Ehe im Umbruch
Medienmitteilung 05.07.2006
Im Kanton Zürich entschliessen sich immer weniger Paare zur Heirat. Gleichzeitig steigt die Zahl der Scheidungen. Ist die Ehe also ein Auslaufmodell? Ganz so einfach ist es nicht, wie das kantonale Statistische Amt in seiner neusten Studie zeigt.
Im Kanton Zürich besiegeln Paare immer seltener den Bund fürs Leben. Kamen 1970 rund 60 Eheschliessungen auf 1000 heiratsfähige Personen im Alter zwischen 15 und 50 Jahren, so waren es im Jahr 2000 noch etwas mehr als 30. Laut der Studie gerät Heiraten besonders unter Schweizerinnen und Schweizern zunehmend aus der Mode. Dies zeigt die so genannte Erstheiratsziffer, die beschreibt, wie viele Prozent der ledigen Bevölkerung eine Ehe eingehen. Sie ist vor allem bei den 20- bis 29-Jährigen rückläufig, in jüngster Zeit auch bei den 30- bis 39-Jährigen. Der Generationenvergleich zeigt denn auch: rund 75 Prozent der im Kanton Zürich wohnhaften Schweizerinnen des Jahrgangs 1950 haben zwischen ihrem 20. und ihrem 50. Altersjahr mindestens einmal geheiratet, bei den Frauen mit Jahrgang 1960 wird dieser Anteil laut Statistischem Amt nur noch 65 Prozent betragen. Im Gegensatz zur schweizerischen ist die ausländische Bevölkerung in den letzten Jahren heiratsfreudiger geworden. Dennoch vermag sie den Negativtrend nicht zu brechen. Fazit: Die Zürcherinnen und Zürcher heiraten weniger als früher und wenn, dann später.
Boomende binationale Ehen
Die Zürcher Brautpaare zeigen eine zunehmende kulturell-religiöse Durchmischung. Besonders stark gewachsen ist der Anteil der binationalen Ehen, also der Verbindungen zwischen schweizerischen und ausländischen Staatsangehörigen. 2004 machten sie gut 40 Prozent aller Eheschliessungen aus. Waren binationale Ehen lange Zeit eine Domäne der Schweizer Männer, so hat sich dies in den Neunzigerjahren drastisch geändert. Mittlerweile stammt bei fast der Hälfte der grenzüberschreitenden Heiraten die Frau aus der Schweiz. Hintergrund dieser Entwicklung sind verschiedene Gesetzesrevisionen im Rahmen der Gleichstellung der Geschlechter. Unter anderem wird eine Schweizerin seit 1992 nicht mehr mit dem Entzug des Bürgerrechts «bestraft», wenn sie über die Landesgrenze hinweg heiratet. Die ausländischen Partnerinnen oder Partner in binationalen Ehen stammen zu rund 60 Prozent aus der Europäischen Union – gemäss Statistischem Amt allerdings mit sinkender Tendenz. Zunehmend kommen sie nämlich aus weiter entfernten Ländern. Dabei bevorzugen Schweizer Männer Lateinamerikanerinnen sowie Asiatinnen und seit dem Zerfall des Ostblocks auch Osteuropäerinnen. Die Schweizerinnen dagegen verlieren ihre Herzen vor allem an Nordafrikaner, Türken und Männer aus Nahost.
Erhöhtes Scheidungsrisiko bei binationalen Ehen
Das Gegenstück zur Heirat ist deren Auflösung. Noch vor einem halben Jahrhundert gesellschaftlich geächtet, sind Scheidungen heute alltäglich geworden. Ihre Zahl nahm in der Vergangenheit in zwei grossen Schüben zu, nämlich gegen Ende der Siebzigerjahre und zu Beginn der Neunzigerjahre. Seither ist die Scheidungsrate im Kanton Zürich stetig weiter gestiegen. Das mit Abstand grösste Scheidungsrisiko lastet dabei auf binationalen Ehen, besonders wenn die Frau Schweizerin und der Mann Ausländer ist. Von den 1984 geschlossenen Ehen dieses Typs waren nach zehn Jahren 60 Prozent geschieden. Beim Ehejahrgang 1994 waren es gar 75 Prozent, die innerhalb von zehn Jahren mit einer Scheidung endeten. Sind dagegen Mann und Frau beide schweizerischer Nationalität, werden im Verlauf der ersten zehn Jahre nur rund 15 Prozent der Ehen geschieden. Ähnliches gilt für Ehepaare, bei denen sowohl der Mann als auch die Frau aus dem Ausland stammen.
Je mehr Kinder, desto stabiler die Ehe
Ein hohes Scheidungsrisiko haben auch kinderlose Paare. Im Jahr 2000 wurden rund vier Prozent der kinderlosen Ehen im Kanton Zürich geschieden. Mit dem ersten Kind halbiert sich dieses Risiko und mit jedem zusätzlichen Kind nimmt es um ein weiteres Drittel ab. Bei drei und mehr Kindern sind die Ehen dann verhältnismässig stabil: 2000 waren rund 0,6 Prozent dieser grossen Familien von einer Scheidung betroffen. Während ausländische Familien mit Kindern heute häufiger mit Scheidung konfrontiert sind als noch vor zwanzig Jahren, ist die Scheidungsrate bei Schweizer Familien seit 1980 praktisch unverändert. Der Anstieg der Scheidungszahlen in der Zürcher Bevölkerung widerspiegelt denn auch weniger eine allgemein wachsende Unverbindlichkeit der Ehe, als viel mehr die Tatsache, dass Paarbeziehungen mit erhöhtem Scheidungsrisiko – binationale und kinderlose Ehen – immer häufiger werden.
Viele Geschiedene heiraten nochmals
Was geschieht nach der Scheidung? Rund die Hälfte der Geschiedenen gibt der Ehe eine zweite Chance. Diese so genannten Folgeheiraten sind laut Statistischem Amt bei den Männern etwas verbreiteter als bei den Frauen. Vor allem neigen Männer dazu, schneller nochmals eine Ehe einzugehen. Innerhalb von drei Jahren nach der Scheidung sind knapp 30 Prozent der Männer wieder vergeben. Die Frauen sind da zurückhaltender: bei ihnen dauert es rund fünf Jahre, bis 30 Prozent erneut verheiratet sind. Nach 17 Jahren – weiter reichen die Daten nicht zurück – sind es dann etwas mehr als 50 Prozent bei den Männern und etwas weniger als 50 Prozent bei den Frauen, die erneut jemandem das Ja-Wort gegeben haben. Diese recht hohe Bereitschaft zur Wiederverheiratung führt vor dem Hintergrund steigender Scheidungszahlen dazu, dass Geschiedene an immer mehr Eheschliessungen beteiligt sind: 2004 betrafen knapp 40 Prozent der im Kanton Zürich geschlossenen Ehen Personen, die bereits ein- oder mehrmals verheiratet gewesen waren.
statistik.info 15/2006. Institution Ehe unter Druck – Heiraten und Scheidungen im Kanton Zürich 1970 bis 2004. Online verfügbar auf der Website des Statistischen Amts des Kantons Zürich: www.statistik.zh.ch/statistik.info
(Medienmitteilung des Statistischen Amtes)
Hinweis
Diese Meldung ist vor 2018 erschienen. Gegenüber der ursprünglichen Fassung sind alle Bilder, Links und Downloads entfernt worden. Dies beim Wechsel zum neuen kantonalen Webauftritt 2020.
Bei Fragen zu dieser Meldung wenden Sie sich bitte an den unten aufgeführten Kontakt.