Arbeitspendelverkehr: nach Zürich im Zug - sonst lieber mit dem Auto
Medienmitteilung 21.10.2005
Im Zürcher Wirtschaftsraum ist das Auto das wichtigste Verkehrsmittel für die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz. Dennoch hat der öffentliche Verkehr im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz eine starke Stellung. Dies zeigt eine Studie über die Verkehrsmittelwahl der Arbeitspendlerinnen und -pendler, die das Statistische Amt des Kantons Zürich kürzlich veröffentlicht hat.
In der Metropolitanregion Zürich (siehe Kasten) benutzen 37 Prozent der Pendlerinnen und Pendler den öffentlichen Verkehr (ÖV) für die Fahrt zum Arbeitsplatz. 14 Prozent legen ihren Arbeitsweg im Langsamverkehr, also zu Fuss oder mit dem Velo, zurück. Die restlichen 49 Prozent sind im motorisierten Individualverkehr (MIV) unterwegs. Das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel ist das Auto. Meist ist es mit einer Person besetzt, denn nur drei Prozent der Autopendler sind als Beifahrer unterwegs. Ebenfalls einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung des Pendelverkehrs leisten Tram, Stadtbus, Zug und Velo. Die übrigen Verkehrsmittel wie Postauto, Regionalbus, Motorrad oder Mofa sind von marginaler Bedeutung. Dasselbe gilt auch für Kombinationen von öffentlichem und privatem Verkehr: Bloss neun Prozent der Autofahrerinnen und -fahrer benutzen auf ihrem Arbeitsweg zusätzlich ein öffentliches Verkehrsmittel. Dies geht aus einer Analyse hervor, die das Statistische Amt des Kantons Zürich anhand der Pendlerstatistik der eidgenössischen Volkszählung 2000 vorgenommen hat.
Zürich vergleichsweise ÖV-freundlich
In der übrigen Schweiz ist die Vormachtstellung des Autos noch ausgeprägter, so dass der Marktanteil des öffentlichen Verkehrs in der Metropolitanregion Zürich mit 37 Prozent vergleichsweise gross ist. Im schweizerischen Mittel benutzen nur 27 Prozent der Pendlerinnen und Pendler den öffentlichen Verkehr. Eine starke Stellung hat der öffentliche Verkehr auch in den Metropolitanregionen Basel und Bern, während die Ballungsräume der lateinischen Schweiz – Genf-Lausanne und der so genannte Ticino Urbano – deutlich «autolastiger» sind. Abseits der grossen Zentren, in den kleineren Agglomerationen und in ländlichen Gebieten, ist der öffentliche Verkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr ebenfalls stark im Hintertreffen. Beim Langsamverkehr gehört die Metropolitanregion Zürich zu den Gebieten, die eine sehr geringe Nachfrage aufweisen. Nur im Grossraum Genf-Lausanne und im «Ticino Urbano» hat der Langsamverkehr mit 13 und 15 Prozent einen vergleichbar tiefen Marktanteil.
Auto ersetzt Langsamverkehr auf Kurzstrecken
In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Anteile von motorisiertem Individualverkehr, von öffentlichem Verkehr und von Langsamverkehr im Arbeitspendelverkehr stark verändert. In der Metropolitanregion Zürich zeigt sich, wie auch andernorts, ein Abwärtstrend beim Langsamverkehr. Laut Statistischem Amt halbierte sich dessen Anteil zwischen 1970 und 2000 von 30 auf 14 Prozent. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die Distanzen zwischen Wohn- und Arbeitsort immer länger werden und damit zu Fuss oder mit dem Velo nicht mehr zu bewältigen sind. Andererseits kommt gerade auf Kurzstrecken unter zehn Kilometern, die an sich für den Langsamverkehr geeignet wären, das Auto – und nicht etwa der öffentliche Verkehr – vermehrt zum Einsatz. Weniger eindeutig ist die Entwicklung beim Verhältnis zwischen motorisiertem Individualverkehr und öffentlichem Verkehr. Die Siebzigerjahre standen klar im Zeichen des Autos. In den umweltbewussten Achtzigerjahren wurde das Angebot des öffentlichen Verkehrs stark ausgebaut, und das Blatt wendete sich zu Gunsten des öffentlichen Verkehrs. Während der Neunzigerjahre schliesslich nahm der Anteil des öffentlichen Verkehrs nur noch wenig, derjenige des motorisierten Individualverkehrs dagegen wieder etwas stärker zu.
Verkehrsmittelwahl stark von räumlichen Faktoren abhängig
Was beeinflusst die Verkehrsmittelwahl der Zürcher Pendlerinnen und Pendler im Zürcher Wirtschaftsraum? Soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Ausbildung spielen zwar eine Rolle, weitaus wichtiger ist aber die räumliche Lage von Wohn- und Arbeitsort. Als Faustregel gilt: Der öffentliche Verkehr ist ausschliesslich auf Pendelstrecken von und nach der Stadt Zürich mehrheitsfähig. Der ÖV-Anteil auf diesen sternförmig nach Zürich ausgerichteten Strecken vergrössert sich dabei mit zunehmender Distanz. 58 Prozent beträgt der ÖV-Anteil auf der Strecke Zimmerberg–Zürich, im Korridor Oberland–Zürich sind bereits 67 Prozent der Pendlerinnen und Pendler im öffentlichen Verkehr unterwegs. Am höchsten sind die ÖV-Anteile im Intercity-Weitpendelverkehr von und nach dem Zentrum des Wirtschaftsraums: auf der Strecke Bern–Zürich beispielsweise beträgt der ÖV-Anteil nicht weniger als 88 Prozent.
