dem Pseudonym «Carlos» befindet sich im Vollzug einer Schutzmassnahme, welche das Jugendgericht Zürich mit Entscheid vom 8. November 2012 angeordnet hatte. Im Vollzug dieser Schutzmassnahme befand sich der jugendliche Straftäter bis im Sommer 2013 in einem sogenannten Sondersetting, weil alle davor getroffenen Massnahmen keinen Erfolg hatten.

Nachdem das Sondersetting am 25. August 2013 durch einen Dokumentarfilm von Fernsehen SRF bekannt wurde, thematisierten Medien und Politiker das Sondersetting intensiv. Medien zeigten Bilder vom Wohn- und Trainingsort von «Carlos», die Wohnortgemeinde machte Sicherheitsbedenken geltend, Journalisten wollten unbedingt mit «Carlos» ein Gespräch führen und verschiedene Beteiligte sahen sich mit bedrohlichen Reaktionen, darunter auch Morddrohungen, konfrontiert.

«Carlos» wurde durch die mediale Aufmerksamkeit zu einer der bekanntesten Personen der Schweiz. Der Fall «Carlos» beschäftigt die Gesellschaft in einem Masse, wie wenige andere in den vergangenen Jahren. Hunderte Artikel und Beiträge in den Medien sind bis heute erschienen. Begleitet werden sie von Tausenden von Kommentaren mit teilweise erschreckendem Inhalt.

In dieser aufgeheizten Situation Ende August 2013 war nach Einschätzung der Jugendstrafbehörden die Sicherheit von «Carlos» und seines Umfelds unmittelbar bedroht.

Zu seinem Schutz und zur Sicherung der Massnahme wurde «Carlos» durch die Jugendstrafbehörden am 30. August 2013 geschlossen untergebracht.

In der Folge suchte die Jugendanwaltschaft intensiv nach einer geeigneten Fortsetzung der Massnahme. Geprüft hat sie dabei auch die neuerliche Anordnung einer individuellen Behandlung (Sondersetting). Zusammen mit der Oberjugendanwaltschaft kam die zuständige Jugendanwaltschaft zum Schluss, dass im Moment weder ein neues Sondersetting noch eine andere offene Unterbringung realisierbar sei. Das Weiterführen des Sondersettings war nicht mehr ohne grosses Risiko möglich.

Zu seinem eigenen Schutz sowie zum Schutz Dritter wurde «Carlos» daher vom Gefängnis Limmattal in die geschlossene Abteilung des Massnahmenzentrums Uitikon (MZU) versetzt. Diese Unterbringung sollte es «Carlos» ermöglichen, weitere schulische und berufliche Schritte im Hinblick auf ein später eigenständiges Leben zu realisieren, begleitet durch eine Therapie. Zudem hätte ein Gutachten erstellt werden sollen. Bei einem positiven Verlauf hätte die geschlossene Unterbringung so bald als möglich in eine offene umgewandelt werden sollen.

In der Folge verweigerte «Carlos» jede therapeutische Hilfe und weigerte sich, an einer gutachterlichen Abklärung teilzunehmen. Mehrmals musste er wegen Regelverstössen disziplinarisch bestraft werden.

Das weitere Vorgehen

Nach dem Beschluss des Zürcher Obergerichts vom 27. Dezember 2013 mit dem die Beschwerde von «Carlos» gegen die vorsorgliche geschlossene Unterbringung von «Carlos» abgewiesen worden war, arbeitete die Jugendstrafrechtspflege intensiv an verschiedene Optionen für die weitere Ausgestaltung der Massnahme. Alle Bemühungen scheiterten indessen am Widerstand von «Carlos», der sich bis heute nur eine Massnahme unter der Regie von RiesenOggenfuss vorstellen kann. Auch ein weit gediehenes neues Setting in einer Institution hatte keine Realisierungschancen.

Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 18. Februar 2014 den obigen Beschluss des Obergerichts aufgehoben und entschieden, dass «Carlos» spätestens innert 10 Tagen aus der vorsorglichen geschlossenen Unterbringung zu entlassen sei.

Faktisch ist damit heute eine weitere geschlossene Unterbringung von «Carlos» nicht mehr möglich.

Die Jugendstrafrechtspflege steht damit vor der Entscheidung, «Carlos» entweder sofort auf freien Fuss zu setzen oder eine offene Massnahme zu installieren.

Aus Gründen des nach wie vor ungeklärten Gefährlichkeitspotentials von «Carlos» ist eine Entlassung aus der Massnahme aus Sicht der Jugendstrafrechtspflege nicht zu verantworten.

Die Optionen für offene Massnahmen sind jedoch stark eingeschränkt, da «Carlos» jegliche auch nur minimale Mitwirkung, beispielsweise in der offenen Abteilung des MZU oder in einer alternativ ausgearbeiteten Unterbringung in einer anderen Institution, kategorisch verweigert.

Die Jugendstrafbehörden haben daher gestern Abend «Carlos» erneut in die Obhut der Institution RiesenOggenfuss gegeben.

Es ist folgendes Vorgehen festgelegt worden:

  • In einer 1. Phase ist im Rahmen einer 1:1 Betreuung eine Standortbestimmung von «Carlos» und der aktuellen Situation vorzunehmen und gestützt darauf das neue Sondersetting auszugestalten. Diese Phase dauert voraussichtlich einige Wochen. Die Kosten belaufen sich auf monatlich ca. Franken 19›000 (Kostendach).
  • In der 2. Phase wird das definitive neue Sondersetting errichtet. Die Unterbringung erfolgt in einer einfachen Wohnung mit enger sozialpädagogischer Betreuung. Die Tagesstruktur besteht aus Schule, Arbeitstätigkeit und Praktikas, Sporttrainings kann er lediglich in seiner Freizeit besuchen.


Die Kosten betragen ca. 19›000 Franken pro Monat (Kostendach). Zusätzlich wird eine deliktorientierte Therapie angeordnet. Das neue Setting bietet am ehesten Gewähr, die Risiken zu minimieren und gleichzeitig auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung von «Carlos» in die Gesellschaft hin zu arbeiten.

Wir bitten die breite Öffentlichkeit der neuen Lösung eine Chance zu geben und die Beteiligten die Massnahme in Ruhe durchführen zu lassen. In den nächsten Wochen werden die Jugendstrafbehörden bis auf weiteres keine Detailauskünfte über das neue Sondersetting erteilen.

(Medienmitteilung der Oberjugendanwaltschaft)

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