Öffentlicher Verkehr kommt zum Zug, wenn er vergleichsweise schnell ist
Der Grund dafür? Pendeln kostet nicht nur Geld, sondern auch Freizeit, denn der Zeitbedarf für den Arbeitsweg geht zu deren Lasten. Deshalb werden die Durchschnittspendlerin und der Durchschnittspendler jenes Verkehrsmittel wählen, das vergleichsweise schneller ist. In der Tat hängt der ÖV-Anteil auf einer bestimmten Pendelstrecke wesentlich davon ab, wie sich MIV- und ÖV-Wegzeit auf dieser Strecke zueinander verhalten. Wenn beispielsweise die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort mit dem öffentlichen Verkehr doppelt so lange dauert wie mit dem Auto, so liegt der ÖV-Anteil auf dieser Strecke im Schnitt bei rund 20 Prozent. Hat man hingegen mit dem öffentlichen Verkehr nur etwa eineinhalb Mal so lang, so ist bereits die Hälfte der Pendlerinnen und Pendler mit Zug, Tram oder Bus unterwegs. Auf den erwähnten, ÖV-dominierten Intercity-Strecken nähern sich die Pendelzeiten von Auto- und Bahnfahrenden noch weiter an. Hinzu kommt gerade auf diesen Strecken noch das Parkplatz- und das Stauproblem in den Städten. Deshalb hat der öffentliche Verkehr auf den Strecken von und nach Zürich im Schnitt sogar noch einen 20 Prozent höheren Marktanteil, als aufgrund des Verhältnisses zwischen ÖV- und MIV-Fahrzeit eigentlich zu erwarten wäre.
Was wird die Zukunft bringen? Weil sich die Agglomerationen räumlich weiter ausdehnen werden, dürften die durchschnittlichen Pendeldistanzen laut Statistischem Amt auch künftig zunehmen. Dies bedeutet, dass der Langsamverkehr vermutlich weiter an Bedeutung verlieren wird. Da der Langsamverkehr schon heute einen vergleichsweise kleinen Teil des Pendelverkehrsaufkommens bestreitet, können die Marktanteile des motorisierten Individualverkehrs und des öffentlichen Verkehrs in Zukunft kaum noch auf dessen Kosten wachsen. Die Konkurrenz zwischen Auto und öffentlichem Verkehr dürfte sich also verschärfen. Es ist deshalb fraglich, ob sich die leicht steigenden ÖV-Marktanteile im Arbeitspendelverkehr der Neunzigerjahre halten lassen – es sei denn, die Kosten für die Benutzung des Autos nähmen spürbar zu, etwa aufgrund explodierender Benzinpreise, unzumutbarer Staus im Strassennetz oder politischer Lenkungsmassnahmen wie «road pricing». Stagnierende oder gar rückläufige ÖV-Anteile bedeuten indessen nicht, dass sich die Zahl der Fahrgäste vermindern wird. Im Gegenteil: die Passagierfrequenzen auf dem ÖV-Netz werden wohl auch in Zukunft zulegen, weil die Zahl und die zurückgelegten Distanzen der Pendlerinnen und Pendler gesamthaft zunehmen.
Metropolitanregion und Wirtschaftsraum Zürich
Der Wirtschaftsraum Zürich ist das grösste und ökonomisch bedeutendste Ballungsgebiet der Schweiz. Ausgangspunkt für dessen Abgrenzung ist die vom Bundesamt für Statistik definierte Metropolitanregion, die neben der Kernagglomeration Zürich elf weitere Agglomerationen in sieben Kantonen umfasst. Hier wohnen 23 Prozent der schweizerischen Bevölkerung, und hier arbeiten 27 Prozent der Erwerbstätigen des Landes. Diese erwirtschaften zusammen rund ein Drittel des schweizerischen Volkseinkommens. Die einzelnen Agglomerationen der Metropolitanregion sind durch den Austausch von Gütern und Dienstleistungen sowie den Berufspendelverkehr eng mit ihrem Umland verflochten. Resultat ist ein funktional und räumlich zusammenhängendes Gebiet, das vom Zugersee bis nach Süddeutschland und von Aarau bis nach Wil (SG) reicht: der Zürcher Wirtschaftsraum.
statistik.info 18/2005. Die Verkehrsmittel der Pendler im Zürcher Wirtschaftsraum. Online verfügbar auf der Website des Statistischen Amts des Kantons Zürich: www.statistik.zh.ch/statistik.info/pdf/2005_18.pdf
(Medienmitteilung des Statistischen Amts)
Hinweis
Diese Meldung ist vor 2018 erschienen. Gegenüber der ursprünglichen Fassung sind alle Bilder, Links und Downloads entfernt worden. Dies beim Wechsel zum neuen kantonalen Webauftritt 2020.
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